Was haben Flüchtlinge mit Katastrophen zu tun?

Wer mit dem Resilienz-Diskurs vertraut ist, dem ist die Auseinandersetzung mit realen und konstruierten Katastrophen nicht ganz fremd. Um so bedeutender wäre es daher, sich aus dieser Perspektive mit der um sich greifenden Angewohnheit, Flüchtlinge mit Wellen und Strömen zu vergleichen, auseinander zu setzen. Auf die Spitze getrieben hat es ja jetzt Wolfgang Schäuble mit dem Lawinen-Vergleich. Der Mitarbeiter im ForChange-Projekt zur Ökologischen Transformation, Martin Schneider, hat bereits im August in einem Beitrag für die Tagespost die Verwendung von Katastrophenszenarien in der Flüchtlingsdebatte zum Ausgangspunkt einer kurzen Analyse gemacht. Er griff dabei auf Erkenntnisse der Resilienzforschung zurück, ohne explizit den Begriff “Resilienz” zu verwenden. [Wortlaut PDF]

Quelle: http://resilienz.hypotheses.org/587

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Auch Flüchtlinge haben Rechtsansprüche

Martin Schneider vom Projekt Ökologische Sozialethik: Kompass für eine nachhaltige Transformation der Gesellschaft hat gemeinsam mit Hans Tremmel in der Zeitschrift “Communio” einen Beitrag zur sozialethischen Bedeutung des individuellen Rechtsanspruches von Flüchtlingen veröffentlicht. An sich war geplant, in diesem Aufsatz auch einen expliziten Bezug zur Resilienz-Thematik herzustellen. Aus Gründen des Umfangs mussten eben diese Passagen gestrichen werden. Hingewiesen sei an dieser Stelle nur auf einen Aspekt: An tendenziell rechtlosen Menschengruppen wie Flüchtlingen zeigt sich besonders deutlich, dass individuelle Rechtsansprüche die “Verwundbarkeit” von Menschen verringert und damit in struktureller Hinsicht ihre Resilienz erhöht. [Pressemitteilung] | [Den gesamten Beitrag lesen]

Die Idee, die Resilienz-Thematik mit dem Thema Flucht und Asyl zu verknüpfen, geht auf einen Workshop zurück, den die AG Normen und öffentliche Legitimation Ende Februar 2015 auf der Resilienz-Tagung in der Evangelischen Akademie durchgeführt hat. Maria Karidi, Dr. Rebecca Gutwald und Dr. Martin Schneider nutzten die Chance, um zum einen die normative „Vielstimmigkeit“ des Resilienz-Begriffes in den Blick zu nehmen (Überleben durch Abwehr von Bedrohungen;  Resilienz durch Anpassung, Resilienz durch Vielfalt und Balance, Resilienz durch Öffnung und Lernen), und um zum anderen auf die unterschiedlichen moralischen Ansprüche aufmerksam zu machen, die mit den jeweiligen Resilienz-Perspektiven verbunden sind. Die im Resilienzbegriff enthaltene Spannung griffen sie bereits in der Titelwahl für den Workshop auf: “Offene Sicherheit – ein lösbarer Widerspruch?

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Quelle: http://resilienz.hypotheses.org/512

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Auf der Ratgeberwelle: Erwachsenenbildung greift Thema Resilienz auf

In dem Bericht der drei ForChange-Projekte „Medienkompetenz als Resilienzfaktor“, „Resilienz in Teams – Rückschläge überwinden“ und „Strategien der Belastungsbewältigung“ zum Gesundheitstag der LMU München wurde bereits hervorgehoben, dass “die Themen ‘Resilienz’ und ‘Gesundheit’ die Menschen bewegen und dass es einen großen Bedarf gibt, die Ergebnisse, die in der Wissenschaft diesbezüglich gewonnen werden, in die breite Gesellschaft zu überführen”. Drei Katholische Kreisbildungswerke in der Erzdiözese München und Freising nutzen diese “Nachfrage” und laden Mitte November zu “Pädagogischen Kongressen” zum Thema Resilienz ein.

Der Schwerpunkt der Tagungen liegt auf der Stärkung der Widerstandsfähigkeit und inneren Stärke. Schon der Titel “Resilienz – Stark durchs Leben gehen” greift den “Slang” der Beratungsliteratur auf. Im Hinblick auf die Zielgruppe, die die Erwachsenenbildung ansprechen will, ist dies zunächst nachvollziehbar. Auch die ForChange-Tagung Ende Februar in der Evangelischen Akademie Tutzing hat gezeigt, dass Veranstaltungen zum Thema Resilienz vor allem Personengruppen aus dem sozial- und gesundheitspädagogischen Kontext anziehen. Um eine möglichst große Personengruppe zur Teilnahme zu bewegen, wurde ja auch hier der vielleicht etwas reißerische Titel “Zauberwort Resilienz: Was stärkt in Zeiten des radikalen Wandels?” gewählt. Man bewegte sich dann auch auf der gesamten Tagung auf dem schmalen Grad, zum einen die Erwartungserhaltung der Teilnehmer(innen) zu befriedigen und zum anderen einen Eindruck von der Komplexität der unterschiedlichen Forschungsergebnisse zu vermitteln.

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Quelle: http://resilienz.hypotheses.org/504

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Auf Verwundbarkeiten achten, Resilienz stärken. Perspektiven für ländliche Räume

Auf der Resilienz-Tagung in Tutzing (27.2 – 1.3.2015) wurde des Öfteren vorgeschlagen, den Zusammenhang zwischen Vulnerabilitätsvermeidung und Resilienz zu reflektieren. Eine eingehende Analyse beider Begriffe findet sich bei Christmann u. a. (2011). Aus den Reihen des Forschungsverbundes ForChange hat Martin Schneider in der von der Hanns-Seidel-Stiftung herausgegebenen Broschüre „Armut im ländlichen Raum? Analysen und Initiativen zu einem Tabu-Thema“ einen Beitrag dazu veröffentlicht (erschienen in der Reihe „Argumente und Materialien zum Zeitgeschehen Nr. 97“).

Ausgehend von der Entwicklungs- und Armutsforschung, bei der der Begriff der Vulnerabilität sehr verbreitet ist, analysiert Schneider, warum arm zu sein (auch) heißt verwundbar zu sein. Der Perspektivenwechsel gegenüber traditionellen Armutskonzepten besteht darin, dass der Fokus nicht nur auf den Mangel an materiellem Einkommen und auf die Verteilung von Gütern gelegt wird, sondern auch auf die Frage, ob die zur Verfügung stehenden persönlichen, sozialen und strukturellen Ressourcen und Sicherungsmechanismen ausreichen, Veränderungen, Krisen und Katastrophen bewältigen zu können. Fehlen jene, öffnet sich das Fenster der Verwundbarkeit. Im Wikipedia-Eintrag zu Vulnerabilität wird ganz in diesem Sinne folgende Definition vorgeschlagen: „Verwundbar sein heißt …: Stressfaktoren ausgesetzt [zu] sein (externe Dimension), diese nicht bewältigen zu können (interne Dimension) und unter den Folgen der Schocks und Nichtbewältigung leiden zu müssen.“

Für Martin Schneider ist dies der Punkt, um Resilienz als „Gegenbegriff“ zu Vulnerabilität einzuführen. Sie ist dies seiner Ansicht nach nicht deswegen, weil externe Veränderungen und Krisen vermieden werden. Bei Resilienz gehe es vielmehr um die Stärkung der internen Dimension, also um die Fähigkeit, Krisen zu meistern und die Handlungsfähigkeit zu erhalten bzw. zu stärken. Diesen Aspekt von Resilienz macht Schneider auch fruchtbar für das Verständnis und die Notwendigkeit von transformativen Prozessen, also von Resilienz-Strategien, die einen Wandel des jetzt dominanten Wirtschafts-, Gesellschafts- und Kulturmodells zum Ziel haben (eben um die „Auslöser“ von Verwundbarkeiten zu „bekämpfen“). Im letzten Teil wendet Schneider seine Vulnerabilitäts- und Resilienz-Reflexionen auf die regionale Entwicklung an. Er erörtert dabei auch die Frage, ob das Verlassen des ökonomischen Wachstumspfades die Resilienz von ländlichen Regionen fördern bzw. deren schon vorhandene Resilienz stärken kann. Dies würde seiner Ansicht nach dazu drängen, den im Konzept der Resilienz bislang weniger dominanten Aspekt der Transformationsfähigkeit hervorzuheben. Schneider weist darauf hin, dass für transformative Resilienz-Praktiken das lokale Handeln und das praktische Einüben von nachhaltigen Lebensstilen von entscheidender Bedeutung sind. Dazu brauche es Pioniergruppen, Experimentierfelder und soziale Labore – eben das, was sich heute unter Überschriften wie „Raumpioniere“, „Transition Towns“ („Städte im Wandel“), „Commoning“ („Gemeinsame Nutzung, Pflege und Entwicklung öffentlicher Güter“) oder „Social Banking“ (Wiederindienstnahme des Finanzsektors für eine nachhaltige Entwicklung von Gesellschaft und Realwirtschaft) entwickelt. Je weniger eine Gruppe oder Region auf Fremdversorgung angewiesen ist, um Probleme, Krisen, Notlagen oder Katastrophen bewältigen zu können, umso resilienter ist sie. Eine Erhöhung regionaler Resilienz macht unabhängiger und souveräner. Sie ist ein Beitrag zu mehr Mitbestimmung, Selbstermächtigung, Einfluss und Kontrolle – und in diesem Sinne nicht ganz unbedeutend für eine Verlebendigung der lokalen Demokratie, für die Entwicklung nachhaltiger Muster des Arbeitens und Wirtschaftens und für den Abbau sozialer Ungleichheiten. Als Stärke von ländlichen Räumen sieht Schneider, dass „Resilienzgemeinschaften“ wie Selbsthilfeeinrichtungen, Genossenschaften, Nachbarschaftshilfen und Vereine dort noch sehr verbreitet sind.

Anzumerken sind noch folgende Punkte: (1) Der Beitrag von Martin Schneider geht zurück auf ein Referat bei einer gemeinsamer Veranstaltung der Akademie für Politik und Zeitgeschehen der Hanns-Seidel-Stiftung, des Wissenschaftlichen Kuratoriums der Bayerischen Akademie Ländlicher Raum und der Katholischen Landvolkshochschule Petersberg. Er geht deswegen auch der Frage nach, wie die Resilienz-Perspektive in die Diskussion um die Gleichwertigkeit von Lebensverhältnissen eingebracht werden kann. Dies ist politisch nicht unbedeutend, wenn man bedenkt, dass der Bayerische Landtag  zum Gleichwertigkeits-Postulat eine Enquete-Kommission eingerichtet hat. (2) Martin Schneider versteht Resilienz vor allem als Vulnerabilitätsvermeidung. Weniger im Blick ist, inwieweit „Verwundungen“ die persönliche und vielleicht auch regionale Resilienz fördern. Für einen Theologen ist diese Fragestellung nicht uninteressant. Markus Vogt hat in seinem Beitrag in den Working Papers dazu bereits einige Anmerkungen gemacht (Vogt 2015: 8f.).

Download:

[Download gesamter Beitrag von Martin Schneider: Auf Verwundbarkeiten achten, Resilienz stärken, erschienen in: aus: Franke, Silke (Hg.): Armut im ländlichen Raum? Analysen und Initiativen zu einem Tabu-Thema. (Hanns-Seidel-Stiftung, Argumente und Materialien zum Zeitgeschehen Nr. 97), München 2015]

Die gesamte Broschüre  “Armut im ländlichen Raum? Analysen und Initiativen zu einem Tabu-Thema” kann auf der Homepage der Hanns-Seidel-Stiftung downgeloaded oder kostenlos bestellt werden [weiter].

Literatur:

Christmann, Gabriela / Ibert, Oliver / Kilper, Heiderose / Moss, Timothy (2011): Vulnerabilität und Resilienz in sozialräumlicher Perspektive. Begriffliche Klärungen und theoretischer Rahmen. (Working Paper 44, Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung), Erkner, http://www.irs-net.de/download/wp_vulnerabilitaet.pdf (abgerufen am 30.01.2015).

Welzer, Harald (2013): Selbst denken. Eine Anleitung zum Widerstand, Frankfurt/M. 2013.

Vogt, M. (2015): Zauberwort Resilienz. Eine Begriffsklärung  (Bayerischer Forschungsverbund ForChange, Working Paper 15/2), März 2015, http://resilienz.hypotheses.org/wp2  (abgerufen am 26.03.2015).

Quelle: http://resilienz.hypotheses.org/459

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