Der Majestätsbrief von 1609

Der Dreißigjährige Krieg hatte natürlich eine Vorgeschichte. Diese ist gut bekannt und erforscht, und angesichts der verschiedenen Krisenszenarien wundert sich die Forschung immer ein wenig, daß der Krieg erst 1618 und nicht schon zehn Jahre früher ausgebrochen ist: die Erbfolgekrise am Niederrhein, die Gründung von protestantischer Union und katholischer Liga, der sog. Bruderzwist im Hause Habsburg, damit verknüpft die angespannte Lage im Königreich Böhmen – Pulverfässer gab es genug, letztlich explodierte das böhmische.

Nun ist letztens ein Sammelband zum Majestätsbrief erschienen, den Kaiser Rudolf II. als König von Böhmen erließ. Damit hat er nicht nur weitgehende Religionsfreiheit gewährt, sondern auch einen Konflikt moderiert, der durchaus seine Herrschaft infrage zu stellen gedroht hatte. Was es alles damit auf sich hat, wird in vielen Einzelaufsätzen eingehend vorgestellt. Dass dieser Sammelband die Ereignisse in Böhmen im Jahr 1609 jedoch nicht rückblickend vom böhmischen Aufstand aus betrachtet, macht seine eigentliche Stärke aus. Zu dem Buch habe ich jetzt gerade eine Besprechung in den sehepunkten veröffentlicht.

Der Majestätsbrief von 1609Diese will ich hier nicht nochmals referieren, wohl aber einige Aspekte hervorheben, die eben mit Blick auf den Dreißigjährigen Krieg eine besondere Rolle spielten. Damit will ich gar nicht gegen die Intention und Anlage des Bandes schreiben, der mich sehr überzeugt hat. Aber einige Punkte verweisen eben doch auf die Zeit ab 1618 ff.

So eben die Rolle Kursachsens. Der Beitrag von Jaroslava Hausenblasová zeigt das starke kursächsische Engagement auch im Umfeld der Verhandlungen zum Majestätsbrief. Auf Habsburg hin orientiert und durchweg pfalzkritisch, suchte Kursachsen die Rolle des objektiven Dritten (S. 81). Wichtig erscheint mir der Hinweis, daß die ausgleichende Politik nie das eigene kursächsische Interesse vergaß – insgesamt Stichworte, die auch für die sächsische Politik im Dreißigjährigen Krieg wichtig sind. Erhellend ist auch der Hinweis im Aufsatz von Tomáš Černušák, daß die Kurie bereits damals die Katholische Liga als Instrument zur Stabilisierung der Habsburgerherrschaft ansah und konkret auch zur Sicherung der habsburgisch/katholischen Position in Böhmen (S. 60). Damit war eine Konstellation anvisiert, wie sie dann im böhmischen Feldzug 1620 Wirklichkeit wurde.

Sehr engagiert und meinungsstark ist der Beitrag von Petr Vorel zur Fiskal- und Währungsstrategie der böhmischen Stände (S. 133-140). Er legt den Fokus seiner Betrachtung auf den Landtag 1615 und bewegt sich damit in der Phase, als die Regelungen des Majestätsbriefs politische Realität waren. Entgegen der landläufigen Auffassung wertet Vorel die Ergebnisse dieses Landtags als Erfolg für die böhmischen Stände, die hier die Kontrolle über das Kreditwesen im Land erlangten. Damit waren sie in der Lage, in Krisenzeiten deutlich leichter finanzielle Ressourcen zu ihren Gunsten mobilisieren zu können – fraglos eine wichtige Grundlage für die Voraussetzungen und den Verlauf des böhmischen Aufstands.

Der Sammelband bietet sicher noch mehr Anregungen als die wenigen Stichworte hier. Alle Beiträge sind auf Deutsch erschienen, und doch wird immer wieder erkennbar, daß es lohnenswert sein würde, Tschechisch zu lernen – es gibt, das macht der Blick in die Fußnoten deutlich, sehr viel einschlägige Literatur in dieser Sprache.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/583

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Brandenburgische Creditive (1630)

Der Erfolg einer Gesandtschaft hängt nicht zuletzt von einer guten Vorbereitung ab – dies war bereits in der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs so. Natürlich stand eine inhaltliche Vorbereitung an erster Stelle. Man gab einer Delegation möglichst genaue Instruktionen auf den Weg, damit sie wußte, in welchem Rahmen sie Verhandlungsspielraum besaß. Nicht minder wichtig war es aber auch, sich bereits im Vorfeld über das personelle Umfeld Gedanken zu machen, das die Gesandten antreffen würden. Auf wen würden sie treffen, mit wem sollten sie Kontakt suchen, wem würden sie vertrauen können? Wie diese Fragen zu beantworten waren, läßt sich beispielhaft an den „Creditiven“ ablesen, die der Kurfürst von Brandenburg für seine Abgesandten auf den Kurfürstentag von Regensburg im Jahr 1630 ausstellte.

Mit einem Creditiv ist zunächst eine Beglaubigung gemeint, mit der ein Fürst bestätigte, daß der Gesandte, der dieses Schriftstück vorlegen würde, auch tatsächlich mandatiert war. Entsprechend enthielten die brandenburgischen Creditive für Regensburg allesamt die Bitte an den Adressaten, daß sie dem Anbringen der namentlich vorgestellten Gesandten, „gleich es von vns selbst geschehe, volkommen glauben beymessen“. Letztlich waren diese Dokumente also entscheidend für die Akkreditierung der Abgeordneten.

Genau diese Funktion – und nicht mehr – erfüllten die Creditive, die an den Kaiser und die katholischen Kurfürsten ausgestellt waren (Natürlich wurde für jeden Kurfürsten ein eigenes Schreiben ausgestellt; ein pauschales Creditiv für alle wäre der Dignität dieser Reichsfürsten nicht angemessen gewesen.). Den Unterscheid zeigt das Creditiv an Kursachsen. Hier wurde über den üblichen formalen Rahmen hinausgehend festgehalten, daß die brandenburgischen Gesandten Befehl hätten, „nicht allein ein vnnd das andere anzubringen, Sondern auch in allen was vorgehet vertrawliche communication zupflegen“. Das Signal war eindeutig: Brandenburg wollte sich enger mit Kursachsen abstimmen und war entsprechend im Rahmen der Verhandlungen zu einem intensiven Informationsaustausch bereit.

Dieses Ansinnen fiel nicht vom Himmel, hatten doch beide Reichsfürsten kurz vor dem Regensburger Kollegialtag in einer eigenen Konferenz in Annaberg einer solchen Kooperation den Weg ebnen wollen. Das Creditiv knüpfte nun an diese Beratungen an und signalisierte den brandenburgischen Willen, diese neue Politik tatsächlich umzusetzen. Auch Kursachsen hatte seine Deputierten entsprechend instruiert, und wie sich im Verlauf der Regensburger Beratungen zeigen sollte, haben sich die Gesandtschaften beider Kurfürsten tatsächlich ausgetauscht (Überliefert sind diese Materialien in GStA PK, I. HA Rep. 12, Nr. 147).

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/560

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