Tschau, Dschameika!

Ich weiß nicht, woran es lag, aber die Jamaika-Sondierungsgespräche haben bei mir persönlich kaum das Interesse hervorgerufen, dass sie in den Medien erfahren haben. Oftmals, wenn ich die Überschriften der typischen Online-Magazine überflog, die viele Menschen täglich überfliegen, war ich sogar verblüfft, wenn mir klar wurde, dass es um die Sondierungsgespräche ging, und nicht um Jamaika als Land. Ob mein Desinteresse nun charakteristisch für die Politikverdrossenheit vieler Menschen in Deutschland ist, oder eher auf das typische Desinteresse von Elfenbeinturmbewohnern an irdischen Angelegenheiten zurückzuführen ist, kann ich selbst nicht richtig beantworten. Was mein Interesse als Linguist jedoch erregte, war ein Artikel von Jan Fleischhauer, in dem dieser sich dieser darüber mockierte, dass das Wort „Jamaika“ von den meisten Verhandlungspartnern „hybrid“ ausgesprochen werde:

Bis heute können sich nicht einmal die Beteiligten entscheiden, ob sie den Namen ihrer Koalition nun deutsch aussprechen, also mit einem J wie in Julia und dann einem ai wie in ei – oder englisch, das heißt mit weichem Dsch und mäj in der Mitte. Die meisten haben sich für einen Mittelweg entschieden: englisch beginnend, auf deutsch endend. Jens Spahn hat recht: Gegen den Zwang zum Kosmopolitismus ist kein Kraut gewachsen. (Fleischhauer, SPON, 02.11.2017, [URL])



[...]

Quelle: https://wub.hypotheses.org/160

Weiterlesen

Plappe Pleiner

Ich war ein großer Fan von Lucky Luke, als ich klein war, und ich bin es bis heute geblieben, obwohl mir die neueren Hefte natürlich nicht so gut gefallen, wie die alten Originale. Zwei meiner Lieblingshefte sind „Die Daltons und der Psychodoc“ und „Ma Dalton“. Warum, kann ich nicht genau sagen, und ich sollte es wohl am besten auch gar nicht versuchen. In einem der Hefte jedoch, und ich muss gestehen, dass ich nicht genau weiß, ob im Psychodog oder in Ma Dalton, gibt es diese lustige Szene, in der Ma Dalton einen Brief an ihre Kinder schreibt, und William oder Jack einen Buchstaben nicht kennen, und sich am Ende darauf einigen, dass es ein „P“ sein muss. Der Brief von Ma Dalton endet darauf ungefähr wie folgt (in der von William oder Jack vorgetragenen Version):

Und grüßt mir auch ganz herzlich Averell, meinen Pleinen, der immer der Liebste von euch war.

Daraufhin gibt es natürlich wieder Streit zwischen den Brüdern, und Ende wird Averell, der sich in der Liebe seiner Mutter genüsslich sonnt, jäh von seinen beiden älteren Brüdern mit einem lautstarken „Plappe Pleiner“ unterbrochen.

Ich kann nicht sagen, warum sich diese Szene mir so eingebrannt hat, und die Tatsache, dass ich sie hier auch nur unvollständig aus meiner Erinnerung wiedergebe, zeigt, dass es sehr lange her ist, dass ich Lucky Luke gelesen habe.

[...]

Quelle: http://wub.hypotheses.org/109

Weiterlesen

Matisse, Baptiste, Patrice und die revolutionäre Kraft der Perzeption

Ich mag es nicht, wenn man mich nach meinem Namen fragt und diesen dann auf einen Pappbecher schreibt. Ich kann das Prinzip gut verstehen, es ist praktisch, weil so jeder genau weiß, was ihm zusteht, denn abgesehen vom Namen schreiben die Leute von Starbucks ja auch drauf, was man trinken will, wodurch der Arbeitsablauf beschleunigt wird. Was mich an den Namen nervt, ist die Intimität, die künstlich hergestellt wird, und die ich nicht aufgezwängt bekommen möchte. Ähnlich nervt mich auch das penetrante „Du“ beim Ikealaden, welches sich als fortschrittliche und kritische Haltung gegenüber Hierarchien verkleidet, in Wirklichkeit aber einfach nur ein Ausdruck der Ignoranz gegenüber der vielfältigen Funktion der Höflichkeitsdistinktion im Deutschen ist. Hierarchie ist das geringste, was durch das „Sie“ im Deutschen ausgedrückt wird, und nur weil das Schwedische die Form verloren hat, muss das nicht heißen, dass jede Sprache, die sie noch hat, sich ihrer auch entledigen sollte.

Ich frage mich beim Starbucks immer, was passiert, wenn Menschen den gleichen Namen haben. In China könnte das sehr häufig vorkommen, vor allem, wenn die Menschen nur ihren Nachnahmen preisgeben, denn da gibt es nunmal nicht so viele verschiedene Varianten. Gleiches gilt auch für das Russische, welches die Armut an Vornamen durch Reichtum an Kosenamen wettmacht, die schon viele deutsche Muttersprachler gequält hat, die Anna Karenina in der deutschen Übersetzung gelesen haben. Vielleicht nummeriert man am Ende einfach durch, und teilt den Kaffee an Sergej-1, Sergej-2, etc.

[...]

Quelle: https://wub.hypotheses.org/11

Weiterlesen