Über 16.000 handschriftliche Fuggerzeitungen werden von der Wiener Nationalbibliothek digitalisiert

Seit langem ist bekannt, welchen mediengeschichtlichen Schatz die für das Augsburger Handelshaus Fugger zusammengestellten Berichte über Tagesneuigkeiten bergen, die vor allem in einer eindrucksvollen Reihe Wiener Handschriften von 1568 bis 1604 überliefert sind. Eine Pressemeldung, die auch vom VÖB-Blog  übernommen wurden, kündigt nun die komplette Digitalisierung dieses einzigartigen Quellenfundus an. Die Digitalisate sind bereits teilweise in den digitalen Zeitungslesesaal ANNO  der ÖNB eingebracht worden. Diese Präsentation ist zwar bequemer zu benutzen als der Viewer der Handschriftendigitalisate, doch ist es nicht akzeptabel, dass an den jeweiligen Jahrgangsbänden die erforderlichen Metadaten (nämlich die Handschriftensignaturen) fehlen.

Musste im Mai 2011 in diesem Blog beklagt werden, dass die ÖNB Wien ihre Digitalisate weitgehend versteckt, so trifft das inzwischen nicht mehr zu. Für die digitalisierten Handschriften bietet der Digitale Lesesaal eine Abfragemöglichkeit. In der Trefferliste des HANNA-Katalogs kann man durch Eingabe von Novellae Fuggerianae (bei “Suchanfrage verfeinern”) die derzeit zwölf Jahrgänge, die in dieser Oberfläche zur Verfügung stehen, auffinden. Den ersten Hinweis auf diese Digitalisate (das ANNO-Angebot und dieses sind noch nicht deckungsgleich, man muss also beide benutzen, wenn man alle online einsehbaren Digitalisate finden will!) gab Anton Tantner im Februar 2012. Er wies dabei auch auf das Wiener Forschungsprojekt zu den Fuggerzeitungen hin, dessen Webpräsenz auf den ersten Blick sehr erfeulich wirkt.

Monatlich wird eine Fuggerzeitung im Bild vorgestellt und transkribiert. Der Augsburger Universitätsarchivar Werner Lengger machte aber in Archivalia darauf aufmerksam, dass die Transkriptionen zu fehlerhaft seien. In der Tat weisen die Textwiedergaben erhebliche Mängel auf, was für ein am Institut für Österreichische Geschichtsforschung angesiedeltes Projekt außerordentlich peinlich ist. Da die Fuggerzeitungen vergleichsweise einfach zu lesen sind, gibt es keine Entschuldigung für schludriges Arbeiten. Auch Internet-Transkriptionen müssen sorgfältig kollationiert werden.

Leider gibt es in der Bibliographie auf der Website keine Online-Nachweise, und auch die Link-Sektion ist allzu karg ausgefallen. Beispielsweise ist das Buch von Kleinpaul 1921 im Internet Archive zugänglich. Der Aufsatz von Cornel Zwierlein in QFIAB 2010, der sich als Einführung in den jüngsten Forschungsstand zu den Fuggerzeitungen eignet, ist auf Perspectivia.net frei einsehbar. Die von ihm erwähnten Heidelberger Handschriften Cpg 774 und 842 mit weiteren Fuggerzeitungen (der Wiener Bestand ist zwar der wichtigste, aber keinesfalls der einzige) sind online (Nachweis und weitere Links), aber einen Link sucht man auf den Projektseiten vergeblich.

Ärgerlicherweise muss zu dem vom IÖG bereitgestellten digitalen Bestandsverzeichnis die genauere Auswertung in einem gedruckten MIÖG-Aufsatz herangezogen werden. Wieso liegt dieser nicht auch Open Access vor?

 

 

 

 

Quelle: http://frueheneuzeit.hypotheses.org/1296

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