Systematik eines Urlaubs.


Was der Krieg Heinrich Echtermeyer lehrte.

Lukas Boch/Michael Boch

 

Bereits der erste überlieferte Feldpostbrief, den der Landwirt Heinrich Echtermeyer an seinen Bruder Bernhard schreibt, enthält die Bitte, ein Urlaubsgesuch beim örtlichen Amtmann einzureichen.[1] Diesen Wunsch formuliert er über seine gesamte Briefkorrespondenz hinweg immer wieder. In seinen überlieferten 58 Feldpostbriefen und Postkarten an seinen Bruder kommt das Wort „Urlaub“ in jedem dritten,[2] der Begriff „Gesuch“ in jeden fünften[3] Schreiben vor. Die enorme Wichtigkeit des Themas Urlaub lässt sich folglich schon an der schieren Quantität der Erwähnungen in seiner Korrespondenz erkennen. Dabei hat es den Anschein, als entwickele Echtermeyer regelrechte Gesuchsstrategien. Die Entwicklung dieses Systems manifestiert sich in den immer komplexer werdenden Anweisungen an seinen Bruder und wohl auch seine Frau, von denen wir über die Briefe an Bernhard Kenntnis erlangen. Offenbar ist für Echtermeyer ein Kompetenzzuwachs in einen Bereich nachzuweisen, den der Landwirt zuvor nicht berührte.

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Quelle: https://feldpost.hypotheses.org/875

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Gruppenzugehörigkeit als Bewältigungsstrategie.


Die Bedeutung kollektiver Erfahrungen

Maike Breuer

 

Die Soldaten des Ersten Weltkrieges wurden im Kriegsverlauf nicht selten mit Situationen konfrontiert, auf die sich nicht vorbereitet waren und die sie überforderten. Das individuelle Kriegserlebnis wurde von ihnen unterschiedlich verarbeitet. Für Gerd-Walter Fritsche, der sich schon früh der Erforschung von Feldpostbriefen widmete, hängt die Art und Weise, wie ein Mensch seine Kriegssituation bewertet, eng zusammen mit dem „eingegrenzten ,Rahmen‘, der durch die Zugehörigkeit zu bestimmten gesellschaftlichen Gruppierungen abgesteckt wurde“.[1] Auch die vielen Feldpostbriefe August Jaspers, die seine inneren Nöte und sein Bedürfnis, sich brieflich auszudrücken, widerspiegeln,[2] lassen verschiedene Gruppenbeziehungen erkennen; so bezieht er sich auf seine Mitmenschen an der Front, die Bekannten in der Heimat und seine Familie. Welchen Einfluss diese Gruppen auf den Soldaten und seine Beurteilung des Kriegsgeschehens hatten, ob der Kontakt zur Heimat zur Bewältigung seiner Probleme beitrug und einen Zusammenbruch August Jaspers verhinderte, wird im Folgenden zu erörtern sein.

Zahlreiche Briefe an seine Ehefrau Bernhardine dokumentieren, wie sehr seine Familienangehörigen auch aus der Ferne wichtige Bezugspersonen darstellen. So schreibt er häufig von seiner Sehnsucht nach ihnen[3] und seinem Heimweh, das er aufgrund des Krieges ertragen müsse.

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Quelle: https://feldpost.hypotheses.org/714

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Erst ich und dann die anderen?


Kameraden im Krieg

Niklas Costa Gouveia

 

„Ich habe es jetzt besser als  ihn die anderen noch hatte“,[1] berichtet Heinrich Echtermeyer seinem Bruder Bernhard in einem Feldpostbrief vom 25. Oktober 1916. Er hat soeben eine neue Position zugeteilt bekommen und kümmert sich nun um zwei Pferde und übernimmt Versorgungsaufgaben.[2] Bereits diese wenigen Worte machen deutlich, wie froh Echtermeyer über jede andere Art von Beschäftigung ist, solange er nicht im Schützengraben oder an der Front Dienst leisten muss. Es gefalle ihm „doch besser wie in Graben das Posten stehen“.[3] Es wirkt, als gehe es Echtermeyer in erster Linie um sein Wohl und als sei er nur wenig am Schicksal seiner Kameraden interessiert, die noch in vorderster Linie im Einsatz sind.

Echtermeyers Kompanie.
Echtermeyers Kompanie, Erinnerungsfoto.

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Quelle: https://feldpost.hypotheses.org/702

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„Na ohne Verluste kommen wir hier auch nicht weg“.


Abstumpfung als persönliche Schutzmauer im Krieg

Laura Olschewski

 

August Jasper ist ein gutes Beispiel für einen Soldaten, der im Ersten Weltkrieg darum bemüht war, die Geschehnisse nicht allzu nah an sich heranzulassen – dies wohl auch, um sich selbst zu schützen. Schon zu Beginn des Krieges gibt er sich gefasst,[1] schreibt seiner Frau gar, sie würden sich möglicherweise erst im Jenseits wiedersehen – als sei das eine völlig übliche Vorstellung.[2]

August Jasper an seine Frau Bernhardine, vom 13. Dezember 1914; erste Seite.
August Jasper an seine Frau Bernhardine, vom 13. Dezember 1914; erste Seite.
August Jasper an seine Frau Bernhardine, vom 13. Dezember 1914; erste Seite.
August Jasper an seine Frau Bernhardine, vom 13. Dezember 1914; erste Seite.

Zwar zeigt er sich fortwährend mit der Gesamtsituation unzufrieden, hofft beständig auf eine baldiges Ende des Krieges,[3] doch verliert er zu keinem Zeitpunkt ganz die Fassung – jedenfalls findet sich keine Stelle in den überlieferten Briefen, die dies dokumentieren würde –, gibt sich sogar zeitweise gleichgültig.

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Quelle: http://feldpost.hypotheses.org/587

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Feldpostkommunikation als Treuebeweis

Frederick Schattka

 

,,Und nun tausend Grüße und  Küsse von deinem lieben treuen Mann“.[1]­

Der erste Weltkrieg stellte eine große Herausforderung für die persönliche und intime Kommunikation in einer Ehe zwischen Frontsoldat und der Ehefrau Ehefrau in der Heimat dar.[2] Schließlich musste doch nun – und dies meist zum ersten Mal und über einen unbestimmten Zeitraum hinweg – die Kommunikation zwischen den Eheleuten schriftlich erfolgen. Daher überrascht es nicht, dass die Briefe August Jaspers an seine Frau Bernhardine zahlreiche direkte Treuebekundungen wie beispielsweise das häufig auftauchende „dein dir treuer Mann“ aus dem einführenden Zitat beinhalten.

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Vorder- und Rückseite des Briefes von August Jasper an seine Frau, geschrieben am 26.

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Quelle: https://feldpost.hypotheses.org/287

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