(K)ein guter Platz zum Bauen? (BerR 1,5, 2. Teil)

  → 1. Teil: hier Bar Kappara ist noch nicht zuende mit seiner Rede, die hier von Raw Huna wiedergegeben wird. Den Schöpfungsmystikern hält er entgegen, dass die Schöpfung nach Gen 1 eigentlich ein unsagbares Paradox ist, weil die Welt aus Chaos und Finsternis entstanden ist.
Nach dem Brauch der Welt בנוהג  העולם
baut ein König aus Fleisch und Blut ein Schloss מלך  בשר  ודם  בונה  פלטין
(sogar) an einem Ort במקום
von Kloaken, Abfall und Gestank, הביבין והאשפה  והסיריות
und jeder, der kommen und sagen wird: כל  מי  שיבוא לומר
„Dieses Schloss ist  gebaut פלטין  זו  בנויה
an einem Ort von Kloaken, Abfall und Gestank“, במקום  הביבין  והאשפה  והסיריות
schmälert es nicht! Das ist verwunderlich! אינו  פוגם  אתמהא
So auch jeder, der kommt und sagt: כך  כל  מי  שהוא  בא  לומר
„Diese Welt העולם  הזה
ist aus Chaos und Finsternis erschaffen“, נברא  מתוך  תהו  ובהו  וחושך
schmälert sie nicht – das ist verwunderlich! אינו  פוגם  אתמהא
Raw Huna ר’  הונא
(sagte) im Namen des Bar Kappara: בשם  בר  קפרא
Stünde dies nicht geschrieben, ‘אילולי  הדבר כת
wäre es unmöglich, es zu sagen: אי  אפשר  לאומרו
Am Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde ברא אלהים  את  השמים  ואת  הארץ
warum? מן  הן
Wegen: Und die Erde war wüst und leer usw. :’מן  והארץ  היתה תהו  וגו
Kann es sein, dass Bar Kappara ein wenig verbittert ist?    

Quelle: http://bereschitrabba.hypotheses.org/190

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„Der König ist ein Astrologe!“ (BerR 1,4, 3. Teil)

Gleich darauf wird eine andere Denkmöglichkeit dessen präsentiert, was vor der Erschaffung der Welt dagewesen sei: Gottes Gedanke an Israel ging der Erschaffung der Welt voraus!

An dieser Stelle begegnet uns – zum ersten Mal in diesem Blog – ein Gleichnis:

Rabbi Huna und Rabbi Jirmeja

ר’  הונא  ר’  ירמיה

(sagten) im Namen des Rabbi Schmuel bar Raw Jizchak:

בשם  ר’  שמואל  בר’  יצחק

Der Gedanke an Israel ging allem voraus.

    מחשבתן  שלישראל  קדמה  לכל

Das gleicht einem König,

למלך

der einer vornehmen Dame verheiratet war

שהיה  נשוי  למטרונה

und keinen Sohn von ihr hatte.

ולא  היה  לו  ממנה  בן

Einmal begab es sich,

פעם  אחת  נמצא

dass der König über den Markt ging,

המלך  עובר בשוק

und sagte:

אמר

„Kauft diese Tinte

טלו  מילנין

und Tintenfass und Schreibfeder für meinen Sohn!“

וקלמין  וקונדלין  אילו  לבני

Da sprach man (untereinander):

והיו  אומרים

„Er hat keinen Sohn!

בן  אין  לו

Warum fordert er Tinte und Schreibfeder?

למה  מבקש  מילנין  וקונדילין

Das ist verwunderlich!“

אתמהא

Man bedachte sich und sagte:

חזרו  ואמרו

„Der König ist ein Astrologe,

המלך  אסטרולוגוס  הוא

und er sah voraus, dass er einen Sohn zeugen würde –

וצפה  שעתיד  להעמיד  בן

das ist verwunderlich!“

אתמהא

So auch:

כך

Wenn der Heilige, der gesegnet ist, nicht gesehen hätte,

אילולי  צפה  הקב”ה

dass nach 26 Generationen

שאחר  כ”ו  דור

Israel dereinst die Tora empfangen sollte,

עתידין  ישראל  לקבל  התורה

hätte er nicht in ihr geschrieben:

לא  היה  כותב  בה

Befiehl den Kindern Israels“,

צו  את  בני  ישראל

das ist verwunderlich!

אתמהא

Der König sieht voraus, dass er zusammen mit seiner vornehmen Ehefrau (auf Hebräisch bzw. Lateinisch wird sie als מטרונה /matrona bezeichnet) einen Sohn haben würde. Deshalb kauft er schon jetzt für seinen künftigen Sohn Schreibgeräte. So sah auch der Schöpfer der Welt voraus, dass einmal Israel da sein würde, deshalb schrieb er schon in der Tora davon … Der König ist wirklich ein Astrologe, ein אסטרולוגוס/astrologos, und in diesem Sinne kann man sagen, dass „der Gedanke an Israel allem voraus ging“.

Immer wieder erschein das etwas stereotype „das ist verwunderlich!“, auf Aramäisch: אתמהא/atmaha. Das ist so etwas wie ein Signal: Achtung, Widerspruch! Oder: Das geht doch eigentlich gar nicht …

Quelle: http://bereschitrabba.hypotheses.org/95

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