Kristina Hartfiel: “Es ist dieses nur eine historische Milch=Speise für Kinder”? Annäherungen an die Medialität historischer Lehrwerke für die Jugend (17. und 18. Jahrhundert)

Skizze zum Promotionsprojekt. Aufbauend auf meiner Magisterarbeit verfolge ich in meinem Dissertationsvorhaben das Wie der Entstehung, Vermittlung und Rezeption von Wissensbeständen in deutschsprachigen Werken, die zum Lernen der Historie intendiert waren. In diesen Quellen entwickelten, verfestigten, aber auch wandelten sich – so die These – Formen von (Geschichts-)Wissen, weil u.a. Autoren, Verleger und Kupferstecher das Material auswählten, gewichteten und bewerteten. Das heißt konkret: Wie wurde Geschichte sprachlich und visuell dargestellt und in eine lesbare/ wahrnehmbare Form gebracht, so dass nach Meinung der Akteure historische Erkenntnis möglich wurde? Wie, das heißt mit welchen Techniken und Verfahren, wurde die Vergangenheit in Geschichte transformiert? Während diese Fragen insbesondere in der jüngeren Historiographieforschung kein Schattendasein mehr führen, hat die Auseinandersetzung mit den Quellen als Medienkombination von Text und Bild – vor allem in der historischen Bildungs- und Schulbuchforschung – weitaus weniger Betrachtung gefunden. Die von mir zu betrachtenden Werke stellen die Universalgeschichte intermedial bereit.

Doch eine rein inhaltliche, textuell-illustrative, Analyse der Untersuchungsobjekte greift zu kurz. Darüber hinaus bleibt grundlegend zu fragen, ob die als Vermittlungsmedien intendierten Texte überhaupt die Funktion als Lehrwerk übernommen haben und sie somit an der Herstellung und Selektion von Sinn beteiligt waren? Wurden sie sozusagen von einem intendierten auch zu einem rezipierten Lehrwerk (‚gemacht‘)? Wie gestaltete sich – und vor allem wer gestaltete  –  dieses Lehrwerk-Machen? Und welche Rolle spielte dabei die Bildlichkeit? Entgegen einer ontologischen Bestimmung des Begriffs, verstehe ich unter „Lehrwerk“ solche Quellen, die sowohl im Schulunterricht als auch außerhalb von Bildungseinrichtungen zum Lehren und Lernen verwendet wurden. Mein Vorhaben stellt somit in Anlehnung an die Materielle Kulturforschung explizit die Frage des Kontextes und des Gebrauchs der Bücher, vor allem die Frage nach den Akteuren, der Materialität und Medialität der Objekte und damit auch des Nutzungs- und Wirksamkeitskontextes der als Lehrwerk intendierten Quellen.

Im Mittelpunkt meiner Arbeit stehen zwei in Nürnberg gedruckte Werke, die zum Erlernen der Historie beabsichtigt waren, deren Funktion als Lehrwerk für Geschichte bisher aber nicht analysiert wurde. Der Neu=eröffnete Historischen Bildersaal und die Sculptura historiarum et temporum memoratrix, später auch als Die Welt in einer Nuss betitelt, sind im Zeitraum zwischen 1692 und ca. 1782 verfasst worden und – wie die Titel schon andeuten – mit zahlreichen Kupferstichen illustriert. Beide Werke sind heute in den verschiedensten Auflagen und Ausgaben in zahlreichen Bibliotheken präsent. Aufgrund dieser Auflagendichte und der Fortführung der Werke über einen langen Zeitraum lassen sich an den Ausgaben Entwicklungen und Differenzen, Kontinuitäten und Brüche bei der Herstellung, Aneignung und Diffusion soziokultureller Wissensbestände zwischen Barock und Aufklärung nachvollziehen.

Quelle: http://histbav.hypotheses.org/1878

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