Was für ein Wortmonster! Alle, die “Wissenschaftszeitvertragsgesetz” flüssig aussprechen können, sollten eine Auszeichnung dafür bekommen. Aber halt, da bleibt doch so manchem schon das Wort im Hals stecken. War da nicht etwas mit dem WissZeitVG? Richtig! Man könnte es auch den Tod der Privatdozent_innen nennen oder den Fluch der wissenschaftlichen Mitarbeiter_innen. Neuerdings fallen nach Auffassung der 15. Kammer des Landesarbeitsgerichts Berlin auch studentische Hilfskräfte unter die Fristenregelungen des Gesetzes. Sprich: wer als HiWi für die Wissenschaft rackert, bekommt diese Zeit auf die maximal sechs Jahre bis zur Promotion angerechnet. So sieht man es jedenfalls in Berlin – mit einer Rechtsauffassung, die meiner Meinung nach auf keinen Fall Schule machen darf.
Was ist hier im Urteil vom 8. August 2012 mit Aktenzeichen 15 Sa 1002/12 passiert? Offenbar erfolgt zunächst eine folgenschwere Gleichsetzung der studentischen Hilfskraftstellen mit Positionen von wissenschaftlichen Mitarbeitern. Ganz klar: Ohne Hilfskräfte geht in der Wissenschaft gar nichts; viel reale Arbeit und manche wissenschaftshistorische Entdeckung wäre ohne sie nicht denkbar. Trotzdem setzt die Tätigkeit auf Mitarbeiterstellen den Magister, Master- oder Diplomabschluss voraus. Dann beginnt die Uhr zu ticken und wird sechs Jahre lang lauter. Das Berliner Landesarbeitsgericht aber hält — gegen den gesunden Menschenverstand und die bisherige Auslegung des Gesetzes über befristete Arbeitsverträge in der Wissenschaft — fest:
“1. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 WissZeitVG sind alle befristeten Arbeitsverhältnisse auf die Beschäftigungshöchstdauer von sechs Jahren anzurechnen. Dies betrifft somit auch Arbeitsverträge als studentische Hilfskraft.”
Dies beißt sich mit dem Wortlaut von § 2, Abs. 3, Satz des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes:
“Zeiten eines befristeten Arbeitsverhältnisses, die vor dem Abschluss des Studiums liegen, sind auf die [...] zulässige Befristungsdauer nicht anzurechnen.” [1]
Trotz dieser sehr eindeutigen Formulierung hat das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers zurück gewiesen (siehe den Langtext). Gilt von nun an in Berlin, dass eine Arbeit als wissenschaftliche Hilfskraft die wissenschaftliche Karriere verhindert? Man stelle sich das einmal auf der Verwaltungsebene vor: Mühselig wird geprüft, ob der einzustellende Mitarbeiter sich schon des Hilfskraftswesens schuldig gemacht hat… Für die Berliner Hochschulen dürfte die nun geschaffene Rechtsunsicherheit Folgen haben; für aufstrebende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ebenso. “Wir können sie leider nicht einstellen, sie waren ja schon Hilfskraft bei uns.” Na denn man tau.
Sachdienliche Hinweise zur Beendigung dieses Irrwitzes, gerne auch von juristischer Seite, bitte in den Kommentaren oder direkt an blogs /at/ maxweberstiftung.de.
[1] Ob man schon an Bachelor und Master gedacht hat, als dies so paraphiert wurde?
Quelle: http://gab.hypotheses.org/412