Begeistert begrüßten große Teile der evangelischen Theologen im August 1914 den Beginn des Ersten Weltkriegs. Sie erhofften sich von diesem Krieg eine Vormachtstellung des Deutschen Reichs in Europa und damit verbunden einen Aufschwung für die evangelische Theologie und Frömmigkeit. Das deutsche Volk, so glaubten sie, könne mit Gottes Hilfe den Krieg gewinnen. 1918, nach dem Frieden von Compiègne und der deutschen Niederlage, standen viele Pfarrer vor einer existentiellen theologischen Krise: Musste das Kriegsende als Gericht Gottes über die Deutschen verstanden werden, weil diese sich nicht als würdiges Volk Gottes erwiesen hatten?
In meinem Forschungsprojekt frage ich nach den „Kriegsbildern“, also den theologischen Deutungen des Krieges, in protestantischen Predigten und Andachtsschriften aus Südwestdeutschland (heutige Gebiete Pfalz, Baden, Württemberg, Hessen und Elsass), die zwischen 1914 und 1918 entstanden sind. Wie deuteten Theologen das Kriegsgeschehen? Wie verbanden sie in ihren Texten politische Propaganda, aber auch seelsorgerliche Impulse, um ihrer Gemeinde den Sinn des Krieges und seine theologische Relevanz zu vermitteln?
Mein Quellenkorpus umfasst gedruckte und handschriftliche Predigten aus der Heimat und dem Feld sowie gedruckte Andachtsschriften, die im Krieg von kirchlichen Verlagen vertrieben und verbreitet wurden.
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