Nummern als Signum großstädtischer Anonymität – Karl Kraus und Otto Wagner

Neben der Verdammung des Einsatzes der Nummerierung als unmenschlich und den vielen gerade im 20. Jahrhundert geäußerten Beispielen einer „Nummerierungsskepsis“ gibt es auch eine moderne Tradition, die dieser positiv gegenübersteht. Prominenter Fürsprecher ist Karl Kraus, der sein Lob der auch durch Nummern garantierten Anonymität einer Großstadt wie Berlin in der Fackel von 1907 folgendermaßen auf den Punkt brachte:

Alle sind Nummern, darum hat jeder die Freiheit, eine Individualität zu sein. Alles geht nach der Uhr, darum kann jeder nach seiner eigenen gehen. Ordnung macht das Leben abenteuerlich.1

Eine ähnliche Affirmation der Nummer konstatierte wenige Jahre später auch Otto Wagner in einer ursprünglich als Vortrag an der Columbia University verfassten Publikation:

Der Hinweis auf Tradition, Gemüt, malerische Erscheinung etc. als Grundlage von Wohnungen moderner Menschen ist unserem heutigen Empfinden nach einfach abgeschmackt.

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Quelle: http://nummer.hypotheses.org/205

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