Beyond Heroes and Hostility: Greta Thunberg, Vanessa Nakate, and The Transnational Politics of Girl Power

Volume 31, Issue 2, June 2023
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Quelle: https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/08038740.2023.2206673?ai=z4&mi=3fqos0&af=R

An Evasive Aesthetics: Appropriation, Witnessing and War in Shadi Angelina Bazeghi’s Flowmatic

Volume 31, Issue 2, June 2023
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Quelle: https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/08038740.2023.2192960?ai=z4&mi=3fqos0&af=R

Companion Texts and Spaces of Encounter: Reading Experiences in Shazia Majid, Ivo de Figueiredo and Yohan Shanmugaratnam’s Life Writing

Volume 31, Issue 2, June 2023
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Quelle: https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/08038740.2023.2205660?ai=z4&mi=3fqos0&af=R

Geheimes Wissen aus der Taiga

#Anastasia

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand die sogenannte völkische Bewegung im deutschsprachigen Raum. Die »Blut und Boden«-Ideologie stellt ein Kernelement ihres Denkens dar, in dessen Rahmen das deutsche Volk und seine Umgebung als untrennbare Einheit betrachtet wurden. Seit den 1920er Jahren versuchte die völkische Bewegung mittels gezielter Ansiedlungen junger Menschen auf dem Land, die Gesellschaft in ihrem Sinne zu verändern – durch ein naturnahes Leben innerhalb ihrer eigenen Volksgemeinschaft mit dem Ziel, die »Arterhaltung der deutschen Rasse« zu sichern. Seitdem gehört Ökologie zum Agitationsfeld rechter Ideolog*innen, auch in der »Anastasia«-Bewegung.

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Aus Russland in die Welt
Die Anastasia-Bewegung entstand in den 1990er Jahren im russischsprachigen Raum und basiert auf dem zehnbändigen Buch »Die klingenden Zedern Russlands« von Wladimir Megre. Zuerst in Russland und Osteuropa, später auch im deutschsprachigen Raum, entstand eine Bewegung, die Megres Ideen umzusetzen versucht. Laut Aussagen des Autors wurden weltweit bereits 11 Millionen Exemplare verkauft. Die Romane erschienen zwischen 1999 und 2011 in deutscher Übersetzung. Darin beschreibt Megre seine phantasierte Begegnung mit einer Figur namens Anastasia, die ihr geheimes Wissen mit ihm teilt. Anastasia wird als Botschafterin eines uralten Volkes, des Volksstamms der Wedrussen vorgestellt. Sie sei unbeeinflusst von der Zivilisation und im Besitz »paranormaler« Kräfte. Laut Megres eigener Geschichtsschreibung soll die Menschheit in einem angeblichen »Wedischen Zeitalter« 990.000 Jahre in direktem Kontakt zu Gott in einem Paradies auf Erden gelebt haben. Heute sei jedoch die Gesellschaftsordnung der Gegenwart völlig vom Bösen durchdrungen – es herrsche das »Zeitalter der Dunkelmächte«. Der einzige Ausweg: die Lehre Anastasias.
Im Kern der »Anastasia«-Bewegung stehen die sogenannten Familienlandsitze, auf denen Vater, Mutter und Kinder in Verbindung mit ihrer Scholle autark und unabhängig leben sollen. Das naturnahe ländliche Leben in ethnisch homogenen Gemeinschaften stellt das Ideal völkischer Siedlungsprojekte dar. In Deutschland soll es bisher siebzehn solcher Familienlandsitze geben.

Landwirtschaft von Rechts
Einer davon liegt im Dorf Grabow bei Blumenthal in Brandenburg, 100 Kilometer nordwestlich von Berlin. Seit 2014 wohnen Iris und Markus Krause hier mit weiteren Familien und bauen derzeit eine 84 Hektar große völkische Siedlung auf. Das Paar gehört zu den Ersten, welche die »Anastasia«-Ideologie in Deutschland verbreiteten. 2014 organisierten sie das erste bundesweite »Anastasia-Festival« auf der »Jugendburg Ludwigstein« bei Witzenhausen und im folgenden Jahr ein weiteres in Grabow. Ihr Grundstück stellten sie auch dem extrem rechten »Deutschen Jugendbund Sturmvogel« für ein Ferienlager zur Verfügung. Dabei wurden die Kinder von NPD-Funktionär*innen, Angehörigen der verbotenen »Heimattreuen Deutschen Jugend« und Mitgliedern der rassistischen »Artgemeinschaft – Germanische Glaubensgemeinschaft« offensichtlich im völkischen Sinne in­doktriniert.

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Markus Krause betreibt zudem einen Land- und Gartenbau. Auf seiner Webseite betont er, auf den »Dieselmaschineneinsatz« zu verzichten und nur per Hand und mit Pferden zu arbeiten. Außerdem würde nur Dünger verwendet, der »für den Ökolandbau« zugelassen sei. Das Ergebnis seien Kartoffeln »völlig rückstandsfrei von konventionellen Anbaumethoden«. Die Ernte verkauft er auf Märkten in der Region. Auch vor Ort sind die Krauses aktiv, laden die Bevölkerung des kleinen Dorfes in das örtliche Gasthaus zu Vorträgen ein, in denen sie gegen Geflüchtete hetzen und mit der Gründung einer Dorfwehr drohen, damit ihr Dorf »frei von illegalen Einwanderern« bleibe.

Rassenlehre und Permakultur
Im Oderbruch, am anderen Ende von Brandenburg, wohnt Frank Willy Ludwig auf seinem Familienlandsitz in Liepe. Er ist Begründer des »Urahnenerbe Germania«, einer rechts-esoterischen Organisation, deren Ziel er wie folgt beschreibt: »Die Förderung und der Aufbau natürlicher Stammeslandsitze in Siedlungen mit Wirtschaft (Mutterhof) und Schulen, durch das Erforschen und Praktizieren der Lebensweisen unserer Urahnen, der wedischen Hochkultur von Slawen und Ariern.« Der Name der Organisation bezieht sich auf die 1935 von dem Reichsführer der SS, Heinrich Himmler, und dem niederländischen Nazi Herman Wirth gegründete »Deutsches Ahnenerbe – Studiengesellschaft für Geistesurgeschichte e. V.«. Die Studiengesellschaft stand dem »Reichsbauernführer« Richard Walther Darré nah und sollte die »rassische Überlegenheit« des »arischen Menschen« wissenschaftlich nachweisen. Sie war auch für medizinische Versuche an Menschen in Konzentrationslagern verantwortlich. Ludwig hält deutschlandweit Vorträge, in denen er über die »Gesetze der Reinheit des Blutes« und die »arische Rasse« referiert. Er rät seinen Zuhörern: »Kümmert euch um eure Frau. Zeugt Kinder. Schafft euch einen Garten an, fertig. Das ist es doch, was der Führer auch gesagt hat. Blut und Boden. Kraft durch Freude.« Ein enger Vertrauter Ludwigs ist der Allgäuer Landwirt Robert Briechle, der als Betreiber des Bio-Mutterhofs in Unterthingau weitreichenden Einfluss auf die Ökoszene im Allgäu hat. Sein Wissen über Permakultur, Biodiversität und Nachhaltigkeit teilt er in seinem Kursangebot für Schulen und Universitäten. In einem Interview mit dem rechten Verschwörungsideologen und Permakultur-Aktivisten Markus Rüegg 2019 benennt Briechle die »Anastasia«-Buchreihe als Grundlage seines Aktivismus.

https://www.der-rechte-rand.de/archive/8155/reaktionaer-autoritaer-nationalistisch-putin/

Ehre, Heimat, Selbstversorgung
Ein weiteres Siedlungsprojekt befindet sich in Wienrode im Ostharz. Unter dem Namen »Weda Elysia« (Wissen um das Paradies) bauen Maik und Aruna Schulz die ehemalige Dorfschänke zum Kulturzentrum »Haus Lindenquell« um, teils mit handgefertigten Lehmziegeln. Weitere Gelände sollen nach eigenen Angaben folgen, um hier mit 50 Menschen zu leben. Als sich 2018 die völkische und rechte Szene zu einer Aufführung von Schillers Drama »Wilhelm Tell« im sächsischen Bischofswerda traf, sollen auch die Schulzes vor Ort gewesen sein. Ihr Projekt richte sich an jene »Menschen, für die Werte wie Familie, naturnahe Lebensweise, Ahnen, Selbstversorgung, Gewissen, Ehre, Heimat, deutsche Kultur und Gemeinschaft noch eine Bedeutung haben«. Ziel sei es, »die Kräfte und den Willen jener zu bündeln, die erkannt haben, dass die derzeitige Konsumgesellschaft die Deutschen betäubt und entfremdet«. In einem Gruppenchat verweist Maik Schulz auch auf die »Identitäre Bewegung« oder die »Gedächtnisstätte Guthmannshausen« in Thüringen.

https://www.der-rechte-rand.de/ausgaben/ausgabe-189/

Im Zeitalter der Dunkelmächte
Das sind keine Zufälle. Megres Bücher strotzen vor nationalistischen, emanzipationsfeindlichen, antisemitischen und verschwörungsmythischen Inhalten. Sie bilden die Grundlage für die Verbindungen zwischen »Anastasia«-Bewegung und völkischen Rechten. »Anastasia«-Anhänger*innen lehnen alles ab, was ihrer Meinung nach »von dunklen Mächten durchdrungen« sei und die Menschen daran hindere, wieder »souverän« zu sein: Für sie zählen hierzu die westliche Demokratie und Medizin, das Schulsystem und die Wissenschaft. Im deutschsprachigen Raum ziehen diese Theorien neben Öko-Romantiker*innen und Menschen aus dem Alternativmilieu vor allem rechte Verschwörungsideolog*innen und »Reichsbürger« an. Sie glauben, Deutschland sei ein besetztes Land, die Geschichte des Zweiten Weltkriegs eine Lüge, und die Flüchtlinge würden von finsteren Mächten nach Deutschland getrieben, um das deutsche Volk zu zerstören. Hierbei fällt eine Affinität für die russische Regierung auf, bei der Wladimir Putin als starker Herrscher gefeiert und die Kultur und Demokratie des Westens als dekadent und korrupt betrachtet werden.

Reinheitswahn
Das »Anastasia«-Weltbild ist stark von einer ethnopluralistischen Vorstellung geprägt, die sich in der Idee der »Telegonie« wiederfindet. Laut dieser These wird eine Frau durch den ersten sexuellen Kontakt geprägt, sodass ein späteres Kind von einem anderen Mann sowohl den Genotyp als auch den Phänotyp des ersten Mannes in sich trage. Die Erbinformationen sollen demnach über Generationen übertragen werden. Die Idee der »Telegonie« findet sich in den nationalsozialistischen »Blutschutz-Gesetzen« (»Rassenschande«) von 1935 wieder. Damals wurde argumentiert, eine Frau, die eine sexuelle Beziehung zu einem »Nichtarier« unterhielt, würde in ihrem Leben nie einen »Arier« gebären können. Um die Prägung früherer Partner zu neutralisieren, empfiehlt Megre ein Ritual, das junge Paare durchführen sollten.

Anschlussfähigkeit ins Alternativmilieu
Die »Anastasia«-Bewegung lässt sich in die Tradition völkischer Siedler*innen in Deutschland einordnen und ist eine Schnittstelle für Ökologie, Esoterik und die extreme Rechte. Innerhalb dieser Lehre hat das Leben auf dem Land, die Verbundenheit zum Boden und der Natur einen zentralen Stellenwert und fungiert als Chiffre für eine verloren geglaubte Reinheit oder Ursprünglichkeit, die zum gesellschaftlichen Imperativ erklärt wird. Die Bücher von Megre vermitteln konkrete Handlungsempfehlungen, um dem politischen System zu entfliehen. Dabei werden vereinfachte Weltbilder entworfen – abseits von einer realen, politischen Auseinandersetzung mit den komplexen Krisen und Konflikten in der Gesellschaft.
Durch das Aufgreifen ökologischer Themen versuchen völkische Akteur*innen an das auch in alternativen Milieus vorhandene Bedürfnis nach einem Ausstieg aus dem gegenwärtigen System und naturnahen Leben anzuknüpfen und ihre Propaganda verklausuliert zu verbreiten. Daher ist es einmal mehr notwendig, über deren Bestrebungen aufzuklären und gemeinsam Gegenstrategien zu entwickeln.

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Streit-Pipeline Nord Stream 2

#Lubmin

Selten stand eine 2.000-Einwohner*innen-Gemeinde Mecklenburg-Vorpommerns monatelang dermaßen im Fokus der bundesdeutschen Aufmerksamkeit wie zuletzt Lubmin. Es sind die direkt aus Russland kommenden und in Lubmin anlandenden Gas-Pipelines, die seit Wochen die Gemüter erhitzen und zu heftigen Diskussionen geführt haben.

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Lubmin @ ENDSTATION RECHTS

Die Invasion der Ukraine durch Russland und die sich in der Folge abzeichnende Energiekrise wurde durch das vor allem in rechten Zirkeln kursierende Narrativ vom »Heißen Herbst« immer mehr in der bundesdeutschen Öffentlichkeit debattiert und verdeutlichte die Anschlussfähigkeit bei breiten Bevölkerungsschichten.
»Zusätzlich müssen die Gaslieferungen aus Russland (…) wieder hochgefahren werden«, hieß es in einer am 27. August vom Landesverband der AfD Mecklenburg-Vorpommern veröffentlichten Resolution. Und weiter: »Deshalb darf auch die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 kein Tabu sein.«

Mit dem Schraubenschlüssel nach Lubmin
Keine 48 Stunden später kam es bereits zu einer ersten Protestaktion durch die »Identitäre Bewegung« (IB). Martin Sellner, der aus Österreich stammende Kopf der neu-rechten Gruppierung, befand sich mit rund einem Dutzend weiterer Aktivist*innen vor dem Eingang des Geländes und erklärte: »Wir sind heute hier, um Nord Stream 2 aufzudrehen.« In typischer Inszenierungsmanier betrat daraufhin ein aus Bayern angereister IB-Anhänger, bewaffnet mit einem überdimensionalen Schraubenschlüssel, das Gelände und ließ sich dabei filmen.
Die symbolische Aktion der IB endete an dieser Stelle bereits, das Sicherheitspersonal des Areals hielt einen Teil der Gruppe fest, bis die Polizei eintraf. Nun wird wegen Verstoßes gegen das Versammlungsrecht gegen sie ermittelt.

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Auffällig: Die Gruppe, die in den letzten Jahren massiv an Bedeutung verloren hatte, versuchte auch in dem Fall eine Verbindung zu ihrer rassistischen Agenda herzustellen. »Nord Stream 2 aufdrehen und die Grenzen dichtmachen«, forderte Martin Sellner, ohne dass eine inhaltliche Verknüpfung zu deren Kampagne namens »Aktion Solidarität« hergestellt werden konnte.
Während die kurze Inszenierung der »Identitären« in den Leit­medien kaum Widerhall fand, wurde sie in rechten und verschwörungsideologischen Kreisen mit großem Wohlwollen wahrgenommen und verbreitete sich rasant in den einschlägigen Telegram-Kanälen. Auch Thomas Kerl, kurz zuvor aus der AfD ausgetretener Flügel-Sympathisant und Demo-Organisator, verbreitete die Inhalte der IB auf seiner Facebook-Seite. Wohl nicht ohne Grund.

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Lubmin @ ENDSTATION RECHTS


Vor allem Strukturen aus den nahegelegenen Städten Greifswald und Wolgast, die bereits seit Pandemiebeginn auf die Straße gehen und im Sommer mit rückläufigen Teilnehmendenzahlen und teilweise internen Querelen zu kämpfen hatten, suchten händeringend nach einer Möglichkeit, ihren Aktionsradius auszuweiten und neue Bevölkerungsschichten zu erschließen.
Lubmin ist idealer Kristallisationspunkt für die Ziele jener Gruppierungen und würde als neuer Ort mit hohem Symbolcharakter als optimaler Anlaufpunkt dienen, nicht nur für die eigene Klientel, sondern mit großem Potenzial weit darüber hinaus. Denn das Thema Corona ist auch im Nordosten kaum noch mobilisierungsfähig.

Von rechts bis ganz rechts
Für den 4. September – und somit nur wenige Tage nach der IB-Inszenierung – wurde schließlich breit nach Lubmin mobilisiert. »Nord Stream 2 in Betrieb nehmen«l hieß es in dem Aufruf, der in den regio­nalen Telegram-Kanälen und -Gruppen gestreut wurde. Auch wenn als Verantwortliche dort die Kreisverbände der AfD und der Partei »dieBasis« auftauchen, wurde auf der Demo betont, es seien lediglich einige Organisatoren in den Parteien aktiv, um so auf eine vermeintliche Überparteilichkeit hinzuweisen.
Mit laut Polizeiangaben rund 1.800 angereisten Personen – und damit ein Vielfaches mehr als bei ähnlichen Versammlungen vorher – konnte die Demonstration als Erfolg verbucht werden. Über Netzwerke und Strukturen – vorwiegend bestehend aus extra angelegten Telegram-Kanälen und welchen, die bereits 2020 im Zusammenhang mit den Montagsdemos entstanden sind – dürfte so ein Großteil der Teilnehmenden erreicht worden sein. Aber auch die medial omnipräsente Energiekrise dürfte sich positiv auf die Mobilisierung ausgewirkt haben.

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Lubmin @ ENDSTATION RECHTS


Eingefunden hatten sich auch der stellvertretende NPD-Landesvorsitzende Enrico Hamisch in Gefolgschaft einiger Kameradschaftsmitglieder. Anhänger*innen der »Identitären« mit dem wenige Tage zuvor genutzten Banner sowie etliche AfD-Funktionär*innen wie der Vorsitzende der Landtagsfraktion, Nikolaus Kramer, der Bundestagsabgeordnete Enrico Komning sowie weitere Landtagsabgeordnete und Mitglieder regionaler Parteistrukturen. Optisch war die Veranstaltung geprägt von Russland- und »Wir sind das Volk«-Fahnen, flankiert von Schildern, auf denen die Öffnung der Pipeline gefordert wurde. Das extrem rechte »Compact«-Magazin filmte und interviewte ausgiebig, während zeitgleich Autor*innen der Ostsee-Zeitung namentlich genannt wurden, genauso wie ein Kamerateam des Wochenmagazins Der Spiegel: Die »Lügenpresse«-Rufe ließen daher nicht lange auf sich warten.


Für »Stimmung« sorgte immer wieder das frühere AfD-Mitglied Thomas Kerl, der zusammen mit dem »dieBasis«-Politiker und Landtagskandidaten Martin Klein hauptsächlich in die Organisation der Versammlung eingebunden war – beide Männer traten zeitgleich auch als Redner auf. Kerl verstieg sich dort zu der Aussage: »Wir werden Nord Stream 2 spätestens in 20 Tagen in Betrieb nehmen«, die zwar für frenetische Jubelstürme im Publikum sorgte, sich im Nachgang – wenig überraschend – aber als leere Phrase entpuppte.

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Lubmin – Einer der Redner war Andreas Kalbitz aus Brandenburg, Neonazi und EX-AfD Mitglied. @ ENDSTATION RECHTS

Endstation Lubmin
Noch auf der Kundgebung wurde schließlich für eine Folgeveranstaltung für den 25. September geworben, erneut in Lubmin. Die anhaltende bundesweite Debatte um steigende Energiepreise beflügelte aufs Neue die Mobilisierung und führte zu einer annähernden Verdoppelung der Teilnehmendenzahlen auf bis zu 3.500 Personen. Eine fünfstellige Zahl, auf welche die Organisatoren gehofft hatten, wurde jedoch deutlich verfehlt.
Organisatorisch, inhaltlich und auch mit Blick auf die Zusammensetzung der Teilnehmenden gab es wenig Veränderung gegenüber der ersten Versammlung. Zwar wurde mit einem Zug durch den Ort geworben, doch weit über zwei Stunden nach Beginn war das Programm der knapp ein Dutzend Redner*innen immer noch nicht abgearbeitet, was unter den Anwesenden für deutlichen Missmut sorgte, sodass etliche Personen vorzeitig die Veranstaltung verließen.


Zuvor war die Redner*innenliste um eine prominente Person ergänzt worden: Thomas Kerl hieß den früheren AfD-Politiker Andreas Kalbitz auf der Bühne willkommen, der mit deutlichem Applaus empfangen wurde. Es seien vor allem die Interessen des deutschen Volkes zu vertreten, zudem müsse der Druck auf Regierungsvertreter in ihren »Kristallpalästen« erhöht werden, so der extrem rechte Landtagsabgeordnete. Die Greifswalder Zahnärztin Manuela Brück, die anschließend die Bühne betrat, bezog sich auf Sahra Wagenknecht, die wie derzeit kaum eine andere Person in einschlägigen Kreisen zitiert wird. Die Linken-Politikerin würde die Wahrheit sagen, doch ihr würde unterstellt, dass sie der russischen Propaganda zum Opfer gefallen sei – »wir alle«, ergänzte Brück ihren Satz und erntete dafür tosenden Beifall.


Medial überschattet wurde die zweite Demonstration in Lubmin allerdings vom Abdrängen von drei ukrainischen Aktivistinnen, die sich kurzzeitig protestierend vor die Bühne stellen konnten. Die drei jungen Frauen wurden nach wenigen Sekunden stark bedrängt und von mehreren Männern zur Seite geschoben, ein wutentbrannter Mann mit einem »Old German Hooligan«-T-Shirt entriss den Ukrainerinnen ihre Schilder. Diese Bilder erreichten überregionale Aufmerksamkeit, sehr zum Unmut der Organisator*innen der Demonstration.
Die Sprengung von drei der insgesamt vier Nord-Stream-Pipelines sorgte in diesen Kreisen für eine Menge Frustration. Und machte einmal mehr deutlich, dass das Hauptziel der Akteur*innen rund um die Lubmin-Demos kaum noch erreicht werden könnte. Dennoch wird für den 12. November erneut auf die Straße mobilisiert, Motto diesmal: »Nord Stream 2 öffnen – Nord Stream reparieren.«

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¿Pizarra o papel? La lenta transformación de las escuelas en México, 1880–1920

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Quelle: https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/00309230.2023.2213165?ai=z4&mi=3fqos0&af=R

Bab’i Bunty in Semirech’e: Gender, Class, and Ethnicity in Central Asia during the First World War

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Quelle: https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/09546545.2023.2210007?ai=z4&mi=3fqos0&af=R

A new moral vision: gender, religion, and the changing purposes of American higher education, 1837–1917

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Quelle: https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/00309230.2023.2218806?ai=z4&mi=3fqos0&af=R

Die AfD stabilisiert sich

#MecklenburgVorpommern

Der Höhepunkt des Superwahljahres 2021 ist vorüber: Auch in Mecklenburg-Vorpommern wurde gewählt. Die
»Alternative für Deutschland« zog mit Verlusten zum zweiten Mal in den Landtag ein.

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Wahlkampfauftakt im August 2021 in Schwerin mit Chrupalla, Weidel, Holm und Kramer.

Mecklenburg-Vorpommern hat einen neuen Landtag. Als klare Siegerin mit einem rekordverdächtigen Ergebnis von 39,6 Prozent geht die SPD aus diesem Wahlkampf hervor. Ähnlich wie im Bundesergebnis musste auch die CDU an der Ostsee einen derben Rückschlag erleben und überzeugte lediglich 13,3 Prozent der Wähler*innenschaft. Damit landet sie abermals hinter der »Alternative für Deutschland« (AfD), die trotz Verlusten von 4,1 Prozent weiterhin zweitstärkste Partei bleibt, mit noch 16,7 Prozent der Zweitstimmen. Als Konsequenz aus der CDU-Wahlniederlage traten der Landesvorsitzende Michael Sack und der Generalsekretär Wolfgang Waldmüller bereits einen Tag später zurück. Von der AfD werden zukünftig ihr Spitzenkandidat Nikolaus Kramer und 13 weitere Abgeordnete im Landtag sitzen. Lediglich Thomas de Jesus Fernandes und Stephan Reuken haben neben Kramer die innerparteilichen Streitigkeiten überstanden und konnten ein zweites Mal einziehen. Die restlichen Mandate sind eine komplette Neubesetzung, von denen zwar einige bereits Erfahrungen in Kommunalparlamenten sammelten oder bereits als Referent*innen tätig waren, aber keine direkten Erfahrungen auf Landesebene mitbringen.

Neu ist immer besser?
Ein nahezu völliger Austausch der AfD-Landtagsfraktion ist vielleicht nicht verwunderlich in Anbetracht der internen Zerwürfnisse vor und während des Wahlkampfes. Vor allem die AfD zeigte abermals der Bevölkerung auf, dass sie mehr mit sich selbst als mit den Interessen der Wähler*innen beschäftigt ist. Auch wenn sie auf ihren eigenen Kanälen offiziell eine geschlossene Linie zu präsentieren versucht, wurden die Schlagzeilen der vergangenen Monate von Streitigkeiten oder Parteiausschlüssen dominiert.

So lief entgegen ihrem auferlegten Wahlmotto »MV. Aber normal« der erste Listenparteitag im Mai alles andere als normal ab. Eigentlich sollte die komplette Landesliste mit den Kanditat*innen für die anstehende Landtagswahl beschlossen werden. Doch gerade einmal zehn der geplanten 30 Listenplätze wurden gewählt, bis nach zähen Debatten und etlichen Problemen bei der Stimmenauszählung der Parteitag in der Nacht abgebrochen wurde. Als größter Verlierer dieses Abends ging der ehemalige CDU-Politiker Hagen Brauer hervor, der erkennen musste, dass ihm ausgerechnet die Parteibasis ihre Zustimmung verweigerte. Bereits zuvor scheiterte er daran, sich als Direktkandidat im eigenen Kreisverband Schwerin aufstellen zu lassen. Brauer trat nach dem desaströsen Ergebnis von seinem Amt als Co-Landesvorsitzender zurück. Der zweite Listenparteitag einen Monat später verlief ähnlich zähflüssig. Schlussendlich wurden nur 23 Kandidat*innen aufgestellt. Auffällig war bereits dort, dass sich auf der Liste ein Großteil Kommunalpolitiker*innen und Unbekannte befanden, die bislang kaum öffentlich in Erscheinung getreten waren.

Die »Gurkentruppe«
Neben den freiwilligen Rücktritten scheute sich die AfD trotz laufenden Wahlkampfes nicht davor, Mitglieder aus der Partei zu werfen oder Ausschlussverfahren anzustoßen. Vor Kurzem traf dieses Schicksal den Rechtsprofessor Ralph Weber, den der Landesverband aufgrund seines parteischädigenden Verhaltens loswerden wollte. Weber, der dem rechten »Flügel« zuzuordnen ist, fiel in der Vergangenheit schon öfter mit seinem losen Mundwerk auf und hat jetzt anscheinend den Zenit überschritten.

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Beim zweiten Listenparteitag in Wittenburg habe er die aufgestellten Kandidat*innen als »Gurkentruppe« bezeichnet und sich ihnen gegenüber verächtlich geäußert, nachdem er selbst keine der begehrten Kandidaturen ergattern konnte. Das hat den Kragen des Landesvorsitzenden Leif-Erik Holm zum Platzen gebracht: »Das geht einfach nicht, wir wollen eine seriöse Partei sein«, äußerte er sich gegenüber dem Norddeutschen Rundfunk. Die Entscheidung über den Ausschluss steht aber noch aus. Offensichtlich nahmen ihm auch andere Mitglieder dieses Verhalten übel: Nach seinen unangebrachten Äußerungen während des Parteitages ließ Webers Kreisverband über sein Direktmandat neu abstimmen. Er verlor die Wahl und verpasste so die letzte Chance in den Landtag gewählt zu werden. Aber die Schlammschlacht ging weiter: In einem Facebook-Beitrag gut drei Wochen vor der Wahl erhob er gegen mehrere Mitglieder Vorwürfe unter der Rubrik »kriminelle Gurken«. Zwar sind die Enthüllungen über die Betroffenen nicht neu, dennoch dient es dem Zweck, der Partei kurz vor der Wahl maximalen Schaden zuzufügen. Einige wollen nun rechtlich gegen Weber und seine Anschuldigungen vorgehen.

Damit hat die AfD abermals gezeigt, dass sie sich auch in Mecklenburg-Vorpommern weit weg vom gewünschten Image einer »seriösen Partei« bewegt. Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, dass sie es trotz des chaotischen Wahlkampfes schaffte, ihren Platz als stärkste Oppositionspartei im Landtag zu sichern.

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Bewährtes Vorgehen

#Thüringen

Im Zuge rassistischer Mobilisierungswellen greifen Neonazis in Thüringen auf alte Strukturen zurück, um gegen Geflüchtete und deren Unterbringung zu hetzen.

Durchschnittlich drei Fälle rechter und rassistischer Gewalt mit mindestens sieben Betroffenen pro Woche ereigneten sich in Thüringen im vergangenen Jahr. Zu diesem Schluss kommt die Betroffenenberatungsstelle ezra in ihrer Jahresstatistik für 2022. Es ist die höchste Zahl an Angriffen, die je durch ein unabhängiges Monitoring im Freistaat registriert wurden. Dabei dürfte die Dunkelziffer noch höher sein. ezra warnt: »Wir haben es in Thüringen mit einer neuen Welle rechter und rassistischer Gewalt zu tun, die sich bereits 2021 abzeichnete.« Die Lage könne im laufenden Jahr jederzeit weiter eskalieren. Eine Bestätigung dieser Einschätzung folgte sieben Tage später bei einem Aufmarsch gegen die Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine in einem leerstehenden Krankenhaus im südthüringischen Schleusingen.

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Frank Haußner bei einer Kundgebung des Netzwerks »Freie Thüringer« in Erfurt. © Kai Budler

»Denn es wird eskalieren.«
»Beweist Rückgrat! Wenn ihr nicht für das deutsche Volk da seid, dann klebt das Blut auch an euren Händen. Denn es wird eskalieren«, fordert eine Frau am Mikrofon, eine andere Teilnehmerin plädiert für eine Besetzung des Gebäudes. Rund 600 Personen waren dem Aufruf des langjährig aktiven Neonazis Tommy Frenck gefolgt, die Technik stellte Axel Schlimper, ehemaliger Thüringer Regionalleiter des 2017 aufgelösten Holocaustleugner-Netzwerks »Europäische Aktion«. Beide gehörten schon 2014 zum Organisationskreis von »Südthüringer gegen die Islamisierung des Abendlands« (SügIdA) und von Aufmärschen mit bis zu 1.000 Teilnehmer*innen. Frenck wurde 2014 auch einer Facebook-Gruppe zugerechnet, in der sich Neonazis und Rassisten zu einer rassistischen Hetzjagd im südthüringischen Hildburghausen verabredet hatten. Mit rund zehn Fahrzeugen verfolgten sie einen Kleintransporter mit rumänischen Arbeitern, bedrohten diese und verursachten dabei mehrere Verkehrsunfälle. Sowohl Frenck als auch Schlimper wissen um die mobilisierbaren Strukturen, mit denen sie die rassistische Stimmungsmache anheizen können. Zwei Wochen nach dem ersten Aufmarsch stieg die Zahl der Teilnehmer*innen in Schleusingen erneut an. Zu den Redner*innen gehörte dieses Mal auch Frank Haußner von den rechten Gruppen »Freies Thüringen« und »Patrioten Ostthüringen«. Er verkündigte lautstark das gemeinsame Ziel: »Die Überwindung des BRD-Unrechtsregimes.«

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Extrem rechte Allianz in Gera
Im ostthüringischen Gera ist Haußner eine der zentralen Figuren in einer extrem rechten Allianz, die dort während der Pandemie gewachsen ist. Die Stadt ist zu jener Zeit ein Zentrum der Proteste gegen die Corona-Maßnahmen und damit auch rechter Gewalt geworden. Nach Angaben von ezra haben sich im vergangenen Jahr rechte Gewalttaten dort mehr als verdoppelt. Mit den wöchentlichen Montagsaufmärschen sei in Gera ein Angstraum für Menschen entstanden, die nicht in das rechte Weltbild passen. Obwohl Demon­strationen wegen der Pandemie eigentlich verboten waren, gingen dort zeitweise bis zu 3.500 Personen auf die Straße. Neben Haußner gehört der langjährig aktive Neonazi Christian Klar zum Organisa­tionskreis der Aufmärsche, die inzwischen zu einem Sammelbecken von Akteur*innen aus dem Reichsbürgermilieu, Putin-Freund*innen, Impfgegner*innen und militanten Nazis avanciert sind. Der 1980 geborene Klar gehörte bereits Ende der 1990er Jahre zum Umfeld des »Blood&Honour«-Netzwerks in Thüringen und wurde ab 2015 auf den inzwischen von »Sügida« in »Thügida« umbenannten Aufmärschen wieder aktiv, zweimal soll er bereits im Gefängnis gesessen haben.

In dem Ostthüringer Geflecht darf auch die »Alternative für Deutschland« (AfD) nicht fehlen, sie hatte bei den Landtagswahlen 2019 im Wahlkreis Gera II mit knapp 30 Prozent ihr landesweit bestes Ergebnis. Ihr Kandidat Wolfgang Lauerwald holte dort mit knapp 33 Prozent ein Direktmandat. Er sitzt auch im Stadtrat, wo die AfD seit Juni 2019 mit 12 von 42 Sitzen die stärkste Fraktion ist. Die »Nationaldemokratische Partei Deutschlands« (NPD) hatte es nach zwei Legislaturperioden nicht wieder in das Kommunalparlament geschafft. Rund ein Jahr später sorgte die Wahl des AfD-Mannes Reinhard Etzrodt zum Stadtratsvorsitzenden in Gera bundesweit für Aufsehen. Der pensionierte Arzt war mit 23 von 40 abgegebenen Stimmen gewählt worden, elf Stimmen mehr als die AfD hat. Auch der AfD-Direktkandidat Stephan Brandner gewann bei der Bundestagswahl 2021 mit 29 Prozent der Erststimmen im Wahlkreis 194 und zog mit einem Direktmandat erneut in den Bundestag ein.

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Christian Klar bei »Thügida« am 20. April 2016 in Jena. © Kai Budler

»Wir sind die Ersten von morgen«
Als am 3. Oktober 2022 in Gera nach Polizeiangaben knapp 10.000 Personen beim »Fest der Freiheit« auf die Straße gingen, machte der AfD-Landtagsfraktions- und Landesvorsitzende Björn Höcke klar, worum es den Organisator*innen ging. Er warnte vor dem »Regenbogenimperium« und den »Konsumfaschisten« und rief zum Kampf für die Familie als Keimzelle eines guten »Volkskörpers« auf. »Gera ist heute der Anfang von etwas Neuem. Wir sind die Ersten von morgen«, rief Höcke und griff damit einen völkischen Leitspruch auf. Beim anschließenden Aufmarsch lief er in der ersten Reihe gleich neben dem Reichsbürger Haußner, der neben Klar für die Organisation verantwortlich war. Auch der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Albert Weiler nahm an dem Aufmarsch teil, während am Rande Gegendemonstrant*innen bedrängt und migrantisierte Personen mit »Abschieben«-Rufen bedroht wurden. Längst hat sich in Gera eine mosaikförmige Rechte etabliert, die auch überregional gut vernetzt ist. Publizistische Rückendeckung erhält sie vom Anzeigenblatt »Neues Gera« und ihrem Herausgeber, dem Vorsitzenden der AfD-Stadtratsfraktion, Harald Frank. Die wöchentlich bis zweiwöchentlich erscheinende Gratiszeitung mit einer Druckauflage von etwa 56.000 Exemplaren ist für viele vor Ort eine Alternative zur kostenpflichtigen Tageszeitung und profitiert von deren stetigem Auflagenrückgang. Neben AfD-Werbung und Texten mit unübersehbarer Nähe zur Partei präsentiert die Zeitung rassistische Inhalte, die der »Neuen Rechten« zuzuordnen sind. Sie begleitet auch die neuesten Aktivitäten in Gera unkritisch und teils wohlwollend. Der Unternehmer Peter Schmidt ist ebenfalls Teil dieses Mosaiks und hat gleich zwei Netzwerke aufgebaut: »Miteinanderstadt Gera« und die Initiative »Unternehmer mit Herz« mit – nach eigenen Angaben – rund 1.200 beteiligten Unternehmen. Regelmäßig führt er auf den Aufmärschen Spendensammlungen durch. Bei einer von ihm organisierten »Weihnachtsfeier« durfte der neonazistische Liedermacher Frank Rennicke sein völkisches Repertoire präsentieren. Die Mobile Beratung in Thüringen (mobit) konstatiert zudem, dass der Szene durch eine solche Beteiligung von Unternehmen nötige Infrastruktur für Veranstaltungen zur Verfügung gestellt wird. Letztere gleichen in der Region Gera mittlerweile einem Schmelztiegel aus Parteien und Gruppierungen wie AfD, NPD, »Freies Thüringen« und »Freie Sachsen«, PEGIDA und »Compact« mit direkter Anbindung an die regionale Reichsbürgerszene und ihre Netzwerke.

Erwartbare rassistische Übergriffe
Abgrenzungen untereinander gibt es wenig, dafür herrscht in der Region oftmals ein leichtfertiger kommunaler Umgang mit dem Netzwerk vor. Als dieses im Februar 2023 einen »politischen Aschermittwoch« veranstaltete, konnten sich die Organisator*innen auf die CDU-Bürgermeisterin von Ronneburg in Ostthüringen verlassen, die ihnen die städtische Halle vermietete. Anschließend berichtete die tageszeitung: »Auf der Bühne standen Mädchen in BDM-ähnlicher Kleidung, der NPD-Szenesänger Frank Rennicke trällerte Lieder. Jürgen Elsässer, Herausgeber des rechtsextremen Compact-Magazins, wetterte gegen die Grünen, ‹diese Bagage muss weg›. (…) Und der Mitorganisator und Geraer Rechtsextremist Christian Klar drohte einem Journalisten namentlich, dieser sei ein ‹Häufchen Mensch› und gehöre für seine Berichte bestraft.« Eine antifaschistische Demonstration am 1. Mai richtete sich gegen einen Aufmarsch dieses Netzwerks und wurde von der Polizei eingekesselt. Die Teilnehmer*innen wurden über sechs Stunden drangsaliert, während rechte Aktivist*innen die Szenerie filmten. Entsprechend groß war anschließend in den Telegram-Gruppen das Lob für die Polizei. Angesichts des ohnehin zu beobachtenden Themenwechsels in der extrem rechten Szene ist zu erwarten, dass die rassistische Mobilisierung auch in dem Ostthüringer Netzwerk ganz oben auf der Agenda stehen wird. Mit der Schaffung von Angstzonen und No-go-Areas während der Aufmärsche und Aktionen ist der Anfang bereits gemacht.



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