Die symbolische Gewalt der Schulden

von Marcus Wolf

 

Qui dit argent dit dépenses,
Qui dit crédit dit créance,
Qui dit dette te dit huissier,
Oui dit assis dans la merde.
Stromae – Alors on danse (2009)

 

Den Markt und vor allem Kreditverhältnisse als Formen von Gewalt zu verstehen, liegt nicht direkt auf der Hand, werden sie doch in der liberalen Lesart mit der Abwesenheit von Zwang und Fremdeinwirkung gleichgesetzt. Es braucht also etwas Überzeugungsarbeit, will man den Begriff der Gewaltordnung für die politische Ökonomie fruchtbar machen.

Eindeutig ist der Zusammenhang semantischer und materieller Gewaltordnungen im Finanzbereich, wenn wir an die Tradition der Schuldeneintreibung denken, die bis ins Mittelalter zurückreicht (1). Hier waren es öffentlich legitimierte Personen, die Untergebene zur Rückzahlung ihrer Schulden zwangen, bis in das 19.

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Quelle: http://gewo.hypotheses.org/429

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Bruno Latour und die neuen „Science wars“

Bruno Latour, französischer Wissenschaftssoziologe und Mitbegründer der Akteur-Netzwerk-Theorie, ist gerade in Rente gegangen – und befindet sich auf einmal inmitten eines zweiten „Krieges“ um Wissenschaft und Wahrheit. Als „Science wars“ wurde in den 1990er Jahren der Disput bezeichnet, den Latour und andere Vertreter der Wissenschaftssoziologie anheizten, weil sie proklamierten, das wissenschaftlich Ergebnisse immer (auch) sozial konstruiert seien.

Heute, 20 Jahre später, steht die „Wahrheit“ wissenschaftlicher Aussagen wieder im Zentrum eines erbitterten Streits. Latour allerdings steht heute auf der anderen Seite. In Zeiten, da politische Lager die Zuverlässigkeit wissenschaftlicher Ergebnisse – insbesondere zum Thema Klimawandel – bestreiten, versucht er nun, das Vertrauen in wissenschaftliche Ergebnisse wieder herzustellen. „Wir müssen etwas von der Autorität der Wissenschaft zurückgewinnen. Das ist das komplette Gegenteil von dem was wir taten, als wir begannen, Wissenschaftsstudien durchzuführen,“ sagte Latour kürzlich in einem Interview der Zeitschrift Science.

„Wir müssen etwas von der Autorität der Wissenschaft zurückgewinnen.

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Quelle: http://gclf.hypotheses.org/189

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Die Erfindung des „Gefährders“

Zum Wechselverhältnis semantischer und materieller Innovation in Gewaltordnungen [1]

Andrea Kretschmann

 

Mit Weber bringt das von Sofsky, Schlichte, Elwert und anderen geprägte Konzept der Gewaltordnungen zum Ausdruck, dass staatliche Gewalt der Organisation bedarf. Über Weber hinausgehend verweist es auf das Wechselverhältnis von Gewaltordnung und sozialem Wandel. Restrukturierungen der Regeln legitimer Gewaltausübung lassen sich dabei nicht immer als bloße Reaktionen auf äußere Gegebenheiten verstehen. Manchmal kann die Art und Weise, wie staatliche Gewalt organisiert ist, selbst der Motor für den Wandel einer Gewaltordnung sein, insofern ihr – dies hat prominent Elwert betont – eine sozialkonstitutive Qualität zukommt, aus der sich im Weiteren neuartige Handlungsbedürfnisse ableiten.

Als ein geradezu paradigmatischer Fall für eine solche Verschiebung einer Gewaltordnung – hier der bundesrepublikanischen – lässt sich die Entstehung der Figur des Gefährders verstehen. Denn sie entsteht aus der Organisations- und Denkweise eines spezifischen kriminalpolitischen Kontextes, und verändert diesen dann, da sie neuartige polizeiliche Interventionen notwendig erscheinen lässt. Die Verschiebung ist hierbei weniger quantitativer als qualitativer Art: Sie prozessiert vor allem ein Verständnis von Strafverfolgung, das über ein klassisches Verständnis liberaler Rechtsstaatlichkeit hinausgeht.

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Quelle: https://gewo.hypotheses.org/409

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Gonsenheimer Erinnerungen. Jüdische Nachbarinnen und Nachbarn zwischen Integration und Ausgrenzung

Vom 18. August bis  8. September 2017ff. ist die obengenannte Ausstellung zu sehen. 1945 endeten mit dem Zusammenbruch der NS-Herrschaft auch die unmenschlichen Verbrechen an der jüdischen Bevölkerung Europas. Noch immer währt die Aufarbeitung des nationalsozialistischen Terrors und des Völkermords an den Juden, noch immer sind einzelne Kapitel dieser Geschichte nicht hinreichend erforscht. In Gonsenheim, 1938 als bis dahin selbständige Gemeinde nach Mainz eingemeindet, lebten mehrere jüdische Familien. Die individuellen Geschichten ihrer Demütigungen, ihrer Deportation und ihrer Ermordung waren bislang noch nicht Gegenstand einer differenzierten und gründlichen historischen Aufarbeitung. Dank … Gonsenheimer Erinnerungen. Jüdische Nachbarinnen und Nachbarn zwischen Integration und Ausgrenzung weiterlesen →



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Quelle: http://speyermemo.hypotheses.org/2920

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Gonsenheimer Erinnerungen. Jüdische Nachbarinnen und Nachbarn zwischen Integration und Ausgrenzung

Vom 18. August bis  8. September 2017ff. ist die obengenannte Ausstellung zu sehen. 1945 endeten mit dem Zusammenbruch der NS-Herrschaft auch die unmenschlichen Verbrechen an der jüdischen Bevölkerung Europas. Noch immer währt die Aufarbeitung des nationalsozialistischen Terrors und des Völkermords an den Juden, noch immer sind einzelne Kapitel dieser Geschichte nicht hinreichend erforscht. In Gonsenheim, 1938 als bis dahin selbständige Gemeinde nach Mainz eingemeindet, lebten mehrere jüdische Familien. Die individuellen Geschichten ihrer Demütigungen, ihrer Deportation und ihrer Ermordung waren bislang noch nicht Gegenstand einer differenzierten und gründlichen historischen Aufarbeitung. Dank … Gonsenheimer Erinnerungen. Jüdische Nachbarinnen und Nachbarn zwischen Integration und Ausgrenzung weiterlesen →



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Quelle: http://speyermemo.hypotheses.org/2920

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Gott zur Ehr, dem Nächsten zur Wehr – Erfahrungen eines Westafrikaners mit der Freiwilligen Feuerwehr Mistelbach

Dieser Beitrag unterstützt die These, dass zwischenmenschliche Beziehungen auf Reziprozität basieren. Kulturen sind dynamische konstruktive Prozesse, die von unterschiedlichen Menschen betrieben werden. Unser Alltag besteht stets aus permanenten Begegnungen, die uns nicht bedrohen, sondern uns bereichern. Doch diese alltägliche Selbstverständlichkeit erweist sich oft als so trivial, dass sie nicht mehr wahrgenommen wird. Das heißt: „Man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht“. Dieser Beitrag will zeigen, wie sich die Lebenserfahrungen eines werdenden Ethnologen mit der Freiwilligen Feuerwehr Mistelbach als Bereicherung beschreiben lassen. Das Wohnen und die Interaktion mit Mistelbachern hat mir den Horizont erweitert. Auf allen Seiten konnte ich über meinen westafrikanischen Tellerrand hinausschauen. Darin besteht offenbar die Bereicherung und die Reziprozität! Auch die Mistelbacher können über ihren Tellerrand hinausblicken und etwas lernen.

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Quelle: http://openblog.hypotheses.org/184

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