Die kaiserliche Nuntiatur im Dreißigjährigen Krieg – eine Bilanz

Feste muß man feiern, wie sie fallen. Dies gilt auch im Wissenschaftsbetrieb, und so war es nur angemessen, den vorläufigen Abschluß des Editionsprojekts der Nuntiaturberichte (4. Abt.) im Dezember 2016 mit einer Tagung am DHI Rom zu feiern. Dort blickte man auf die nun vorliegenden Nuntiaturberichte zurück, die die päpstlichen Nuntien am Kaiserhof in den Jahren 1628 bis 1635 verfaßt hatten. Bilanz wollte die Tagung ziehen, und diese fiel erwartungsgemäß und zu Recht positiv aus, wie dem Bericht über die Veranstaltung von Claudia Curcuruto in der aktuellen QFIAB 96 (2016), S. 516-524 zu entnehmen ist.

Eine Reihe von Vorträgen befasste sich mit verschiedenen Aspekten, die durch die Nuntiaturberichte jetzt in einem neuen Licht erscheinen. Angelpunkt ist dabei stets „Der Papst und der Krieg“, wie auch der Titel der Veranstaltung hieß.

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Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/1148

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Die Kurie und die Neugründung der Liga

Wie sich die Situation im Reich zu Beginn des Dreißigjährigen Kriegs darstellte, ist jetzt auch anhand der Berichte nachzuvollziehen, die der Kölner Nuntius verfaßte. Die vorliegende Edition der Nuntiaturberichte, die bereits 2015 erschienen ist, umfaßt die Jahre 1617 bis 1621 und damit die Schlußphase der Mission des Nuntius Antonio Albergati. Dieser war, als er 1610 seinen Posten antrat, mitten in die große Krise hineingeraten, die sich am Niederrhein um das Jülich-Klevische Erbe entsponnen hatte. Mit dem Xantener Vertrag 1614 hatte sich die Lage etwas beruhigt, auch wenn nach wie vor Spannungen bestanden.

Nun aber beobachtete der Nuntius die eskalierende Lage in Böhmen und die darauf erfolgenden Reaktionen im Reich – sowohl bei den protestantischen als auch den katholischen Reichsständen. In dem Rahmen ist vor allem die Neugründung der Katholischen Liga ein zentrales Thema. Den ersten Ligabund hatte die habsburgische Politik erfolgreich ins Abseits manövriert: Wien sah hier einen übergroßen wittelsbachischen Einfluß auf die katholischen Reichsstände und schätzte dazu die Lage im Reich als nicht so prekär ein, daß die kaiserliche Politik eine solche Liga wirklich nötig haben würde.

Im Laufe der böhmischen Krise änderte sich die Wahrnehmung auf Wiener Seite.

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Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/967

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Der Majestätsbrief von 1609

Der Dreißigjährige Krieg hatte natürlich eine Vorgeschichte. Diese ist gut bekannt und erforscht, und angesichts der verschiedenen Krisenszenarien wundert sich die Forschung immer ein wenig, daß der Krieg erst 1618 und nicht schon zehn Jahre früher ausgebrochen ist: die Erbfolgekrise am Niederrhein, die Gründung von protestantischer Union und katholischer Liga, der sog. Bruderzwist im Hause Habsburg, damit verknüpft die angespannte Lage im Königreich Böhmen – Pulverfässer gab es genug, letztlich explodierte das böhmische.

Nun ist letztens ein Sammelband zum Majestätsbrief erschienen, den Kaiser Rudolf II. als König von Böhmen erließ. Damit hat er nicht nur weitgehende Religionsfreiheit gewährt, sondern auch einen Konflikt moderiert, der durchaus seine Herrschaft infrage zu stellen gedroht hatte. Was es alles damit auf sich hat, wird in vielen Einzelaufsätzen eingehend vorgestellt. Dass dieser Sammelband die Ereignisse in Böhmen im Jahr 1609 jedoch nicht rückblickend vom böhmischen Aufstand aus betrachtet, macht seine eigentliche Stärke aus. Zu dem Buch habe ich jetzt gerade eine Besprechung in den sehepunkten veröffentlicht.

Der Majestätsbrief von 1609Diese will ich hier nicht nochmals referieren, wohl aber einige Aspekte hervorheben, die eben mit Blick auf den Dreißigjährigen Krieg eine besondere Rolle spielten. Damit will ich gar nicht gegen die Intention und Anlage des Bandes schreiben, der mich sehr überzeugt hat. Aber einige Punkte verweisen eben doch auf die Zeit ab 1618 ff.

So eben die Rolle Kursachsens. Der Beitrag von Jaroslava Hausenblasová zeigt das starke kursächsische Engagement auch im Umfeld der Verhandlungen zum Majestätsbrief. Auf Habsburg hin orientiert und durchweg pfalzkritisch, suchte Kursachsen die Rolle des objektiven Dritten (S. 81). Wichtig erscheint mir der Hinweis, daß die ausgleichende Politik nie das eigene kursächsische Interesse vergaß – insgesamt Stichworte, die auch für die sächsische Politik im Dreißigjährigen Krieg wichtig sind. Erhellend ist auch der Hinweis im Aufsatz von Tomáš Černušák, daß die Kurie bereits damals die Katholische Liga als Instrument zur Stabilisierung der Habsburgerherrschaft ansah und konkret auch zur Sicherung der habsburgisch/katholischen Position in Böhmen (S. 60). Damit war eine Konstellation anvisiert, wie sie dann im böhmischen Feldzug 1620 Wirklichkeit wurde.

Sehr engagiert und meinungsstark ist der Beitrag von Petr Vorel zur Fiskal- und Währungsstrategie der böhmischen Stände (S. 133-140). Er legt den Fokus seiner Betrachtung auf den Landtag 1615 und bewegt sich damit in der Phase, als die Regelungen des Majestätsbriefs politische Realität waren. Entgegen der landläufigen Auffassung wertet Vorel die Ergebnisse dieses Landtags als Erfolg für die böhmischen Stände, die hier die Kontrolle über das Kreditwesen im Land erlangten. Damit waren sie in der Lage, in Krisenzeiten deutlich leichter finanzielle Ressourcen zu ihren Gunsten mobilisieren zu können – fraglos eine wichtige Grundlage für die Voraussetzungen und den Verlauf des böhmischen Aufstands.

Der Sammelband bietet sicher noch mehr Anregungen als die wenigen Stichworte hier. Alle Beiträge sind auf Deutsch erschienen, und doch wird immer wieder erkennbar, daß es lohnenswert sein würde, Tschechisch zu lernen – es gibt, das macht der Blick in die Fußnoten deutlich, sehr viel einschlägige Literatur in dieser Sprache.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/583

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Die Nuntien Rocci und Grimaldi

Im Rahmen des großen Editionsprojekts der Nuntiaturberichte aus Deutschland ist ein neuer Band erschienen. Es handelt sich um den 5. Band der 4. Abteilung, der die Phase vom September 1631 bis Ende Mai 1633 abdeckt. Neben den Berichten des Nuntius Ciriaco Rocci sind auch diejenigen Girolamo Grimaldis dokumentiert, der ab 1632 wie Rocci ebenfalls in Wien, allerdings als außerordentlicher Nuntius tätig war.

Deutlich über 200 Aktenstücke dokumentieren damit eine Zeit, in der sich der große machtpolitische Umbruch im Gefolge des schwedischen Kriegs vollzog. Es ist nichts Neues, aber trotzdem immer wieder ein heilsames Korrektiv, wenn man sich klarmachen muß, daß aus der Perspektive des Hl. Stuhls ein völliger Sieg der kaiserlichen Waffen alles andere als erwünscht war. Denn das Verhältnis zwischen der Kurie und den Habsburgern war angespannt genug, um gelassene bis verhalten erfreute Reaktionen auf die militärischen Rückschläge der kaiserlich-katholischen Seite im Reich hervorzurufen. Immerhin kam der Vorwurf konfessioneller Indifferenz oder mangelnder konfessioneller Solidarität schon damals auf, und die Kurie mühte sich, ihn zu entkräften, indem sie Grimaldi als Sondernuntius entsandt. Er sollte sich um eine Vermittlung zwischen den Habsburgern und dem mit Schweden verbündeten Frankreich bemühen.

Die Haupt- und Staatsaktionen dieser Monate spielen naturgemäß eine große Rolle; so sind Wallenstein, aber auch andere Militärs in den Berichten sehr präsent. Darüber hinaus schlägt sich aber auch eine Fülle von weiteren Themen in den Korrespondenzen nieder wie Personal-, Rang- und Zeremoniellfragen sowie Finanzielles. Der politische Blick der Nuntien richtet sich dabei nicht nur auf die Geschehnisse im Reich, sondern ebenso auf die anderen Mächte und nicht zuletzt auf die politischen Konstellationen in Italien. Insofern helfen die Nuntiaturberichte ein weiteres Mal, einen allzu sehr auf die Szenerie des Reichs fixierten Blick zu weiten.

Am Ende ein unvermeidlicher, aber notwendiger Hinweis: Wer einen solchen umfänglichen Band in der Hand hat, ist einerseits beeindruckt und freut sich auf die Entdeckungen, die in dieser Edition zu machen sein werden. Andererseits steht die Frage im Raum, warum es zum gedruckten Band nicht auch eine online-Fassung gibt. Man wird ja nicht mehr diskutieren müssen, welch großartige Möglichkeiten und auch Vorteile eine elektronische Edition heutzutage bietet. Vielleicht tut sich ja schon etwas beim noch ausstehenden Folgeband, der dann die Lücke zum schon vorliegenden Band 7 (1634-1635) schließen wird.

Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/290

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