“Unser Ziel ist es, den wissenschaftlichen Austausch im Netz zu fördern.” Interview mit Georgios Chatzoudis


Interview mit Georgios Chatzoudis, Leiter der Online-Redaktion L.I.S.A. -  Das Wissenschaftsportal der Gerda Henkel Stiftung.

Mareike König: Herr Chatzoudis, Sie sind Leiter der Online-Redaktion “L.I.S.A. – Das Wissenschaftsportal der Gerda Henkel Stiftung”. Was genau ist dieses Portal?

Georgios Chatzoudis: Das lässt sich hoffentlich in wenigen Worten nachvollziehbar und anschaulich sagen. Am besten ist natürlich ein kurzer Besuch bei L.I.S.A., denn das Portal ist so angelegt, dass sich das Eine möglichst aus dem Anderen ergibt. Aber ich versuche es einmal: Das Wissenschaftsportal L.I.S.A. ist eine interaktive und multimediale Plattform, die sich an alle richtet, die sich für Historische Geisteswissenschaften interessieren – also beispielsweise für Geschichte, Archäologie, Kunstgeschichte oder auch Islamwissenschaften. Insofern bildet L.I.S.A. den gesamten Förderbereich der Gerda Henkel Stiftung ab, die ausschließlich Disziplinen aus den Historischen Geisteswissenschaften fördert. Wer bei L.I.S.A. angemeldet ist, kann eigene Beiträge verfassen – und zwar in jeder Form, die die digitale Welt zurzeit bietet: als Text, mit Bildern und Bildgalerien, als Audiofile oder als Video.

Unser Ziel ist es dabei, über L.I.S.A. den wissenschaftlichen Austausch im Netz zu fördern und die Prozesse und Ergebnisse wissenschaftlichen Arbeitens mit einer interessierten Öffentlichkeit zu teilen. Denn wir sind davon überzeugt, dass die digitale Welt sowohl die Wissenskommunikation und als auch wissenschaftliche Arbeitsweisen verändern wird – wenn nicht sogar die Wissenschaft an sich. Warum wir das glauben? Digitale Kommunikationsformen haben in unseren Alltag inzwischen einen so wirksamen Einzug erfahren, dass diese Entwicklung sicherlich nicht an der Wissenschaft spurlos vorbeiziehen wird. Die Frage ist daher nicht, ob der digitale Wandel die Wissenschaft beziehungsweise ihre Arbeitsweisen und Kommunikationsformen verändert wird, sondern vielmehr wie. Das ist aber noch nicht ausgemacht, sondern wird von allen Beteiligten derzeit rege verhandelt. Anders gesagt: Wer jetzt mitmacht, hat die Gelegenheit mitzugestalten. Das begreifen auch wir als wissenschaftsfördernde Institution als eine große Chance, neue Formen der Wissenskommunikation auszuprobieren und weiterzuentwickeln.

Screenshot des Portals L.I.S.A.

Mareike König: Welche Zielgruppe wird mit L.I.S.A. angesprochen?

Georgios Chatzoudis: Auch in dieser Frage haben wir eine Entwicklung durchgemacht. Zunächst hatte die Stiftung an eine Art Intranet für die Stipendiaten gedacht, aber schon in der Entwicklungsphase wurde uns klar, dass diese Ausrichtung zu eng gefasst war und wir haben daher das Portal für eine breitere Zielgruppe geöffnet. Durch die gute mediale Resonanz zum Start waren viele Interessierte auf L.I.S.A. aufmerksam geworden und wollten mitmachen. Mit dem Effekt, dass L.I.S.A. inzwischen allen offen steht, die sich für Geschichte, Archäologie und andere geisteswissenschaftliche Disziplinen interessieren.

Insofern stellen wir zurzeit eine sehr heterogene Zielgruppe fest – das reicht vom Stipendiaten über Abiturienten, Studenten, Wissenschaftliche Mitarbeiter, Lehrbeauftragte und Lehrstuhlinhaber bis zum Naturwissenschaftler und technischen Ingenieur, der sich nebenbei für Kunst- oder Rechtsgeschichte interessiert. Wir setzen als Redaktion jedenfalls keine Grenzen mehr, sondern freuen uns, wenn Themen aus den Historischen Geisteswissenschaften öffentlich dargestellt, diskutiert und ausgetauscht werden.

Mareike König: Wie können Geisteswissenschaftler die Angebote der Plattform nutzen?

Auf vielfältige und unterschiedliche Weise – die einfachste Form ist der „normale Beitrag“, der als Text, bebildert, vertont oder in Form eines Videos erscheinen kann. Dabei gilt das Blogprinzip – der neueste Beitrag steht an oberster Stelle, bis ein neuer Eintrag erscheint. Wer möchte, kann diesen Beitrag natürlich kommentieren.

Darüber hinaus verfügt unser Portal über einen kollaborativen Arbeitsbereich, den wir L.I.S.A.teamwork genannt haben. Dort können sich Wissenschaftler zu einer Arbeitsgruppe zusammenschließen und untereinander in einem geschlossenen Bereich, zu dem nur sie Zugang und Einsicht haben, austauschen. Die Mitglieder einer Gruppe haben beispielsweise die Möglichkeit, Dokumente, Bilder oder auch Videos hochzuladen und zu archivieren.

Mareike König: L.I.S.A. ist seit 2010 am Start: welche Bilanz ziehen Sie nach zwei Jahren?

Georgios Chatzoudis: Wir sind ganz zufrieden: Seit dem Start am 23. Februar 2010 ist L.I.S.A. mehr als 13.500.000 Mal aufgerufen worden – nach einem Jahr waren es noch eine Million Seitenaufrufe. Bislang haben sich mehr als 500 Mitglieder registrieren lassen. Unser wöchentlicher L.I.S.A.Newsletter erreicht zurzeit fast 1.000 Abonnenten. Auch die Zahl der Beiträge ist nach zwei Jahren Laufzeit inzwischen deutlich gestiegen – aktuell verfügt das Portal über fast 600 Einträge. Erfreulich ist für uns dabei vor allem, dass die Zahl der sogenannten Fremdbeiträge, also Beiträge, die nicht aus der Feder der Redaktion stammen, stetig wächst. Für uns ein wichtiger Indikator dafür, dass L.I.S.A. nicht nur wahrgenommen wird, sondern vor allem lebt. In der Regel ist die Hürde, einen eigenen Beitrag zu verfassen, ja doch eher hoch.

Ein Grund für die wachsende Reichweite von L.I.S.A. ist dabei auf einen wichtigen Multiplikator zurückzuführen, der auch den Sprung in der Nutzerzahl innerhalb eines Jahres erklärt: Präsenz in und Nutzung der sozialen Netzwerke wie Facebook, Twitter und GooglePlus.

Mareike König: Welche Beiträge haben bei L.I.S.A. die höchsten Zugriffszahlen und woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Georgios Chatzoudis: Ich habe mich da gerade selbst überraschen lassen und auf den Filter „meist gelesene Beiträge“ geklickt. Demnach führt zurzeit ein Beitrag einer Stipendiatin mit mehr als 70.000 Aufrufen. In ihrem Beitrag beschriebt sie ihr archäologisches Promotionsprojekt – und zwar in englischer Sprache. Letzteres mag ein Grund dafür sein, dass der Beitrag besonders häufig aufgerufen worden ist. Für uns ein Grund mehr, die Navigation bei L.I.S.A. zweisprachig zu halten, also in Deutsch und Englisch. Die Beiträge erscheinen dabei allerdings immer nur in der Sprache, in der sie auch geschrieben wurden. Auf den Plätzen zwei und drei folgen wieder Beiträge in englischer Sprache mit jeweils mehr als 60.000 Klicks – auch hier waren Stipendiaten die Autoren.

Noch häufiger wurden allerdings unsere Filme aus der Rubrik L.I.S.A.video aufgerufen. Die Idee dahinter: Wissenschaftler, deren Projekte von der Gerda Henkel Stiftung gefördert werden, haben ihre wissenschaftliche Arbeit selbst gefilmt. Aus dem Rohmaterial sind anschließend professionell produzierte Projektvideos entstanden, die wir in Episoden veröffentlicht haben. Ziel war und ist es, die Arbeit beispielsweise eines Archäologen oder einer Kunsthistorikerin aus deren Perspektive zu erfahren. Die Forscherinnen und Forscher mussten sich also nicht an Drehbuch und Anweisungen einer Produktionsfirma halten, sondern sie waren Drehbuchautoren und Kamerateam in einem. Sie bestimmten, was gezeigt werden soll und was nicht. Die achtzig Episoden der ersten Staffel sind bisher fast eine Million Mal aufgerufen worden – allein das archäologische Projekt im griechischen Kalapodi um Prof. Dr. Wolf-Dieter Niemeier mehr als 110.000 Mal.


Übersichtsseite des Video-Angebots bei L.I.S.A.

Wir erklären uns das große Interesse an L.I.S.A.video damit, dass Wissenschaft beziehungsweise konkrete Forschungsprojekte im Film dargestellt werden und somit für viele Menschen besser erfahrbar sind. Außerdem ist das Internet geradezu süchtig nach Videos, also warum dann nicht der Online-Community auch Filme mit wissenschaftlichen Inhalten zur Verfügung stellen?

Zusammenfassend und grundsätzlich gilt aber folgendes: Ein Beitrag erfährt nach unserer Erfahrung viel Zuspruch, wenn er gut geschrieben ist, Mut zu einer griffigen Sprache und zum Medienwechsel beweist, visuell ansprechend gestaltet ist – beispielswiese über Bilder Inhalte illustriert und anschließend intelligent beworben wird, insbesondere unter Verwendung sozialer Netzwerke.

Mareike König: Wie geht es weiter mit L.I.S.A., in welche Richtung wird sich die Plattform in den nächsten Jahren entwickeln?

Georgios Chatzoudis: L.I.S.A. ist heute noch – auch nach etwas mehr als zwei Jahren Laufzeit – für uns ein Experiment, an dem wir stetig an den Stellschrauben drehen. Wir nehmen beispielsweise gerne Anregungen unserer Nutzer auf, um die Navigation im Portal zu vereinfachen oder neue Rubriken und Kategorien einzurichten. So kam unter anderem der kollaborative Bereich L.I.S.A.teamwork zustande.

Darüber hinaus versuchen wir, mit Neuerungen aus der digitalen Welt, so gut es geht, Schritt zu halten. Das ist alles andere als leicht, bei der Geschwindigkeit, mit dem sich der digitale Wandel vollzieht. So haben wir zuletzt mit L.I.S.A.mobil eine Version unseres Portals für Smartphones geschaffen, also mit einer abgespeckten Architektur und dafür klar einsehbaren Strukturen.

Des Weiteren wollen wir den Bereich L.I.S.A.Lecture künftig weiter ausbauen. Dabei handelt es sich um ausgesuchte Online-Vorträge und Online-Vorlesungen, die wir selbst aufzeichnen und nachbereiten. Dazu gehören auch unsere Expertenchats bei L.I.S.A.live, an der sich die Nutzer mit Fragen beteiligen können. Warum bauen wir diesen Bereich aus? Anhand der Klickzahlen stellen wir fest, dass Experten im Video online sehr häufig nachgefragt werden. So ist beispielsweise die Aufzeichnung unseres L.I.S.A.live-Chats mit der Islamwissenschaftlerin Prof. Dr. Gudrun Krämer bisher fast 40.000 Mal aufgerufen worden. Das heißt aber auch, dass Wissenschaftler über das Internet beziehungsweise über ihre Präsenz in wissenschaftlichen Webauftritten eine ganz andere Reichweite als in einem Hörsaal oder bei einer Podiumsdiskussion vor vielleicht hundert Leuten haben.

Ein letzter Bereich, mit dem wir uns in Zukunft stärker befassen werden, ist die digitale Veröffentlichung und Archivierung von wissenschaftlichen Monographien – Stichwort: Open Access.

Was wir uns für die Zukunft noch wünschen? Eine stetig wachsende Gemeinde an Lesern, Beitragenden und Kommentatoren, die sich für geisteswissenschaftliche Themen einerseits und deren Vermittlung andererseits interessieren. Wir möchten uns dafür vor allem mit anderen verwandten Portalen und Webpräsenzen stärker vernetzen, neue Kooperationen anregen und bestehende ausbauen. Ziel sollte es aus unserer Sicht sein, die vorhandenen Kräfte zu bündeln, um einen sich nur langsam bewegenden Brocken endlich ins Rollen zu bringen: die Geisteswissenschaften im Netz – online, interaktiv und multimedial.

 Mareike König: Herr Chatzoudis, vielen Dank für das Interview!

Georgios Chatzoudis hat die Fragen schriftlich beantwortet.

______________________________________________________

Links

L.I.S.A. – Das Wissenschaftsportal der Gerda Henkel Stiftung  http://www.lisa.gerda-henkel-stiftung.de

L.I.S.A.teamwork http://www.lisa.gerda-henkel-stiftung.de/lisa_teamwork.php?nav_id=36

L.I.S.A.Newsletter http://www.lisa.gerda-henkel-stiftung.de#newsletter

Rubrik L.I.S.A.video http://www.lisa.gerda-henkel-stiftung.de/videos_projects.php?nav_id=32&season=3592

Expertenchats bei L.I.S.A. http://www.lisa.gerda-henkel-stiftung.de/live.php?nav_id=1274

 

Weitere Interviews auf diesem Blog

Bloggen als monastische Übung. Interview mit Hans Ulrich Gumbrecht, 14.7.2011. http://dhdhi.hypotheses.org/967

“Die bedeutenden Wissenschaftssprachen müssen erhalten bleiben”. Interview mit Hinnerk Bruhns,24.1.2012. http://dhdhi.hypotheses.org/726

 

 

Quelle: http://dhdhi.hypotheses.org/930

Weiterlesen

“Unser Ziel ist es, den wissenschaftlichen Austausch im Netz zu fördern.” Interview mit Georgios Chatzoudis

Interview mit Georgios Chatzoudis, Leiter der Online-Redaktion L.I.S.A. -  Das Wissenschaftsportal der Gerda Henkel Stiftung.

Mareike König: Herr Chatzoudis, Sie sind Leiter der Online-Redaktion “L.I.S.A. – Das Wissenschaftsportal der Gerda Henkel Stiftung”. Was genau ist dieses Portal?

Georgios Chatzoudis: Das lässt sich hoffentlich in wenigen Worten nachvollziehbar und anschaulich sagen. Am besten ist natürlich ein kurzer Besuch bei L.I.S.A., denn das Portal ist so angelegt, dass sich das Eine möglichst aus dem Anderen ergibt. Aber ich versuche es einmal: Das Wissenschaftsportal L.I.S.A. ist eine interaktive und multimediale Plattform, die sich an alle richtet, die sich für Historische Geisteswissenschaften interessieren – also beispielsweise für Geschichte, Archäologie, Kunstgeschichte oder auch Islamwissenschaften. Insofern bildet L.I.S.A. den gesamten Förderbereich der Gerda Henkel Stiftung ab, die ausschließlich Disziplinen aus den Historischen Geisteswissenschaften fördert. Wer bei L.I.S.A. angemeldet ist, kann eigene Beiträge verfassen – und zwar in jeder Form, die die digitale Welt zurzeit bietet: als Text, mit Bildern und Bildgalerien, als Audiofile oder als Video.

Unser Ziel ist es dabei, über L.I.S.A. den wissenschaftlichen Austausch im Netz zu fördern und die Prozesse und Ergebnisse wissenschaftlichen Arbeitens mit einer interessierten Öffentlichkeit zu teilen. Denn wir sind davon überzeugt, dass die digitale Welt sowohl die Wissenskommunikation und als auch wissenschaftliche Arbeitsweisen verändern wird – wenn nicht sogar die Wissenschaft an sich. Warum wir das glauben? Digitale Kommunikationsformen haben in unseren Alltag inzwischen einen so wirksamen Einzug erfahren, dass diese Entwicklung sicherlich nicht an der Wissenschaft spurlos vorbeiziehen wird. Die Frage ist daher nicht, ob der digitale Wandel die Wissenschaft beziehungsweise ihre Arbeitsweisen und Kommunikationsformen verändert wird, sondern vielmehr wie. Das ist aber noch nicht ausgemacht, sondern wird von allen Beteiligten derzeit rege verhandelt. Anders gesagt: Wer jetzt mitmacht, hat die Gelegenheit mitzugestalten. Das begreifen auch wir als wissenschaftsfördernde Institution als eine große Chance, neue Formen der Wissenskommunikation auszuprobieren und weiterzuentwickeln.

Screenshot des Portals L.I.S.A.

Mareike König: Welche Zielgruppe wird mit L.I.S.A. angesprochen?

Georgios Chatzoudis: Auch in dieser Frage haben wir eine Entwicklung durchgemacht. Zunächst hatte die Stiftung an eine Art Intranet für die Stipendiaten gedacht, aber schon in der Entwicklungsphase wurde uns klar, dass diese Ausrichtung zu eng gefasst war und wir haben daher das Portal für eine breitere Zielgruppe geöffnet. Durch die gute mediale Resonanz zum Start waren viele Interessierte auf L.I.S.A. aufmerksam geworden und wollten mitmachen. Mit dem Effekt, dass L.I.S.A. inzwischen allen offen steht, die sich für Geschichte, Archäologie und andere geisteswissenschaftliche Disziplinen interessieren.

Insofern stellen wir zurzeit eine sehr heterogene Zielgruppe fest – das reicht vom Stipendiaten über Abiturienten, Studenten, Wissenschaftliche Mitarbeiter, Lehrbeauftragte und Lehrstuhlinhaber bis zum Naturwissenschaftler und technischen Ingenieur, der sich nebenbei für Kunst- oder Rechtsgeschichte interessiert. Wir setzen als Redaktion jedenfalls keine Grenzen mehr, sondern freuen uns, wenn Themen aus den Historischen Geisteswissenschaften öffentlich dargestellt, diskutiert und ausgetauscht werden.

Mareike König: Wie können Geisteswissenschaftler die Angebote der Plattform nutzen?

Auf vielfältige und unterschiedliche Weise – die einfachste Form ist der „normale Beitrag“, der als Text, bebildert, vertont oder in Form eines Videos erscheinen kann. Dabei gilt das Blogprinzip – der neueste Beitrag steht an oberster Stelle, bis ein neuer Eintrag erscheint. Wer möchte, kann diesen Beitrag natürlich kommentieren.

Darüber hinaus verfügt unser Portal über einen kollaborativen Arbeitsbereich, den wir L.I.S.A.teamwork genannt haben. Dort können sich Wissenschaftler zu einer Arbeitsgruppe zusammenschließen und untereinander in einem geschlossenen Bereich, zu dem nur sie Zugang und Einsicht haben, austauschen. Die Mitglieder einer Gruppe haben beispielsweise die Möglichkeit, Dokumente, Bilder oder auch Videos hochzuladen und zu archivieren.

Mareike König: L.I.S.A. ist seit 2010 am Start: welche Bilanz ziehen Sie nach zwei Jahren?

Georgios Chatzoudis: Wir sind ganz zufrieden: Seit dem Start am 23. Februar 2010 ist L.I.S.A. mehr als 13.500.000 Mal aufgerufen worden – nach einem Jahr waren es noch eine Million Seitenaufrufe. Bislang haben sich mehr als 500 Mitglieder registrieren lassen. Unser wöchentlicher L.I.S.A.Newsletter erreicht zurzeit fast 1.000 Abonnenten. Auch die Zahl der Beiträge ist nach zwei Jahren Laufzeit inzwischen deutlich gestiegen – aktuell verfügt das Portal über fast 600 Einträge. Erfreulich ist für uns dabei vor allem, dass die Zahl der sogenannten Fremdbeiträge, also Beiträge, die nicht aus der Feder der Redaktion stammen, stetig wächst. Für uns ein wichtiger Indikator dafür, dass L.I.S.A. nicht nur wahrgenommen wird, sondern vor allem lebt. In der Regel ist die Hürde, einen eigenen Beitrag zu verfassen, ja doch eher hoch.

Ein Grund für die wachsende Reichweite von L.I.S.A. ist dabei auf einen wichtigen Multiplikator zurückzuführen, der auch den Sprung in der Nutzerzahl innerhalb eines Jahres erklärt: Präsenz in und Nutzung der sozialen Netzwerke wie Facebook, Twitter und GooglePlus.

Mareike König: Welche Beiträge haben bei L.I.S.A. die höchsten Zugriffszahlen und woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Georgios Chatzoudis: Ich habe mich da gerade selbst überraschen lassen und auf den Filter „meist gelesene Beiträge“ geklickt. Demnach führt zurzeit ein Beitrag einer Stipendiatin mit mehr als 70.000 Aufrufen. In ihrem Beitrag beschriebt sie ihr archäologisches Promotionsprojekt – und zwar in englischer Sprache. Letzteres mag ein Grund dafür sein, dass der Beitrag besonders häufig aufgerufen worden ist. Für uns ein Grund mehr, die Navigation bei L.I.S.A. zweisprachig zu halten, also in Deutsch und Englisch. Die Beiträge erscheinen dabei allerdings immer nur in der Sprache, in der sie auch geschrieben wurden. Auf den Plätzen zwei und drei folgen wieder Beiträge in englischer Sprache mit jeweils mehr als 60.000 Klicks – auch hier waren Stipendiaten die Autoren.

Noch häufiger wurden allerdings unsere Filme aus der Rubrik L.I.S.A.video aufgerufen. Die Idee dahinter: Wissenschaftler, deren Projekte von der Gerda Henkel Stiftung gefördert werden, haben ihre wissenschaftliche Arbeit selbst gefilmt. Aus dem Rohmaterial sind anschließend professionell produzierte Projektvideos entstanden, die wir in Episoden veröffentlicht haben. Ziel war und ist es, die Arbeit beispielsweise eines Archäologen oder einer Kunsthistorikerin aus deren Perspektive zu erfahren. Die Forscherinnen und Forscher mussten sich also nicht an Drehbuch und Anweisungen einer Produktionsfirma halten, sondern sie waren Drehbuchautoren und Kamerateam in einem. Sie bestimmten, was gezeigt werden soll und was nicht. Die achtzig Episoden der ersten Staffel sind bisher fast eine Million Mal aufgerufen worden – allein das archäologische Projekt im griechischen Kalapodi um Prof. Dr. Wolf-Dieter Niemeier mehr als 110.000 Mal.


Übersichtsseite des Video-Angebots bei L.I.S.A.

Wir erklären uns das große Interesse an L.I.S.A.video damit, dass Wissenschaft beziehungsweise konkrete Forschungsprojekte im Film dargestellt werden und somit für viele Menschen besser erfahrbar sind. Außerdem ist das Internet geradezu süchtig nach Videos, also warum dann nicht der Online-Community auch Filme mit wissenschaftlichen Inhalten zur Verfügung stellen?

Zusammenfassend und grundsätzlich gilt aber folgendes: Ein Beitrag erfährt nach unserer Erfahrung viel Zuspruch, wenn er gut geschrieben ist, Mut zu einer griffigen Sprache und zum Medienwechsel beweist, visuell ansprechend gestaltet ist – beispielswiese über Bilder Inhalte illustriert und anschließend intelligent beworben wird, insbesondere unter Verwendung sozialer Netzwerke.

Mareike König: Wie geht es weiter mit L.I.S.A., in welche Richtung wird sich die Plattform in den nächsten Jahren entwickeln?

Georgios Chatzoudis: L.I.S.A. ist heute noch – auch nach etwas mehr als zwei Jahren Laufzeit – für uns ein Experiment, an dem wir stetig an den Stellschrauben drehen. Wir nehmen beispielsweise gerne Anregungen unserer Nutzer auf, um die Navigation im Portal zu vereinfachen oder neue Rubriken und Kategorien einzurichten. So kam unter anderem der kollaborative Bereich L.I.S.A.teamwork zustande.

Darüber hinaus versuchen wir, mit Neuerungen aus der digitalen Welt, so gut es geht, Schritt zu halten. Das ist alles andere als leicht, bei der Geschwindigkeit, mit dem sich der digitale Wandel vollzieht. So haben wir zuletzt mit L.I.S.A.mobil eine Version unseres Portals für Smartphones geschaffen, also mit einer abgespeckten Architektur und dafür klar einsehbaren Strukturen.

Des Weiteren wollen wir den Bereich L.I.S.A.Lecture künftig weiter ausbauen. Dabei handelt es sich um ausgesuchte Online-Vorträge und Online-Vorlesungen, die wir selbst aufzeichnen und nachbereiten. Dazu gehören auch unsere Expertenchats bei L.I.S.A.live, an der sich die Nutzer mit Fragen beteiligen können. Warum bauen wir diesen Bereich aus? Anhand der Klickzahlen stellen wir fest, dass Experten im Video online sehr häufig nachgefragt werden. So ist beispielsweise die Aufzeichnung unseres L.I.S.A.live-Chats mit der Islamwissenschaftlerin Prof. Dr. Gudrun Krämer bisher fast 40.000 Mal aufgerufen worden. Das heißt aber auch, dass Wissenschaftler über das Internet beziehungsweise über ihre Präsenz in wissenschaftlichen Webauftritten eine ganz andere Reichweite als in einem Hörsaal oder bei einer Podiumsdiskussion vor vielleicht hundert Leuten haben.

Ein letzter Bereich, mit dem wir uns in Zukunft stärker befassen werden, ist die digitale Veröffentlichung und Archivierung von wissenschaftlichen Monographien – Stichwort: Open Access.

Was wir uns für die Zukunft noch wünschen? Eine stetig wachsende Gemeinde an Lesern, Beitragenden und Kommentatoren, die sich für geisteswissenschaftliche Themen einerseits und deren Vermittlung andererseits interessieren. Wir möchten uns dafür vor allem mit anderen verwandten Portalen und Webpräsenzen stärker vernetzen, neue Kooperationen anregen und bestehende ausbauen. Ziel sollte es aus unserer Sicht sein, die vorhandenen Kräfte zu bündeln, um einen sich nur langsam bewegenden Brocken endlich ins Rollen zu bringen: die Geisteswissenschaften im Netz – online, interaktiv und multimedial.

 Mareike König: Herr Chatzoudis, vielen Dank für das Interview!

Georgios Chatzoudis hat die Fragen schriftlich beantwortet.

______________________________________________________

Links

L.I.S.A. – Das Wissenschaftsportal der Gerda Henkel Stiftung  http://www.lisa.gerda-henkel-stiftung.de

L.I.S.A.teamwork http://www.lisa.gerda-henkel-stiftung.de/lisa_teamwork.php?nav_id=36

L.I.S.A.Newsletter http://www.lisa.gerda-henkel-stiftung.de#newsletter

Rubrik L.I.S.A.video http://www.lisa.gerda-henkel-stiftung.de/videos_projects.php?nav_id=32&season=3592

Expertenchats bei L.I.S.A. http://www.lisa.gerda-henkel-stiftung.de/live.php?nav_id=1274

 

Weitere Interviews auf diesem Blog

Bloggen als monastische Übung. Interview mit Hans Ulrich Gumbrecht, 14.7.2011. http://dhdhi.hypotheses.org/967

“Die bedeutenden Wissenschaftssprachen müssen erhalten bleiben”. Interview mit Hinnerk Bruhns,24.1.2012. http://dhdhi.hypotheses.org/726

 

 

Quelle: http://dhdhi.hypotheses.org/930

Weiterlesen

Bloggen als monastische Übung – Interview mit Hans Ulrich Gumbrecht

Hans Ulrich Gumbrecht

Am 1. Juni 2012 war der deutsch-amerikanische Literaturwissenschaftler und Vielflieger Hans Ulrich Gumbrecht im DHIP zu Gast für einen von Gordon Blennemann organisierten Workshop “Chronotopenwandel. Zeit-Denken als geschichtswissenschaftliche Herausforderung im 21. Jahrhundert”. Hans Ulrich Gumbrecht bloggt seit Mai 2011 bei der FAZ in seinem Blog Digital/Pausen. Im Anschluss an den Workshop habe ich ihn daher zum Thema Bloggen in den Geisteswissenschaften und zu seinen eigenen Erfahrungen mit dem Bloggen befragt.

1. Frage: In der Beschreibung  Ihres Weblogs “Digital/Pausen” auf dem Internetportal der FAZ heisst es, „Hans Ulrich Gumbrecht nutzt die Flexibilität des elektronischen Mediums für intellektuelle Momentaufnahmen an seinen verschieden Aufenthaltsorten“: Herr Gumbrecht, sind Sie ein Blogger?


“Ich bin vom Naturell, glaube ich, kein Blogger.”

 

2. Frage: Damit erübrigt sich schon die zweite Frage, die gewesen wäre: “Warum bloggen Sie?” Aber Sie gehören damit dennoch zu den wenigen an einer Universität lehrenden Geisteswissenschaftlern, die öffentlich bloggen.

“Man erschließt sich damit ein Publikum – nicht nur quantitativ – was man über ein Buch nicht erreichen kann.”

 

3. Frage: Sie haben vorhin gesagt, eigentlich würden Sie nicht wirklich bloggen, aber jetzt haben Sie doch Blut geleckt über die Zeit, die Ihr Blog besteht. Warum ist das so? Was fasziniert Sie an dem Medium?

„Das Bloggen hat für mich etwas Monastisches, weil es im monastischen Sinne eine wöchentliche Übung ist.“

 

4. Frage: Wie finden Sie denn Ihre Themen?

“Es geht darum, dass ich mir vage diesen mir nicht bekannten Leser vorstelle und denke, was von dem, das mich sehr intensiv interessiert, kann auch den Leser interessieren.“

 

5. Frage: In Deutschland wird gerade viel diskutiert darüber, dass eine zu starke mediale Präsenz dem wissenschaftlichen Nachwuchs schadet. Das gilt fürs Bloggen, aber auch für Facebook und Twitter.  Wie sehen Sie das und was raten Sie Ihren Studierenden im Umgang mit den sozialen Medien?

“Wenn die Förderungskriterien – die informellen – in Deutschland so sind, dann kann, bevor sie sich nicht verändern, man nicht jungen Leuten empfehlen zu bloggen.“

 

6. Frage: Dennoch sind die sozialen Medien mittlerweile in die Wissenschaft eingezogen. Einrichtungen, Bibliotheken, Forschungseinrichtungen bloggen, twittern, facebooken und kommunizieren so mit ihrem Nachwuchs, aber auch mit den Kollegen untereinander. Was meinen Sie, wie verändert sich unsere Forschungskultur durch diesen Einzug der sozialen Medien in die Wissenschaft?

“Wenn ich etwas produziere, was letztlich für Kommunikation produziert ist – und das ist Wissenschaft immer – dann muss ich schon sehen, dass ich einige Leute erreiche.”

 

7. Frage: Mit den sozialen Medien geht ja auch einher eine Offenheit des Forschens. Es ist ja oft so, dass Historiker sich nicht unbedingt in die Karten schauen lassen. Sie gehen in die Archive und heben dort unglaublich viele Quellen aus, lesen Bücher, machen Notizen. Das sind alles Daten, die dann digital vorliegen. In den Blogs und sozialen Medien kann man die dann der Öffentlichkeit zugänglich machen, ob das jetzt die breite, interessierte Öffentlichkeit ist oder Fachkollegen, sei dahingestellt. Das ist aber ein Umdenken und wirklich etwas Neues, dass man sich schon während des Forschungsprozesses in die Karten schauen lässt. Was sagen Sie dazu? Wie offen kann Forschung überhaupt sein?

“Das Geheimhalten, von dem, was man gefunden hat, ist in den Geisteswissenschaften völlig unsinnig.”

 

Das Interview in voller Länge

 

Weitere Interviews auf diesem Blog

“Die bedeutenden Wissenschaftssprachen müssen erhalten bleiben”. Interview mit Hinnerk Bruhns,24.1.2012. http://dhdhi.hypotheses.org/726

 

 

 

Quelle: http://dhdhi.hypotheses.org/967

Weiterlesen

Bloggen als monastische Übung – Interview mit Hans Ulrich Gumbrecht

Hans Ulrich Gumbrecht Am 1. Juni 2012 war der deutsch-amerikanische Literaturwissenschaftler und Vielflieger Hans Ulrich Gumbrecht im DHIP zu Gast für einen von Gordon Blennemann organisierten Workshop “Chronotopenwandel. Zeit-Denken als geschichtswissenschaftliche Herausforderung im 21. Jahrhundert”. Hans Ulrich Gumbrecht bloggt seit Mai 2011 bei der FAZ in seinem Blog Digital/Pausen. Im Anschluss an den Workshop habe ich ihn daher zum Thema Bloggen in den Geisteswissenschaften und zu seinen eigenen Erfahrungen mit dem Bloggen befragt. 1. Frage: In der Beschreibung  Ihres Weblogs “Digital/Pausen” auf dem Internetportal der FAZ heisst es, „Hans Ulrich Gumbrecht nutzt die Flexibilität des elektronischen Mediums für intellektuelle Momentaufnahmen an seinen verschieden Aufenthaltsorten“: Herr Gumbrecht, sind Sie ein Blogger? “Ich bin vom Naturell, glaube ich, kein Blogger.”   2. Frage: Damit erübrigt sich schon die zweite Frage, die gewesen wäre: “Warum bloggen Sie?” Aber Sie gehören damit dennoch zu den wenigen an einer Universität lehrenden Geisteswissenschaftlern, die öffentlich bloggen.   “Man erschließt sich damit ein Publikum – nicht nur quantitativ – was man über ein Buch nicht erreichen kann.”   3. Frage: Sie haben vorhin gesagt, eigentlich würden Sie nicht wirklich bloggen, aber jetzt haben Sie doch Blut geleckt über die Zeit, die Ihr Blog besteht. Warum ist das so? Was fasziniert Sie an dem Medium?   „Das Bloggen hat für mich etwas Monastisches, weil es im monastischen Sinne eine wöchentliche Übung ist.“   4. Frage: Wie finden Sie denn Ihre Themen?   “Es geht darum, dass ich mir vage diesen mir nicht bekannten Leser vorstelle und denke, was von dem, das mich sehr intensiv interessiert, kann auch den Leser interessieren.“   5. Frage: In Deutschland wird gerade viel diskutiert darüber, dass eine zu starke mediale Präsenz dem wissenschaftlichen Nachwuchs schadet. Das gilt fürs Bloggen, aber auch für Facebook und Twitter.  Wie sehen Sie das und was raten Sie Ihren Studierenden im Umgang mit den sozialen Medien?   “Wenn die Förderungskriterien – die informellen – in Deutschland so sind, dann kann, bevor sie sich nicht verändern, man nicht jungen Leuten empfehlen zu bloggen.“   6. Frage: Dennoch sind die sozialen Medien mittlerweile in die Wissenschaft eingezogen. Einrichtungen, Bibliotheken, Forschungseinrichtungen bloggen, twittern, facebooken und kommunizieren so mit ihrem Nachwuchs, aber auch mit den Kollegen untereinander. Was meinen Sie, wie verändert sich unsere Forschungskultur durch diesen Einzug der sozialen Medien in die Wissenschaft?   “Wenn ich etwas produziere, was letztlich für Kommunikation produziert ist – und das ist Wissenschaft immer – dann muss ich schon sehen, dass ich einige Leute erreiche.”   7. Frage: Mit den sozialen Medien geht ja auch einher eine Offenheit des Forschens. Es ist ja oft so, dass Historiker sich nicht unbedingt in die Karten schauen lassen. Sie gehen in die Archive und heben dort unglaublich viele Quellen aus, lesen Bücher, machen Notizen. Das sind alles Daten, die dann digital vorliegen. In den Blogs und sozialen Medien kann man die dann der Öffentlichkeit zugänglich machen, ob das jetzt die breite, interessierte Öffentlichkeit ist oder Fachkollegen, sei dahingestellt. Das ist aber ein Umdenken und wirklich etwas Neues, dass man sich schon während des Forschungsprozesses in die Karten schauen lässt. Was sagen Sie dazu? Wie offen kann Forschung überhaupt sein?   “Das Geheimhalten, von dem, was man gefunden hat, ist in den Geisteswissenschaften völlig unsinnig.”  

Das Interview in voller Länge

   

Weitere Interviews auf diesem Blog

“Die bedeutenden Wissenschaftssprachen müssen erhalten bleiben”. Interview mit Hinnerk Bruhns,24.1.2012. http://dhdhi.hypotheses.org/726          

Quelle: http://dhdhi.hypotheses.org/967

Weiterlesen
1 3 4 5