Industrie im Fokus

Biskuitabteilung in Fabrik in Russland, ca. 1910

<a href=”http://www.visual-history.de/wp-content/uploads/2015/04/Weberei_Moskau-e1430039975233.jpg”><img class=” wp-image-5531″ src=”http://www.visual-history.de/wp-content/uploads/2015/04/Weberei_Moskau-1024×679.jpg” alt=”Weberei (Webstühle), Russland Anfang 20. Jhdt.” width=”540″ height=”374″ /></a> Weberei (Webstühle), Fotograf unbekannt, Anfang 20. Jahrhundert, Russland, o.O., abgedruckt in: Tovariščstvo manufkatury Ivan Garelin i Synov’ja, o. J. Moskau, S. 49, gemeinfrei

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm die Industrialisierung in ganz Europa an Fahrt auf und beeinflusste mehr und mehr Menschen. Im Zarenreich veränderte sie das Erscheinungsbild der russischen Städte nachhaltig. Rauchende Schornsteine ergänzten die goldenen Kirchenkuppeln als dominante Punkte in den Stadtsilhouetten. Bevorzugtes Dokumentationsmedium dieser Veränderungen war die Fotografie. Die Entwicklung der Industrialisierung und der Fotografie verlief in Russland parallel.

Ausgehend von dieser Beobachtung, untersucht das Dissertationsprojekt, welche visuellen Diskurse über Industrialisierung im Zarenreich geführt wurden und wie sich die Wahrnehmung des Wandels zur Moderne äußerte. Die Analyse eines solchen Bilddiskurses trägt, besonders in einer Gesellschaft, in der ein großer Teil der Bevölkerung weder lesen noch schreiben konnte, entscheidend dazu bei, neue Erkenntnisse über das späte Zarenreich zu gewinnen und darüber, welche Funktionen Bilder in solchen Gesellschaften erfüllten. Den Ausgangspunkt der Analyse bildet das Motiv der Fabrik. In Fabriken waren die zentralen Erfahrungen der Industrialisierung wie künstliches Licht, Lärm, Beschleunigung oder die Anpassung des Menschen an Arbeitsabläufe und Maschinen besonders intensiv. Das Projekt untersucht, wie Fotografien diese neuen Wahrnehmungen in eine visuelle Ordnung brachten und welche Intentionen dahinter standen.

<a href=”http://www.visual-history.de/wp-content/uploads/2015/04/Novoe_Vremja_Biskuitabteilung-e1430040007465.jpg”><img class=” wp-image-5533″ src=”http://www.visual-history.de/wp-content/uploads/2015/04/Novoe_Vremja_Biskuitabteilung-1024×825.jpg” alt=”Biskuitabteilung in Fabrik in Russland, ca. 1910″ width=”544″ height=”472″ /></a> Biskuitabteilung in der Fabrik Bligken und Robinzon, Fotograf unbekannt, ca. 1910, abgedruckt in: Novoe<br />vremja, 29.5.1910, S. 12, gemeinfrei

Die beiden großen Untersuchungsteile der Arbeit beschäftigen sich einerseits mit der Verwendung der Fotografie innerhalb der Industrie sowie andererseits mit der Adressierung der Fotografie an ein breiteres Publikum. Im ersten Teil wird anhand von Firmennachlässen herausgearbeitet, wie und wofür russische Unternehmen sich der neuen Bilder bedienten. Dabei geht es zum einen um die Präsentation der Betriebe nach außen, zum anderen um die interne Funktion der Bilder. Im zweiten Teil werden unterschiedliche Quellengattungen analysiert, wie Fotografien aus russischen illustrierten Zeitschriften, Darstellungen auf Postkarten, in Werbeanzeigen, Enzyklopädien sowie auf nationalen und internationalen Ausstellungen. Neben der Bildsprache, mit der sich Firmen inszenierten und von Dritten inszeniert wurden, untersucht die Arbeit, welche Themen die Darstellungen aufgriffen, ob sich ein Kanon bestimmter Sujets entwickelte und welche Bereiche nicht abgebildet wurden. Außerdem geht die Arbeit übergeordneten Fragen nach, wie der Rolle des Ersten Weltkriegs und welche Veränderungen das Bild von Industrie in der öffentlichen Diskussion in dieser Zeit erfuhr. Plötzlich wurden die oft skeptisch betrachteten Fabriken zu einem zentralen Element, mit dem sich der Zar seinen Untertanen präsentierte. Darüber hinaus wird das Verhältnis von Mensch und Maschine untersucht. Ab wann finden sich auf Fotografien Menschen, wann war es technisch möglich, Menschen in Fabriken zu fotografieren, und welche Funktionen übernahmen Arbeiter auf Fotografien?

Die aus dem Promotionsprojekt entstehende Monografie ist eine Erweiterung der bestehenden wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Forschungen zur Industrialisierung im Zarenreich. Die Ergebnisse dieser bereits vorliegenden Forschungen werden mit Ansätzen aus der visuellen Geschichte und der neuen Kulturgeschichte kombiniert. Mit dieser Herangehensweise wird gezeigt, wie sich die enormen gesellschaftlichen Veränderungen des langen 19. Jahrhunderts in bildlichen Darstellungen niederschlugen und wie diese Fotografien wiederum die Wahrnehmung der Menschen beeinflussten.

<a href=”http://www.visual-history.de/wp-content/uploads/2015/04/Fabrikschule-e1430039990359.jpg”><img class=” wp-image-5532″ src=”http://www.visual-history.de/wp-content/uploads/2015/04/Fabrikschule-e1430039990359.jpg” alt=”Fabrikschule, Russland, nach 1911″ width=”702″ height=”431″ /></a> Fabrikschule. 1. Klasse, Fotograf unbekannt, nach 1911, Russland o. O., abgedruckt in: Tovariščestvo Krasnosel’skoj<br />pisučebymažnoj fabriki naslednikov K. P. Pečatkina,<br />S. 40, gemeinfrei

Quelle: https://www.visual-history.de/2015/04/27/industrie-im-fokus/

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Picturing Power: Photographs of the Invasion of 1968 in Czechoslovakia

Haleš: Invasion of 1968 in Czechoslovakia
Haleš: Invasion of 1968 in Czechoslovakia

Jiří Haleš: Invasion of 1968 in Czechoslovakia, © veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung

The “Prague Spring” and the following invasion of Soviet, Polish, Bulgarian and Hungarian troops into Czechoslovakia on August 21st, 1968 have been perceived as crucial events – perhaps, in fact, the only widely familiar events – of Czech and Slovak history. Such prominence became possible and constantly perpetuated by the fact that the invasion had been recorded on hundreds of photographs. These images, produced by Czech, Slovak and foreign photographers, both professionals and amateurs, were published in contemporary newspapers and have been re-used in anniversary publications, history textbooks, photograph collections, blogs, exhibitions etc.

Surprisingly, however, they have not yet been analysed in any systematic way. Even in book publications explicitly dedicated to the art of photography and possibly the work of a single photographer, the photographs remain merely illustrations of historic events. They are not acknowledged and interpreted as historical sources of their own right. The photographs, however, both published and hid away in archives, can be seen as complex representations of a state of shifting power. They display the situation as characterized by suppression, desperation and sheer violence, but also of communication, new possibilities and even pride and joy. The aesthetics are intense, but also playful, as they employ symbols of the past, ironic quotations and appeals to humanism. The original language of these images was very flexible and diverse; power appears as an open and contested concept. Only later, in the course of globalization and sometimes iconization of the pictures and with the doubtful privilege of hindsight, the corpus of photographs of the invasion developed into an unambiguous testimony of rigorous suppression.

The project aims in a first step to analyse the photographs and the visual grammar they use – recurring or rather unique symbols, motifs, dynamics and contrasts – and to ask in what ways they represent the brief but intense situation of late August 1968. In a second step, the contexts of publication, perpetuation, remembrance or forgetting need to be investigated in order to learn about the means and strategies employed to construct a tradition of “August 1968”.

Hosch: 1968

Heinz Hosch: 1968, Privatarchiv, veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung von Rainer Hosch

Haleš: Invasion of 1968 in Czechoslovakia

Jiří Haleš: Invasion of 1968 in Czechoslovakia, © veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung

Quelle: https://www.visual-history.de/2015/04/21/picturing-power-photographs-of-the-invasion-of-1968-in-czechoslovakia/

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