Mithilfe gesucht! Identifizierung einer Gedenktafel aus dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71

Für eine regionalgeschichtliche Anfrage aus Frankreich suchen wir jemanden, der sich mit dem Anbringen von Gedenktafeln in Frankreich durch die preußische Armee während der Zeit des Deutsch-Französischen Kriegs 1870/71 auskennt.

La Ferté 3 La Ferté 1 La Ferté 2

In der Gemeinde La Ferté-Saint-Aubin (Departement Loiret) befindet sich an einer Hauswand an der zentralen Place Saint-Michel die oben abgebildete steinerne Gedenktafel mit der eingravierten Inschrift „PLACE DU FORUM 1870 XVI 8bre“. Eine Postkarte aus dem Jahr 1910 zeigt die gleiche Tafel, allerdings in einer gegenüber heute leicht versetzten Position.

Tatsächlich haben die preußischen Truppen am 16. Oktober 1870 La Ferté-Saint-Aubin besetzt und ihre Kommandostation in dem Hotel eingerichtet, das bis heute die genannte Gedenktafel trägt. Da es im Gemeindearchiv keine anderen Hinweise gibt, wann oder warum diese Tafel angebracht wurde, bleibt zu überprüfen, ob dies mit einer Aktion der preußischen Besatzer zusammenhängen könnte. Es gibt auch eigentlich keine „Place du Forum“ in La Ferté-Saint-Aubin.

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Quelle: http://19jhdhip.hypotheses.org/2712

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Gefangen im modernen Krieg (1870/71)

Dissertationsprojekt: Multiple Wahrnehmungsstrukturen und Deutungsmuster von Kriegsgefangenschaft in Deutschland und Frankreich

Ob man nun morgens die Zeitung aufschlägt, allabendlich die Tagesschau einschaltet oder die diversen Online-Nachrichtendienste konsultiert – im Kontext von Berichten über gewaltsame Auseinandersetzungen kommt der Thematisierung von Gefangenen stets eine wesentliche Bedeutung zu. So scheinen Informationen über die Gefangenahme von Angehörigen kriegsführender Parteien und deren Behandlung zu einem ganz selbstverständlichen Bestandteil der Kriegsberichterstattung unserer Tage und damit nicht nur zu einem militärischen, sondern auch zu einem medial diskutierten, und öffentlich wirksamen Phänomen geworden zu sein.

In der geschichtswissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex rücken primär die beiden Weltkriege in den Fokus, wobei jedoch die in diesem Zuge sichtbar werdende, der Thematik inhärente Multidimensionalität von Kriegsgefangenschaft und ihre Verflechtungen mit Militär, Gesellschaft, Politik und Wirtschaft nicht Alleinstellungsmerkmal der kriegerischen Auseinandersetzung der Gegenwart oder des 20. Jahrhunderts sind. In Mittel- und Westeuropa nahm die Kriegsgefangenschaft bereits während des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 erstmals einen beachtenswerten Stellenwert ein. Ausschlaggebend hierfür ist in erster Linie die im Vergleich zu vorherigen Kriegen hohe Anzahl an Gefangenen – so befanden sich auf deutscher Seite bis Februar 1871 rund 383.000 Franzosen in Gefangenschaft, auf französischer Seite handelte es sich derweil allerdings nur um etwa 8.000 gefangene deutsche Soldaten – wodurch die Unterbringung, Versorgung und Beschäftigung der Gefangenen zu einer zentralen Herausforderung für die Verantwortlichen und das Thema Kriegsgefangenschaft aus dem reinen militärpolitischen Kontext herausgelöst wurde. Allein durch die Verteilung der französischen Gefangenen auf 195 sogenannte Depots im gesamten deutschen Reichsgebiet wurde die Kriegsgefangenenfrage zunehmend auch zu einer lokalen und regionalen Angelegenheit, während gleichzeitig die Gründung und das Engagement unterschiedlichster Vereinigungen – vor allem des Internationalen Komitees des Roten Kreuz und des sich für die Dauer des Krieges konstituierende Internationalen Hilfskomitees für Kriegsgefangene, Basel – im Rahmen der Kriegsgefangenenfürsorge quer zu den offiziellen Konfliktlinien verlief und die nationalen Grenzen überschritt.

Angesichts dessen kommt dem Phänomen der Kriegsgefangenschaft im Deutsch-Französischen Krieg eine hohe Bedeutung zu, die

1.       – synchron betrachtet – deutlich über eine rein militärische Dimension von Kriegsgefangenschaft hinausweist, und in deren Folge

2.       langfristige, den Abschluss des Friedensvertrages im Mai 1871 überdauernde strukturelle Elemente aufgenommen wurden, und vor diesem Hintergrund

3.       den Deutsch-Französischen Krieg als Knoten- und Kristallisationspunkt ‚traditioneller‘ und ‚moderner‘ Elemente von Kriegsgefangenschaft interpretieren lassen.

Dieser besonderen Vielschichtigkeit von Kriegsgefangenschaft im Deutsch-Französischen-Krieg widmet sich nun das bi-national ausgerichtete Forschungsprojekt, das an der Universität Mannheim entsteht. Dessen konkrete Ziele liegen in der Analyse

1.       der überindividuellen Wahrnehmungs- und Deutungsstrukturen von Kriegsgefangenschaft während des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71, wobei der Fokus auf die militärische, gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Dimensionen gelegt wird, und

2.      der Memoralisierung der Kriegsgefangenschaft in der Nachkriegszeit.

Auf diese Weise wird es gelingen, sowohl das Phänomen der Kriegsgefangenschaft in seiner komplexen und multidimensionalen Bedeutung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als auch mögliche Umdeutungs- und Veränderungsprozesse im Zeitlauf – das heißt während des Krieges selbst und im Kontrast zur Nachkriegszeit – sichtbar zu machen.

Auf Basis dieser Konzeption verfügt das Dissertationsprojekt in einem zweiten Schritt über das Potenzial

1.       vor dem Hintergrund der aktuellen geschichtswissenschaftlichen Einordnung – der Interpretation des Deutsch-Französischen-Krieges als Etappe zum Ersten Weltkrieg und der Totalisierungs- und Modernisierungsdebatte des Krieges im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert – einen Beitrag zu dessen punktueller Neuperspektivierung  zu leisten.

Zugleich erscheint angesichts der konstanten Bedeutung des Phänomens der Kriegsgefangenschaft von der Antike bis in die Gegenwart die Konzentration auf ein solches Ereignis wie den Deutsch-Französischen Krieg, an dem Veränderungsprozesse und möglicherweise sogar ‚Weichenstellungen‘ zu beobachten sind, für weitere Forschungen gewinnbringend zu sein. Dementsprechend verfolgt dieses Dissertationsprojekt das Ziel,

2.       inhaltlich und methodisch einen Beitrag zur systematischen, diachronen Erschließung der Kriegsgefangenschaft in der Neuesten Geschichte zu leisten, die Aufschluss über Veränderungen und Entwicklungen von Wahrnehmungsstrukturen, Bezugssystemen und Wertvorstellungen – auch grenzüberschreitend bzw. nationalvergleichend – bietet und an bereits bestehende Forschungen zum Ersten und Zweiten Weltkrieg anknüpfen kann.

Quelle: http://19jhdhip.hypotheses.org/2248

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„Vive la France, vive la République, Mort aux Prussiens“: Deutsche Aufenthaltsgesuche aus Lille (1870/71)

Detaille_-_A_French_Cavalry_Officer_Guarding_Captured_Bavarian_Soldiers

Un officier de cavalerie française garde soldats bavarois capturés

Bei Recherchen für meine Masterarbeit an der Universität Mannheim über die deutschstämmige Familie Kolb aus Lille, habe ich im Archiv des Departments Nord Quellen aus der Zeit des deutsch-französischen Krieges (1870/71) gefunden (Signatur: M176/7), die ich hier kurz vorstellen möchte.

Nach Kriegsausbruch und der Niederlage von Sedan (02.09.1870) wendeten sich zahlreiche Deutsche des Departments Nord nach Aufforderung an die französischen Behörden, um eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten. Es wurde versucht, eine kriegsbedingte Ausweisung abzuwenden. In den alphabetisch nach Nachnamen geordneten Akten des Departmentsarchivs Lille findet man entweder ein standardisiertes Formular der Behörden, oder der Antragsteller/ die Antragstellerin wendete sich schriftlich mit einem Brief an die Präfektur. Der Bestand umfasst rund 180 solcher Aufenthaltsgesuche, darunter etwa 50 von Frauen.

Die Schreiben enthalten den vollständigen Namen, den Geburtsort, das Geburtsdatum, den Beruf, den Wohnsitz und seit wann man sich in Frankreich aufhielt. Außerdem wurde gefragt, ob die Person verheiratet war. Dabei wurde besonders hervorgehoben, wenn eine Eheschließung mit einer Französin / einem Franzosen erfolgt war sowie die Anzahl der Kinder genannt. Darüber hinaus mussten französische Gewährspersonen genannt werden. Dadurch konnte es vorkommen, dass dem Antrag patriotische und antipreußische Aussagen hinzugefügt wurden, z. B.: „Vive la France, vive la République, Mort aux Prussiens“ (Charles Birth aus Cateau-Cambrésis, Nord, 18. September 1870). In der Regel wurde jedoch auf gemäßigtere Weise, die Loyalität gegenüber Frankreich betont. Bei den Gewährspersonen handelte es sich beispielsweise um Bürgermeister, Arbeitgeber, Geistliche oder Personen aus dem persönlichen Umfeld. Außerdem befinden sich in den Akten auch Auskünfte der Polizeibehörden.

 

Auszug aus einem standardisierten Bogen:

„[…] Md. Hartwig Emma, né le 16 avril 1846 à Hagen (Prusse) résident en France depuis le 25 8ten [octobre] 1866 dans la commune de Lille rue de Paris No 99 depuis le 25 8ten [octobre] 1866 profession de femme de chambre, célibataire.

Vu le décret du 16 septembre 1870, concernant les étrangers appartenant aux puissances avec lesquelles la France se trouve actuellement en guerre, a l’honneur de solliciter de M. le Préfet du Nord l’autorisation spéciale prescrite par l’article 2 du décret, pour séjourner en France, dans la commune de Lille, Le 18 octobre 1870
(signature du demandeur)
Emma Hartwig

La demande ci-dessus est appuyée par les soussignés : 1o le sieur Monier-Leclercq, âge de 66 ans, profession de négociant demeurant à Lille rue de Paris No 99 : 2o le sieur Dechin âge de 31 ans, profession commis-négociant demeurant à Lille rue Massena 22 […], qui déclarant, sous leur responsabilité personnelle, bien connaitre la Md. Hartwig Emma et se porter garants de sa conduite. »

 

Monsieur Monier-Leclercq war Inhaber eines Bekleidungsgeschäftes und Emma Hartwig verwendete bei der weiteren Korrespondenz mit den Behörden auch sein Briefpapier, da sie in seinem Haushalt arbeitete.

Der Quellenfund gibt einen Überblick zu den Herkunftsgebieten, dem französischen Wohnsitz, der Verteilung und der Sozialstruktur der Deutschen des Departments Nord, einer französisch-belgischen Grenzregion. Besonders interessant sind die persönlichen Briefe an die Behörden, die oft über den üblichen Inhalt der standardisierten Bögen hinausgehen. Deutschstämmige Geschäftsleute oder Ladenbesitzer benutzten ihr Firmenbriefpapier und unterstrichen damit ihre Integration in das französische Wirtschaftsleben oder es wurden von den Antragstellern/Gewährspersonen Verbindungen zur französischen Armee betont. Diese Verbindungen zu Frankreich waren auch wichtige Faktoren, die bei einem anschließenden Einbürgerungsantrag ins Gewicht fallen konnten.

Die Schriftstücke verdeutlichen das Identitätsproblem, dem die Deutschen des Departments Nord nach Ausbruch des Krieges ausgesetzt waren. Diejenigen, die sich bis 1870 nicht einbürgern ließen, waren nun der Gefahr einer Ausweisung ausgesetzt und versuchten die Behörden von ihrer loyalen Haltung zu überzeugen.

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Zur weiteren Lektüre:

Dornel, Laurent, Être étranger en France à la fin du Second Empire, Migrance 35 (2010), S. 13-22.

König, Mareike, Les immigrés allemands à Paris 1870/71: entre expulsion, naturalisation et lutte sur les barricades, in: Migrance 35 (2010), S. 60-70. Autorenversion unter: http://halshs.archives-ouvertes.fr/halshs-00979336

Parisot, Guillaume, De la négociation comme instrument d’occupation pacifiée et d’exploitation économique efficace pendant la guerre de 1870–1871, in: Chanet, Jean-François / Crepin, Annie / Windler, Christian (Hg.), Le Temps des hommes doubles. Les arrangements face à l’occupation, de la Révolution francaise à la guerre de 1870, Rennes 2013, S. 279–302.

Rack, Katrin, Tagungsbericht: La Commune et les étrangers, 29.01.2010, DHI Paris.

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Abbildung: Jean-Baptiste-Édouard Detaille, Un officier de cavalerie française garde soldats bavarois capturés (1875) – Wikimedia Commons.

 

Quelle: http://19jhdhip.hypotheses.org/1769

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aventinus bavarica 23 [30.4.2012]: Gründe des bayerischen Eintrittes in den deutsch-französischen Krieg von 1870/71

http://www.aventinus-online.de/bavarica/neueste-geschichte/art/Gruende_des_bay/html/ca/df05230a2e201050928ede6b7b12d8c2/?tx_mediadb_pi1[maxItems]=10 Dem Beitritt Bayerns zum Deutschen Reich ging schon der Eintritt in den deutsch-französischen Krieg an der Seite Preußens als deutliches Zeichen in Richtung einer kleindeutschen Reichsgründung voraus. Aber warum folgte die bayerische Regierung überhaupt Preußen in den Krieg?

Quelle: http://www.einsichten-online.de/2012/04/2757/

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