Chancen und Grenzen von Geschichte im Film – R. Rosenstone und „Reds“

von Tim Köhler

Der US-amerikanische Historiker Robert Rosenstone kritisiert Ende der 1980er Jahre den Film Reds. Er ist geradezu enttäuscht von diesem, u.a. auch seinem, Werk, denn er hatte über Jahre hinweg als historischer Berater an dem 1981 in die amerikanischen Kinos gekommenen Doku-Spielfilm mitgearbeitet. Als Geschichtswissenschaftler und Biograph, dessen John-Reed-Biographie, die Lebensgeschichte eines amerikanischen Journalisten und Kommunisten, verfilmt wurde, beklagt er sich über einen Film, der seiner Ansicht nach zu unrecht Erinnerung und Geschichte gleichsetzt, verkürzende Auslassungen beinhaltet, von mangelnder Faktizität, kontextarmen Zeitzeugeninterviews und „schnulzigen“ hollywoodhaften Einlagen geprägt ist, und damit die vertane Chance bedeutet, eine Geschichte kommunistischer Radikalisierung in den USA zu schreiben. Doch später ändert Rosenstone seine Meinung – Schritt für Schritt. 1995 geht er milder mit dem Film um, überhaupt mit „Geschichte im Film“ und umreißt stattdessen die Chancen des Mediums, um dann 2013 nach einem ganz persönlichen cultural turn den Film im Allgemeinen und Reds im Besonderen als Dokumentar- und Spielfilm nicht nur vollends zu rehabilitieren, sondern ab jetzt zu preisen. Was 25 Jahre zuvor Gegenstand seiner Kritik war, stellt er nun gerade als Stärken des Films heraus: Emotionalisierung, inhaltliche Verdichtung auf auch imaginierte Charaktere hin, die Linearität der Erzählung u.v.

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Quelle: http://gafprojekt.hypotheses.org/266

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Buchvorstellung – Sandrine Kott: „Sozialstaat und Gesellschaft“

von Daria Lohmann

In ihrem Buch „Sozialstaat und Gesellschaft. Das deutsche Kaiserreich in Europa“ beschreibt Sandrine Kott auf eine erfrischende Weise die Entstehung und Entwicklung des deutschen Sozialstaats, ohne eine Geschichte von großen Männern zu schreiben: Statt sich auf die Akteure an der Staatsspitze zu konzentrieren, zeigt Sandrine Kott in verschiedenen Aspekten den deutschen Sozialstaat „von unten“.

Sandrine Kott ist Professorin für Europäische Zeitgeschichte an der Universität in Genf. Sie ist Französin, 1960 geboren, hat 1990 an der Universität Paris 7 promoviert, sich an der Universität Paris 1 elf Jahre später habilitiert und zwischendurch in Bielefeld und New York (Columbia University) studiert. Gelehrt hat sie unter anderem hier an der HU und in Santa Barbara und ist Mitglied im Beirat des ZZFs in Potsdam.

Sie ist Sozialhistorikerin und ihre Forschungsfelder sind – passend zu unserem Seminar – die Geschichte der deutschen und französischen Sozialpolitik und Arbeitsrecht seit dem 19. Jahrhundert, die Geschichte Internationaler Organisationen (vor allem der Internationalen Arbeitsorganisation, ILO) sowie das weiter Feld der Arbeitsbeziehungen im Sozialismus, besonders in der DDR.

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Quelle: https://gafprojekt.hypotheses.org/241

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Ein Regenschirm namens Public History

 

von Victoria Wegner

Public History ist ein Register, welches die Erfolge und Enttäuschungen […] und Auseinandersetzungen von denjenigen verzeichnet, die im Rennen um die Macht sind.“ [1]

So definierte der englische Theologe und Philosoph William Paley schon 1794 den Begriff Public History (zu Deutsch: Öffentliche Geschichte). Auffallend in diesem Zitat ist das Narrativ der ‚großen Männer‘, welches für seine Zeit (und für die nachfolgenden Jahrhunderte) charakteristisch war. Viele weitere Menschen sollten sich später zur Public History und ihrer Definition äußern. Bis heute wurde kein universeller Konsens gefunden.

Fast 200 Jahre nach Paleys Aussage erfuhr Public History in den USA und im Kanada der späten 60er und 70er Jahre eine Wiedergeburt bzw.

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Quelle: http://gafprojekt.hypotheses.org/218

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Tagungsbericht zur Auftaktkonferenz der „1989 Generation Initiative“ am 26.06.2015 in London

1989 GI

Friederike Runge

Angeregt durch einen Artikel des Europa-Historikers Timothy Garton Ash (University of Oxford) in der Tageszeitung The Guardian fand am 26. Juni 2015 an der London School of Economics (LSE) eine Konferenz der 1989 Generation Initiative statt. Garton Ash hatte in seinem Artikel bezüglich der Generation ‘89 bemerkt, es sei „not yet clear what broader political vision this generation represents, how it will change Europe and whether it will appeal to a wider world.” Die InitiatorInnen der Konferenz – vor allem Studierende und AbsolventInnen der LSE – hatten Garton Ashs Überlegungen zum Anlass genommen eine Veranstaltung zu konzipieren, auf der es laut eigens verfasstem Mission Statement darum gehen sollte, die Ziele der Europäischen Union (vor dem Hintergrund der aktuellen Krise des Integrationsprozesses) neu zu definieren, um sie den Bedürfnissen einer neuen Zeit und einer neuen Generation von EuropäerInnen anzupassen. Der nun langsam in verantwortungsvolle Positionen kommenden Generation von 1989, so die dahinter stehende These, obliege es, Verantwortung für die Ausgestaltung der Europäischen Idee zu übernehmen und konkrete Anstöße für die Weiterentwicklung des Integrationsprozesses zu geben.

Vor diesem Hintergrund war die Konferenz vor allem als Auftaktveranstaltung eines längerfristigen Prozesses konzipiert, die internationale Studierende, LSE Absolventinnen und bereits mitten im Berufsleben stehende ExpertInnen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft zusammenbringen sollte. Gemeinsam sollten aktuelle Herausforderungen Europas identifiziert und konkrete Strategien und Lösungsansätze für einige der Kernbereiche des europäischen Einigungsprojektes formuliert werden.

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Quelle: http://etatsocial.hypotheses.org/890

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Das Problem mit europäischer Identität und warum europaweite Solidarität ein Ausweg sein könnte

Gastbeitrag von Stefanie Börner

Paradoxerweise hat europäische Identität Hochkonjunktur. Dabei scheint es in diesen Tagen angemessener von Verhängnisgemeinschaft zu sprechen, statt von Schicksalsgemeinschaft. Der Grund für mein Unbehagen mit Forderungen nach einer europäischen Identität, ist jedoch nicht die Tagespolitik, sondern die folgenden Beobachtung. Zum einen, suggerieren solche Forderungen, überspitzt gesagt, eine vermeintliche Fortschrittlichkeit – nationale Identität war gestern – , die aber ebenso Gefahr läuft in die Essentialisierungsfalle zu tappen wie einst (und heute immer noch) Verfechter_innen nationaler Identitäten. Zweitens stehen Rufe nach einem europäischen Zusammengehörigkeitsgefühl unter Elitenverdacht, denn meistens handelt es sich um Appelle von „Europas Größten und Besten“. Das elitäre Denken weiß, was gut für Europa ist und dementsprechend soll europäische Identität möglichst als neue, aber natürlich keineswegs exklusive Form politischer Zugehörigkeit top-down implementiert werde.

Ist den Europäer_innen wirklich so wenig über den Weg zu trauen, wie es diese bevormundende Haltung nahe legt? Zuspitzend könnte man von einer Kolonialisierung identitärer Lebenswelten sprechen.

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Quelle: http://etatsocial.hypotheses.org/861

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„Sturm von Stolz und Zuversicht“ – Gedanken einer ’89-erin zur Selbstdarstellung der 1989 Generation Initiative

Gastbeitrag von Friederike Runge

Im Rahmen meiner Recherchen für eine Ankündigung der anstehenden Konferenz der 1989 Generation Initiative konnte ich an einigen Stellen nicht umhin, angesichts des Internetauftritts und der Selbstdarstellung der Organisation zu stutzen. Meine Gedanken dazu möchte ich, eine deutsche Europäerin des Jahrgangs 1989, hier festhalten.

Die 1989 Generation Initiative präsentiert sich auf ihrer Internetseite als Zusammenschluss junger EuropäerInnen, die dem „deep concern“ (1989 GI) ihrer Generation bezüglich der Zukunft der Europäischen Union eine Stimme geben wollen. Das cleane Design der Seite, wie es in Fachkreisen wohl heißen würde, erweckt dabei sofort den Eindruck der Legitimität – wessen Seite so cool aussieht, der muss selbst jung und hip sein, am Puls der Zeit, und dadurch in der Lage, für die Generation der jungen Erwachsenen zu sprechen.

Geht man aber über den ersten optischen Eindruck hinaus, gesellt sich nach einer Weile auch ein anderes Gefühl hinzu: Denn trotz modernen Webdesigns und entsprechender Sprache drängt sich an einigen Stellen im Duktus der Initiative der Duft vergangener Zeiten auf. Tatsächlich fühlte ich mich prompt in Stefan Zweigs „Welt von Gestern“ versetzt. In seinem autobiografischen Werkt hält Zweig Europas Vielfalt und Zusammenhalt, sein „kaleidoskopisches Farbenspiel“ (153) und die „leidenschaftliche Brüderschaft“ (305), um die vorletzte Jahrhundertwende fest.

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Quelle: https://etatsocial.hypotheses.org/758

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Ankündigung: Festival “Europe 14|14″ vom 7.-11. Mai in Berlin

Europe 1414 History Campus - Logo

Europe 14|14: 100 Jahre Erster Weltkrieg

Berlin wird zum europäischen Treffpunkt 

“Look back, think forward”: Anlässlich des 100. Jahrestags des Beginns des Ersten Weltkriegs findet im Mai 2014 die Veranstaltung “Europe 14I14″ in Berlin statt. Ziel der Organisatoren von Europe 14|14 ist es, neue Perspektiven auf den Ersten Weltkrieg, seine Rezeption und seine Bedeutung für das heutige Europa zu eröffnen.

Zentraler Kern der Veranstaltung ist der “HistoryCampus”. 400 junge Menschen aus 40 Ländern stellen sich vom 7. bis 11. Mai 2014 der Frage: Erster Weltkrieg – was hat das mit mir zu tun? Bundeskanzlerin Angela Merkel wird die Teilnehmer aus ganz Europa zum Auftakt am 7. Mai 2014 im Maxim Gorki Theater begrüßen. Mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier sprechen die jungen Europäer am 9. Mai 2014 im Deutschen Historischen Museum.

Europe 14|14 ist ein gemeinsames Projekt der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb, der Körber-Stiftung und der Robert Bosch Stiftung in Kooperation mit dem Maxim Gorki Theater Berlin und zahlreichen weiteren Partnern. Gefördert wird Europe 14|14 durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).

22 interaktive, künstlerische und kreative Workshop-Formate eröffnen den jungen Teilnehmenden zwischen 18 und 25 Jahren beim HistoryCampus ungewöhnliche Bezüge zum Thema. Vorab wurden zusätzlich in einem Wettbewerb zum Campus unabhängige Projektideen Jugendlicher aus ganz Deutschland mit bis zu 1.500 Euro gefördert. Die Ergebnisse aus den Workshops und dem Projektwettbewerb werden am Samstag, den 10. Mai 2014, beim großen Abschlussfest im Maxim Gorki Theater in einer Werkschau präsentiert.

Eine zweite Programmstrecke, der “OpenCampus”, bietet das künstlerische Programm zum Festival für die Öffentlichkeit. In Zusammenarbeit mit namhaften Künstlern unter anderem aus Frankreich, Belgien, Israel, Serbien und Deutschland probiert das Maxim Gorki Theater eine radikal-subjektive Geschichtsschreibung der letzten 100 Jahre als Theater, Konzert, Ausstellung, Installation, Performance. Die Kulturstiftung des Bundes ist Kooperationspartner des OpenCampus.

“100 Jahre, vier Wochen, eine Stadt” – unter diesem Motto wird es auch abseits des HistoryCampus als dritten Schwerpunkt ein “Rahmenprogramm” geben. Zahlreiche Berliner Institutionen bieten die unterschiedlichsten Zugänge zum Thema Erster Weltkrieg und seiner Rezeption. Im Rahmen von Diskussionsrunden, Performances, Konzerten, Stadtrundgängen und Ausstellungen sind alle Bürger zur Teilnahme eingeladen.

Alle Informationen unter »www.europe1414.de«

 

Quelle: http://etatsocial.hypotheses.org/130

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