Gruppenzugehörigkeit als Bewältigungsstrategie.


Die Bedeutung kollektiver Erfahrungen

Maike Breuer

 

Die Soldaten des Ersten Weltkrieges wurden im Kriegsverlauf nicht selten mit Situationen konfrontiert, auf die sich nicht vorbereitet waren und die sie überforderten. Das individuelle Kriegserlebnis wurde von ihnen unterschiedlich verarbeitet. Für Gerd-Walter Fritsche, der sich schon früh der Erforschung von Feldpostbriefen widmete, hängt die Art und Weise, wie ein Mensch seine Kriegssituation bewertet, eng zusammen mit dem „eingegrenzten ,Rahmen‘, der durch die Zugehörigkeit zu bestimmten gesellschaftlichen Gruppierungen abgesteckt wurde“.[1] Auch die vielen Feldpostbriefe August Jaspers, die seine inneren Nöte und sein Bedürfnis, sich brieflich auszudrücken, widerspiegeln,[2] lassen verschiedene Gruppenbeziehungen erkennen; so bezieht er sich auf seine Mitmenschen an der Front, die Bekannten in der Heimat und seine Familie. Welchen Einfluss diese Gruppen auf den Soldaten und seine Beurteilung des Kriegsgeschehens hatten, ob der Kontakt zur Heimat zur Bewältigung seiner Probleme beitrug und einen Zusammenbruch August Jaspers verhinderte, wird im Folgenden zu erörtern sein.

Zahlreiche Briefe an seine Ehefrau Bernhardine dokumentieren, wie sehr seine Familienangehörigen auch aus der Ferne wichtige Bezugspersonen darstellen. So schreibt er häufig von seiner Sehnsucht nach ihnen[3] und seinem Heimweh, das er aufgrund des Krieges ertragen müsse.

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Quelle: https://feldpost.hypotheses.org/714

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„Na ohne Verluste kommen wir hier auch nicht weg“.


Abstumpfung als persönliche Schutzmauer im Krieg

Laura Olschewski

 

August Jasper ist ein gutes Beispiel für einen Soldaten, der im Ersten Weltkrieg darum bemüht war, die Geschehnisse nicht allzu nah an sich heranzulassen – dies wohl auch, um sich selbst zu schützen. Schon zu Beginn des Krieges gibt er sich gefasst,[1] schreibt seiner Frau gar, sie würden sich möglicherweise erst im Jenseits wiedersehen – als sei das eine völlig übliche Vorstellung.[2]

August Jasper an seine Frau Bernhardine, vom 13. Dezember 1914; erste Seite.
August Jasper an seine Frau Bernhardine, vom 13. Dezember 1914; erste Seite.
August Jasper an seine Frau Bernhardine, vom 13. Dezember 1914; erste Seite.
August Jasper an seine Frau Bernhardine, vom 13. Dezember 1914; erste Seite.

Zwar zeigt er sich fortwährend mit der Gesamtsituation unzufrieden, hofft beständig auf eine baldiges Ende des Krieges,[3] doch verliert er zu keinem Zeitpunkt ganz die Fassung – jedenfalls findet sich keine Stelle in den überlieferten Briefen, die dies dokumentieren würde –, gibt sich sogar zeitweise gleichgültig.

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Quelle: http://feldpost.hypotheses.org/587

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Kriegsgewinnler und Drückeberger


Die „verratene Front“ bei August Jasper

Lisa Peters

 

Der Topos der „verratenen Front“ hatte für den Diskurs um die deutsche Niederlage noch bis in den Zweiten Weltkrieg hinein große Bedeutung.[1] Seinen Ursprung fand er in der Rechtfertigungsideologie der politischen und militärischen Eliten des besiegten Kaiserreichs. Jegliche Schuld an der Niederlage von sich weisend, machten sie unter anderem Streiks in der Rüstungsindustrie (die auf die Sozialdemokraten und Gewerkschaften zurückgingen) sowie eine mangelhafte Unterstützung durch eine vermeintlich kriegsmüde „Heimatfront“ verantwortlich.[2] Wenngleich dieser Topos inzwischen als ideologisch gefärbt dekonstruiert wurde,[3] erscheint es vor diesem Hintergrund als besonders interessant, dass auch August Jasper sich in seinen Briefen an seine Frau Bernhardine wiederholt kritisch über eine mangelnde Solidarität in der Heimat mit den kämpfenden Soldaten beklagt. Fern der obrigkeitlichen Diskurse gewähren seine Aussagen einen Einblick in die diesbezüglichen Vorstellungen und Deutungen eines einfachen Soldaten, bevor sie durch die Rechtfertigungsideologie der Nachkriegszeit beeinflusst wurden.

Die soldatische Gemeinschaft steht den Drückebergern und Kriegsgewinnlern entgegen. Hier zu sehen auf Postkarten von August Jasper (18.8.1917)

Die soldatische Gemeinschaft steht den Drückebergern und Kriegsgewinnlern entgegen. Hier zu sehen auf Postkarten von August Jasper (18.8.1917)
Die soldatische Gemeinschaft steht den Drückebergern und Kriegsgewinnlern gegenüber.

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Quelle: https://feldpost.hypotheses.org/87

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Veränderung der Identifikation mit dem Vaterland während des Krieges

Dimitrij Schaf

August Jasper an Bernhardine Jasper, 5. August 1914.
August Jasper an Bernhardine Jasper, 5. August 1914.

„Weine doch nicht, daß ich fort bin, denn es geht ja fürs deutsche Vaterland“,[1] schreibt August Jasper in einem seiner ersten Briefe an seine Frau Bernhardine am 2. August 1914. Damit erweckt er zunächst den Eindruck, ebenfalls vom „Geiste von 1914“[2] durchdrungen und davon überzeugt gewesen zu sein, die Heimat im Krieg verteidigen zu müssen. Seine anfängliche Euphorie schwand allerdings bereits im November desselben Jahres, da der Krieg für ihn unvorhersehbar lange und zäh verläuft.[3] Die rasche Desillusionierung[4] führte bei Jasper zu einem Identifikationsproblem mit dem Vaterland.[5]

Im Gegensatz zu den millionenfachen Freiwilligenmeldungen zählte August Jasper zu denjenigen, die mit Kriegsbeginn zum Kriegsdienst abkommandiert wurden.

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Quelle: http://feldpost.hypotheses.org/82

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