Unhöflichkeit

Während meines ersten Chinaufenthaltes lernte ich nach einiger Zeit die Romane von Yú Huá 余華 kennen, der relativ offen und auf eine faszinierende Art über chinesische Verhältnisse, vor allem zur Zeit der Kulturrevolution, berichtet. Die Erzählungen schwanken ständig zwischen Komik und Depression. Einer Passage, während derer man Tränen lacht, folgt mitunter schon eine Seite später ein Abschnitt, der einem Tränen der Entrüstung über das Unrecht, das Menschen einander antun können, in die Augen treibt. Viele von Yú Huás Büchern wurden inzwischen auch ins Deutsche übersetzt, und ich kann vor allem die Romane „Brüder“ (Xiōngdì 兄弟 im Original) und „Der Mann, der sein Blut verkaufte“ (Xǔ Sānguān Màixuèjì 許三觀賣血記 im Original) allen empfehlen, die an der Vielfalt von Literatur interessiert sind.

Für mich waren Yú Huás Werke auch deshalb so interessant, weil er relativ einfach und mit viel umgangssprachlicher Färbung schreibt. Solche Texte sind natürlich besonders geeignet für diejenigen, die eine Sprache erlernen wollen, da sie einen behutsam an die Schriftsprache anführen und gleichzeitig auch für tägliche Konversationen wappnen können.
Beim Lesen des Romans „Brüder“, zum Beispiel, fiel mir während meines Aufenthaltes in Shanghai auf, dass man im Chinesischen in bestimmten Situationen auf sich selbst als lǎozǐ referieren kann, was entweder auf den Philosophen Lǎozǐ anspielt (wahlweise auch Lao Tse oder Lao Tzu geschrieben) verweist, der im sechsten Jahrhundert v. Chr. lebte, aber vielleicht auch wörtlich als „Alter Herr“ oder „Alter Meister“ interpretiert werden kann.

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Quelle: http://wub.hypotheses.org/117

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