Als Historiker/in im Verlag – Eindrücke vom Historikertag 2014

Banner Historikertag 2014Die Verwobenheit von Geschichtswissenschaft und Verlagsbranche tritt vielleicht nirgendwo so augenfällig zutage wie auf dem Historikertag. Auf der Fach- und Verlagsausstellung präsentierten in Göttingen laut Programmheft über 120 Aussteller ihre Arbeit, darunter schwerpunktmäßig deutsche Fachverlage zur Geschichtswissenschaft. Die Stände gaben Aufschluss über Trends und Neuerscheinungen der Geschichtswissenschaft, während Lektoren und Historiker – vielleicht der wichtigere Aspekt – Kontakte knüpften und pflegten oder neue Projekte besprachen. Das gedruckte Buch als Produkt ist dabei trotz aller Diskussionen um digitales Publizieren und Open Access noch längst nicht am Ende.1

Eigentlich eine gute Gelegenheit, um nachzufragen, wie die Arbeit einer Lektorin oder eines Lektors heute aussieht und welche Möglichkeiten es für den Berufseinstieg für Absolventinnen und Absolventen der Geschichtswissenschaft gibt. Michael Volkmer, Lektor und stellvertretender Programmleiter beim Bielefelder transcript Verlag, ist zwar kein Historiker sondern Soziologe und Philosoph, findet aber: „Historiker sind für Verlagsberufe grundsätzlich gut geeignet“, denn mit ihrem Studium gehe oft eine Affinität zum geschriebenen Wort einher. Da er die Herausforderungen für das Verlagswesen der Zukunft im Bereich der Digitalisierung sieht, sei es für am Verlagswesen interessierte Historikerinnen und Historiker vorteilhaft, über Informatikkenntnisse und eine gewisse Medienkompetenz zu verfügen. Insgesamt sei ein konstruktiver Umgang mit der Digitalisierung gefragt – der natürlich je nach Verlag unterschiedlich ausfallen könne.

Und wie kommt man an einen Job im Verlag? Darauf fällt die Antwort recht eindeutig aus: zunächst empfehlen sich studienbegleitende Praktika, nach dem Studienabschluss (meistens auf Masterniveau) folgt dann ein Verlagsvolontariat. Ein solches absolviert der promovierte Wirtschaftshistoriker Albrecht Franz gerade beim Franz Steiner Verlag in Stuttgart. „Bunt gemischt“ seien die Aufgaben während des zweijährigen Volontariats; Ziel sei es, alle Bereiche des Verlags – Programmplanung, Marketing, Vertrieb – kennenzulernen. Das Highlight kann dabei ein erstes eigenes Buchprojekt sein, welches von den ersten Gesprächen über das Manuskript bis zum Vertrieb umgesetzt werden muss. Allgemein gibt es für Volontariate im Verlagswesen keine Standards zu Ausbildungsinhalten und Gehalt, und auch die Dauer kann von sechs Monaten bis zu zwei Jahren betragen. Interessierte sollten ein Angebot also genau abwägen und vergleichen.2

Seine persönliche Motivation sieht Albrecht Franz in „der persönlichen Neigung zum Buch, zur Sprache, zum Text“. Besonders das Erlebnis des gedruckten Buches sei faszinierend und mache die Arbeit im Verlag durchaus zu einem Traumjob. Ähnlich sieht es auch Rabea Rittgerodt, Project Editor History bei De Gruyter Oldenbourg: „Thematisch kommt man nicht näher an das heran, was man studiert hat.“ Insofern sei die Tätigkeit für sie ein wirklicher „Glücksfall“. Rabea Rittgerodt betreut den Bereich Internationale Geschichte. Als wichtigste Fähigkeiten für angehende Lektorinnen und Lektoren sieht sie Sprachkompetenzen an; zunächst in der deutschen Sprache (inklusive Rechtschreibung und Grammatik), aber auch Fremdsprachenkenntnisse. Wichtig sei aber auch, sich im eigenen Fach gut auskennen, um auf Augenhöhe mit den Autoren kommunizieren zu können. Eine gute Arbeitsorganisation sei ebenfalls zentral, weil man durchaus 20 bis 30 Projekte gleichzeitig koordinieren müsse. Und die Berufschancen? Albrecht Franz sieht es so: „Ein Praktikum zu bekommen ist kein Problem, beim Volontariat geht es auch noch, aber dann wird die Luft dünner.“

Weitere Hinweise:

  • Ich mach was mit Büchern (Initiative für eine stärkere Vernetzung der Buchbranche, u.a. Jobinterviews und Stellenangebote)
  • Mareike Menne, Berufe für Historiker, Stuttgart 2010, S. 70-78 sowie Link- und Literaturhinweise im Begleit-PDF (Stand: Februar 2014)

 

  1. Interessant in diesem Zusammenhang war die Sektion „Digitalisierung der Geschichtswissenschaften: Gewinner und Verlierer?“, die als Livestream abrufbar ist.
  2. Negativbeispiel aus dem Literaturbereich: sechs Monate Volontariat bei 500 Euro Bruttolohn.

Quelle: http://beruf.hypotheses.org/37

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Die Ampel zeigt rot – oder?

An der Pinnwand in meinem Büro hängt seit einiger Zeit die Grafik „Stern-Jobampel 2013“, welche verspricht, die „Berufsaussichten der beliebtesten Studiengänge“ zusammenzufassen. Insgesamt 25 Studienfächer sind dort kategorisiert. Von Medizin über Rechtswissenschaft sind die Berufschancen durch einen farbigen Balken deutlich markiert. Ganz unten steht – als das Fach mit den schlechtesten Berufsaussichten – Geschichte. Nach der Logik der Jobampel ist es also nicht empfehlenswert, Geschichte zu studieren, wenn man später auch einen Job finden möchte.

Zugegeben, mein erster Impuls war, diese doch recht pauschale Darstellung als ein Resultat eines überspitzenden Journalismus abzutun und nicht weiter ernst zu nehmen. Und die doch recht verkürzte Beschreibung des Fachs in der Jobampel für 2014 trug nicht dazu bei, diese Meinung zu ändern (obwohl die Ampel hier auf gelb-rot statt nur auf rot steht). Allerdings: die Ergebnisse beruhen immerhin auf dem Angebot des Informationssystems Studienwahl & Arbeitsmarkt der Universität Duisburg-Essen, welches verschiedene Datenquellen auswertet, um besonders Studieninteressierten eine Orientierung im Studienfachdschungel zu bieten.

Schaut man sich die hier angebotenen Daten für Geschichte einmal an, stellt man rasch fest, dass Geschichte trotz dieser schlechten Prognose als Studienfach keineswegs an Attraktivität verloren hat (über 7.000 Einschreibungen bzw. über 25.000 Studierende im Jahr 2012). Folgt man den ISA-Daten, so hat sich die Zahl der berufstätigen Historikerinnen und Historiker zwischen 1985 und 2012 mehr als verdreifacht – ein doch sehr ermutigendes Ergebnis. Ernüchternd ist hingegen der Blick auf eine durchschnittliche Erwerbslosenquote bei Historikern von mehr als 10 Prozent in den letzten Jahren (ca. dreimal soviel wie bei Akademikern allgemein). So ganz falsch liegt die Jobampel also nicht, wenn sie für Geschichte gelb-rot anzeigt.

Besonders schwierig erweist sich der Übergang vom Studium in den Beruf, der bei vielen Absolventinnen und Absolventen von unsicheren Beschäftigungsverhältnissen, Zeitverträgen und Honorartätigkeiten geprägt ist. Entsprechend, so ISA, sei es erforderlich, bereits neben dem Studium Praxiserfahrungen zu sammeln, um hinterher einen reibungslosen Einstieg in den Job zu schaffen.

Was hier nach neuem Druck auf die heutige Studierendengeneration klingt, lässt sich aber auch anders formulieren: Geschichte ist ein Studiengang, in dem im Idealfall breite geisteswissenschaftliche Kompetenzen ebenso erworben werden können wie ein spezialisiertes Fachwissen. Gleichzeitig bedeutet ein Studium der Geschichte keine Festlegung auf ein klares Berufsbild, sondern bietet die Chance, ein solches individuell zu finden oder zu entwickeln. Dass diese Freiheit eine Herausforderung darstellt, versteht sich dabei von selbst.

Und damit, liebe Leserinnen und Leser, bin ich bereits bei einem zentralen Anliegen meines im Entstehen befindlichen Blogs: Zum Thema der beruflichen Orientierung für Historikerinnen und Historiker Überlegungen und Informationen zusammenzustellen, Denkanstöße zu geben und Diskussionen anzuregen. Denn das Wissen um eine vermeintlich rote Jobampel hält Studierende (glücklicherweise) ganz offensichtlich nicht von einem Geschichtsstudium ab.

Wer sich an anderer Stelle über das Studium der Geschichte (und die damit verbundenen Berufsaussichten) informieren möchte, dem seien in subjektiver Auswahl folgende Angebote als Einstieg empfohlen:

Quelle: http://beruf.hypotheses.org/18

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(1) Und was machst du so? Interviews mit Absolvent_innen der Sozialwissenschaften

Das Klischee von taxifahrenden Soziologieabsolvent_innen ist fest verankert in der Reihe der Vorurteile über die Zukunftsaussichten der Sozialwissenschaftler_innen. Diese eingefahrene Vorstellung einer angeblich brotlosen Kunst hat jedoch wenig mit der Realität zu tun – durchschnittlich haben Sozialwissenschaftler_innen ähnlich erfolgreiche Aussichten auf Erwerbstätigkeit … Weiterlesen

Quelle: http://soziologieblog.hypotheses.org/5567

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