Working in Cork: everyday life in Irish Steel, Sunbeam Wolsey and the Ford Marina plant, 1917–2001

Volume 47, Issue 1, February 2022, Page 111-112
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Quelle: https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/03071022.2022.2009699?ai=z4&mi=3fqos0&af=R

The effects on education of epidemics in Turkey

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Quelle: https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/00309230.2022.2035415?ai=z4&mi=3fqos0&af=R

“By educators for educators” – an introduction to a GDR education television project for teachers (1970–1982)

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Quelle: https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/00309230.2022.2032771?ai=z4&mi=3fqos0&af=R

Sarah Wolff, 2021, Secular Power Europe and Islam; Identity and Foreign Policy

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Quelle: https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/09557571.2022.2035090?ai=z4&mi=3fqos0&af=R

Mazur, Kevin. 2021. Revolution in Syria: Identity, Networks, and Repression

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Quelle: https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/09557571.2022.2035089?ai=z4&mi=3fqos0&af=R

Responses of Polish NGOs engaged in democracy promotion to shrinking civic space

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Quelle: https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/09557571.2022.2027869?ai=z4&mi=3fqos0&af=R

Eins, zwei, drei, viele – Störungen des Betriebsablaufes

#Diskurse

Antifa Magazin der rechte rand
Aufklärung mit Transparent am Warnemünder Strand. Die antifaschistische Kampagne »Keine Stimme den Nazis« gegen die NPD in Mecklenburg-Vorpommern. © Mark Mühlhaus / attenzione

Die öffentlich-rechtlichen Fernsehmagazine senden Berichte über neu-rechte Netzwerke, die großen Tages- und Wochenzeitungen berichten zu rechts-militanten Gruppen und auch die privaten Sender informieren über extrem rechte Strukturen. Die Berichterstattung beschränkt sich nicht mehr auf links ausgerichtete Tageszeitungen und Monatsmagazine. Das zivilgesellschaftliche Engagement gegen »die Rechten« auf den Straßen, in den Parlamenten und in den Vereinen hat die politische Atmosphäre der bundesdeutschen Republik verändert.
Knapp 30 Jahre nach dem »Berliner Appell« aus dem neu-rechten Spektrum um Rainer Zitelmann, Heimo Schwilk und Karlheinz Weißmann, in dem nicht nur ein »antitotalitärer Konsens« gefordert, sondern auch gleich vor einer »antifaschistisch-demokratischen Grundordnung« gewarnt wurde, scheint dieser erfolglos verhallt.

Gefühl und Wirklichkeit

Alles Antifa, alles widerständig gegen rechts – cool und stabil. Schön wär’s. Doch »alles wackelt, alles brennt, mehr als 13 Prozent« rappt Neonschwarz nach dem Einzug der »Alternative für Deutschland« (AfD) in den Bundestag. Die kritischen Berichterstattungen zum rechten Milieu, die oft auch erst nach Recherchen und Informationen aus dem antifaschistischen Spektrum kommen, sollten die politische Großkontextualisierung nicht ignorieren. Mit einer Headline und Fotomontage offenbarte Focus-Online am 26. April 2021 die real dominierende Interpretation: »Deutschlands gefährlichste Straftäterinnen – Frauenknast extrem: NSU-Killerin Zschäpe und Gewalt-Linke Lina E. unter einem Dach« prangt auf der Website. Im Bild sind die Gesichter der beiden Frauen vor dem Hintergrund eines Gefängnisses montiert. Weiterlesen ist möglich, muss aber nicht. Die Redaktion hat der Leser*innenschaft schließlich schon alles gesagt. Rechts und Links, alles gleich, alles extrem. Eine offensichtlich immer wiederkehrende Annahme, sodass auch ein Gedicht mal wieder wiedergegeben werden dürfte: »manche meinen lechts und rinks kann man nicht verlwechsern. werch ein illtum«, schrieb Ernst Jandl in dem Gedicht »lichtung« 1966.
Sollte von einer Verwechslung allein ausgegangen werden? Nein, eine Gleichsetzung wurde verfolgt. Sie folgt der Extremismustheorie eines Eckhard Jesse und eines Uwe Backes, die in den Sicherheitsstrukturen der Republik dominiert. Ein doppelter Effekt ist garantiert: Indem »Extreme« aus der Mitte der Gesellschaft an die Ränder Rechts und Links verdrängt werden, wird eine Mitte imaginiert, »die gut und schön« ist und zugleich eine Normalität signalisiert, sodass »alle politischen Handlungen, die aus der ‹Mitte› heraus geschehen, als normal erscheinen müssen«, schrieb Siegfried Jäger 1998 in »Über das Eindringen von Ideologemen des völkischen Nationalismus in den öffentlichen Diskurs«. Über gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in der gesellschaftlichen Mitte muss da aber bitte nun auch nicht mehr gesprochen werden. Die Gleichsetzung kann letztlich die zentralen Differenzen von Rechts und Links nivellieren. Der Rechtsphilosoph Norberto Bobbio führt aus: Die »Menschen sind untereinander so gleich, wie sie ungleich sind«, aber Links und Rechts ließen sich danach unterscheiden, inwieweit das Gleiche oder das Ungleiche hervorgehoben werde. Die Pole seien »egalitär« oder »antiegalitär«. »Die Rechte« vertrete nicht die Idee, alle Menschen sollten die gleichen Rechte haben. »Die Linke« dagegen strebe nach diesem Ideal, indem sie die »drei Hauptursachen für die Ungleichheit, nämlich Klasse, Rasse und Geschlecht, äußerst kritisch hinterfragt«. »Nieder mit der Gleichheit« sei eine Parole »der Rechten«, die letztlich mehr bedeute. »Es lebe die Ungleichheit«, so Bobbio 1994 in »Rechts und Links. Die Gründe und Bedeutungen einer politischen Unterscheidung«.

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Ein Antifaschismus, der aber über die extreme Mitte reden und auch nicht zu der propagierten Ungleichheit schweigen will, ist per se nicht sehr erwünscht. Dass die bestehenden Verhältnisse nicht bloß theoretisch hinterfragt, sondern auch praktisch zum Tanzen gebracht werden sollten, um gesellschaftlichen Ursachen für extrem rechte Ideologie oder gruppenbezogenen Ressentiments entgegenzuwirken, missfällt. In der »Mitte« ist ja eben alles gut, und ein Wirtschaftskonzept, das auf Konkurrenz und Ausbeutung beruht, forciert selbstredend keine »rohe Bürgerlichkeit« (Wilhelm Heitmeyer). Ein Antifaschismus, der mehr als »Anti« ist, stört in der abgesicherten Waren- und Kapitalwelt. Die Störer*innen des Betriebsablaufs sind immer jene, die gegen einen extrem rechten Aufmarsch oder Parteitag demonstrieren oder diese gar blockieren. Doch wer hat da noch mal in Dresden den europaweit größten Aufmarsch gestoppt? Ach ja, eine dieser vielen Störer*innen, die mit durch das Tränengas der Polizei vertränten Augen und aufgequollenem Gesicht einen anlächelt und sagt: »Deswegen sind wir hier, wir werden sie heute stoppen.« Manchmal kommt dann auch Applaus aus der Mitte, der schnell verhallen kann.

Einfach die eigene Homebase, die Echoblase verlassen, dann wäre die Überraschung nicht so groß, dass der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN) die Gemeinnützigkeit aberkannt wurde und sie diese nach einer langen Auseinandersetzung im April 2021 – mit viel Druck und breiter Solidarität – wieder zurückerkämpft hat. Oder dass Mitte Januar der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) ein mögliches Verbot von Antifagruppen prüfen wollte. In Zeiten des Erstarkens der extremen Rechten und der Hinwendung der »Querdenken«-Proteste nach Rechts klare Signale – gegen jene, die sich gegen Rechts engagieren und für jene, die dieses Engagieren für nicht geboten halten. Doch wer ist »die« Antifa? In ihrer hundertjährigen Geschichte war sie eines sicher: äußerst heterogen und divers. In der Bundesrepublik war sie früh links, männlich und lange überwiegend weiß. Die männliche Dominanz wird schon lange hinterfragt, die weiße Prägung erst seit kurzem. Eines ist die Antifa aber selten: konservativ. Auch wenn in der Republik ein konservativer Antifaschismus schon immer geboten war – allein er folgte kaum.

Antikommunismus. Deckname Anti-Antifaschismus

Der Anti-Antifaschismus könnte gebremst auch Antikommunismus genannt werden. Im Theater gefällt es, aus der »Dreigroschenoper« Bettlerkönig Peachum zu lauschen: »Ein guter Mensch sein! Ja, wer wär’s nicht gern? (…) Wer wollt auf Erden nicht ein Paradies? Doch die Verhältnisse gestatten sie’s?« Auch aus der sicheren Gewissheit heraus, dass Seeräuber-Jennys Traum »Wenn man fragt, wer wohl sterben muss. Und dann werden Sie mich sagen hören: Alle!« sich nicht erfüllen wird. Die gesellschaftlichen Verhältnisse wurden schon vor 1933 im Diskurs zur Entstehung von Faschismus und Nationalsozialismus thematisiert. Eine Definition, die bis heute nachwirkt, führte Georgi Dimitroff auf dem VII. Weltkongress der Kommunistischen Internationale 1935 aus: »Der Faschismus ist die offene terroristische Diktatur der reaktionärsten, am meisten chauvinistischen, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals.« Die Fokussierung auf ökonomische Interessen fand sich lange in der Parole »Hinter dem Faschismus steht das Kapital«. In einer Verengung verklärt sich der gesellschaftliche Zuspruch in der Mitte für Faschismus zu einer Verführung. Bereits 1929 stellten Erich Fromm und Hilde Weiß allerdings in ihrer Studie »Arbeiter und Angestellte am Vorabend des Dritten Reichs« fest, dass Wahlerfolgen der »deutschen Linksparteien« zum Trotz die Charakterstrukturen ihrer Mitglieder einen Sieg des Nationalsozialismus nicht verhindern könnten. Der »seelische Apparat« sei zu sehr von autoritären Vorstellungen bestimmt. In der Analyse von »Hitlers Wähler« offenbarte Jürgen W. Falter 1991, dass die NSDAP eine »Volkspartei des Protestes mit Mittelstandsbauch« war.

Warum dieser Exkurs in die Historie? Weil seit der 1968er-Bewegung sich immer wieder Gruppen und Bündnisse über »die Arbeiterklasse« und – seit kurzem – über »die Bio-Bohème« und deren rechte Ressentiments zerstritten haben. Mit dem selbsternannten »Querdenker«-Milieu ist die Debatte mehr als aktuell. Vielleicht sollte mehr berücksichtigt werden, was Dimitroff auch betonte, nämlich, dass es »eine der schwächsten Stelle(n) des antifaschistischen Kampfes« sei, die »Demagogie« und »Ideologie des Faschismus« zu »geringschätzig« behandelt zu haben.
In diesem Kontext erscheint Max Horkheimers Zuspitzung »Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen« nicht so weit entfernt. In »Die Juden und Europa« findet sich der Satz, von dem aus er 1939 rechte Ideologie, ökonomische Prozesse und psychologische Effekte hinterfragt, um die Etablierung des Faschismus und Antisemitismus zu erfassen. Im Institut für Sozialforschung entwickelten die Begründer der Kritischen Theorie (KT) um Theodor W. Adorno und Max Horkheimer eine interdisziplinäre Methode, um die gesellschaftlichen Ursachen des Faschismus erfassen zu können; sie verfolgten einen sozialpsychologischen Ansatz, einen ideologie-kulturkritischen Ansatz und einen politisch-ökonomischen Ansatz. Kein Ansatz hatte eine Monopolstellung. Diese Ausrichtung findet sich im Magazin der rechte rand wieder. In den Recherchen, den Themen und den Analysen. Eines hat der rechte rand mit dem KT-Gründungspersonal aber nicht gemein, die Redaktion ist kein »Herren-Verein«.

Heute

Die Auseinandersetzung mit Phänomen wie der AfD bedingt eine Debatte um die Verfasstheit der Mitte. Auf der Straße können Blockaden extrem Rechte stoppen. Im vorpolitischen Raum sollte und kann auch gar nicht die Antifa »die Grenzen dessen, was nicht tolerierbar ist, festlegen« (Umberto Eco). Die befürchtete »antifaschistisch-demokratische Grundordnung« ist eine bündnisorientierte Option, ein gesellschaftlicher Konsens. Mit dem Lied »Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt« gelang es Danger Dan, den Diskurs auszudehnen. Eins, zwei, drei … viele Provokationen sollten folgen.

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Quelle: https://www.der-rechte-rand.de/archive/8064/stoerungen-des-betriebsablaufes-antifa/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=stoerungen-des-betriebsablaufes-antifa

Childhood of the artificer apprentices in Maranhão Empire (1841–1899)

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Quelle: https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/00309230.2021.1979054?ai=z4&mi=3fqos0&af=R

Individualistische Bewegung

#kleinbürgerlich

Antifa Magazin der rechte rand
Mit der Kindertrommel in Schwarz Rot Gold auf der Straße. © Mark Mühlhaus / attenzione

Die Proteste gegen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie halten an. In verschiedenen Städten der Bundesrepublik ist die äußert heterogene Bewegung seit Dezember 2021 wieder auf den Straßen. Die selbsternannten Freiheits- und Grundrechteverteidigenden haben eine dynamische Aktivität entwickelt, die nicht ausläuft, sondern sich ausdehnt. Der friedliche Protest mit Demonstrationen und Meditationen geht mit militanten Aktionen wie der Erschießung eines Mitarbeiters einer Tankstelle, Übergriffen auf Gastronomieangestellte und Polizei und Bedrohung von Ärzt*innen und Pfleger*innen einher. Die Proteste offenbaren erneut, wie divers die Protestierenden sind und wie unterschiedlich ihr Agieren ist. Die Affinitäten liegen tiefer, könnten auf Grundvorstellungen beruhen.

In Hamburg fand am 8. Januar eine der größten Demonstrationen seit Wochen statt. »Der Freiheitsvirus hat Hamburg erreicht«, dröhnte es aus dem Lautsprecherwagen. Ein Slogan aus der »Querdenker«-Szene um Michael Ballweg. Die Bewegung, die das Label von dem Unternehmer mit Yoga-Interesse hat, läuft längst ohne das frühere Netzwerk von »Querdenken 711«. »Freiheit ist die Einzige, die fehlt«, war auch über die Lautsprecher zu hören. Die Hymne von Marius Müller-Westernhagen wird gerne gespielt. Unter dem Motto »Das Maß ist voll – Hände weg von unseren Kindern« kamen über 13.700 Protestierende. Ein Spektrum, wie Sie, Du und ich, das diese Demonstration erneut dominierte. Bieder und bürgerlich, alternativ und ökologisch. Die rechten Teilnehmer*innen von der AfD-Bürgerschaftsfraktion bis zu RechtsRockfans dominieren hier an der Elbe nicht.

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Von der Hansestadt rauf nach Magdeburg; hier waren – ebenfalls am Samstag – über 5.000 Besorgte gegen Masken und Impfen auf der Straße. Hier ist der Protest eher kleinbürgerlich als gediegen bürgerlich, beobachtete David Begrich. Er führt aus, dass in Sachsen-Anhalt zum »Kleinbürgertum, auch der Rechtsextreme gehört, der in den 90er Jahren gegen Asylunterkünfte vorging und heute ein Kleinunternehmen mit zwei/drei Angestellten führt«. Von einer bürgerlichen Mittelschicht wie im Westen könne schon »rein soziologisch« nicht gesprochen werden. Im Osten hingen die Menschen immer noch im Niedriglohnsektor fest – ohne Rücklagen, ohne Erbschaften. Zudem befeuere ein anderes Narrativ, so Begrich, die Demonstrationen: Die Erfahrung, dass durch Protest auf der Straße ein System zusammenbrechen kann. In der Landeshauptstadt ist die Forderung bei den Protesten längst »Das System muss weg«, nicht wie im Stadtstaat Hamburg »ein runder Tisch« müsse eingerichtet werden. Die unterschiedlichen Forderungen wirken sich auch im unterschiedlichen Auftreten aus. Hier körperliche Angriffe auf Polizei und Presse, da verbale Anfeindungen gegen Politik und Medien. In Magdeburg, sagt Begrich, sei »die Polizei ausschließlich im Rückwärtsgang«.

West und Ost so klar zu unterscheiden?

Im November vergangenen Jahres legten Oliver Nachtwey und Nadine Frei die Studie »›Querdenken‹-Bewegung in Baden-Württemberg« vor. Sie stellten fest, dass bei den Protestierenden in Ostdeutschland der Anteil der AfD-Wähler*innen höher ist als in Baden-Württemberg. Vor allem in Sachsen sei der Protest »stärker von der extremen Rechten geprägt«. Keine statische Situation. Andrea Röpke beobachtete, dass auch in Niedersachsen extrem Rechte einzelne Proteste anführen. Die latente Radikalität schlug nicht bloß im Osten in offene Militanz um: Am 18. September erschoss ein Maskenverweigerer im rheinlandpfälzischen Ida-Oberstein einen Tankstellen-Mitarbeiter, der ihn auf die Maskenpflicht hinwies. Am 27. Dezember erfolgten im bayerischen Schweinfurt aus dem Protest Angriffe auf die Polizei, eine Frau nutzte ihr vierjähriges Kind als Schutz, beim Versuch, eine Absperrung zu durchbrechen.

In einer der ersten Studien zur »Politische(n) Soziologie der Corona-Proteste« stellten Oliver Nachwey, Robert Schäfer und Nadine Frei bereits im Dezember 2020 fest, dass die Protestierenden ihrem Wahlverhalten nach eher von links kämen, aber nach rechts gingen. Das Linkssein beschränke sich vor allem auf den »Lebensstil der Körperpolitik und der Selbstverwirklichung«, der »Idee der Ganzheitlichkeit«, der »spirituellen Überzeugung« und ein »libertäres Freiheitsverständnis«.
Dieses Sein prägt längst auch die bürgerliche Mitte mit alternativem Habitus. Der bürgerliche Firnis scheint jedoch von einer »rohen Bürgerlichkeit« durchbrochen zu werden. In der Langzeitstudie zu gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit hat Wilhelm Heitmeyer früh vor jener Bürgerlichkeit gewarnt, die »Konkurrenz und Eigenverantwortung« kennzeichnet und nicht »Solidarität und Fairness«. Das eigene Ich, die proklamierte eigene Leistung und die eigenen Werte sind leitend. Etabliertenvorrechte werden eingefordert, so Heitmeyer in »Autoritäre Versuchungen« (2018) – und Einschränkungen nicht hingenommen, darf seit 2020 ergänzt werden. In Zeiten der Pandemie hat dieses bürgerliche Milieu, das das Kleinbürgertum einschließt, das Maskentragen hoch emotional politisch als »Maulkorb« angefeindet und empfindet das Impfen nun als direkten Angriff auf den eigenen Körper. Extrem Rechte waren von Anbeginn der Proteste involviert. Die Radikalisierung erfolgt allerdings vor allem aus der Logik der bürgerlichen Mitte der Bewegung. Bei Kritik wird auf Angriff geschaltet.

Die Selbstzuschreibung der Besorgten und Herzensmenschen dürfte ein Selbstbetrug sein. Sie stört an den Maßnahmen gegen COVID-19, was sie stört. Sie möchten keine Maske tragen, sie möchten keine Impfung, sie wollen ihren Berufs- und Freizeitalltag selbst bestimmen. Das Pochen auf das Recht des Schutzes des eigenen Körpers ignoriert allerdings den Schutz der fremden Körper. Diese Ignoranz geht in Egomanie über. Die Bewegung ist eine individualistische, die eine solidarische Gesellschaft nicht mitdenkt. Dieser »rohen Bürgerlichkeit« ist auch eine Sehnsucht nach Überschaubarkeit und Einfachheit immanent. Eine »autoritäre Versuchung« in der Bewegung, die dennoch ein antiautoritärer Impuls antreibt. »Der Regierung« und »dem Staat« wird die Kompetenz abgesprochen, aber sogleich neuen Autoritäten mit Know-how zugesprochen. In diesem Fall den Stars der vermeintlich Querdenkenden. Bereits Erich Fromm erfasst diesen Typ in »Arbeiter und Angestellte am Vorabend des Dritten Reichs«, 1929/30, als »rebellischen-autoritären Typen«.

In der Studie zu Baden-Württemberg betonen die Autor*innen, das diese vermeintlich kritischen »Querdenkenden« Kritik an ihrer angeblichen Wahrheit weder selbst formulieren, geschweige denn akzeptieren. Ihre »Idee der Ganzheitlichkeit« hinterfragt nicht bloß logisches Denken und wissenschaftliche Studien, sie sucht auch eine vermeintlich harmonische Ursprünglichkeit, in der die Natur romantisiert und das Denken remythologisiert wird. Eine antimoderne Sehnsucht, die bereits historisch Affinitäten nach Rechts implizierte und aktuell virulent ist. In Hamburg konnten die »Jungen Nationalisten« in der bürgerlichen Demonstration einen eigenen Block bilden. Die extrem rechte Parole »Das System ist am Ende, wir sind die Wende!« war zu hören. Bei PEGIDA hoffte die extreme Rechte, über die Asyl- und Flüchtlingspolitik in der gesellschaftlichen Mitte nachhaltig mehr Akzeptanz zu gewinnen. Sichtbar auf der Straße. Im Westen fand die Bewegung gegen die »Islamisierung des Abendlandes« nicht den erhofften Zuspruch. Mit »Querdenken« finden sich jetzt neue Allianzen – von Nord bis Süd, West bis Ost. Alleine die Warnung vor extrem Rechten schützt nicht vor der Entkultivierung des Bürgertums.



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Translating Buddhism, Historical and Contextual Perspectives

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