Frühe Stimmen über das Chinesische: Adelung, Mithridates (1806)

Johann Christoph Adelung (1732-1806), der vor allem für sein Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart (erste Aufl. 1774–1786)[1] bekannt ist, behandelt im ersten Band von  Mithridates, oder allgemeine Sprachenkunde[2], der in seinem Todesjahr 1806 erschien, die asiatischen Sprachen.

Adelung erläutert selbst, warum er “Sinesisch” als erste der asiatischen Sprachen abhandelt:

[...] die Sprache, welche unter den einsylbigen die einfachste, folglich der ersten Srachbildung die nächste ist. Zwar ist sie nicht mehr blosser [sic!] ungeschlachter Vocal-Laut [...] allein sie hat [...] die höchste nur mögliche Einfachheit, welches mich bewogen hat, sie an die Spitze aller übrigen zu setzen.[3]

Das Kapitel “Sinesisch” (Bd. 1, 34-64) ist in sieben Teile gegliedert:

  • “Geschichte” (34-40)[4]
  • “Sprache” (40-46)
  • “Schrift” (46-49)
  • “Mangelhafte Cultur” (49-51)
  • “Literatur der Sprache” (51-53)
  • “Mundarten” (53-55″)
  • “Sprachprobe” (55-64)

Der Autor hält die chinesische für “noch sonderbarer” als die Sprache – und erhält sie für “in ihrer Art einzig”.[5]:

Sie unterscheidet sich von den übrigen Schriftarten dadruch, dass sie weder natürliche noch symbolische Hieroglyphik, noch Sylben- noch Buchstabenschrift ist, sondern ganz ausgebildete Begriffe, und zwar jeden Begriff durch sein eigenes Zeichen ausdrückt, ohne mit der Sprache in Verbindung zu stehen.[6]

Um dem Leser zu verdeutlichen, was damit gemeint ist, wird auf die europäischen Zahlzeichen verwiesen, die “jeder verstehet, und auf seine Art ausspricht.”[7] Da es keine Beispiele gibt, müssen sich Leserinnen und Leser aus der doch sehr kryptischen Beschreibung ein Bild machen:

[...] so liegen in der Schrift sechs theils gerade, theils auf verschiedene Art gekrümmte Linien zum Grunde, welche die 214 so genannten Schlüssel oder Urzeichen bilden, mit welchen alle übrigen Zeichen, deren höchste Zahl man auf 80000 angibt, zusammen gesetzt sind.[8]

Die “sechs theils gerade[n], theils auf verschiedene Art gekrümmte[n] Linien” scheinen auf die sechs Radikale zu verweisen, die aus einem einzigen Strich bestehen.[9]. Mit Phantasie lassen sich alle Zeichen – vom einfachsten bis zum komplexesten – auf diese Grundformen zurückführen.

Das Radikal (bùshǒu 部首 [wörtlich "Klassenhaupt"] ist derjenige graphische Bestandteil eines Schriftzeichens, unter dem dieses Zeichen in einem traditionellen einsprachigen Wörterbuch oder Zeichenlexikon angeordnet ist.

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Schriftzeichen zùn 鱒. | Graphik: Monika Lehner

Ein Beispiel: Das Schriftzeichen 鱒 [zùn, "Forelle"] besteht aus zwei Teilen:  Der linke, in der Abbildung blau eingefärbte Teil ist das Radikal, yú 魚 ["Fisch"]. Der rechte, schwarz eingefärbte Teil ist das Phonetikum zūn 尊 ["Gefäß (Typ Zun)"].
Kennt man das Schriftzeichen nicht, würde man im Wörterbuch zunächst nach dem Radikal suchen, und dann nach der Anzahl der verbleibenden Striche (im konkreten Fall: 12).

Im Laufe der Zeit schwankte die Zahl der Radikale beträchtlich, das 1716 veröffentlichte Kāngxī Zìdiǎn 康熙字典 ["Kāngxī-Wörterbuch"] legte einen neuen Standard fest: die 214 Kāngxī bùshǒu 康熙部首 ["Kāngxī -Radikale"][10] – die “214 so genannten Schlüssel oder Urzeichen” .[11]

Adelung, der sich bei seinen Ausführungen auf “Bayers Museum Sinicum”[12]), “Fourmonts Grammat[ica] Sinica”[13] und “Petity Encyclop. élémentaire, Th. 2, Abth 2, S. 625-660″[14] stützt[15], kann dem System wenig Positives abgewinnen:

Wäre diese Schrift ein systematisches Werk Eines oder mehrerer dazu vereinigter guter Köpfe, so würden diese 214 Schlüssel die nothwendigsten Haupt- oder Grundbegriffe enthalten, aus welchen sich denn alle übrigen hätten müssen zusammen setzen lassen. Allein so bezeichnen sie einen verworrenen Haufen unter sich fremdaritger Dinge, so wie Laune und Zufall sie den ersten Erfindern zugeführt zu haben scheinen.

Anfängs hätte man ja versucht, mit wenigen Zeichen auszukommen- und damals hätten die wenigen Zeichen genügt. Aber …

Nichts beweist die Eingeschränktheit und den Mangel alles Genies mehr, als dass man bey fortschreitender Cultur, da des Schreibens mehr ward, diese lästige Schriftart nicht verliess, sondern vielmehr auf diesem unbequemen Wege fortwandelte, und diese Zeichen durch Zusammensetzung und Verbindung der Schlüssel und ihrer Theile nach und nach bis zu einer Menge vermehrte, zu deren Erlernung auch das längste Leben eines Sinesischen Gelehrten, und wäre er auch ein Leibnitz oder Newton nicht hinreicht.[16]

Verdeutlicht wird diese “lästige Schriftart” durch einige Beispiele, die die Unbestimmtheit von Sprache und Schrift sichtbar machen sollen, unter anderem das Zeichen für “Nacht”, 夜:

Die Nacht heisst Ye; aber das Zeichen bestehet aus den drey Schlüsseln Finsterniss, Bedecken und Mensch, die Finsterniss anzudeuten, in welcher sich der Mensch bedeckt, oder die Finsterniss, welche den Menschen bedeckt [...][17]

ye

Schriftzeichen yè 夜 “Nacht” | Graphik: Monika Lehner

Das Schriftzeichen 夜 besteht nach der Beschreibung aus drei getrennten (in der Graphik unterschiedlich gefärbten) Teilen:

  • Der (schwarze) Teil rechts unten ist eine graphische Variante von  夕 “Abend”, “Nacht”
  • Der blau eingefärbte Teil kann als  tóu 亠 “Dach” gesehen werden
  • Der grau getönte Teil kann als graphische Variante von rén 人 “Mensch”, “Mann” gelesen werden.

Adelungs Beschreibung kann bestenfalls als mnemotechnisches Hilfsmittel zum Zeichenlernen gedeutet werden, tatsächlich verbindet das Zeichen das Radikals 夕 “Abend” mit dem Phonetikum yì 亦.

Anhand weiterer Beispiele macht Adelung deutlich, für wie wenig entwickeltund unzulänglich er das Chinesische hält. Er hat nur Spott und Hohn für diejenigen, die das Chinesische als Universalsprache empfehlen würden.[18]  Er kommt zu drastischen Schlussfolgerungen:

Diese höchst unbequeme Schrift ist denn, nebst der unvollkommenen Sprache, auch die vornehmste Ursache, warum der Sinese es bisher zu keinem nur erträglichen Grade der wissenschaftlichen Cultur hat bringen können, noch es jemahls bringen wirf.[19]

Allerdings schränkt er ein, dass dies zunächst “die Hof-Schrift- und höhere Gesellschaftssprache, welche in Sina Kuan hoa [guānhuà 官話; wörtl. "Beamten-Sprache"], in Europa aber die Mandarinen-Sprache genannt wird, weil sie unter den Gelehrten und obern Beamten gangbar ist.”[20].
Diese Sprache sei die der “Provinz Kiang nan” (Jiāngnán 江南[21], in der “die ehemaligen einheimischen Kaiser ihren Sitz hatten”[22]

Als die Mantschu sich des Reiches bemächtigten, und den Hauptsitz näher an die Grenze nach Peking verlegten, gebrauchten sie zwar ihre mitgebrachte Sprache, behielten aber in allen Reichsgeschäften die alte Hofsprache bey, daher selbige noch jetzt in den obern Classen zu Peking am reinsten und zierlichsten Gesprochen wird.[23]

Adelung bringt hier  Míng 明-Dynastie   (1368-1644) und Qīng 清-Dynastie (1644-1912). Der Yǒnglè 永樂-Kaiser (1360-1424, regierte 1402-1424) hatte Běijīng 北京1421 zur Hauptstat Chinas – um  näher an der wieder und wieder bedrohten nördlichen Grenze zu sein.
Die mandschurische Qīng 清-Dynastie übernahm die chinesische Verwaltung, Dokumente wurden in chinesischer und mandschurischer (teilweise auch in mongolischer) Sprache ausgefertigt.

Nach  Bemerkungen zu “Mundarten” schließt das Kapitel mit “Sprachproben” – chinesische “Vaterunser“-Fassungen – ohne Schriftzeichen, nur Umschrift, Wort-für-Wort-Übersetzung – die aus seit der Mitte des 17. Jahrhunderts entstandenen Publikationen von Missionaren und Gelehrten entnommen sind.

Besonders interessant erscheint die von Adelung getroffene Auswahl von Literatur über das Chinesische, die in dem Abschnitt “Litteratur der Sprache” (51-53) aufgelistet und kurz charakterisiert wird. Dabei weist Adelung auch auf die nur rudimentären Darstellungen zur chinesischen Sprache hin::

Sonderbar, dass von den vielen Jesuiten, welche seit dritthalb Jahrhunderten in diesem Reiche gelebt haben, uns beynahe keiner eine gründliche Übersicht dieser Sprache gegeben hat, ungeachtet sie es an Lobpreisungen nicht haben fehlen lassen. Befürchteten sie etwa, dass eine getreue Darstellung die beste Widerlegung ihres übertriebenen Lobes seinw ürde?[24]

 

 

  1. Danach mehrere Auflagen, u.a.: 2. Aufl. 1793–1801, weitere Auflagen 1808 [Digitalisat: UB Bielefeld] und 1811 (Digitalisat [Volltext  & Images]: Bayerische Staatsbibliothek.
  2. Johann Christoph Adelung: Mithridates oder allgemeine Sprachenkunde : mit dem Vater Unser als Sprachprobe in bey nahe fünfhundert Sprachen und Mundarten : Theil 1 (Berlin: Voss 1806) – Digitalisat: ULB Sachsen-Anhalt (urn:nbn:de:gbv:3:3-36894). Die weiteren Bände wurden von Johann Severin Vater (1771-1826)  fortgesetzt und vollendet ((Digitalisate aller Bände: ULB Sachsen Anhalt (urn:nbn:de:gbv:3:3-36909).
  3. Adelung, Mithridates Bd. 1 (1806) 40.
  4. Der Abschnitt enthält kursorische Angaben zur Lage, Allgemeines zur Geschichte, zur Historiographie und deren als mangelhaft eingeschätzter Glaubwürdigkeit.
  5. Adelung, Mithridates, Bd. 1 (1806) 46.
  6. Adelung, Mithridates Bd. 1 (1806) 46 f.
  7. Adelung, Mithridates  Bd. 1 (1806) 47.
  8. Adelung, Mithridates Bd. 1 (1806) 47.
  9. Einstrichige Radikale: 1) 一 yī, 2) 丨 gǔn, 3) 丶 zhǔ, 4) 丿 piě, 5) 乙 yǐ und 6) 亅 jué.
  10. In dem 1615 publizierten, von Méi Yīngzuò 梅膺祚 herausgegebenen Zìhuì  字彙 wurden die 214 Radikale erstmals verwendet.
  11. Das oben erläuterte Schriftzeichen zùn 鱒 findet sich im Kāngxī Zìdiǎn 康熙字典 unter Radikal 195 (yú 魚) auf Seite 1478.
  12. D.i.: Theophil Siegfried Bayer: Museum Sinicum in quo Sinicae Linguae et Litteraturae ratio explicatur (Petropoli: Ex Typographia Academiae Imperatoriae, 1730 – Digitalisat: Bibliotheca Sinica 2.0.
  13. D.i. Étienne Fourmont: Linguæ Sinarum Mandarinicæ  hieroglyphicæ grammatica duplex, latinè & cum characteribus sinensium. Item sinicorum Regiæ Bibliothecæ librorum catalogus  (Paris: Guerin, 1742) – Digitalisate: Bibliotheca Sinica 2.0.
  14. D.i.: Jean Raymond de Petity: Encyclopédie Élémentaire, Ou Introduction A L’Étude Des Lettres, Des Sciences Et Des Arts. Ouvrage utile à la Jeunesse & aux Personnes de tout âge, enrichi d’amples Notices des meilleurs Auteurs dans chaque Faculté ... Bd. 2.2 (Paris: Herrisant [1767]) – Digitalisat: Bayerische Staatsbibliothek (URN: urn:nbn:de:bvb:12-bsb10351945-4).
  15. Adelung, Mithridates Bd. 1 (1806) 47.
  16. Adelung, Mithridates, Bd. 1 (1806) 48.
  17. Adelung, Mithridates, Bd. 1 (1806) 48.
  18. Vgl. dazu: Hao Liuxiang: “Leibniz’s Ideal of Characterstica Universalis”. In: Wenzhao Li, Hans Poser:  Das Neueste über China: G.W. Leibnizens Novissima Sinica von 1697 : Internationales Symposium, Berlin 4. bis 7. Oktober 1997 ((= Studia Leibnitiana / Supplementa 33, Stuttgart: Steiner 2000) 170-191.
  19. Adelung, Mithridates Bd. 1 (1806) 49.
  20. Adelung, Mithridates Bd. 1 (1806) 50.
  21. Jiāngnán bezeichnet die Region südlich des Unterlaufs des Cháng Jiāng 長江.
  22. Adelung, Mithridates Bd. 1 (1806) 50.
  23. Adelung, Mithridates Bd. 1 (1806) 51.
  24. Adelung, Mithridates Bd. 1 (1806) 51.

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/1813

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Frühe Stimmen über das Chinesische: “Über die Chinesische Schriftsprache” (1813)


In China besteht noch jetzt alle Gelehrsamkeit in der Kenntniß der Sprache. Um zu den höchsten Staatsämtern zu gelangen, braucht man durchaus nichts weiter zu verstehen. Die Candidaten aller Staatsämter in China werden nur hierinn äusserst scharf examinirt. [...] Nicht sowohl wegen der Natur der Chinesischen Schriftsprache selbst sind in China noch alle gelehrten Fertigkeiten auf die Kenntniß der Sprache beschränkt[1]

Der Aufmerksame, eine Beilage zur Grazer Zeitung brachte am 20. März 1813 den Beitrag “Ueber die Chinesische Schriftsprache”, in dem die Besonderheiten der Sprache beschrieben  und durch Beispiele illustriert werden.

Unter Berufung auf Barrows Reisebeschreibung[2] heißt es, die “Mundsprache [wäre] sehr leicht, indem sie nur aus einigen Hunderten (342) einsilbigen Worten besteht, die bloß durch verschiedenen Accent und veränderte Aussprache zu 1,331 verschiedenen Ausdrücken werden.”

Die Schrift hingegen wäre wesentlich komplexer:

Zur schriftlichen Darstellung dieser 1,331 Worte aber gehören nicht weniger als 80,000 Charaktere (Zeichen, Symbole, Hieroglyphen), so daß also 60 Charaktere auf ein und dasselbe Wort kommen. Das einsilbige Wort nemlich hat so viel verschiedene Bedeutungen, daß es keine geringere Anzahl als 60 Charaktere im Durchschnitte zu seiner schriftlichen Darstellung nöthig hat.[3]

Um den Lesern eine Vorstellung von der Schrift zu geben, werden einige einfache(re) Schriftzeichen beschrieben, darunter:

  • tián “Feld”
  • xià “unten”
  • shàng “oben”

Der Beitrag beschreibt dann Radikal-System und das Signifikum-Phonetikum-Prinzip und führt aus, dass “das Zeichen, das Hand bedeutet, bey allen Zeichen vor[kommt], die Geschäfte oder Handwerke bedeuten, nur wird es durch andere Zeichen näher bestimmt.”[4]

Der Artikel führt weiter aus, dass die meisten Schriftzeichen aus  einfacheren Zeichen zusammengesetzt scheinen. Diese ‘Bilder’ seien für Chinesen ganz selbstverständlich, für Europäer aber schwer nachzuvollziehen.Am  Zeichen für “Glück” wird das genauer ausgeführt:

[...] einem Europäer bleibt es immer schwer zu begreifen, wie die vereinten Zeichen von Dämon, Einheit, Mund, und bebautem Feld  das Glück bedeuten. Ohne Zweifel hat diese Vereinigung in der Vorstellung der Chinesen keinen andern Sinn als Glück, aber einem Europäer bleibt sie immer schwer zu fassen.[5]

Beschrieben damit wird das folgende Schrifzeichen:

fu

fu “Glück” [Graphik: Monika Lehner]

Das Zeichen 褔 besteht demnach aus vier Elementen:

  1. shì (Variante von  示)  „Vorfahren, zeigen, verehren“
  2. 一  yī “eins”
  3. 口 kǒu “Mund”
  4. tián “Feld”

Das Zeichen ist zusammengesetzt aus dem Radikal[6]/Signifikum[7] 礻und dem Phonetikum[8] 畗.礻ist Bestandteil vieler Zeichen, die mit Religiösem und Geistern im weitesten Sinn zu tun haben, Das Phonetikum 畗 bedeutet “Überfluss”[9] S. 193, Lesson 75 D).)) Wieger leitet 畗 von 高 ab und gibt als Bedeutungen: “the heaping up of the productions of the 田 fields, goods of the earth abundance, prosperity”.[10]

In dem Beitrag wird die Quelle nur beiläufig erwähnt, ist aber eindeutig. Es handelt sich um Travels in China von John Barrow ( 1764-1848) aus dem Jahr 1804[11], genauer um Kapitel VI “Language – Literature, and the fine Arts – Sciences _ Mechanics, and Medicine.” (S. 236-356) Der Artikel “Ueber die Chinesische Schriftsprache” fasst Ausführungen von Barrow sehr kursorisch (und manchmal irreführend) zusammen), die bei Barrows mit abgedruckten Schriftzeichen fehlen.

So heißt es bei Barrows zu den Schriftzeichen 上 und 下 “above and below, distinctly marked these points of position”[12] In dem Beitrag heißt es: “Das Wort unten wird durch ein Lateinisches T [...] dargestellt, und oben durch dasselbe umgekehrte Zeichen.” Der Punkt, der in dem “T” die Position angibt, bleibt außen vor.[13]
Zu den ‘zusammengesetzten’ Zeichen heißt es bei Barrow: “It may not be difficult to conceive, for instance, that in a figurative language, the union of the sun [日]and moon [yuè 月] might be employed to express any extraordinary degree of light or brilliancy [míng 明], but it would not so readily occur, that the character foo or happiness, or suprime felicity, should be designed by the union of the caracters expressing a spirit or demon, the number one or unity, a mouth and a piece of cultivated ground thus 福.”[14]

Der Beitrag kommt zu einem eher pessimistischen Fazit:

Wären die Chinesen fest beym Urmechanismus ihrer Schriftsprache geblieben, der gewiss sinnreich und philosophisch ist, so würde sie eine der interessantesten Sprachen seyn. Aber so kommen noch täglich neue Charaktere auf, die gegen den universellen Sinn dieser Sprache eben so sehr als viele der bereits vorhandenen anstoßen. Doch würde dieser Uebelstand für Ausländer noch leichter zu überwinden seyn, als die vielen Abbreviaturen, woduch der Sinn der Charaktere noch mehr leidet, als durch die sonderbare Symbolik derselben.[15]

Der Kern ist Barrow entnommen:

If the Chinese had rigidly adhered to the ingenious and philosophical mechanism they originally employed in the construction of their characters, it would be the most interesting of all languages. But such is far from being the case. New characters are daily constructed, in which convenience, rather than perspicuity, has been consulted.[16]

Nun stimmt es zwar, dass jederzeit neue Zeichen ‘erfunden’ werden können, in der Praxis kamen allerdings seit dem 19. Jahrhundert vor allem Schriftzeichen für chemische Elemente dazu.
Auffallend ist, dass der Text in Der Aufmerksame eher Schwierigkeiten und Negatives in den Vordergrund stellt, während Barrow bei seiner Beschreibung der Sprache zwar deren Fremdartigkeit ins Zentrum rückt, dabei aber von negativen Zuschreibungen absieht.

  1. Grazer Zeitung,  Nr. 23 (20. März 1813) 1. Online: ANNO.
  2. Diese Beschreibung wird nicht weiter diskutiert, bibliographische Angaben fehlen.
  3. Grazer Zeitung,  Nr. 23 (20. März 1813), 1. Online: ANNO.
  4. Grazer Zeitung,  Nr. 23 (20. März 1813), 2. Online: ANNO.
  5. Grazer Zeitung,  Nr. 23 (20. März 1813), 2. Online: ANNO.
  6. Ein Radikal, chin. bùshǒu 部首 (auch ‘Klassenzeichen’)  ist eine grafische Zuordnungskomponente eines chinesischen Schriftzeichens. In manchen Fällen ist das Radikal auch Determinativ und deutet eine Begriffsklasse im weitesten Sinn an. Jedes Schriftzeichen hat genau ein Radikal; und in chinesischen Wörterbüchern sind die Lemmata nach Radikalen geordnet.
  7. Das Signifikum, chin. yìfú 義符, ist das sinntragende Element eines Schriftzeichens.
  8. Das Phonetikum, chin.  shēngpáng 聲旁 oder yīnfú 音符, ist das lauttragende Element eines Schriftzeichens und kann Hinweise zur Aussprache desZeichens enthalten.
  9. Léon Wieger: Chinese Characters. Their Origin, etymology, history, classification and signification. A thorough study form Chinese documents. Translated into Enlish by L. Davrout, S.J. Second Edition, enlarged and revised according to the 4th French edition (New York: Paragon Book Reprint Corp/Dover Publications 1965
  10. Ebd.
  11. John Barrow:  Travels in China containing descriptions, observations, and comparisons, made and collected in the course of a short residence at the imperial palace of Yuen-Min-Yuen, and on a subsequent journey through the country from Pekin to Canton (London: T. Cadell and W. Davies 1804) Digitalisate → Bibliotheca Sinica 2.0.
  12. Barrow (1804) 237.
  13. Grazer Zeitung,  Nr. 23 (20. März 1813), 2. Online: ANNO.
  14. Barrow (1804) 254 f.
  15. Grazer Zeitung,  Nr. 23 (20. März 1813), 2. Online: ANNO.
  16. Barrow (1804) 255 f.

Quelle: http://mindthegaps.hypotheses.org/1631

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