Neujahrsgruß für 1632

„Wunsche hiemit Ew. Kay. Mayt. in tieffster reuerenz ein vnd viel mehr hernachfolgendes gluckseliges, Frid: vnd Freudenreich Newes Jahr, vnd thue deroselben zu beharrlichen kay: milten gnaden mich allervnderthenigst empfehlen …“
Dies ist der Schlußpassus der Relation, die der Reichshofrat Hermann von Questenberg an Ferdinand II. über den Ligatag in Ingolstadt schickte (Ingolstadt 1. Januar 1632, Wien HHStA RHKz RTA 100b unfol. Ausf., ganz eigenhändig). Der Ligatag fand erst am 4. Januar seinen Abschluß, doch der kaiserliche Gesandte hatte offenbar schon zum Jahreswechsel genug mitbekommen. (Siehe dazu meine Dissertation S. 498 ff.)

Die Lage war nach der Niederlage Tillys gegen Gustav Adolf im September 1631 katastrophal; nach einem höchst erfolgreichen Kriegsjahrzehnt schienen alle Erfolge der 1620er Jahre wie weggewischt, ja der Kaiser und seine Verbündeten sahen sich einer nie dagewesenen Bedrohung gegenüber. Zu den militärischen Problemen kamen Spannungen unter den Verbündeten. Besonders die kurbayerischen Bemühungen, über eine französische Vermittlung einen Neutralitätsstatus im schwedischen Krieg zu erreichen und sich damit vom Kaiser zu distanzieren, belasteten die Beziehungen zwischen Wien und München. Hoffnung machte man sich am Kaiserhof allein wegen der Neuberufung Wallensteins, dessen sog. Zweites Generalat nun begann. Vor diesem Hintergrund erhalten die Wünsche Questenbergs für ein „glückseliges, fried- und freudenreiches Neues Jahr“, so formelhaft sie auch sein mochten, eine andere, tiefere Dringlichkeit.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/59

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Jeremy Black und der Dreißigjährige Krieg

Das Konzept der Militärischen Revolution ist längst in die Jahre gekommen. Zudem hat es eine thematische Überdehnung erfahren, die es vom ursprünglichen Ansatz weit weg geführt hat. Jeremy Black hat an dieser Entwicklung in den vergangenen Jahren kräftig mitgewirkt. In seinem zuletzt erschienenen Buch versucht er nun auch, das Konzept auf eine neue Ebene zu transformieren; vgl. dazu meine Rezension in: sehepunkte 12 (2012), Nr. 12 [15.12.2012], URL: http://www.sehepunkte.de/2012/12/20612.html.

Abseits von dieser Thematik bestechen die Publikationen von Black durch ihren breiten, weltweiten Horizont. Er vergleicht eben nicht nur englische mit der deutschen und russischen Geschichte, nimmt nicht nur osmanische Beispiele hinzu, sondern springt einfach weiter auf den indischen Subkontinent sowie nach Zentral- und Ostasien und vergißt dabei nicht, daß es auch eine afrikanische Geschichte gibt, die zu seiner Thematik etwas beizutragen hat. Natürlich fordert ein solcher welthistorischer Parforce-Ritt immer den Kritikaster heraus, der im Detail Unebenheiten und Unausgewogenes zu monieren findet. Aber das ist nicht der Punkt.

Vielmehr hat es einen ganz speziellen Verfremdungseffekt, den Dreißigjährigen Krieg nicht nur entsprechend reduziert (S. 59-71), sondern auch in ganz ungewohnten Vergleichskategorien vorzufinden. Ich gestehe, daß es mich durchaus irritiert, wenn binnen weniger Zeilen der Sprung von den Mandschu in China zum Dreißigjährigen Krieg und Englischen Bürgerkrieg vollzogen wird, um die allgemein bedeutsame Rolle der Kavallerie herauszustreichen (S. 53). Und mir ist im ersten Augenblick auch nicht wohl dabei, wenn dem Phänomen der schwindenden Rekrutenzahlen im Dreißigjährigen Krieg die zeitgleiche Tendenz der islamischen Reiche gegenübergestellt wird, „slave troops“ ins Feld zu führen (S. 67).

Aber genau damit ist ja schon etwas gewonnen: Wer jahraus, jahrein Wallenstein über die Schulter blickt, wie er seine Riesenarmeen zusammenstellt, und Gustav Adolf seine schwedischen Brigaden befehligen sieht, kann auch mal einen schrägen Blick auf Wohlvertrautes vertragen. Zumindest sollte man sich die Offenheit bewahren, solche ungewohnten Sichtweisen zuzulassen. Die Herangehensweise von Jeremy Black hilft dabei sehr. –

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/55

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