Hans Richter im Martin-Gropius-Bau

Hans Richter: Vormittagsspuk, 1928
Hans Richter: Vormittagsspuk, 1928

Hans Richter: Vormittagsspuk, 1928
s/w, 35mm, ca. 7 Min.

Hans Richters (1888-1976) künstlerisches Lebenswerk ist unglaublich vielfältig. Er war Expressionist, Dadaist, Konstruktivist, Filmpionier und vor allem Avantgardist, und er gilt damit als einer der bedeutendsten Protagonisten der Moderne. Vor allem beeindruckt seine die einzelnen Disziplinen übergreifende Arbeitsweise sowie die Zusammenarbeit mit internationalen Künstlern. Darin sah Richter überhaupt das größte künstlerische Potenzial. Der Berliner Hans Richter war ein Multimedialist und „Networker“, bevor diese Begriffe überhaupt erfunden wurden.

Hans Richter, Sergei Eisenstein und Man Ray, Paris, 1929

Hans Richter, Sergei Eisenstein und Man Ray, Paris, 1929

Ohne Zweifel gehört Hans Richter zu den größten Avantgardisten des 20. Jahrhunderts. Die Verbindung von Film und Kunst ist sein großes Thema. Geboren 1888 in Berlin, studiert er anfangs an der Hochschule der Künste in Berlin und später in Weimar. In den 1910er-Jahren wendet sich Hans Richter zunächst dem Kubismus und Expressionismus zu, bevor er schließlich 1916 nach Zürich geht und zusammen mit Tristan Tzara, Hans Arp und anderen zu den Begründern der Dada-Bewegung wird. Einschneidend geprägt durch die eigenen Kriegserlebnisse, entstehen ab 1918 zusammen mit Viking Eggeling erste filmische Experimente. Beide Künstler träumen von einer universalen Filmsprache, um pazifistisches Denken in die menschliche Gesellschaft zu bringen.

In den folgenden Jahren arbeitet Hans Richter sehr viel im Bereich des damals neuen Mediums Film. Er experimentiert weiter und veröffentlicht einige bedeutsame Werke. Sein Film „Rhythmus 21“ aus dem Jahre 1921 gilt heute als Klassiker des abstrakten Films. Richter fungiert auch als Kurator der Filmsektion bei der berühmten Ausstellung FiFo (Film und Foto), die 1929 im Martin-Gropius-Bau (damals ehemaliges Kunstgewerbemuseum Berlin) gezeigt wird. Mit über 60 Stummfilmen und mehr als 1000 Fotos gehört diese Ausstellung zu den Meilensteinen der Film- und Fotogeschichte.

Zum Zeitpunkt der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten befindet sich Hans Richter aufgrund von Filmarbeiten in Moskau, sodass er die Verwüstung seiner Berliner Wohnung nicht miterleben muss. Er kehrt nicht mehr nach Deutschland zurück und flüchtet über die Niederlande und die Schweiz schließlich in die USA. Während dieser Zeit dreht Richter diverse Werbefilme, um sich finanziell über Wasser zu halten. In Deutschland verfemt – seine Kunstwerke sind Teil der Ausstellung „Entartete Kunst“ –, beginnt der Künstler in den Vereinigten Staaten ein neues Leben. 1942 wird Richter Lehrer am „Institute of Film Techniques“ in New York. Etwa zur gleichen Zeit fängt er nach 15 Jahren wieder an zu malen. Seine großen Rollbilder, „Stalingrad“, „Invasion“ und „Befreiung von Paris“, sind mittlerweile Ikonen der Kunstgeschichte. Seine erste große Ausstellung in den USA kann Hans Richter 1946 im Guggenheim Museum zeigen. Sein vielleicht berühmtestes Werk, der Episodenfilm „Dreams that Money can buy“, entstand in den Jahren 1944 bis 1947. Außer Richter selbst wirken darin fünf weitere Künstlerikonen des 20. Jahrhunderts mit: Man Ray, Marcel Duchamp, Max Ernst, Fernand Léger und Alexander Calder.

Hans Richter: Stalingrad (Sieg im Osten), 1943-1946 Tempera, Collage auf Papier über Leinwand, 94 x 512 cm

Hans Richter: Stalingrad (Sieg im Osten), 1943-1946
Tempera, Collage auf Papier über Leinwand, 94 x 512 cm

In den 1950er-Jahren reist Richter erstmals wieder nach Europa und Deutschland. Teile seiner von den Nationalsozialisten geraubten Kunstsammlung erhält er zurück, und das Werk Richters bekommt nun die ihm gebührende Aufmerksamkeit auch in Europa. Zahlreiche Ausstellungen spiegeln die Produktivität des Künstlers in den fünfziger und sechziger Jahren wider. In dieser Zeit entstehen vor allem Collagen durch eine ihm ganz eigene Technik. Darüber hinaus veröffentlicht er einige Schriften wie zum Beispiel „Dada – Kunst und Antikunst: Der Beitrag Dadas zur Kunst des 20. Jahrhunderts“. Dem Künstler werden in Deutschland nun einige Ehren zuteil. 1971 wird er Mitglied der Berliner Akademie der Künste, und er erhält das Filmband in Gold. 1976 stirbt Hans Richter in der Schweiz. Drei Jahre vor seinem Tod entsteht sein Buch mit Briefen, Dokumenten und Erinnerungen „Begegnungen von Dada bis heute“.

Hans Richter: Nicht Hand noch Fuß (Neither Hand nor Foot), 1955/56

Hans Richter: Nicht Hand noch Fuß (Neither Hand nor Foot), 1955/56
Farbe und Collage auf Holz (mit Türklingel) 41,9 x 46,4 cm

Einen passenderen Titel hätten die Verantwortlichen der Ausstellung im Martin-Gropius-Bau kaum wählen können. Richter selbst sah die Entfaltungsmöglichkeiten seiner Kunst am stärksten in der Zusammenarbeit mit anderen kreativen Wegbereitern seiner Zeit gegeben. In diesen Begegnungen manifestierte sich der Wunsch vieler Künstler der Moderne, gemeinschaftlich an der Entwicklung einer besseren Gesellschaft zu arbeiten. Während seiner fast 70 Jahre andauernden künstlerischen Tätigkeit übernahm Hans Richter viele unterschiedliche Funktionen – er war Maler, Regisseur, Mitarbeiter, Organisator, Ideengeber und Vermittler. Richter wechselte ständig zwischen den Medien Zeichnung, Grafik, Malerei und Film. Manchmal griff er Ideen und Lösungen eines Mediums auf, übertrug sie auf ein anderes und formte dieses somit wieder neu.

Seine Heimatstadt Berlin widmet diesem großen Künstler nun erstmals seit den 1980er-Jahren wieder eine Ausstellung. Der Martin-Gropius-Bau hat in Zusammenarbeit mit dem Los Angeles County Museum of Art und dem Centre Pompidou Metz eine Ausstellung konzipiert, welche die gesamte Bandbreite des künstlerischen Schaffens Hans Richters präsentiert. In zehn Kapiteln stellt die Ausstellung das umfangreiche künstlerische Werk vor: frühe Porträts, Krieg und Revolution, Dada, Richter und Eggeling, Zeitschrift „G“, Malewitsch und Richter, Film und Foto (FiFo), Malerei, Serien, Auseinandersetzung mit dem Gegenstand.

Viking Eggeling, John Cage, Marcel Duchamp, Sergej Eisenstein und viele andere arbeiteten mit Richter zusammen, und so sind in der Ausstellung auch 50 Arbeiten von Weggefährten beziehungsweise Künstlern, die von Hans Richter beeinflusst wurden, zu sehen. Kuratiert wurde sie von Timothy Benson, der auf der Pressekonferenz zur Ausstellungseröffnung, wie auch der Direktor des Gropius-Baus Gereon Sievernich, die ausgesprochen gute und fruchtbare Kooperation betonte. Das Ergebnis dieser internationalen Zusammenarbeit, die wohl ganz im Sinne Hans Richters gewesen wäre, ist noch bis zum 30. Juni 2014 im Martin-Gropius-Bau in Berlin zu bewundern.

Quelle: http://www.visual-history.de/2014/04/28/hans-richter-im-martin-gropius-bau/

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Der Weltkrieg der Bilder

Cover_Fotogeschichte, Heft 130

 

Fotogeschichte, Heft 130, Titel " L´Illustration" vom 11. November 1916

Fotogeschichte, Heft 130, Titel „ L´Illustration“ vom 11. November 1916

 

In ihrer aktuellen Ausgabe widmet sich die Zeitschrift Fotogeschichte thematisch dem „Weltkrieg der Bilder“. Der Erste Weltkrieg setzte medienhistorisch, was die propagandistische und illustrative Nutzung von Bildern betraf, neue Maßstäbe. Die illustrierte Presse war zwischen 1914 und 1918 eines der wichtigsten Bildmassenmedien überhaupt und spielte dementsprechend auch für die Kriegspropaganda eine zentrale Rolle.

Bisher beschäftigte sich die Bild- bzw. Fotoforschung primär mit einzelnen Abbildungen, ohne den ursprünglichen Entstehungs- und Veröffentlichungskontext gebührend zu berücksichtigen. Dieser Forschungslücke hat sich nun der renommierte Fotohistoriker Ulrich Keller angenommen und mit seiner aktuellen Untersuchung einen wichtigen Beitrag zur Analyse von Presse und Propaganda im Ersten Weltkrieg geleistet. Keller hat in jahrelanger Recherchearbeit die Geschichte, Produktion und Funktionsweise der illustrierten Presse während der Kriegszeit analysiert und den bisherigen Referenzrahmen damit entscheidend erweitert. Die Ergebnisse seiner Arbeit stellt er nun in Fotogeschichte erstmals vor.

Zunächst stellt der Autor den „Weltkrieg der Bilder“ vor und beschreibt die „Organisation, Zensur und Ästhetik der Bildreportagen“. Am Beispiel der Schlacht von Verdun 1916 veranschaulicht er zudem, wie Bilder propagandistisch benutzt wurden und wie dies im internationalen Vergleich aussah. Das Neue an Ulrich Kellers Ansatz ist, dass er einen größeren Kontext schafft und wichtige Bezüge und Beziehungen herstellt und analysiert. Die Intention für die Produktion bestimmter Bilder ist dabei genauso evident wie deren Rezeption durch die Zeitgenossen. Keller greift dabei nicht nur auf die Fotoberichte zurück, sondern betrachtet vielmehr das gesamte Spektrum an Bildern sowie deren Berührungspunkte zum Beispiel mit den Bereichen Zeichnung und Grafik.

Fotogeschichte, Heft 130, Titel "BIZ" vom 3. Juni 1917

„Fotogeschichte“, Heft 130, Titel „BIZ“ vom 3. Juni 1917

Der Fotohistoriker konzentriert sich neben dem Einzelbild insbesondere auf die Bildreportagen, also die Anreihung mehrerer Bilder und deren textliche Einbettung. Zusätzlich dazu wählt Keller einen konsequent internationalen Ansatz und vergleicht die Bildberichterstattung bzw. den Umgang mit dem Medium in den am Krieg teilnehmenden Ländern.

Ulrich Keller stellt seine Untersuchung in Form von zwei Aufsätzen vor, die den Großteil des aktuellen Hefts ausmachen. Fotogeschichte gesteht Ulrich Kellers Arbeit eine auffällige Bedeutung zu, sodass die Zeitschrift ihm und seinen Forschungsergebnissen einen ungewöhnlich großen Raum einräumt.

Quelle: http://www.visual-history.de/2014/02/27/der-weltkrieg-der-bilder/

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Ausstellung „Barbara Klemm. Fotografien 1968 – 2013“

Cover Ausstellunskatalog
Barbara Klemm bei der Verleihung des Max Beckmann-Preis im Februar 2010 in der Paulskirche Frankfurt. Foto: Dontworry/commons.wikimedia.org (CC)

Barbara Klemm bei der Verleihung des Max Beckmann-Preis im Februar 2010 in der Paulskirche Frankfurt.
Foto: Dontworry/commons.wikimedia.org (CC)

Seit dem 16. November 2013 ist im Martin-Gropius-Bau die Ausstellung „Barbara Klemm. Fotografien 1968 – 2013“ zu bewundern. Die von der renommierten Fotografin eigens konzipierte retrospektive Werkschau ihres Schaffens kann noch bis zum 9. März gesehen werden und sei dem interessierten Publikum somit wärmstens empfohlen.

Barbara Klemm zählt sicherlich zu den bedeutendsten Fotojournalisten der Bundesrepublik. Mehr als 40 Jahre war sie für die FAZ tätig und viele ihrer Aufnahmen sind mittlerweile wichtige zeithistorische Dokumente. Ihr wohl berühmtestes Foto entstand 1973 in Bonn und zeigt Leonid Breschnew und Willy Brand während eines Gespräches, umgeben von Beratern, Dolmetschern und Presseleuten. Der erste offizielle Besuch eines sowjetischen Staatschefs in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg war ein Meilenstein im Annährungsprozess von Ost und West, und Barbara Klemm macht den Betrachter zum Zeugen dieser Szene. Ein weiteres Belegexemplar für den besonderen Instinkt der Fotografin zeigt einen jungen Mann mit Bauarbeiterhelm auf einer Demonstration vor der Frankfurter Universität 1969. Dass dieser Demonstrant 30 Jahre später einmal deutscher Außenminister sein würde, konnte Klemm damals natürlich nicht wissen. Nichtsdestotrotz stellt dieses Foto heute eine einmalige historische Quelle dar.

Die Ausstellung umfasst etwa 300 Exponate aus fünf Jahrzehnten und setzt 1968 ein. Barbara Klemms Spektrum reicht von politischen Ereignissen, über Alltagssituationen aus aller Welt bis hin zu eindrucksvollen Porträts berühmter Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur. Dabei treibt die Fotografin weniger die Sensationslust oder die Jagd nach dem ultimativen Schnappschuss an, als vielmehr Neugier und Gespür für den einen ausdrucksstarken Moment, der ein Foto einzigartig macht. Damit gehört Barbara Klemm zu den wenigen Vertretern ihres Metiers, die aus dem Fotojournalismus ihre eigene Kunst entwickelt haben.

 

Eine Rezension der Ausstellung und des Katalogs „Barbara Klemm, Fotografien 1968–2013“. Mit Beiträgen von Durs Grünbein und Hans-Michael Koetzle, Wädenswill 2013, von Philipp Springer,  findet sich auf H-Soz-u-Kult, kurze Filmsequenzen zur Fotografin und ihrem Werk können auf YouTube angeschaut werden:

arte Journal, Barbara Klemm, Bilder aus fünf Jahrzehnten

Barbara Klemm – Leica Hall of Fame Award 2012

Deutsche Welle , Die Fotografin Barbara Klemm | euromaxx

Städel Museum, Kunst nach 1945: Barbara Klemm

 

 

 

Quelle: http://www.visual-history.de/2014/02/13/ausstellung-barbara-klemm-fotografien-1968-2013/

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Fotoausstellung Fred Stein

Little Italy, New York 1943 © Estate of Fred Stein

Fred Stein, fotografiert von Lilo Stein, Paris 1935 © Estate of Fred Stein

Fred Stein, fotografiert von Lilo Stein, Paris 1935 © Estate of Fred Stein


„Dresden vertrieb mich; so wurde ich Fotograf“

Mit diesen knappen Worten beschrieb Fred Stein die radikalste Wende seines bisherigen Lebens und den damit verbundenen Aufbruch in eine unbekannte Zukunft. Wie für viele jüdische Bürger in Deutschland bedeutete auch für Fred Stein der 30. Januar 1933 eine persönliche Zäsur. Dem jungen Rechtsreferendar aus Dresden wurden zunächst die angestrebte Promotion und schließlich die berufliche Zukunft gänzlich verwehrt. 1909 als Sohn eines Rabbiners geboren und zudem ein überzeugter Sozialist, stellte Stein das Feindbild der neuen Machthaber schlechthin dar. Um den Diffamierungen und Übergriffen durch die Nationalsozialisten zu entgehen, fingierte er zusammen mit seiner Frau Lilo eine angebliche Hochzeitsreise nach Paris, und im Oktober 1933 verließen beide Deutschland.

Im Gepäck von Fred Stein befand sich eine Kleinbildkamera der Marke Leica, die noch eine bedeutende Rolle spielen sollte. Stein war klar, dass ihm seine juristische Ausbildung im Pariser Exil nicht von Nutzen sein würde, und bereits nach kurzer Zeit entdeckte er das anfängliche Hobby, die Fotografie, als neue Profession für sich. Es stellte sich schnell heraus, dass Fred Stein außerordentliches Talent besaß, und dementsprechend stieß seine Arbeit auch auf Resonanz. Schon bald konnte er sich ein eigenes, kleines Fotostudio in Paris einrichten und war ab 1935 an mehreren Fotoausstellungen beteiligt, teilweise mit namhaften Künstlern wie Man Ray und André Kertész.

Fred Steins Fotografie lebt von ihrer Authentizität und dem Minimalismus des Fotografen. Stein fotografierte ausschließlich in schwarz-weiß und benutzte lediglich zwei verschiedene Kameras. Weder aufwendige Inszenierungen noch nachträgliche Retuschen interessierten ihn. Das Erzeugen einer künstlichen Umgebung, so benutzte er nur äußerst selten ein Blitzlicht, lag ihm genauso fern wie eventuelle Arrangements. Steins Bildsprache ist einfach und klar. Im Fokus stand allein die Person oder die Szene. Dabei sollte das Motiv möglichst natürlich erscheinen und seine gesamte Aura entfalten.
„Du hast nur diesen einen Moment. Wie ein Jäger, der sein Ziel anvisiert, wartest du auf den Augenblick, der aussagekräftiger ist als alle anderen.“
Fred Steins besonderer Sinn für den richtigen Moment machen seine Fotografien so einzigartig.
Sein Gesamtwerk lässt sich in drei große Themenfelder gliedern: Über die gesamte Zeit seines fotografischen Schaffens hat er Porträts angefertigt, die von bemerkenswerter und klarer Schönheit sind. Die Vielfalt der über 1200 Porträts sucht ihresgleichen und liest sich wie das Who´s Who prominenter Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Albert Einstein, Salvatore Dali, Willy Brandt, Alfred Döblin, Walter Benjamin, Ludwig Marcuse, Bertold Brecht, Hannah Arendt, Konrad Adenauer, John F. Kennedy und Marlene Dietrich sind nur einige der Porträtierten.

Albert Einstein (1879-1955), Princeton 1946 © Estate of Fred Stein

Albert Einstein (1879-1955), Princeton 1946
© Estate of Fred Stein


Die zwei weiteren großen Themen der Fotografie Steins sind schicksalhaft mit den erzwungenen Ortwechseln verbunden und betreffen die Zeit des Exils in Paris während der 1930er-Jahre und, nachdem er und seine Familie erneut flüchten mussten, die 1940er-Jahre in New York. Neben klassischen Motiven der beiden Metropolen entstanden zahlreiche Milieustudien und Charakterbilder. Sie stehen in einem soziologischen Kontext von Armut und einfachem Leben in der Stadt und zeigen Straßenarbeiter, Verkäufer, Obdachlose und Familienszenen. Fred Steins Blick verbindet das Alltägliche mit einem Sinn für den außergewöhnlichen Moment.
Little Italy, New York 1943 © Estate of Fred Stein

Little Italy, New York 1943 © Estate of Fred Stein


1958 kam Fred Stein erstmals wieder nach Deutschland und versuchte, seine Arbeiten publik zu machen. Bis auf ein Buchprojekt, „Deutsche Portraits“, blieb dies allerdings erfolglos. Trotz der Bandbreite und Kraft seiner Arbeiten erhielt Fred Steins Werk zu seinen Lebzeiten nicht die gebührende Aufmerksamkeit und Anerkennung. Nach seinem Tod 1967 in New York geriet sein Name in Vergessenheit. Der Nachlass von Fred Stein befindet sich heute im Besitz seines Sohnes und umfasst unzählige Fotografien und Dokumente, die die Lebensgeschichte und Arbeit eines Fotografen dokumentieren, der als jüdischer Jurist und Sozialist gezwungen war, Deutschland zu verlassen und beruflich neu anzufangen.

Das Jüdische Museum Berlin zeigt nun erstmalig in Deutschland eine umfassende Retrospektive des Fotografen Fred Stein und möchte damit das vielschichtige und umfangreiche Werk einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen. Die von den Kuratorinnen Theresia Ziehe und Jihan Radjai betreute Fotoausstellung, die insgesamt 133 Fotografien beinhaltet, ist noch bis zum 23. März 2014 in der Eric F. Ross Galerie des Jüdischen Museums zu sehen.
Jüdisches Museum Berlin/Ausstellung Fred Stein

Quelle: http://www.visual-history.de/2014/01/24/fotoausstellung-fred-stein/

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