Im Jahr 1528 brechen Diebe in die Kirche des Augustinerstifts St. Victor vor den Toren von Paris ein. Sie rauben heilige Wertgegenstände – aber entfernen zuvor andächtig die Hostien und legen sie mit großen rituellen Vorkehrungen auf den Altar. Das versetzt auch zeitgenössische Beobachter in Erstaunen. Was sagen diese Handlungen über die Glaubenswelt der Räuber zu einer Zeit, als sich in Paris bereits evangelische Ideen ausbreiten? Und wie reagieren die Augustinerchorherren auf den ungeheuerlichen Vorgang? Der Vorfall ereignet sich in der Nacht vom 28. Mai. Es gibt keine Zeugen, nur die Spuren der Verwüstung werden den Chorherren am Morgen danach ersichtlich. Einer der Augustiner, der 46-jährige Kämmerer Pierre Driart, berichtet in seinen tagebuchartigen Aufzeichungen über den Raub: “In der Nacht von Donnerstag, dem 28. Tag des genannten Monats, eine Woche nach Christi Himmelfahrt, drangen mehrere diebische Übeltäter, nachdem die Matutin des Festes von Saint-Germain, Bischof von Paris, gebetet worden war, mit einer bewaffneten Gruppe über die Mauern des Kirchhofs in die Kirche ein und zwar über eine der Kapellen auf der Seite des Kirchturms, in der noch keine Fenster eingebaut waren. Sie nahmen den Tabernakel und den Kelch dort, wo der kostbare Leib unseres Herrn auf dem Altar war, hinter […]