Der ‘Teutsch-Franzos’

 

1761 kommt es in Ostfriesland zu handfesten Auseinandersetzungen zwischen dem ehemals Fischerschen Freikorps und Bauern | Foto: Leonard Dorn

1761 kommt es in Ostfriesland zu handfesten Auseinandersetzungen zwischen dem ehemals Fischerschen Freikorps und Bauern. | Foto: Leonard Dorn

1. General Johann Christian Fischer (1713-1762)

Immer wieder wird jedem der sich mit dem Siebenjährigen Krieg in Deutschland befasst der Name des Freikorpsgenerals Johann Christian Fischer (1713-1762) begegnen. In der Literatur wird oftmals stereotyp das Bild eines ruchlosen und verantwortungslos handelden Offiziers gezeichnet. So kommt er bei Kennett nicht sein Pflichten nach, sondern taucht für einige Monate ab und wird von einem Offizier betrunken im Weinkeller eines geplünderten Schlosses aufgefunden.1 Die französischen Generäle scheinen die Kontrolle über Fischer verloren zu haben (Fischer weckt bei mir persönlich in dieser Episode Assoziationen zum Handelsagenten Kurtz in “Das Herz der Finsternis”). Das Bild Fischers war bis in die Zeit um 1800 weniger einseitig. Eine zeitnahe Quelle beschreibt wie in seinem Freikorps zugunsten des Zivilstandes strenge Disziplin gehalten wird.2 In einem Reisebericht um 1800 erscheint er in einer anekdotischen Schilderung sogar als Wohltäter:

 2. Fischer in Duisburg

“Detaillirte Nachrichten davon sind mir nicht mitgetheilt worden, und ungewisse Sagen mag ich nicht nacherzählen. Doch verdient eine Anekdote, den berühmten und berüchtigten Anführer eines Französischen Frekors, General Fischer betreffend, die ich einmal vom izigen Lutherischen Prediger Herrn Schurmann erzählen gehört habe, hier vielleicht eine Stelle, da sie diesen, oft mit Unrecht verschrienen, General Ehre macht. Sein wildes Freikor erlaubte sich mehrere Ausschweifungen in unsrer Stadt gegen die Einwohner derselben. Der damals noch lebende erste Lutherische Prediger Henke, ein Mann der viele Eigenheiten gehabt haben soll, predigt eines Sonntags, als unvermuthet der General Fischer in seine Kirche hereintritt, und Henke wagt es, diesen gefürchteten feindlichen General einen Obersten der Teufel zu nennen. Fischern mußte dies nothwendig sehr auffallen, und für Henke hätte es die übelsten Folgen haben müssen, wenn Fischer der Mann wirklich gewesen wäre, wofür ihn Henke hielt.

 Der General geht hierauf zum Prediger Henke ins Haus, und stellt ihn wegen dieser Unbesonnenheit, wofür es gewiß jeder kaltblütige Beurtheiler erklären wird, zu Rede. Henke, weit entfernt sich in Furcht sezen zu lassen, nimmt Gelegenheit, dem General die Abscheulichkeiten vorzustellen, die sein Kor gegen die Einwohner verübte, und ihn zu fragen, ob ein Anführer solcher Barbaren nicht den Namen eines Anführers der Teufel verdiene? Die Thatsachen die er anführt machen Eindruck auf den von Natur gutgesinnten General, der nachdenkend wird. Wie Henke dieses bemerkt, redet er ihm immer dringender ans Herz, und beide werden endlich so vertraut, daß der General sich entschließt, bei dem Prediger Henke auf dessen Antrag zum Mittagessen zu bleiben. Fischer erstaunt, wie ihm der Prediger Henke nichts anders, als trockenes Brot, Salz, und Wasser vorsezen lässt, mit dem Hinzufügen, daß dieses alles sey, was er noch in seinem Vermögen habe. Ueber diese traurige Lage des Predigers Henke, wovon er den General überzeugt, wird dieser innig gerührt, und geht, nachdem er ein solches Mittagsmahl mit ihm gehalten, gerührt und nachdenkend weg. Am Abend sendet er dem Prediger Henke die reichlichsten Lebensmittel aller Art ins Haus, die dieser annehmen muß, und lässt auch, soviel es ihm, als Anführer eines undisziplinirten Freikors nur möglich war, die schärffsten Befehle zur Abstellung der vorherigen Abscheulichkeiten geben.”3

3. Perspektiven

Wie entstand das schlechte Bild Fischers? Für die preußischen Historiker des 19. Jahrhunderts war Fischer ohnehin implizit ein ‘Vaterlandsverräter’ und zumindest “berühmt berüchtigt”. In seiner Rolle als Freikorpsoffizier konnte er in der Zivilbevölkerung tatsächlich nicht auf uneingeschränkte Gegenliebe hoffen. Seine Anstellung als Deutscher im Dienste des allerchristlichsten Königs entsprach einem Feindbild der Publizistik des 18. Jahrhunderts. Er selbst konnte da er schon 1762 in einem Duell getötet wurde, nicht mehr gegen die negative Presse vorgehen. Während für den Österreichischen Erbfolgekrieg bereits ausgiebig die Biographie des prominentesten Deutsch-Franzosen, Maurice de Saxe, erforscht worden ist, fehlt etwas vergleichbares für den Siebenjährigen Krieg. Fischer könnte sich in Zukunft noch als interessantes Forschungsfeld erweisen.

 4. Quelle:

August Christian Borheck, Geschichte der Länder Cleve, Mark, Jülich, Berg und Ravensberg nach Teschenmacher und andern nebst einer Geschichte der Stadt Duisburg am Rhein(Versuch einer Geschichte der Stadt Duisburg am Rhein), Zweiter Theil, Duisburg am Rhein 1800, S. 172-174.

5. Anmerkungen

1Kennett, French Armies, Durham 1967, S. 49, Anm. 12: „The German had a disturbing habit of disappearing for days; on one occasion the Chevalier de Ray was sent to locate him and found him and his entire corps deep in the mountains, eating and drinking in the chateau of the Count of Stolberg.“
2Timm (Bearb.), Unnaer Tagebuch, in: Der Märker (1966), S. 89.
3Borheck, Geschichte der Länder, Duisburg 1800, 2. Theil, S. 172-174.

Quelle: http://dsk.hypotheses.org/75

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Buchvorstellung: Th. Fischer, Die Armee der Caesaren. Archäologie und Geschichte (Regensburg 2012).


Buchvorstellung:
Th. Fischer, Die Armee der Caesaren. Archäologie und Geschichte (Regensburg 2012).

In der Entwicklung der römischen Provinzen waren es meist die römischen Truppen, die zuerst die römische Lebensweise und Kultur in die neuen Gebiete des römischen Reiches brachten. Daher kann die römische Armee als äußerst prägender Faktor in der Entwicklung der provinzialrömischen Kultur gelten. Gerade in den Grenzprovinzen war das Militär dauerhaft präsent und hinterließ eine Vielzahl von Spuren und Überresten im Boden. Suchte man bisher aktuelle Überblicksdarstellungen zur römischen Armee, so war man meist auf Werke in englischer oder französischer Sprache angewiesen. Es fehlte ein nützliches deutschsprachiges Werk, um einen guten Einstieg in dieses vielfältige Thema zu finden. Im vergangenen Jahr schaffte der Regensburger Verlag Friedrich Pustet hier Abhilfe und veröffentlichte das Buch „Die Armee der Caesaren. Archäologie und Geschichte.“
Prof. Dr. Thomas Fischer (Professor für die Archäologie der römischen Provinzen an der Universität zu Köln) und seine Mitautoren Dr. Ronald Bockius (Hauptkonservator, Leiter des Forschungsbereichs Antike Schiffahrt am RGZM Mainz), Prof. Dr. Dietrich Boschung (Professor für Klassische Archäologie an der Universität zu Köln) und Dr. Thomas Schmidts (Wiss. Konservator, Forschungsbereich Antike Schiffahrt am RGZM Mainz) haben mit dem hier vorgestellten Werk eine kompakte Übersicht zum römischen Militär und seinen archäologisch fassbaren Überresten zusammengestellt.
Der Text gliedert sich in sechs große Kapitel, die jeweils in sinnvolle Unterkapitel unterteilt sind. Nach Bildquellen (Teil I, ca. 30 Seiten) und allgemeinen Fragen zum römischen Militär (Teil II, ca. 50 Seiten) werden Tracht, Bewaffnung, Ausrüstung (Teil III, ca. 140 Seiten), Bauten (Teil IV, ca. 70 Seiten) und Entwicklungsperioden der römischen Militärgeschichte (Teil V, ca. 30 Seiten) sowie schließlich die römische Kriegsmarine (Teil VI, ca. 40 Seiten) behandelt.
Insgesamt sind die Seiten sehr ansprechend gestaltet, so findet sich z.B. das Titelbild der einzelnen Kapitel auf jeder der zugehörigen Seiten im oberen Bereich als Vignette wieder.
Die über 600 (z.T. farbigen) Abbildungen sind durchgängig von guter Qualität und dabei sinnvoll und locker im Text verteilt. Bildunterschriften geben die wichtigsten Angaben zu den Bildern und laden zum Durchblättern ein, ohne dass man stets einen ganzen Abschnitt lesen muss, um Informationen zu den gezeigten Objekten zu erhalten.
Die Aufnahme von Typen- und Bestimmungstafeln ist praktisch, da diese bisher mühsam aus verschiedenen Werken zusammengesucht werden mussten. Allerdings sind sie recht klein dargestellt, z.B. die Schwertklingentypologie nach Miks auf Seite 180. Hier wurde der direkten Einbindung in den Text der Vorzug gegenüber einer leichter lesbaren Abbildungsgröße gegeben.
Die gezeigten Fundstücke sind meist ohne Maßstab abgebildet, was in einem solchen Überblickswerk aber auch nicht unbedingt zu erwarten wäre. Für genaue Maßangaben kann mit Hilfe der Anmerkungen und der Literaturliste leicht auf die Originalpublikationen zurückgegriffen werden.
Anmerkungen sind im Text markiert und am Schluß des Buches nach den jeweiligen Kapiteln getrennt aufgeführt. Dies macht zwar bei Bedarf ein umständliches Vor- und Zurückblättern notwendig, doch hätte der umfangreiche Anmerkungsapparat (1325 Anmerkungen bei insg. 416 Seiten) wohl die Lesbarkeit und Gestaltung der Seiten gestört.
Die Literaturliste ist zweispaltig angelegt und die Schrift sehr klein und eng gesetzt, trotzdem füllt sie 12 Seiten und stellt so einen beachtlichen Fundus an Literatur zur römischen Armee dar und bietet einen guten Einstieg in die Fachpublikationen der einzelnen Themen.
Das Werk hält zwar keinen Glossar bereit, aber der Leser wird diesen auch nicht vermissen. Fachbegriffe werden im Text selbst erläutert und sind durch das Sachregister gut erschlossen. Neben diesem finden sich noch Register zu Personen- und Völkernamen sowie geographischen Begriffen.
Das Buch ist für 59,95€ erhältlich (ISBN 978-3-7917-2413-3) und macht einen hochwertigen Eindruck, neben der Hardcoverbindung gönnt der Verlag dem Leser auch durchgängig kräftige Glanzpapierseiten.
„Die Armee der Caesaren“ entwickelt sich mit Sicherheit zu einem neuen Standardwerk zur römischen Militärgeschichte. Es bietet sich als guter Ausgangspunkt für die Suche nach Informationen zum römischen Militär und als Einstieg in die weitere Literaturrecherche an.


Ich danke dem Verlag Friedrich Pustet für das Rezensionsexemplar und die Coverabbildung.

Abb.: Verlag Friedrich Pustet

Quelle: http://provinzialroemer.blogspot.com/2013/03/buchvorstellung-th-fischer-die-armee.html

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