Im Rahmen eines größeren Forschungsprojekts zu deutsch-indischen Kulturbeziehungen in der Zeit des Nationalsozialismus stellte sich mir wiederholt die Frage, weshalb immer wieder eine bestimmte Gruppe von Künstlern und Schopenhauerenthusiasten eine besondere Neigung zu einer Art „spiritueller Indienverehrung“ zeigten. Alle waren verbunden mit Paul Deussen (1845-1919), dem zentralen Initiator der Schopenhauer-Gesellschaft, gegründet 1911 in Kiel. Die Gesellschaft besteht bis heute. Um diese Fälle zu kontextualisieren und um festzustellen, ob diese Nähe zu Schopenhauers Philosophie in einem ursächlichen Zusammenhang mit einer Begeisterung für Indien stand oder doch nicht eher ein Zufall war, habe ich mich, mit der tatkräftigen Unterstützung von Olaf Simons und Martin Gollasch daran gemacht, die Mitgliederlisten der Jahre 1912 und 1913 in FactGrid aufzunehmen und die Personen zu identifizieren. Das Ergebnis überraschte uns in gewisser Weise alle. Im Folgenden sollen die gesammelten Daten anhand einiger Fragen visualisiert und damit „zum Sprechen“ gebracht werden.
Dass die Mitglieder der Schopenhauer Gesellschaft eine bestimmte Schicht bürgerlicher Intellektueller widerspiegeln würde, kann als gesetzt gelten. Indes waren die Fans von Schopenhauer doch etwas speziell in ihrer Zusammensetzung. Es überrascht nicht, dass überdurchschnittlich viele Universitätsprofessoren unter den Mitgliedern waren; eines der Ziele war es doch, den zu Lebzeiten von den deutschen Universitäten stets frustrierten Philosophen postum zu Ansehen zu verhelfen.
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