Gastbeitrag von Kai Thomas Platz
Ein Beitrag zur Blogparade „Mein faszinierendes Kulturerlebnis“
Es trug sich vor langer Zeit in einer fernen Gegend zu…als ich, Student der Archäologie, auf einer Ausgrabung eines hallstattzeitlichen Gräberfeldes in der fränkischen Schweiz aushalf. In der Kampagne wurden 3 oder 4 klassisch aufgebaute Hügelgräber freigelegt, die der Zahn der Zeit eingeebnet hatte. Ein Steinkreis umfasste die ehemalige Aufschüttung, in deren Mitte sich eine Steinpackung befand, die einst die Grabkammer mit einem oder mehreren Verstorbenen überdeckte. Aber um die Bestattungen selbst soll es hier gar nicht gehen, sondern eher um die Möglichkeiten der Aufspürung solcher Gräber. In diesem Fall waren die Erdaufschüttungen bereits weg und nur noch der Steinkreis mit einer in der Mitte befindlichen Steinpackung waren zu finden. Die Grabungskampagne neigte sich dem Ende zu und der Herbst kam. Direkt neben der Fläche sollte im nächsten Jahr weitergegraben werden. Dann kam es zu einer Begegnung der dritten Art.
Ein Herr kam mit seiner Wünschelrute auf die Grabung und erklärte, dass er grad mal die neue Fläche abgehen würde, damit wir Archäologen wüssten, was nächstes Jahr freizulegen ist. Ich durfte ihn begleiten und tat dies mit großem Interesse. Der Herr hielt zwei dünne Metallstäbe in den beiden Händen, die er so hielt, dass sie sich am Ende überkreuzten. Er ging also, sein hochsensibles Prospektionsinstrument vor sich gestreckt, über die Fläche. Er schritt langsam und hochkonzentriert die rechteckige Fläche in Bahnen ab. Völlig unvermittelt klappte die Rute nach unten. „Das ist der Steinkreis“. Nach zwei Schritten klappte die Rute wieder nach oben. Nach zwanzig Schritten zog es die Rute wiederum, wie von einem Magneten gezogen, nach unten. „Die Steinpackung!“ Höchst interessant! Der erste Grabhügel war zentimetergenau lokalisiert. Auf diese Weise fand die Rute 3 weitere prähistorische Grabstätten, ohne dass ihr Herr dabei vergaß überzeugend zu versichern, dass er das schon sehr oft mit hundertprozentiger Treffsicherheit gemacht habe.
Der Job in der fränkischen Schweiz war vorbei und ich widmete mich wieder meinem Studium. Im nächsten Jahr fuhr ich aus reiner Neugier wieder in die Gegend, um die Kollegen zu besuchen. „Na, wie schauds denn aus? Wievill Grabhüchela sinna kumma?“ fragte ich. „Goar kanna!“. Das Gräberfeld war schlicht zu Ende gewesen. Spannend war, dass sich in einer Ecke des Grabungsschnitts, genau dort wo der Herr mit seiner Wünschelrute absolut gar nichts lokalisiert hatte, eine bis oben mit Steinen angefüllte, vorgeschichtliche Pinge fand, ein Bergbauschacht, der mit einer konventionellen Prospektionsmethode vermutlich entdeckt worden wäre. Aber Wünschelruten zeigen halt nur Wünsche und Wünsch-Dir-Was war an diesem Tag eben nicht.