Witness Auschwitz? How VR is changing Testimony

A change in the culture of remembrance towards a digital-somatic phase is to be expected through immersive media such as "Witness Auschwitz"

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Competition: The Power of Contemporary Witnesses

In public debates the input of historians seems to play a subordinate role. Instead, the contemporary witnesses are more important, because they are those who can talk about "what it was really like".

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Musealisierte Zeitzeugen. Ein Dilemma

 

Einst lockte die Aura dreidimensionaler Objekte Flaneure in Museen und Ausstellungen. Doch gerade im Feld der Zeitgeschichte wandeln sich die Musentempel von Orten der ästhetischen Erfahrung zu mediatisierten Erzählräumen, in denen sich der Museumstourist durch den Dschungel aus Hörstationen und Videoprojektionen schlägt. Zeitzeugenschnipsel wecken die Illusion vielstimmiger Erinnerung(en). Nicht selten erschweren sie jedoch kritische Distanzierung und reinszenieren die “Grenzen des Sagbaren”.

 

Talking Heads – eine (un)heimliche Konjunktur

Das Bonmot vom Zeitzeugen als Feind des Historikers ist bekannt. Seine beständige Wiederholung kann man als Ritual der Abgrenzung begreifen, als wechselseitigen Ritterschlag interpretieren oder als Hiatus zwischen Erfahrungs- und Strukturgeschichte diskutieren. Zu den neueren geschichtskulturellen Praktiken gehört es jedoch, den Zeitzeugen als Leitfigur öffentlicher Erinnerung zu adeln – mit Zeitzeugenfernsehen, mit Zeitzeugenbörsen, mit Internetportalen wie dem der ZDF-Zeitgeschichtsredaktion entwachsenen “Gedächtnis der Nation” und zunehmend als talking head, der auf Monitoren in zeithistorischen Ausstellungen und Gedenkstätten per Knopfdruck Zeugnis ablegt. Die Sammlungsleiterin und Ausstellungskuratorin des Deutschen Historischen Museums, Rosmarie Beier-de Haan, spricht angesichts dieser Entwicklungen gar von einer “erdrutschartigen Verschiebung” des “Verhältnisses von Geschichtswissenschaft und Geschichtsdarstellung zum Einzelnen”, von einer “neue(n) Geschichtskultur”.1

Von individueller Erinnerung zu standardisierter Inszenierung

Fragen der Sammlung, Bewahrung und Vermittlung von Zeitzeugenerinnerungen im Spannungsfeld von individueller Erinnerung, geschichtskultureller Tradierung und geschichtswissenschaftlicher Analyse wurden bereits vielfach im Kontext der Erinnerung an den Holocaust diskutiert. Doch auch in jüngeren Feldern der Zeitgeschichte hat die museale Inszenierung von talking heads Konjunktur. Ein Blick in die Berliner Ausstellungs- und Gedenkstättenlandschaft zur DDR-Geschichte und deutschen Teilung lässt dies bereits erahnen. Die “Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde” nahm hier eine Vorreiterrolle ein, indem sie Audio- und Videomaterial biografischer Interviews frühzeitig in die ständige Ausstellung integrierte. Jüngere Ausstellungen folgen diesem Trend: 2011 die im “Tränenpalast” eröffnete Ausstellung “GrenzErfahrungen. Alltag der deutschen Teilung” und im Oktober 2013 die multimediale Dauerausstellung “Gefangen in Hohenschönhausen. Zeugnisse politischer Verfolgung 1945-1989″. In Hohenschönhausen erinnern Ein- und Ausgangsszenario der Ausstellung an das Washingtoner Holocaust-Museum und seinen “Tower of faces”. Auf dieses bereits kulturübergreifend vertraute ästhetisch-inszenatorische Muster der Opfererinnerung stößt man auch andernorts – in der Gedenkstätte Berliner Mauer oder im “Ort der Informationen” am Holocaust-Denkmal.

Vielstimmiges Gedächtnis – eine museale Chimäre

Die Musealisierung von Zeitzeugenerinnerungen kann ganz postmodern als Abschied von der Meistererzählung gefeiert werden. Talking heads repräsentieren die Subjektivität historischer Erfahrungen und die Pluralität der Erinnerungen. Erinnerungsschnipsel versprechen Multiperspektivität und öffnen Raum für kontroverse Deutungen und Orientierungen.2 Unübersehbar sind jedoch Dilemmata dieses Musealisierungsprozesses.
Erstens scheinen vermeintlich authentische und erfahrungsgesättigte Erinnerungen in der Geschichtskultur der Gegenwart mehr Anerkennung zu erfahren als historisierende oder abstrakte strukturgeschichtliche Zugriffe. Letztlich braucht es aber diese zwei Seiten der Medaille, um biografische Erzählungen historisch zu rekontextualisieren und Handlungsspielräume zu diskutieren, und damit die Ebene emotionaler Betroffenheit zu verlassen und kritische Identitätsreflexion zu ermöglichen.
Zweitens profilierten sich Zeitzeugenerinnerungen zunächst als Gegenerzählungen gegen kollektives Verdrängen und Vergessen. In unserer opferzentrierten Erinnerungskultur erleben wir jedoch gegenwärtig die Transformation vielschichtiger Gegenerzählungen zu einer Meistererzählung, die im musealen Kontext vom Schweigen der Täter, Zuschauer oder der “Anderen” profitiert. Was bleibt sind kritische Distanz zur Vergangenheit und moralische Selbstvergewisserung, weniger historisches Verstehen und die Auseinandersetzung mit widersprüchlichen Biographien und ihren Brüchen.
Drittens sind Medialisierung und Musealisierung als aufeinander bezogene Prozesse der kulturellen Kodierung und Sinnstiftung zu begreifen – von der Auswahl der Zeitzeugen, über den auf typologisierende Zugriffe und exemplarische Einsichten zielenden Schnitt der Interviews bis hin zur musealen Präsentation. Musealisierte Zeitzeugenerzählungen entkontextualisieren so biografische Erinnerungen, werten Erinnerungsschnipsel symbolisch auf, bewerben sie als authentische Geschicht(en) und inszenieren talking heads als zeitlose moralische Instanzen – nicht immer, aber immer öfter.

Selbstvergewisserung  oder destruktive Erinnerungen

Nichts Neues?! Mit den skizzierten Dilemmata der Musealisierung von Zeitzeugenerinnerungen kehrt ein vielfach diskutiertes Problem historischer Orientierung wieder, das nicht nur Volkhard Knigge3 oder Harald Welzer4 für den Bereich der Gedenkstätten als Diskrepanz zwischen historischem Lernen und ritualisiertem Gedenken kritisieren. Somit bleibt die Sammlung, Archivierung und Repräsentation von widersprüchlichen und destruktiven Erinnerungen eine museale und auch museums- und gedenkstättenpädagogische Herausforderung – gerade wenn man zeithistorische Ausstellungen und Museen als diskursive Orte, als Orte der Verunsicherung begreift und nicht als Tempel der Selbstvergewisserung nutzt, in denen talking heads unsere Wahrnehmungen und Deutungen musealer Objekte lenken und durch ihre “Ordnung der Dinge” die “Grenzen des Sagbaren” präformieren.

 

 

Literatur

  • Sabrow, Martin / Frei, Norbert (Hrsg.): Die Geburt des Zeitzeugen nach 1945, Göttingen 2012.
  • Fritz-Bauer-Institut u.a. (Hrsg.): Zeugenschaft des Holocaust. Zwischen Trauma, Tradierung und Ermittlung, Frankfurt/M. / New York 2007.
  • Beier-de Haan, Rosmarie: Erinnerte Geschichte – Inszenierte Geschichte. Ausstellungen und Museen in der Zweiten Moderne, Frankfurt/M. 2005.
Externe Links

 


Abbildungsnachweis
Objektensemble der Ausstellung “GrenzErfahrungen. Alltag der deutschen Teilung” im Tränenpalast Berlin-Friedrichstraße. © Saskia Handro 2014.

Empfohlene Zitierweise
Handro, Saskia: Musealisierte Zeitzeugen. Ein Dilemma. In: Public History Weekly 2 (2014) 14, DOI: dx.doi.org/10.1515/phw-2014-1817.

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