Das Uni:View-Magazin stellt ein spannendes, von Sarah Pichlkastner bearbeitetes Projekt vor, das sich mit dem Wiener Bürgerspital beschäftigt, eine der größten Einrichtungen dieser Art in der Frühen Neuzeit.
Vom Verfolger zum Befürworter der Spatzen
Den Spatzen erging es ja im 18. Jahrhundert nicht so gut (vgl.); nun habe ich in der Brünner Zeitung einen mit 6. Juli 1780 datierten Bericht aus Slavonien gefunden, in dem ein anonymer Erzähler folgende Entdeckung macht:
Jüngst machte ich über die Sperlinge, die hier in Slavonien wohl eben so sehr als in Deutschland verfolget werden, eine Beobachtung, die ich bey dieser Gelegenheit mittheilen muß. Wir hatten dieses Jahr eine ungeheure Menge Raupen an den Bäumen, ob man gleich im Frühjahre die Nester auf denselben sorgfältig abgenommen hatte; allein sie marschirten nachher aus den Waldungen auf unsere Obstgärten los. Als ich nun vor einiger Zeit beym Lesen eines Buchs im Garten saß, und meine Bäume wegen der großen Verwüstung bedauerte, erblickte ich einen Sperling, wie er eben eine Raupe haschte. Ich wurde darüber aufmerksam, sah nach meiner Uhr, und bemerkte, daß er in Zeit von drey Minuten, deren 5 zu sich nahm, und mit dieser Beute davon flog. Ich wiederholte meine Beobachtung mehrere Tage, des Morgens sowohl als des Abends, und sah mit Vergnügen, wie diese Vögel meine Obstbäume von den ungeladenen schädlichen Gästen gänzlich befreyten, so daß sie von diesen Insekten fast gar keinen Schaden litten. Seit der Zeit habe ich mir vorgenommen, die Sperlinge leben zu lassen, ob ich gleich zuvor ein hitziger Verfolger derselben war.
Brünner Zeitung Der Kaiserlichen Königlichen Privilegirten Mährischen Lehenbank, Nr. 57, 16.7.1780, 455.
Jüngst machte ich über die Sperlinge, die hier in Slavonien wohl eben so sehr als in Deutschland verfolget werden, eine Beobachtung, die ich bey dieser Gelegenheit mittheilen muß. Wir hatten dieses Jahr eine ungeheure Menge Raupen an den Bäumen, ob man gleich im Frühjahre die Nester auf denselben sorgfältig abgenommen hatte; allein sie marschirten nachher aus den Waldungen auf unsere Obstgärten los. Als ich nun vor einiger Zeit beym Lesen eines Buchs im Garten saß, und meine Bäume wegen der großen Verwüstung bedauerte, erblickte ich einen Sperling, wie er eben eine Raupe haschte. Ich wurde darüber aufmerksam, sah nach meiner Uhr, und bemerkte, daß er in Zeit von drey Minuten, deren 5 zu sich nahm, und mit dieser Beute davon flog. Ich wiederholte meine Beobachtung mehrere Tage, des Morgens sowohl als des Abends, und sah mit Vergnügen, wie diese Vögel meine Obstbäume von den ungeladenen schädlichen Gästen gänzlich befreyten, so daß sie von diesen Insekten fast gar keinen Schaden litten. Seit der Zeit habe ich mir vorgenommen, die Sperlinge leben zu lassen, ob ich gleich zuvor ein hitziger Verfolger derselben war.
Brünner Zeitung Der Kaiserlichen Königlichen Privilegirten Mährischen Lehenbank, Nr. 57, 16.7.1780, 455.
HR2: Sendung mit Heinrich Bosse
HR2 sendet heute (13.6.2013, 12:05-13:00) ein Gespräch mit dem Germanisten Heinrich Bosse; eine von mir verfasste Rezension seines von Nacim Ghanbari herausgegebenem Buch Bildungsrevolution 1770 bis 1830 erscheint übrigens in der nächsten Ausgabe der Frühneuzeit-Info.
Am Tisch mit Heinrich Bosse, Bildungsforscher
Privatschulen und Nachhilfekurse, Seminare im Internet und Prüfungscoaching sie alle boomen zurzeit. Neben dem staatlichen Schulwesen entsteht ein freier Bildungs-Markt. Das ist, so ungewohnt es anmutet, nichts Neues.
Einen freien Markt fürs Lehren und Lernen hat es in Deutschland schon einmal gegeben - das schildert Heinrich Bosse sehr anschaulich in seinem Buch Bildungsrevolution 1770 bis 1830. Mit ihm spricht Ruth Fühner im hr2-Doppel-Kopf.
Am Tisch mit Heinrich Bosse, Bildungsforscher
Privatschulen und Nachhilfekurse, Seminare im Internet und Prüfungscoaching sie alle boomen zurzeit. Neben dem staatlichen Schulwesen entsteht ein freier Bildungs-Markt. Das ist, so ungewohnt es anmutet, nichts Neues.
Einen freien Markt fürs Lehren und Lernen hat es in Deutschland schon einmal gegeben - das schildert Heinrich Bosse sehr anschaulich in seinem Buch Bildungsrevolution 1770 bis 1830. Mit ihm spricht Ruth Fühner im hr2-Doppel-Kopf.
WZ-Zeitreisen zum Wichtelzopf
Das Zeitreisen-Geschichtsfeuilleton der Wiener Zeitung beschäftigte sich zuletzt u.a. mit Medizingeschichte und kam dabei u.a. auf den famosen Wichtelzopf zu sprechen, zu dessen Bekämpfung in Österreichisch-Schlesien um 1770 eine eigene Kommission eingesetzt wurde, die mittels "Auskampeln" gegen die auch als "plica polonica" bezeichnete, vermeintliche Krankheit vorging. Am Schluss des Beitrags der freundliche Hinweis auf meinen Artikel dazu, der direkt unter http://tantner.net/publikationen/Tantner_Wichtelzopf_FestschriftKarlVocelka_2008.pdf downgeloadet werden kann.
Heinrich Bosse: Bildungsrevolution 1770-1830
In den 1970er Jahren besuchte er Seminare bei Foucault und Kittler und ließ sich von diesen zu seinen bildungsgeschichtlichen Arbeiten inspirieren; nun erscheinen zehn seiner Artikel in einem Band, herausgegeben von Nacim Ghanbari, die auch ein Gespräch mit Bosse geführt hat, das gekürzt im Merkur (August 2012, S.691-703, online hier) erschien. Ich bin ja schon gespannt auf Bosses Aufsatz zur Einrichtung der Schiefertafel!
Verlagsankündigung: Der gemeinsame Fluchtpunkt dieser Studien ist die deutsche Bildungsrevolution gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Sie betrifft die beiden wichtigsten Kulturtechniken, Lesen und Schreiben. In der Bildungsrevolution verändert sich der elementare, rhetorische, akademische Unterricht, darüber hinaus aber auch Schule, Autorschaft, Öffentlichkeit und sogar die Sozialgliederung der Gesellschaft. Das neue Konzept der Bildung wirkt über die Unterrichtsinstitutionen hinaus, indem es eine außerschulische Praxis scholarisiert, das Selberlernen. Die Unterrichtsverhältnisse ihrerseits werden unter dem staatlichen Zugriff neu strukturiert.
Dabei verschmelzen die lateinischen und die volkssprachlichen Bildungssysteme, die seit dem Mittelalter nebeneinander existierten, in einem umfassenden Bildungsapparat. Zugleich wandelt sich die ständische Öffentlichkeit der gelehrten Republik in ihr modernes Gegenstück, und der gelehrte Stand der Lateinkundigen verschwindet in der Formation der Gebildeten.
Bosse, Heinrich: Bildungsrevolution 1770-1830. (=Reihe Siegen. Beiträge zur Literatur-, Sprach und Medienwissenschaft; 169). (Hg. mit einem Gespräch von Nacim Ghanbari). Heidelberg: Universitätsverlag Winter, 2012. [Verlags-Info]
Verlagsankündigung: Der gemeinsame Fluchtpunkt dieser Studien ist die deutsche Bildungsrevolution gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Sie betrifft die beiden wichtigsten Kulturtechniken, Lesen und Schreiben. In der Bildungsrevolution verändert sich der elementare, rhetorische, akademische Unterricht, darüber hinaus aber auch Schule, Autorschaft, Öffentlichkeit und sogar die Sozialgliederung der Gesellschaft. Das neue Konzept der Bildung wirkt über die Unterrichtsinstitutionen hinaus, indem es eine außerschulische Praxis scholarisiert, das Selberlernen. Die Unterrichtsverhältnisse ihrerseits werden unter dem staatlichen Zugriff neu strukturiert.
Dabei verschmelzen die lateinischen und die volkssprachlichen Bildungssysteme, die seit dem Mittelalter nebeneinander existierten, in einem umfassenden Bildungsapparat. Zugleich wandelt sich die ständische Öffentlichkeit der gelehrten Republik in ihr modernes Gegenstück, und der gelehrte Stand der Lateinkundigen verschwindet in der Formation der Gebildeten.
Bosse, Heinrich: Bildungsrevolution 1770-1830. (=Reihe Siegen. Beiträge zur Literatur-, Sprach und Medienwissenschaft; 169). (Hg. mit einem Gespräch von Nacim Ghanbari). Heidelberg: Universitätsverlag Winter, 2012. [Verlags-Info]
Die Wonnen der Elektropathologie
Zeitspuren zeigt Bilder aus dem von Stefan Jellinek 1932 publizierten Buch Elektroschutz in 132 Bildern; Jellinek gründete in Wien das Elektropathologische Museum, dessen Bestände nun wirklich Kultcharakter haben und seit 2005 Teil des Technischen Museums Wien sind: http://www.technischesmuseum.at/objekt/plakat-des-elektropathologischen-museums-um-1930
[via G+/Klaus Graf]
[via G+/Klaus Graf]
Die Sorge um die Schwimmerin
Von den öffentlichen Schwimmbädern kenne ich - mal abgesehen von Wien - welche in Paris (Badehaubenpflicht!) und Berlin; welche Hürden in Peking zu überwinden sind, um seine oder ihre Bahnen ziehen zu können, berichtet Camp Catatonia.
263.824
Gestern war ich im Niederösterreichischen Landesarchiv in St. Pölten, um zu dem von Jakob de Bianchi 1770 eröffneten Comptoir der Künste, Wissenschaften und Commerzien zu recherchieren; klassischer Fall von Serendipity, dass ich nun dank des letzten Akts, der sich im Bestand Maria Theresianische Verwaltung, Hofresolutionen in publicis, Karton 120 befindet, weiß, wieviel Spatzen in Österreich unter der Enns 1767 vertilgt wurden: Nicht weniger als 263.824!
Vgl.: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/5967793/
Vgl.: http://adresscomptoir.twoday.net/stories/5967793/
Aufsatz über Ignatz de Luca erschienen
In der soeben erschienenen Ausgabe des Electronic Journal for History of Probability and Statistics hat Fanny Billod einen Aufsatz über Ignatz de Luca, einen der wichtigsten habsburgischen Statistiker des 18. Jahrhunderts veröffentlicht:
Billod, Fanny: L'oeuvre d'Ignatz de Luca (1747-1798) : statistique universitaire, droit, sciences politiques et centralisation de la monarchie au tournant du XIXe siècle, in: Journ@l électronique dHistoire des Probabilités et de la Statistique/ Electronic Journal for History of Probability and Statistics, 7.2011/1, Juin/June 2011, http://www.jehps.net/juin2011/Billod.pdf
Billod, Fanny: L'oeuvre d'Ignatz de Luca (1747-1798) : statistique universitaire, droit, sciences politiques et centralisation de la monarchie au tournant du XIXe siècle, in: Journ@l électronique dHistoire des Probabilités et de la Statistique/ Electronic Journal for History of Probability and Statistics, 7.2011/1, Juin/June 2011, http://www.jehps.net/juin2011/Billod.pdf
Einrichtungswerk des Königreichs Hungarn (16881690)
Am Mittwoch (22.6.2011, 17h) wird im Haus-, Hof- und Staatsarchiv (Minoritenplatz 1, 1010 Wien) die Edition des Einrichtungswerks des Königreichs Hungarn (1688-1690) präsentiert:
Begrüßung
Hon.-Prof. Dr. Lorenz Mikoletzky
Dr. Csaba Szabó
Ernö Deák
Zur Publikation
Univ.-Doz. Dr. János Kalmár
Dr. János Varga
Präsentation
Univ.-Prof. Dr.Dr. hc. Thomas Winkelbauer
BP Einrichtungswerk 1688
Nach der Zurückeroberung des Königreichs Ungarn von den Osmanen Ende des 17. Jahrhunderts musste das Land neu organisiert werden.
Für diesen Zweck wurden mehrere Vorschläge zusammengestellt, von denen der berühmteste (und berüchtigste) das Einrichtungswerk des Königreichs Hungarn (1688-1690) war, welches unter der Leitung von Leopold Kollonich (1631-1707), des Bischofs von Győr und ehemaligen Präsidenten der Ungarischen Kammer, ausgearbeitet wurde.
Der Vorschlag wurde am Ende beiseite gelegt, nur einige seiner Vorstellungen wurden später verwirklicht.
Die Edition enthält nicht nur eine gründliche Einleitung zur Problematik des Einrichtungswerks und die kritische Textausgabe selbst, sondern auch eine reiche Auswahl von Dokumenten, die die Enstehungsgeschichte des Werkes bzw. das Compendium des Einrichtungswerks verständlich machen. Die Edition beruht auf der Arbeit von Béla Baranyai (1882-1945), der noch in den 1920er Jahren das Originalexemplar benützen konnte, das beim Brand des Justizpalais (1927) vernichtet wurde.
Kalmár, János/Varga, János J. (Hg.): Einrichtungswerk des Königreichs Hungarn (16881690). (=Forschungen zur Geschichte und Kultur des Östlichen Mitteleuropa; 39) Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2010. 514 S, 68 Euro, ISBN 978-3-515-09778-9 [Verlags-Info]
Begrüßung
Hon.-Prof. Dr. Lorenz Mikoletzky
Dr. Csaba Szabó
Ernö Deák
Zur Publikation
Univ.-Doz. Dr. János Kalmár
Dr. János Varga
Präsentation
Univ.-Prof. Dr.Dr. hc. Thomas Winkelbauer
BP Einrichtungswerk 1688
Nach der Zurückeroberung des Königreichs Ungarn von den Osmanen Ende des 17. Jahrhunderts musste das Land neu organisiert werden.
Für diesen Zweck wurden mehrere Vorschläge zusammengestellt, von denen der berühmteste (und berüchtigste) das Einrichtungswerk des Königreichs Hungarn (1688-1690) war, welches unter der Leitung von Leopold Kollonich (1631-1707), des Bischofs von Győr und ehemaligen Präsidenten der Ungarischen Kammer, ausgearbeitet wurde.
Der Vorschlag wurde am Ende beiseite gelegt, nur einige seiner Vorstellungen wurden später verwirklicht.
Die Edition enthält nicht nur eine gründliche Einleitung zur Problematik des Einrichtungswerks und die kritische Textausgabe selbst, sondern auch eine reiche Auswahl von Dokumenten, die die Enstehungsgeschichte des Werkes bzw. das Compendium des Einrichtungswerks verständlich machen. Die Edition beruht auf der Arbeit von Béla Baranyai (1882-1945), der noch in den 1920er Jahren das Originalexemplar benützen konnte, das beim Brand des Justizpalais (1927) vernichtet wurde.
Kalmár, János/Varga, János J. (Hg.): Einrichtungswerk des Königreichs Hungarn (16881690). (=Forschungen zur Geschichte und Kultur des Östlichen Mitteleuropa; 39) Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2010. 514 S, 68 Euro, ISBN 978-3-515-09778-9 [Verlags-Info]