62 Schwarz-Weiß-Porträts von Menschen unterschiedlicher Milieus und Berufsstände von Stefan Moses stellt das Haus der Geschichte in Bonn derzeit in seiner U-Bahn-Galerie aus. Ob Maler, Köche, Kaminkehrer oder Bergarbeiter, Polizisten oder Tänzer – Moses stellte sie alle vor ein graues Tuch und lichtete sie ab. Anfang der 1960er-Jahre begann er damit in der Bundesrepublik, nach dem Fall der Mauer führte er seine „Deutschenporträts“ auch im Osten des Landes fort. Im Haus der Geschichte stehen die Bilder nun zum direkten Vergleich nebeneinander. „Trotz der zeitlichen und räumlichen Trennung stehen die Gemeinsamkeiten im Vordergrund“, so die Kuratorin der Ausstellung Judith Koppetsch im Pressetext zur Ausstellung.
Und tatsächlich: Stellt sich der/die Betrachter/in vor ein beliebiges Bilderpaar, vermag eine geografische oder zeitliche Einordnung ohne einen Blick auf den Objekttext kaum möglich. In den Bildern von Stefan Moses verschwinden die während des Kalten Kriegs propagierten Abgrenzungen zwischen Ost und West auf verblüffende Weise. Moses bringt die Abgelichteten durch den stets gleichen Hintergrund auf eine Art Bühne und richtet die Aufmerksamkeit gänzlich auf die fotografierten Menschen, deren berufsspezifische Merkmale und deren sichtliche Freude vor der Kamera.
Bereits in den vergangenen Ausstellungen „drüben. Deutsche Blickwechsel“ (2006) und in der Schau „Frauenobjektiv. Fotografinnen 1940 bis 1950“ (2001) standen im Haus der Geschichte (bildliche) Ost-West-Unterschiede und Gemeinsamkeiten zur Diskussion. Nunmehr fast 25 Jahre nach der deutsch-deutschen Wiedervereinigung fragt die Ausstellung der Moses-Bilder nach deutsch-deutscher Identität und rüttelt an Mustern in den Köpfen ihrer Betrachter. Gleichzeitig dokumentieren die Bilder auf einzigartige Weise Berufs- und Lebensrealitäten von 1963 bis 1990.
Stefan Moses wurde 1928 in Liegnitz (Schlesien) geboren. Von 1947 bis 1950 arbeitete er als Theaterfotograf in Weimar. Durch seine Arbeit als Bildberichterstatter für den „Stern“, „Magnum“ und „twen“ wurde er bekannt. Ein großes Lebensthema des Fotografen waren „Deutschland und die Deutschen“. Ob Intellektuelle oder Otto Normalbürger – in seinen umfangreichen Porträtserien ließ Moses über Jahrzehnte hinweg ein nahezu psychologisches Abbild der deutschen Gesellschaft entstehen. Seine Vorgehensweise erinnert dabei an August Sander (1876 bis 1964), den Altmeister dokumentarischer und sachlich-konzeptueller Fotografie. Dieser hatte in seinem Werk „Menschen des 20. Jahrhundert“ zahlreiche Personen porträtiert und diese „eingeteilt in 7 Gruppen, nach Ständen geordnet“. Moses selbst hat diese Traditionslinie im Übrigen verneint.
Die Bilder von Stefan Moses sind noch bis Juni 2014 zu sehen: U-Bahn-Galerie, Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn.
„wir sind wir – Deutsche in Ost und West. Fotografien von Stefan Moses“
Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, U-Bahn-Galerie
Willy-Brandt-Allee 14, 53113, Bonn
25. Juni 2013 – Juni 2014
Jederzeit frei zugänglich
Quelle: http://www.visual-history.de/2014/03/24/ost-und-west-im-bildvergleich/