Luthermobil

Zu den Menschen

Man kennt es möglicherweise noch, das Guidomobil, jenes unsägliche Symbol siegestrunkener FDP-Überheblichkeit, mit dem der Parteivorsitzende Westerwelle 2002 Wahlkampf machte; oder den Brexit-„Vote Leave“-Bus, mit dem die Befürworter des britischen EU-Austritts 2016 landauf, landab behaupteten, 350 Millionen Pfund pro Woche an den nationalen Gesundheitsdienst anstatt nach Brüssel überweisen zu wollen (eine Aussage, von der Nigel Farage schon einen Tag nach der Brexit-Abstimmung nicht mehr wissen wollte – noch so ein Siegestrunkener, der langsam wieder nüchtern werden musste).

Nur zwei Beispiele aus einer schier endlosen Reihe von Gefährten – Züge, Wohnmobile, Sattelschlepper –, die regelmäßig bei politischen Kampagnen eingesetzt werden. Busse und ähnlich geartete Fahrzeuge sind eine gern gewählte Möglichkeit, um den direkten Kontakt mit ‚den Menschen‘ zu suchen. (Auch wenn ich bis zum heutigen Tag noch nicht so recht verstanden habe, um was für eine Kollektiveinheit es sich bei den in politischen Äußerungen ständig angerufenen ‚Menschen‘ handeln soll. Wohl ein freundlich klingender Ersatz für die kontaminierten beziehungsweise inhaltlich entleerten Begriffe ‚Nation‘ und ‚Volk‘. ‚Menschen‘ tönt irgendwie sympathischer, vor allem persönlicher, ruft aber selbstredend ebenso eine Chimäre an wie die ehemals verwendeten Alternativen.)

Da es allen, die in diesem Gemeinwesen Verantwortung tragen, laut herrschendem politischen Diskurs um ‚die Menschen‘ gehen muss, gilt es diese amorphe Masse möglichst effektiv zu erreichen. Eine solche Menschenerreichung kann mittels Medien nur vermittelt gelingen – wie der Begriff ‚Medium‘ schon hinreichend deutlich macht –, weshalb auch immer wieder andere Wege gesucht werden, um mit ‚den Menschen‘ in direkten Kontakt zu treten.

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Quelle: https://meinjahrmitluther.wordpress.com/2017/03/31/luthermobil/

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