Das Experiment des Orphée

Wer hätte das erwartet? Ein Komponist verteidigt sich und sein bei der Presse durchgefallenes Werk in einem offenen Brief an die Hessischen Nachrichten, indem er betont, dass sein Mitarbeiter und er sich »seit sechs Jahren jede ästhetische Ambition versagen.«1 Ein Kunstwerk ohne Kunstanspruch – wie hat man sich das vorzustellen?

Wer sich hier öffentlich von künstlerischen Ambitionen freispricht, ist Pierre Schaeffer (1910–1995), französischer Ingenieur, Komponist und Erfinder der sogenannten »Musique concrète« (kurze Beschreibung folgt weiter unten). Zur Vorgeschichte: Bei den Donaueschinger Musiktagen wurde am Samstag, den 10. Oktober 1953, Orphée 53 – ein Gemeinschaftswerk von Pierre Schaeffer und Pierre Henry – uraufgeführt. Es handelt sich dabei um eine moderne Form der Oper, oder wie es im Untertitel heißt: um ein Spectacle lyrique, für Magnetband, Gesang und Cembalo. Die überwiegend negativen Stimmen aus Publikum und Presse werfen den Urhebern Dilettantismus vor, die Klänge des Werks seien unmenschlich und könnten nicht mehr als Musik bezeichnet werden.

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Quelle: https://avantmusic.hypotheses.org/281

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