Die deutsche Handelsschifffahrt im Spanischen Bürgerkrieg (II)

Deutsche Beteiligung an Geheimoperationen

Vom 6. November 1936 bis 18. November 1936 wurden im Unternehmen Rügenübung von Stettin und Swinemünde aus 3783 Offiziere und Mannschaften, 968 Kraftfahrzeuge und 1635 Tonnen Truppengut nach Spanien verschifft. Die Sonderdampfer wurden von deutschen Torpedobooten an der spanischen Küste geleitet.1 Die Geheimhaltung der Aktion blieb bestehen, bis das Statistische Reichsamt Berlin bemängelte, dass o. a. Ladungsmengen von Stettin aus nicht in Königsberg eingingen. Dieser Lapsus konnte durch den Sonderstab W wieder behoben werden. 2 Im Unternehmen Rügenübung wurde neben Schiffen von u.a. Rob M. Sloman, NDL, Hapag auch Schiffe von Knöhr & Burchard Nfl. als Sonderdampfer gechartert. 3

Bereits Ende 1936 zeichnete sich ab, dass die bisherige Geheimhaltung bezüglich der Sonderdampfer schwerlich aufrecht zu erhalten war und dass mittelfristig keine offiziellen Transporte unter deutscher Flagge mehr möglich waren. Trotz der deutschen Beteiligung am Waffenembargo gegen Spanien bis zum Juni 19374 und der Unterzeichnung der Nicht-Interventions-Vereinbarung im September 1936 beteiligte sich das Deutsche Reich wie Italien auf Seiten Francos in militärischen Geheimoperationen mit U-Booten, Kriegsmarine, aber vor allem mit ihrer Luftwaffe (Legion Condor) an allen wichtigen Schlachten im Spanischen Bürgerkrieg (z. B. Luftangriff auf Guernika im April 1937).5 Aus Gründen der Geheimhaltung der deutschen Transporte mit Kriegsgütern und Truppen durch die Sonderdampfer zu franquistischen Häfen wurden von April 1937 bis April 1939 die 100 Fahrten der Sonder-dampfer durch die neugegründete Reederei Aschpurwis & Veltjens unter Panamaflagge mit drei Sonderdampfern und zwei zusätzlichen Sloman-Dampfern durchgeführt. Für die Rückführung der Legion Condor nahm die Schifffahrtsabteilung des Oberkommandos der Wehrmacht (OKM) neben den fünf Sonderdampfern fünf weitere KdF-Schiffe in Zeitcharter. Ab Ende Mai 1939 fuhren diese alle unter deutscher Flagge von Vigo nach Hamburg.6

Evakuierungsfahrten und Rückführungen von Handelsgütern

Parallel zu den Fahrten der Sonderdampfer kam es im Zeitraum vom 18. Juli 1936 bis Mitte Oktober 1936 zu Evakuierungsfahrten von Ausländern und Deutschen sowie Rückführungen von deutschen Handelsgütern (z.B. Kraftfahrzeugen) durch deutsche Kriegs- und Handelsschiffe.7 Da die rotspanische Handelsflotte nach Ausbruch des Spanischen Bürgerkrieges auflag, übernahmen deutsche Reedereien wie Rob Sloman jr. und DG „Neptun“, meist unter Schutz der deutschen Kriegsmarine8, einen Großteil des seewärtigen Warenverkehrs nach republikanischen Häfen, die zunehmend zum Kriegsgebiet wurden.9 Obwohl die Reederei Rob Sloman jr. im Herbst 1936 ihre Fahrten zu republikanischen Häfen wie Malaga aufgrund von Luftbombardements einstellen musste, übernahm noch im September 1936 die DG „Neptun“ den Liniendienst zu republikanischen Häfen wie Barcelona, Tarragona, Valencia, Allicante und Cartagena.10

Nach Abbruch der Schifffahrtbeziehungen zur Spanischen Republik begannen deutsche Reedereien (u.a. Rob Sloman jr.) ab dem Frühjahr 1937 den Schifffahrtsverkehr zu franquistischen nordspanischen (u.a. Vigo, Bilbao) und südspanischen (u.a. Malaga, Huelva, Sevilla) Häfen zu intensivieren.11

Die Rolle der deutschen Handelsschiffe im Spanischen Bürgerkrieg

Bei der Zusammenarbeit der deutschen Kriegsmarine und militärischen Behörden im Spanischen Bürgerkrieg kamen den deutschen Handelsschiffen mit ihren Nachschubtransporten von kriegswichtigen Rohstoffen zu franquistischen Häfen eine wichtige Ergänzungsfunktion zu. Zahlreiche Reedereien der RVS verschifften im Spanischen Bürgerkrieg Erz, Pyrit, Schwefelkies und Kohle zwischen der deutschen Kriegsindustrie und den Industriestätten Francos und deckten damit, im Rahmen des kriegswirtschaftlich bedeutenden II. Vierjahresplans, den Mehrbedarf an Tonnage für kriegswichtige Rohstoffe ab. Zusätzlich kamen deutschen Handelsschiffen auch bei der Verschiffung von Militärgut im Unternehmen Rügenübung eine wichtige Rolle zu, bei dem die enge Zusammenarbeit von Handelsschifffahrt und Kriegsmarine erforderlich war.

Blümel, Jonathan (2015): Die deutsche Handelsschifffahrt im Spanischen Bürgerkrieg In: JBS History Blog.de. URL: http://jbshistoryblog.de [Zugriff: DD:MM:YYYY]

 

  1. Vgl. Jung 1979. S. 327.
  2. Vgl. Jung 1979. S. 324.
  3. Vgl. Jung 1979. S. 327.
  4. Anm.: Als Teil der internationalen Seeblockade aus England, Frankreich, Italien, Deutsches Reich zur Durchsetzung eines Waffenembargos gegen Spanien kontrollierten deutsche Kriegsschiffe einen Küstenbereich im Mittelmeer zwischen Almería und Valencia. Nach mehrfachen Bombardierungen deutscher Kriegsschiffe (u.a. LEIPZIG) und der Uneinigkeit mit Frankreich und Großbritannien über die Sanktionierung der Vorfälle, hob das Deutsche Reich 24. Juni 1937, wie Italien, seine weitere Teilnahme am Waffenembargo auf. (Vgl. Eberle, Henrik/ Uhl, Matthias: Das Buch Hitler. Köln 2007. S. 65.; Padelford, Norman J.: Foreign Shipping During the Spanish Civil War, in: The American Journal of The American Journal of International Law, Vol. 32, No. 2 (Apr., 1938). S. 264-279. Hier S. 268.
  5. Vgl. Seidel Collado 2010. S. 103.; Eberle/ Uhl 2007. S. 27.
  6. Vgl. Jung 1979. S. 322 u. 326-327.
  7. Anm.: Bis Mitte Oktober 1936 wurden insgesamt 15317 Personen rückbefördert, darunter 5539 Deutsche und 9778 Ausländer (Vgl. Kpt. Lt. Giese: Deutsche Schiffe im Ausland, in: „HANSA“, Deutsche Schiffahrtszeitschrift, Jg. 73, November 1936. S. 2248.; Schmelzkopf 1974/1975. S. 18).
  8. Anm.: Neutrale ausländische Handelsschiffe sahen sich durch die Kontrollen ihrer Schiffe durch rotspanische Kriegsschiffe, den Seeminen, unangekündigten Bombardements durch die rotspanische Luftwaffe und Torpedos durch rotspanische U-Boote bedroht und wurden daher weitestgehend durch Kriegsschiffe ihrer jeweiligen Länder eskortiert und im Zweifelsfall verteidigt. (Vgl. Padelford 1938. S. 264 u. 266).
  9. Anm.: Noch im Dezember 1936 und im Januar 1937 kam es zu kurzzeitigen Kaperungen von deutschen Dampfern durch rotspanische Kriegsschiffe in der Nähe von Bilbao. (Vgl. Schmelzkopf 1974/1975 S. 195).
  10. Vgl. Rübner 2005. S. 386-387.
  11. Vgl. Hieke, Ernst: Rob. M. Sloman jr.: errichtet 1793. Hamburg 1968. S. 279.; Rübner 2005. S. 386.

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BallinStadt: Zerstörtes Lebenswerk

Im Sommer 2014 jährt sich der Ausbruch des Ersten Weltkrieges zum hundertsten Mal. Ab Juli thematisiert das Auswanderermuseum BallinStadt in einer Sonderausstellung die Auswirkungen des Krieges auf die Auswandererhallen auf der Veddel. Diese Pavillon-Anlage gewährte europäischen Emigranten den Aufenthalt vor ihrer Abreise in die neue Welt. Um einen Vorgeschmack auf die Geschichte der Hallen zu geben, werfen die Hamburgischen Geschichten schon jetzt einen Blick auf die Entstehung und Entwicklung der Auswandererhallen.

Das Auswanderungsgeschäft war zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein wichtiger Wirtschaftsfaktor Hamburgs. Die Stadt entwickelte sich zum größten Auswandererhafen Deutschlands – ein Nadelöhr auf dem Weg in die neue Welt. Von hier aus starteten die Schiffe der Reederei Hapag (Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Actien-Gesellschaft).

Die Hamburg-Amerika-Linie hatte im Jahr 1892 Auswandererbaracken am Amerika-Kai errichtet. Im Jahr 1901 folgte der Umzug auf die Veddel. Die neuen Auswandererhallen boten Platz für mehr als 1000 Personen und beherbergten eine eigene Infrastruktur. Die Anlage bestand zunächst aus 15 Gebäuden: ein Empfangsgebäude, fünf Schlaf- und Wohnpavillons, zwei Hotels, eine Speisehalle, eine Kirche, ein Musikpavillon, ein Verwaltungsgebäude, ein Lazarett, ein Gepäckschuppen sowie ein Stall. Da der Andrang groß war, wurden die Auswandererhallen auf der Veddel nach drei Jahren erweitert. Auf dem Gelände von etwa 55.000 Quadratmeter standen nun mehr als 30 Gebäude, die bis zu 5.000 Menschen aufnehmen konnten.

Mit den Auswandererhallen, die 1901 fertig gestellt wurden, entwickelte die Hapag im Auswanderergeschäft ein gut funktionierendes und gewinnbringendes System. Die Reederei warb von nun an mit „All-inclusive-Angeboten“ um die Auswanderer: Mit dem Kauf des Schiffstickets erhielten diese auch die Karte für die Fahrt in Zügen von den Grenzkontrollstationen zu den Hafenstädten und die Unterbringung und Verpflegung in den Auswandererhallen. Von den 156.000 Auswanderern, die im Jahr 1907 Hamburg verließen, übernachteten rund 113.000 auf der Veddel.

Die Idee und Planung dieser Hallen fiel auf Albert Ballin zurück, weshalb das Museum heute seinen Namen trägt. Ballin wurde am 15. August 1857 geboren. Sein Vater Samuel Joel Ballin, der sich später Joseph Ballin nannte, war Gründer der unabhängigen Auswandereragentur Morris & Co. Die Agentur warb Auswanderer an und organisierte den Transport der Emigranten zum Hamburger Hafen. Als Albert Ballins Vater 1874 starb, übernahm der junge Ballin die Führung der Auswandereragentur.

Um mehr Kundschaft zu gewinnen, änderte Ballin das Konzept der Agentur und organisierte nun auch die Überfahrt selbst. Dieses Angebot fand so viel Zuspruch, dass seine Firma scharfe Konkurrenz für die Hapag wurde. Um die Hapag zu retten, kaufte die Reederei im Jahr 1886 Ballins Firma. Zwei Jahre später wurde Albert Ballin in den Vorstand der Hapag gewählt.

Zu diesem Zeitpunkt besaß die Reederei keine ernst zu nehmende Führung und befand sich in einer Krise. Dank Ballins Fähigkeit Marktlücken zu erkennen, gelang es, die Wende für die Hapag herbeizuführen. 1897 war die Reederei unter Ballins Leitung zur größten der Welt geworden – und blieb dies bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges.

Die Niederlage Ballins durch den Ersten Weltkrieg

Der Erste Weltkrieg änderte die Situation für die Hapag grundlegend, denn mit der Kriegserklärung Großbritanniens an das Deutsche Reich brach die Hapag zusammen: Anfang November 1914 erklärte die britische Admiralität die gesamte Nordsee zur Kriegszone, sperrte sie und den Kanal zwischen Norwegen und Schottland für die deutsche Schifffahrt. Die Auswanderung über Hamburg war von nun an nicht mehr möglich.

Mit Kriegseintritt der Vereinigten Staaten im April 1917 wurden zudem 35 Hapag-Schiffe beschlagnahmt, die in den US-Häfen vor Anker lagen. Damit waren die Auswanderer- und Kreuzfahrtschiffe nicht mehr in der Hand der Hapag, was einen großen Einbruch für die Reederei bedeutete.

Die Auswandererhallen auf der Veddel, die für die Auswanderer nicht mehr von Nutzen waren, wurden zu einem Marine-Lazarett umfunktioniert. Hamburg verlor einen großen Wirtschaftszweig.

Unter Ballins Führung wurde die Hapag zur größten Reederei der Welt – das Tor zu dieser Welt wurde Hamburg. Durch den Ersten Weltkrieg verlor Ballin dieses Lebenswerk jedoch. Am 8. November 1918 nahm er eine Überdosis Beruhigungsmittel, an denen er einen Tag später, am 9. November 1918, starb.

Nähere Informationen zu den Auswandererhallen im Ersten Weltkrieg sind ab Juli 2014 in der Sonderausstellung der BallinStadt zu entdecken.

 

Zum Weiterlesen:

  • Gerhardt, Johannes: Albert Ballin. Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung (Hrg.), Hamburg 2009.
  • Wiborg, Susanne: Albert Ballin. Hamburger Köpfe, Herausgegeben von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius, Hamburg 2000.

 

Katharina Reissmann ist Studentin an der Universität Hamburg am Historischen Seminar.

Quelle: http://www.hh-geschichten.uni-hamburg.de/?p=1415

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