Online-Lernen – Fluch oder Segen

von Lena Günther, entstanden im Rahmen der LV Mediendidaktik und E-Learning, WS 2017/18 Immer mehr Bildungseinrichtungen und Unternehmen verzichten auf die klassischen Formen der Präsenzveranstaltung und Schulung. Stattdessen rückt die Weiterbildung über Online-Formate und…

Quelle: https://medienbildung.hypotheses.org/8759

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Es lebt sich so schön fremdbestimmt

malewitsch-suprematismusEin Beitrag zur Blogparade „Human Resources / Fremd- Selbstbestimmung in unserer Arbeitswelt“ des Lenbachhauses.

Leben Sie selbstbestimmt? Oder würden Sie Ihr Leben und Arbeiten als fremdbestimmt bezeichnen?

Für alle, die Selbstbestimmung für sich in Anspruch nehmen, wage ich zu behaupten, dass ihr Leben und ihre Arbeit zu einem unvermutet großen Teil fremdbestimmt sind. Wie das?

Thomas Sattelberger, Arbeitsexperte, sagt in einem sehr aufschlussreichen und sehr lesenswerten Interview: „Wenn heutzutage über Mitarbeiter in Unternehmen geredet wird, wird immer noch von „Personalkörper“ gesprochen, von „Belegschaften“ oder „Beschäftigten“, allesamt so schreckliche Passivkonstruktionen…“.

Er gibt zu bedenken, dass wir an Formulierungen wie „er wird beschäftigt“ oder „ er nimmt sich Arbeit“ gewöhnt sind. Dabei sollten wir doch einmal darüber nachdenken, dass der Mensch seine Arbeitskraft gibt. Sein Wissen zur Verfügung stellt. Das ist eine weitaus aktivere Sichtweise auf Mitarbeiter.

Hier möchte ich auf die Individualpsychologie nach Alfred Adler hinweisen. Für Adler ist der Menschen ein Individuum und unteilbares Ganzes. Er sieht Denken, Fühlen und Handeln als Einheit (im Gegensatz zu Freud, bei dem sich Teile der Persönlichkeit eines Menschen gegenseitig bekämpfen). Ganz zentral ist bei Adler die Aussage, dass ich als Mensch für mein Handeln eigenverantwortlich bin. Ich kann mein Denken, Fühlen und Handeln ändern. Ich muss mich nicht als Spielball fühlen. Ich muss nicht unter ungünstigen Arbeitsbedingungen leiden. Ich muss nicht meine Kinder schlagen. Ich muss nicht meine Mitarbeiter zusammenbrüllen. Ich muss nicht unter einem neurotischen Chef leiden. Ich muss nicht stehlen….

„Was??“ fragen Sie vielleicht. „Aber die äußeren Umstände! In dieser Situation kann man nicht anders!“

Wirklich nicht?

Es ist doch sehr leicht, Verantwortung auf andere zu schieben: „Sie reizen mich…sie sind dumm … die anderen haben Schuld“. Argumentationen dieser Art sind uns so vertraut, dass wir sie nicht anzweifeln, sondern schon eher den Gedanken ungeheuerlich finden, wonach wir selbst verantwortlich für unser Denken, Fühlen und Handeln sind: für unseren Ärger, Wut, Verzweiflung, Angst, Einsamkeit, Hilflosigkeit usw.

Da kommen ein paar Prinzipien sehr gelegen: „… das ist halt so…das wurde schon immer so gemacht“. Aber wer darin denkt, „wird gedacht“. Da sind wir wieder im Passiv. Aktiv wäre: etwas zu hinterfragen oder in Zweifel zu ziehen. Selbst denken: Da beginnen Selbstverantwortung und Selbstbestimmung. Da beginnt Veränderung. Da beginnt Sinn.

Und wo Sinn ist, haben Chaos und Irritation, Auslöser für psychische Probleme und Burnout, keinen Platz. Unter diesen Auswirkungen leiden die Menschen zunehmend und besonders der Begriff des Burnouts ist in letzter Zeit häufig in den Medien zu finden. Wie bereits erwähnt: dem ist niemand ausgeliefert. Selbst denken und für sich Verantwortung zu übernehmen sind wichtige Schritte für ein selbstbestimmtes Leben und Arbeiten. Die Kernaussage meines Beitrags zu dieser Blogparade möchte ich in dem Satz zusammenfassen:

„Ich bin selbstverantwortlich für ein selbstbestimmtes Leben und Arbeiten.“

 

Bild: “Suprematismus”, von Kasimir Malewitsch, 1915, St. Petersburg / Russisches Museum. Digitale Quelle: www.artigo.org

Quelle: http://games.hypotheses.org/1643

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Denis Diderot, Wettbewerbe und Hirnforschung

Géricault-Pferderennen„Das Genie eines einzelnen bringt die Künste zum Aufblühen; der allgemeine Geschmack vervollkommnet die Künstler. Warum hatten die Alten so große Maler und so große Bildhauer? Weil damals Belohnung und Ehrungen die Talente weckten …Man sollte unter uns die gleichen Wettkämpfe veranstalten, sollte die Hoffnung auf die gleichen Ehrungen und Belohnungen erwecken: dann würden wir bald sehen, wie die schönen Künste schnell auf ihre Vollendung zustreben“, Denis Diderot, franz. Schriftsteller und Kunstkritiker, 1763 [1].

1748 wurde die Ecole royale des élèves protégés gegründet, auf der ausschließlich durch Wettbewerbe zugelassene Maler und Bildhauer ihre Ausbildung perfektionieren konnten. Die Académie de France in Rom (gegründet 1664) war ebenfalls ein Ort, an den nur Gewinner eines Wettbewerbs gelangen konnten. Je zwei Maler, Bildhauer und Architekten durften drei, später vier Jahre während eines Stipendiums in Rom verbringen. Was als Kunst gelten durfte war im Klassizismus festgelegt und folgte Regeln. Diese Regeln zu erlernen war das Ziel des künstlerischen Ausbildungsprogramms, das an Zeichenschulen und Akademien stattfand und zu dessen Teil auch Wettbewerbe gehörten.

Was ist dran, an der Forderung Diderots nach mehr Wettbewerben, um die Künste zu vervollkommnen? Fortschritt durch Wettbewerb. Ist das so? Wir glauben zumindest, dass es so ist. Glauben, dass der technologische Fortschritt nur möglich ist, indem wir Konkurrenzdruck erzeugen. Auf diese Weise wird ja bereits Darwin interpretiert. Die Sieger gewinnen und die Verlierer verlieren. Wir schaffen damit eine Zweiklassengesellschaft. Wer verliert, ist selbst schuld. Er hätte ja mehr lernen und sich mehr ins Zeug legen können.

Schauen wir mal in den Sport. Ein Marathonläufer wird eher keinen 100-Meter-Lauf gewinnen und umgekehrt. Ein Eisschnellläufer ist nur auf dem Eis richtig gut, aber nicht auf einem anderen Untergrund. Man kann feststellen, dass Wettbewerbe Spezialistentum fördern. „Wettbewerb erzeugt stromlinienförmige Angepasstheit, nicht aber Komplexität und Beziehungsfähigkeit. Auch nicht im Gehirn“, so Gerald Hüther [2]. Das, was es bereits gibt, erfährt durch Wettbewerb eine weitere Spezialisierung. Aber wodurch ist die eigentliche Anlage, die erst später spezialisiert wird, entstanden? Das ist doch eine Frage, die wichtig zu beantworten wäre, wie Hüther feststellt.

Wieviel Ressourcen und Potential verschleudern wir, indem wir Menschen zu Verlierern machen? Wir machen Sie dazu. Aber sind sie es wirklich? Was passiert mit dem nicht ausgeschöpften Potential? Der Energie und den Ideen eines zum Verlierer gestempelten? Und schließlich dem Potential, das jenseits einer Spezialisierung und der Befolgung von Regeln vorhanden gewesen wäre?

Auch Diderot muss das bemerkt haben. Im Jahr 1776 schreibt er: „Die Regeln haben aus der Kunst eine Routine gemacht, und ich weiß nicht, ob sie nicht eher schädlich als nützlich gewesen sind. Verstehen wir uns richtig: sie haben dem gewöhnlichen Menschen genützt, aber dem Mann von Genie geschadet.“ [3]

Diese Aussage zeigt, dass Diderot das Potential wohl erahnt hat, dass in den Genies steckte, das aber durch die zu seiner Zeit herrschende Kunstauffassung gedeckelt wurde und nur im Rahmen dieser zur Geltung kommen durfte.

 

Literatur:

[1] Denis Diderot: Aus dem Salon von 1763, in: Schriften zur Kunst. Ausgewählt und mit einem Nachwort von Peter Bexte, Berlin 2005, S. 41

[2] Gerald Hüther: Was wir sind und was wir sein könnten. Ein  neurobiologischer Mutmacher, Frankfurt 2011, S. 81

[3] Denis Diderot: Verstreute Gedanken über Malerei, Skulptur, Architektur und Poesie als eine Art Fortsetzung der „Salons“, 1776, in: Schriften zur Kunst. Ausgewählt und mit einem Nachwort von Peter Bexte, Berlin 2005, S. 245

Marianne Roland Michel: Die französische Zeichnung im 18. Jahrhundert, München 1987

Quelle: http://games.hypotheses.org/1122

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Eine Brandrede zum Thema Gamification

Ich wurde aufmerksam gemacht auf den Artikel „Die sollen ruhig spielen“ in der Wirtschaftwoche vom 8.10.2012. In diesem geht es u.a. um Mitarbeitermotivation, die man durch Spiele zu erreichen versucht. Als Beispiel wurde die Mitarbeiterin Jennifer, die in einem Callcenter arbeitet, genannt. Sie habe sich nach der gamifizierenden Umgestaltung ihres Arbeitsplatzes frisch motiviert gefühlt. Zitat: “Ihre Motivation wächst spürbar, als sie von zu Hause arbeitet und sich von dort ihrem 20-köpfigen Team anschließen kann“. Von zu Hause aus arbeiten spart dem Arbeitgeber schon mal eine Menge Geld. Toll, wenn der Arbeitnehmer selbst für seinen Arbeitsplatz sorgt. Weiter heißt es: „Gemeinsam mit ihren Kollegen begibt sie sich nun auf Schatzsuche mit einem virtuellen Piratenschiff – und in den Wettbewerb mit anderen Teams. Gehen Anrufe ein, bekommt Jennifer nun Punkte gutgeschrieben, wenn sie Daten akkurat eingibt. Eine Software analysiert außerdem Stimme und Stresspegel – tritt Jennifer souverän auf, gibt es extra Punkte…“. Überwachung total also. In einem Job, in dem das Geld bestimmt nicht vom Himmel regnet. Wenn Arbeitgeber meinen, damit Mitarbeiter motivieren zu können, sind sie falsch gewickelt. Das ist Sklaventreiberei. Nichts anderes!

Hier eine Ansage an alle Arbeitgeber und Firmenchefs, die diese Art der gamifizierenden Anwendungen einsetzen oder planen einzusetzen: Wacht endlich auf! Schult eure Führungskräfte und euch selbst gleich mit. Schmeißt die psychisch Gestörten in euren Betrieben, wie die Narzissten, raus. Bezahlt eure Arbeitnehmer leistungsgerecht. Sorgt dafür, dass die Kommunikation im Unternehmen fließt und dass eure Mitarbeiter sich ernst genommen fühlen. Dann braucht ihr keine Spiele, dann läuft der Laden. Ihr habt soziale Verantwortung für eure Mitarbeiter. Nehmt sie wahr und versteckt euer Unvermögen nicht hinter teuren Investitionen, die ihr mal eben einkauft und installiert. Für euch mag das für eine Weile funktionieren, denn für den Burnout eurer Mitarbeiter zahlt ihr ja nicht. Ihr schmeißt sie weg und saugt einfach den nächsten aus. Wir, der Rest der Gesellschaft, wir zahlen das. Und natürlich die, die es erwischt. Die, die keine andere Wahl haben. Die solche Jobs annehmen müssen. Die Punkte sammeln müssen, um ihr Gehalt sauer zu verdienen. Habt ihr schon mal das Wort „Ethik“ gehört?

Ich kann mich auch den folgenden Aussagen von Nora Stampfl [1] nicht anschließen. Zitat:“ Es wächst eine Generation heran, die mit Computerspielen groß geworden ist. Für diese Menschen ist es selbstverständlich, Aufgaben spielerisch zu lösen, Spiele sind für sie eine zweite Muttersprache. Um als Arbeitgeber attraktiv zu sein, müssen sich Unternehmen in diese Art des Denkens hineinversetzen können.“ Diese Meinung ist Wasser auf die Mühlen der Unternehmer, die meinen, mit Gamification eine höhere Ausbeute ihrer Mitarbeiter zu erreichen. Hier fehlt ein deutlicher Appell hinsichtlich eines ethischen Einsatzes dieser Anwendungen, den es ja durchaus gibt und für die der Artikel der Wirtschaftswoche Beispiele bringt.

Wer meint, Gamification sei Ersatz für den wertschätzenden Umgang mit Mitarbeitern, muss aufpassen, dass sein Piratenschiff nicht eines Tages absäuft.

!!!

Weitere Artikel:

Manfred Engeser: Die sollen ruhig spielen, Wirtschaftswoche Nr. 41 vom 8.10.2012
[1] Nora Stampfl: Die verspielte Gesellschaft: Gamification oder Leben im Zeitalter des Computerspiels, Hannover 2012

Quelle: http://games.hypotheses.org/699

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Motivation durch Belohnung?

Unser Gehirn reagiert auf Belohnungen. Allerdings anders, als wir uns das gemeinhin vorstellen. Ein Satz wie: „Wenn du das und das tust, bekommst du 5 Euro“ bewirkt in der Regel eher das Gegenteil von dem, was man erreichen möchte. Und da sind wir schon beim Punkt. Eine Belohnung dafür auszusetzen, damit jemand etwas tut, was man gerne von ihm möchte, funktioniert nicht wirklich.

Hierzu gibt es viele und große Studien. Beispielhaft möchte ich zunächst folgende Studie von Lepper, Greene und Nisbett (1973) aufführen: Vorschulkinder, die gerne malten und zeichneten, wurden in drei Gruppen eingeteilt. Der ersten Gruppe wurde eine Belohnung fürs Malen und Zeichnen versprochen. Der zweiten Gruppe wurde nichts versprochen, sie erhielt nach dem Malen eine unerwartete Belohnung. Der dritten Gruppe wurde nichts versprochen und erhielten auch nichts. Zwei Wochen später sollten die Kinder erneut malen und zeichnen. Dabei stellte man fest, dass die Kinder der ersten Gruppe weniger Zeit dafür aufwendeten als die Kinder der zweiten und dritten Gruppe, die sich nur wenig unterschieden. Außerdem wurden die Bilder nach vorher festgelegten Kriterien beurteilt. Die Bewertung ergab, dass das qualitative Ergebnis der Kinder der ersten Gruppe unter dem der anderen beiden Gruppen lag.

Aus Studien wie dieser kann man schließen, dass erwünschtes Verhalten aufgrund von extrinsischer Belohnung abnehmen kann. Ja, eine Tätigkeit, die vorher Spaß machte, wird dadurch verdorben. Warum ist das so? Wir Menschen sind grundsätzlich motiviert. Wären wir das nicht, würde es uns nicht geben. Eine Tätigkeit, die wir gerne machen, und für die wir plötzlich eine materielle Verstärkung erhalten, muss wohl ziemlich blöd sein, wenn es dafür schon Geld gibt. Also machen wir das fortan nicht mehr (oder weniger).

Durch weitere Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass die Art der Belohnung von Bedeutung ist. Materielle Belohnungen wie Geld korrumpieren und wirken sich auf intrinsische Motivation negativ aus. Dagegen wirkt sich Lob verstärkend aus. Demnach ist verbale extrinsische Verstärkung geeignet, ein bestimmtes Verhalten zu fördern.

Genauso haben Boni eher eine negative als positive Wirkung. Die Leistung ist bei einem hohen Bonus im Vergleich zu mittleren und eher niedrigeren Boni am schlechtesten, weil ein hoher Bonus den Druck erhöht. Dadurch nimmt die Risikobereitschaft zu und die Leistung ab.

Außerdem wurde gezeigt, dass ein hoher Bonus nur bei einfachen mechanischer Tätigkeit einen positiven Effekt hat, während sich bei geistigen Tätigkeiten ein geringerer Bonus positiv auswirkt.

Richtig zu motivieren ist gar nicht so leicht, wie man sehen kann. Tom Sawyer brachte seine Freunde dazu, für ihn den Zaun zu streichen, indem er herausstellte, wie viel Spaß es mache und welche Ehre es sei. Spaß und Ehre, wer will das nicht? Für den 30 Meter langen Zaun seiner Tante Polly hat es gereicht. Ob solch eine Methode allerdings dauerhaft funktionieren würde, ist fraglich.

Siehe auch Manfred Spitzer bei BR-alpha: http://www.br.de/fernsehen/br-alpha/sendungen/geist-und-gehirn/geist-gehirn-belohnung100.html

Quelle: http://games.hypotheses.org/318

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