Siegelbefestigung: Vom Verschlussmittel zur angehängten Präsentation

Siegel dienten in Ihrem Ursprung dem Verschluss von Briefen, Fässern, Truhen und sollten deren Unversehrtheit bekräftigen. 1

Bereits hier war der Aspekt der Rechtsverbindlichkeit wichtig. Das mit dem Siegel verschlossende Material wurde auf diese Weise als authentisch und inhaltlich unversehrt gekennzeichnet.

Wie so ein Verschluss ausgesehen hat, bzw. ausgesehen haben könnte, zeigt ein sogenanntes Briefsigné aus dem frühen 19. Jahrhundert, was auch dazu diente, den im gefalteten Umschlag befindlichen Brief unter Verschluss zu halten:

LWL-Archivamt

Abb. 1: Siegel als Verschlussmittel (Nordkirchen, NME, Nr. 61)

Abb. 2, Foto: A. Diener

Abb. 2

Ansonsten werden Wachssiegel seit der Karolingerzeit unter die geschriebne Urkunde gesetzt und das ist meist wörtlich zu nehmen: Im Text als Beglaubigungsmittel angekündigt, werden sie in einer Vertiefung im Papier mit einer Verstärkung angebracht. Es wurde ein kreuzförmiger Schnitt im Beschreibstoff angebracht, die Schnittstellen wurden umgebogen und durch das so entstehende Loch die Siegelmasse ( meist Wachs)  von beiden Seiten der Urkunde durchgedrückt. Der Stempel oder Petschaft wurde mit dem Siegelbild dann auf die Vorderseite gedrückt. Deswegen spricht man auch von einem aufgedrückten oder durchgedrückten Siegel. (Vgl. Abb. 3). Der Platz ( meist unten rechts) auf dem ein Siegel angebracht wurde, wird locus sigili oder Siegelstelle genannt.(( Vgl. Kümper, Materialwissenschaft Mediävistik, S. 123.))

 

Aufgedrücktes Siegelhinten, Foto: A. Diener

Abb. 3

Das aufgedrückte Siegel war nicht so robust wie als Beglaubigungsmittel gefordert, deswegen setzte sich zum Ende des 12. Jahrhunderts immer mehr das anhängende Siegel oder Hängesiegel durch.2

Das anhängnde Siegel wurde mit einer Siegelschnur oder einer "Pressel", d.h. mit einem Pergamentstreifen am unteren Rand der Urkunde befestigt, indem man die Schnur etc. durch einen Einschnitt im Beschreibstoff zog. Dazu musste der untere Rand der Urkunde umgebogen werden, um die Anhängung zu verstärken. Diese Umbiegung wird Plica genannt.3

Bei unserem Beispiel, das auch das Headerbild unseres Blogs bildet können wir diesen Wechsel vom aufgedrückten zum angehängtem Siegel live miterleben. Bischof Herrman siegelt noch in den 1170er Jahren mit aufgedrücktem Siegel4.

Foto: A.Diener

Abb. 4

Bei seinen Urkunden aus den 1190er Jahren sind dann die Siegel mit leicht verändertem Bild angehängt. (Vgl. Abb. 5). So ist an diesem anschaulichen Beispiel der Siegel Bischof Herrmans von Münster aus dem 12. Jahrhundert gut der Wechsel vom aufgedrückten Siegel zum angehängten Siegel zu beobachten.

SiegelHerrmann1188, Foto A. Diener

Abb. 5

 

Literatur:

  • Toni Diederich: Siegelkunde: Beiträge zu ihrer Vertiefung und Weiterführung. Köln 2012.
  • Wilhelm Ewald: Siegelkunde (= Handbuch der mittelalterlichen und neueren Geschichte. 4). München-Berlin 1914 (Nachdruck München 1978).
  • Herman Maué, Siegel zum Verschließen von Briefen, in. Signori (Hrsg.), Das Siegek, S. 181-188.
  • Hiram Kümper, Materialwissenschaft Mediävistik, Paderborn 2014
  1. Vgl. Maué, Siegel zum Verschließen, S. 181.
  2. Kümper spricht bereits von der Mitte des 12. Jahrhundert. Allerdings belegt das folgende Beispiel, dass dies kein allgemeingültiiges Faktum ist., vgl. Kümper, Materialwissenschaft Mediävistik, S. 124.
  3. Vgl. Kümper, Materialwissenschaft Mediävistik, S. 124.
  4. Vgl. Abb. 4

Quelle: http://siegelblog.hypotheses.org/45

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