Neuerscheinung: Linn Holmberg, „The Forgotten Encyclopedia“

Sie gilt als Leitmedium, manchen sogar als Inbegriff des Denkens der „Aufklärung“: die von Denis Diderot und Jean Le Rond d’Alembert herausgegebene Encyclopédie von 1751–1772. Sie hat auch als eines der am besten erforschten Nachschlagewerke aller Zeiten zu gelten, über das etliche ganze Bücher veröffentlicht worden sind und das heute auch (gleich mehrfach) als suchbare Online-Version aufbereitet wird.

Weitestgehend unbekannt ist dagegen geblieben, dass nahezu zeitgleich mit dem Beginn der Encyclopédie in der französischen Benediktinerkongregation von Saint-Maur ein Werk ähnlichen Zuschnitts, ein Lexikon der Künste und Wissenschaften, unter der Leitung von Dom Antoine-Joseph Pernety in Angriff genommen wurde. Die Mauriner hatten seit dem späten 17. Jahrhundert eine angesehene Stellung in der Gelehrtenwelt erlangt, die vor allem auf ihrer Fähigkeit beruhte, eine Reihe von historisch-philologischen Großprojekten zu betreiben und teilweise auch zum erfolgreichen Abschluss zu bringen: Editionen der Werke der Kirchenväter, eine monumentale Ordensgeschichte, im 18. Jahrhundert aber auch zunehmend Arbeiten von nicht primär kirchlichem Interesse wie quellengesättigte Geschichten französischer Provinzen oder Bernard de Montfaucons Antiquité expliquée, ein antiquarisches Grundlagen- und zugleich Prachtwerk, das große Verkaufserfolge erzielt hatte.

Als Versuch, diese Stellung inmitten einer sich wandelnden öffentlichen Diskussion und Nachfrage nach Wissen zu wahren, ist wohl das benediktinische Enzyklopädieprojekt zu werten, das freilich im Sand verlief: Nach zehnjähriger Arbeit wurden die umfangreichen Materialsammlungen beiseite gelegt, die Arbeit an den Manuskripten abgebrochen, und das Vorhaben fiel der Vergessenheit anheim. Selbst in Darstellungen der maurinischen Gelehrsamkeit kommt es kaum zur Sprache. Dies ändert sich nun durch die an der Universität Umeå abgeschlossene Dissertation von Linn Holmberg mit dem Titel „The Forgotten Encyclopedia“, die seit kurzem als eBook frei zugänglich ist.

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/7704

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