Emotionen und Wirtschaftsethik – ein Einwurf
Von Christoph Lütge
Wie man mit Geld und anderen ökonomischen Mechanismen umgeht, ist auch Thema der Ethik, insbesondere der Wirtschaftsethik (K. Homann/Ch. Lütge: Einführung in die Wirtschaftsethik, 3. Aufl., Münster 2013). Dabei setzen so manche Ansätze der Wirtschaftsethik vor allem auf die rationale Kraft der Argumentation: Peter Ulrich (Integrative Wirtschaftsethik: Grundlagen einer lebensdienlichen Ökonomie, Bern 1997) und Horst Steinmann etwa berufen sich auf die Diskursethik Habermas’ als grundlegendes Paradigma einer Ethik, die vor allem mit rationalen Überzeugungsmethoden, mit Appellen an das Gewissen und an die Einsicht, die Akteure im Wirtschaftsgeschehen “zur Vernunft” bringen will.
Der Ansatz der Ordnungsethik (Ch. Lütge: Wirtschaftsethik ohne Illusionen, Tübingen 2012) dagegen ist skeptisch gegenüber der Kraft rationaler Argumentation. Sie muss dazu gar nicht pessimistisch gegenüber den Motivationen der Menschen sein. Nur: Im Wettbewerb stehen Akteure unter dem Druck von Anreizen, der ihre guten Motivationen leicht erodieren lässt. Man kann solche Vorgänge mit Emotionen erklären – und diese wiederum mit zugrunde liegenden Interaktionsstrukturen (Dilemmasituationen). Daher setzt die Ordnungsethik statt auf Änderungen der Motivationen (“Bewusstseinswandel”) auf Änderungen der Regeln. Gleiche Spielregeln erlauben es, mit den Emotionen der Akteure und den Anreizen der sozialen Welt besser umzugehen – und das heißt: so dass alle Seiten etwas davon haben.