Einfach glücklich sein

Ein neues Magazin: hygge

O Müßiggang, Müßiggang! du bist die Lebensluft der Unschuld und der Begeisterung; dich atmen die Seligen, und selig ist wer dich hat und hegt, du heiliges Kleinod! einziges Fragment von Gottähnlichkeit, das uns noch aus dem Paradiese blieb.

Friedrich Schlegel: Lucinde

Der Zeitgeist weht, wo er will, manchmal um viele Ecken und ohne dass er gebraucht würde. Früher war die Suche nach Glück eine Angelegenheit für Philosophen, dann für Theologen, heute haben dieses Terrain Journalisten und Glücksforscher besetzt, unter ihnen die Psychologen und die Demoskopen an erster Stelle; selten hat man das Glück, auf einen zum Thema befugten Philosophen zu stoßen.

Ein Gang durch eine beliebige Bahnhofsbuchhandlung nährt den Verdacht, dass am Glücksbedürfnis des kleinen Mannes gut zu verdienen ist – vor allem aber, so der Anschein, werden die Glück suchende Frau (und auch die Kleinsten) mit Glücksratgebern, mit Poesie und Belletristik, mit Schnickschnack, vor allem aber mit vielen bunten Bildern und noch mehr Esoterik gelockt: Glück ist machbar, Frau Nachbar! Dem statistischen Befund zuwider arbeiten die schreibenden und die fotografierenden Zünfte an einer beim Publikum offenbar unstillbaren Sehnsucht nach dem Landleben, keineswegs dem einfachen – es wird geackert und geerntet, eingemacht und gebacken, dass es eine wahre Freude ist.

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Quelle: http://nofoblog.hypotheses.org/293

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Hygge – eine dänische Seligkeit

Die Fahndung nach einer Erklärung, warum die Skandinavier seit Jahren die Spitzenplätze auf der internationalen Wohlfühlskala einnehmen und die Dänen dabei im internationalen Vergleich regelmäßig zu den glücklichsten Menschen gekürt werden, hat zu einer seit Längerem unübersichtlich gewordenen Medienbewachung geführt, nicht zuletzt im angelsächsischen Raum. Auch eine zunehmende wissenschaftliche Abdeckung des Themas ist zu beobachten: In Redaktionen, in Thinktanks oder in wissenschaftlichen Instituten hat sich eine Glücksforschungsindustrie bemerkbar gemacht, die wirklich erstaunlich ist – aber bisher auch noch keine überzeugenden Antworten gefunden hat, warum gerade die Dänen glücklicher sind als ihre Nachbarn oder gar entferntere Nationen, die auf vergleichbarem Zivilisationsniveau auszumachen sind. Genauso wenig ist es bisher gelungen, dass die seit Jahren offensichtliche Korruptionsanfälligkeit der isländischen politischen und wirtschaftlichen Nomenklatur in die einschlägigen Bewertungsskalen eingegangen ist.

In den Fokus ist bei dieser postfaktischen Ursachenergründung seit einiger Zeit der Begriff hygge geraten, ein „Lebensgefühl, das einfach glücklich macht“ (der Begriff kommt eigentlich aus dem Norwegischen). Der Observer nennt eine lange Liste von Dingen, die unbedingt zu hygge gehören,[1] und die Süddeutsche Zeitung brachte Ende 2016 innerhalb von drei Monaten immerhin zwei große Beiträge zum Thema;[2] andere Medien kommen bei der  Berichterstattung auch selten um eine Seite herum. In München residiert ein Online-Shop, der hygge-Artikel vertreibt.

Der Journalist Elmar Jung beschrieb Dänemark schon 2013 auf 300 Seiten im Grunde als hygge-Land. Im Schwedischen gibt es ein vergleichbares Wort nicht, aber die Institution fika kommt dem assoziierten Lebensgefühl recht nahe: fika ist die im Arbeitsleben fest institutionalisierte und mit allerlei Zutaten – vor allem Kaffee – angereicherte und strikt einzuhaltende Arbeitspause am Vormittag und am Nachmittag.

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Quelle: https://nofoblog.hypotheses.org/281

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