BildGeschichte #4: Der Sterbesessel Friedrichs des Großen im Schloss Sanssouci

Viele Legenden ranken sich um den Sterbesessel Friedrichs des Großen, der zu den wenigen originalen Möbeln in Schoss Sanssouci gehört. Der König verbrachte in ihm die letzten Wochen seines Lebens und starb darin am 17. August 1786 gegen vier Uhr morgens. Nach seinem Tod, heißt es, habe sein Nachfolger Friedrich Wilhelm II. den Sessel weggegeben. Doch einem Bericht im „Journal des Luxus und der Moden“ zufolge zogen Besucher in Sanssouci noch im April 1787 Pferdehaare aus dem Sterbesessel. Dann wieder hört man, er soll 1798 dem damaligen Kammerhusaren Neumann geschenkt worden sein. Und 1810 schließlich: Der Stuhl sei, in einer Berliner Zeitung zum Verkauf angeboten, von Prinz August von Preußen (1779-1843) erworben und nach dessen Tod 1843 in Sanssouci aufgestellt worden. In dieser Zeit war er „in Übereinstimmung mit der roten Textilausstattung des Raumes mit rotem Taft ausgestattet.“[1]



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Quelle: http://recs.hypotheses.org/601

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BildGeschichte #3: Friedrich Jügels und Heinrich Anton Dählings „Napoleon am Sarkophag Friedrichs II.“

Napoleon_Grab Friedrich II._klein

Friedrich Jügel nach Heinrich Anton Dähling, Kupferstich, 13×18 cm, Foto: Roland Handrick, Copyright: SPSG

Die Darstellung zeigt den wichtigsten Moment von Napoleons Aufenthalt in Potsdam, den 25. Oktober 1806; die Bildunterschrift nennt das Datum. Der Kaiser der Franzosen war am Vortag, von den Schlachtfeldern bei Jena und Auerstedt kommend, in der Stadt angelangt. Er war im Stadtschloss abgestiegen, hatte dort „sogleich“ die ehemaligen Zimmer Friedrichs des Großen besehen und sich noch am Abend dessen Räume im Neuen Palais und in Schloss Sanssouci angeschaut.

„Er fand die Lage und die Einrichtung des Schlosses Sanssouci sehr angenehm“, wie es einen Tag später im 17. Bulletin der Großen Armee hieß. Der Kaiser habe einige Zeit im Zimmer Friedrichs des Großen verweilt, das „noch eben so eingerichtet und meublirt“ sei, wie bei seinem Tode – was nicht stimmte. Friedrichs „Geist, sein Genie und seine Wünsche“, so das Bulletin, seien mit Frankreich, „mit der Nation, welche er so sehr schätzte und von welcher er sagte, daß, wenn er ihr König wäre, so würde kein Kanonenschuß ohne seine Erlaubniß in Europa geschehen.

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Quelle: https://recs.hypotheses.org/579

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BildGeschichte #2: Antoine Pesnes „Galante Szene“

Antoine Pesne, Öl auf Leinwand, 30,5 x 44,5 cm, GK I 11832, Foto Jörg P. Anders, Copyright: SPSG

Wir wissen nicht genau wann und für wen der im Mai 1683 in Paris geborene Antoine Pesne dieses kleine erotische Bild gemalt hat. Allein dass er es malte, ist sicher. Dies lässt sich an der typischen Malweise mit locker gesetzten Lichtern erkennen und daran, wie die Figuren gestaltet sind. Dagegen ist das Thema in seiner drastischen Darstellung, soweit heute bekannt, einzigartig in seinem erhaltenen Werk.

Pesne, der 1711 als Hofmaler Friedrichs I. nach Berlin kam, war bei dem ersten preußischen König und dessen Sohn Friedrich Wilhelm vor allem wegen der Porträts beliebt, die er von der Familie und anderen Personen am Hof anfertigte. Kronprinz Friedrich II.

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Quelle: https://recs.hypotheses.org/542

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Historische Filmkritik: Fridericus (1937)

von Sven Eichholt Der Film „Fridericus“ von Johannes Meyer nach dem Drehbuch von Walter von Molo thematisiert das Ende des Siebenjährigen Krieges (1756–1763) und bemüht sich hierbei nicht um historische Präzision. Stattdessen werden die Angriffskriege Friedrichs II. nachträglich legitimiert, wie der dem Film vorangestellte Text erkennen lässt: „Eingekreist von den erbeingesessenen Großmächten Europas ringt das aufstrebende Preussen seit Jahrzehnten um sein Lebensrecht. Zum Erstaunen der ganzen Welt hat sich der Preussenkönig, erst verlacht, dann gefürchtet, jahrelang gegen eine vielfache Übermacht behauptet. Jetzt aber scheint … Historische Filmkritik: Fridericus (1937) weiterlesen

Quelle: http://beruf.hypotheses.org/361

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(9) Ohne jüdische Akteure kein Preußen

Die brandenburgisch-preußische Judenpolitik war seit dem Edikt von 1671 auf Wandel und Handel ausgerichtet. Neben anderen Einwanderungsgruppen wurden insbesondere jüdische Familien, wegen ihrer Handelserfahrungen und ihres Kapitals angeworben. Brandenburg-Preußen zwang seine jüdischen Familien durch eine vielfältige Steuern- und Abgabenpolitik dazu. Dazu wurden jüdische Familien statistisch erfasst, sozial kategorisiert und kontinuierlich durch Edikte, erneuerte Privilegien und Ordnungen um weitere oder höhere Sonderabgaben belangt, die dann letztmalig 1750 unter Friedrich II. allgemein gültig und detailliert festgeschrieben wurden. Diese Bestimmungen und Forderungen führten zu großen finanziellen Belastungen, sozialen Krisen und Existenzängsten der jüdischen Familien. So bedeuteten die nach dem 7-jährigen Krieg (1756-1763) geforderten Zwangsbeiträge und Zwangsexporte für viele jüdische Familien den sozialen Abstieg und somit auch die Aufhebung ihres Schutzes in Preußen.

Die Verarmung vieler jüdischer Gemeinden zum Ende der Regierungszeit Friedrich II. soll allerdings um Schenk zu widersprechen nicht zum Anlass genommen werden die gesamt-wirtschaftliche Bedeutung durch die jüdische Einwanderung zu unterschätzen (vgl.

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Quelle: http://germanjews.hypotheses.org/102

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(8) Manufakturen für den preußischen Bedarf und Export

Schon in der Regierungszeit Friedrich I. gab es zahlreiche Versuche, Manufakturen zu gründen, allerdings noch ohne großen Erfolg. Wahrscheinlich fehlte es zu dieser Zeit an Verlegern, die für Rohmaterialien und effiziente Geräte sorgten, oder an Händlern und Zwischenhändlern, die die Produkte im In- und Ausland verkaufen konnten. Erst unter Friedrich II. war Preußen ökonomisch so stabilisiert, dass es durch jüdische Familien ein großes Netz an Gewerbetreibenden und  Unternehmern mit dem nötigen Kapital besaß. Zudem war für Friedrich II. die Industrie die Quelle von Handel, Exporten und staatlicher Wohlfahrt insgesamt. (Vgl. Stern 1971a, S. 182).

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Quelle: http://germanjews.hypotheses.org/99

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(7) Handel auf dem Land

Bevor die Bedeutung der Versorgung von Städten und Dörfern durch jüdische Händlerfamilien beleuchtet wird, sei auf die unterschiedlichen ökonomischen Traditionen und Schichtungen der jüdischen Gemeinden in den Landesteilen Preußens hingewiesen: Während in der Neu- und Kurmark, in Pommern, Ostpreußen und in Magdeburg längerfristige Wiederansiedlungen erst während der Regierungszeit des „Großen Kurfürsten“ zu verzeichnen waren, teilten in den Provinzen Preußen, Mark, Kleve und Halberstadt jüdische Familien bereits seit Jahrhunderten das wirtschaftliche Leben der Christen. Im hinzugewonnen Schlesien konnten jüdische Familien unter den milden piastischen Regierungen sogar Grundstücke und Landgüter erwerben und besaßen viele Freiheiten und Rechte ähnlich wie in Polen und Ungarn. Die jüdischen Gemeinden waren dort in ihrem politischen und kulturellen Leben in einem sehr hohen Grad autonom. (Vgl. Stern 1971a, S. 27ff.)

Grundsätzlich problematisch in der Erforschung ländlicher Siedlungen ist zum einen die geringe Quellenlage, zum anderen die willkürliche begriffliche Unterscheidung zwischen Dörfern und Städten, da Städte agrarisch geprägt und Dörfer oder Flecken größer als Städte sein konnten (vgl. Jersch-Wenzel 1997, S. 81).

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Quelle: http://germanjews.hypotheses.org/97

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Breitseiten und Rohrkrepierer – zum Verhältnis von Feuilleton, Plagiat und historischem Sachbuch

Rohrkrepierer

Rohrkrepierer einer vermutlich österreichisch-ungarischen Feldhaubitze des Ersten Weltkrieges. Ort und Datum der Aufnahme sind unbekannt; ebenso, ob das Rohr überhitzt oder verzogen war.
Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rohrkrepierer.png

Sicher ist auch in der gegenwärtigen, sich immer heißer laufenden Plagiatsdiskussion „für die Klebefähigkeit von übler Nachrede [...] irgendein Haftgrund nötig.“[1] Dass diese Aussage, die Olaf B. Rader in Bezug auf die dem Staufer Friedrich II. nachgesagten Untaten formulierte, auch für ihn zutrifft, liegt an dem leicht vermeidbaren, sicher illegitimen Umgang mit Wikipediazitaten und Bildern aus den Wikimedia Commons in dem von ihm verantworteten Teil des Sachbuchs über „Große Seeschlachten: Wendepunkte der Weltgeschichte“. Die vor zwei Wochen in Gang gesetzte Diskussion kann etwa hier und hier und hier nachgelesen werden, um nur einige der wissenschaftlichen oder doch wissenschaftsnahen Blogs zu benennen. Das Nachverfolgen der Meldungen in den Online-Auftritten etablierter Zeitungen konnte man sich im Großen und Ganzen sparen (mit Ausnahme der NZZ), da dort immer wieder dasselbe kolportiert wurde; im (Online-) Journalismus ja gängige Praxis und keineswegs todeswürdiges Verbrechen.

Doch durch den gestrigen Beitrag des New Yorker Feuilletonkorrespondenten der FAZ, Patrick Bahners, bekommt die Diskussion eine neue Qualität, wenn auch kein höheres Niveau: Die Vorwürfe werden auf frühere Bücher Raders ausgeweitet, darunter die umfangreiche Biographie über Friedrich II. und auch deren Kurzvariante, die in der bekannten Reihe Beck Wissen erschienen ist; keineswegs klar erkennbar ist immer, auf welche der beiden Monographien sich der Vorwurf konkret bezieht. Beleg dafür seien Recherchen Kathrin Passigs, die aber nirgends öffentlich einsehbar sind. Verwiesen wird auf eine laienhafte Internetseite über die ‚falschen Friedriche‘, deren aus einer rechtshistorischen Publikation von 1951[2] basierende Argumentationsstruktur Rader direkt übernehmen soll. Als Beleg wird die Formulierung „in die Knie zwingen“ herangezogen, die der Angeklagte als „auf die Knie zwingen“ variiert. Außerdem sei er gar nicht den kriminalpsychologischen Differenzierungen der ursprünglichen Quelle gefolgt. Tatsächlich, in Chronologie und einzelnen Formulierungen gibt es Ähnlichkeiten zwischen Raders Text und der Internetseite, aber eben auch des Buchs von 1951. Der aktuelle Forschungsstand dürfte anders aussehen, das sei konzediert. Doch ob hier Radbruch/Gwinner die Vorlage ist oder die Internetseite, ist nicht zu entscheiden. Und müssen die drei Seiten (104-106) des Beck-Wissen-Bändchens zum Aspekt der falschen Friedriche wirklich mehr liefern als Faktenwissen?

Was hier also für Bahners ein Manko, ja ein klares Indiz für Raders ‚Trivialitäten‘ ist, wird in der zweiten transatlantischen Breitseite zum Anlass für Kritik: Denn hier folgt der Berliner Historiker nun wieder zu sehr (und doch nicht genug!) der Literatur, auf die in der Friedrichsbiographie durchaus verwiesen wird. Es geht um den Aspekt der Waffenmode um 1200, sicher ein äußerst untergeordneter Aspekt in einer Biographie des Stauferkaisers, sollte man meinen. In einem sich gewichtig gebenden Textvergleich werden also einige Zitate Raders neben solche aus einem wissenschaftlichen Beitrag zur Stauferausstellung von 1977 gereiht, auf die sich der Biograph ja bezogen hat. Manche Zitate Raders sind sehr eng an den 35 Jahre alten Artikel angelehnt, manche weniger, was prompt vom Feuilletonisten stilistisch bekrittelt („Man wundert sich, inwiefern wallende, buntbestickte Röcke für einen schlichten Stil stehen können“) und zugleich hyperkorrekt in die Entwicklung der Kriegsmode zwischen 1150 und 1250 eingereiht wird. Fraglich bleibt, ob man solche Details in der von Bahners vorgeschlagenen Breite in einer Biographie des Sizilianers auf dem Kaiserthron lesen möchte und ob Rader hier nicht das Recht, ja die Pflicht zur Kondensierung hat, die fast immer mit Präzisionsverlust einhergeht.

Doch es wird noch investigativer: Rader habe den Leser glauben machen wollen, vor 1150 habe man wohl mit freiem Oberkörper gekämpft, so unpräzise seien seine Formulierungen. Allein, schreibt Rader das? Ihm geht es um das (langärmelige) Panzerhemd mit Handschuhen und Kapuze, das in dieser Zeit aufkommt, kein Widerspruch zur zitierten Literatur. Die Existenz von Kettenhemden vor 1150 dürfte jedem bekannt sein, der einmal ein Bild des Teppichs von Bayeux gesehen hat. Mag man bei den falschen Friedrichen noch ein ungutes Gefühl bei Raders Vorgehen haben, hier baut Bahners einen Pappkameraden auf. Man merkt die Absicht und ist dann noch verstimmter, wenn es etwas nonchalant, nämlich belegfrei weitergeht: Auch stilistisch sei Rader ein Blender, dem regelmäßig Grammatikfehler unterlaufen; alle bisherigen Rezensenten behaupten das Gegenteil, doch geschenkt: de gustibus. Dann wird noch im Vorbeigehen die Mittelalterarchäologie zur wissenschaftlich nicht satisfaktionsfähigen Disziplin herabgewürdigt, derer sich Rader nicht hätte bedienen dürfen. Und schließlich hat er wiederum einen Absatz zum Einfluss der orientalischen Mode nicht aufgenommen, der sich doch hätte aufdrängen müssen.

Dem Leser Bahners seinerseits stellt sich spätestens jetzt die Frage: Was will der Autor des FAZ-Artikels eigentlich erreichen? Mit jahrelanger Verspätung die Rezension schreiben, die schon 2010 – mit sehr positivem, aber nicht unkritischem Tenor und einer Würdigung der Gesamtthese des Buchs – Andreas Kilb in derselben Zeitung übernommen hat? Das Buch wurde ja auch andernorts im Feuilleton gelobt. Raders Buch ist auch im Fach durchweg positiv besprochen worden.[3] Nun, dann wäre es nur eine der Besprechungen, bei denen sich der Rezensent an Quisquilien abarbeitet, aber zum Gehalt des Buches nichts sagen kann oder will. Da aber der Artikel Bahners‘ im Kontext der Diskussion der letzten zwei Wochen über Raders Versäumnisse und Fehler im Seeschlachten-Buch steht, ist der Sachverhalt nicht so einfach. Dies wird auch am nur als diffamierend zu nennenden Schlusssatz des FAZ-Artikels deutlich. Hier soll eine Breitseite ad personam abgefeuert werden, die Diskreditierung Raders als Historiker wird mindestens billigend in Kauf genommen. Um den Ansatz seiner Bücher, um eine Typologisierung zu einem klareren Verständnis der historischen Figur Friedrichs II. und einer zugehörigen Erinnerungeschichte des Staufers, geht es mit keinem Wort. Dass er auch komplizierte Sachverhalte eingängig vermitteln kann, egal: Eine weitere Umdrehung an der Skandalschraube ist zu verlockend, und seien die Vorwürfe – zum jetzigen Stand der Beweislage bezüglich der Friedrichsbiographien – auch minimal fundiert, kleinkariert oder weit hergeholt. Hier wäre die Kärrnerarbeit der verschiedenen Plagiatsplattformen ein Beitrag zur Versachlichung und Substantiierung der Diskussion, bevor gelinde gesagt tollkühn Autoren als Betrüger abqualifiziert werden. Man mag zu diesem neuen deutschen Online-Hobby stehen wie man will: Auf eine kritische Masse von Belegen für unseriöses Vorgehen wird dort bestanden, bevor eine Plagiatsprüfung öffentlich gemacht wird. Im FAZ-Beitrag wird hingegen bei dünnster Faktenlage ein Verdikt formuliert.

Aber es geht nicht nur um die Invektiven gegen Olaf Rader und die fehlende Transparenz der Vorwürfe durch ein Plagiatswiki. In einem Aspekt trifft Bahners Artikel einen wunden Punkt, das Verhältnis von Geschichtswissenschaft und Sachbuch. Welcher Fachhistoriker würde von einem für ein breites Publikum geschriebenen Buch wie dem zu den Seeschlachten, aber auch eines kleinen Beck-Wissen-Bändchens die absolute Präzision und Forschungsnähe erwarten, die die Verlagswerbung suggeriert? Wenn Beck nicht den Unterschied zwischen einer akademischen Qualifikationsarbeit, einer hoch spezialisierten Fachmonographie und einer Publikation mit breiter Zielgruppe (oft ganz ohne Fußnoten, übrigens) zugeben will, ist das allenfalls kaufmännisch zu erklären. Zugleich: Wer kann sich vorstellen, dass Beck ein klar auf Breitenwirkung angelegtes Buch – sei es zu Friedrich II., sei es zu Seeschlachten in der Weltgeschichte – akzeptieren würde, das hinter jeden Satz eine Fußnote setzt und Beleg auf Beleg schichtet? Gut lesbar, da ist Bahners zuzustimmen, sind Spezialmonographien der Forschung quasi nie. Wenn aber der künftige öffentliche Umgang mit Sachbüchern durch diesen Fall präjudiziert wird, welcher Fachhistoriker wird sich noch daran setzen, für ein breites Publikum zu schreiben? Da bleibt man doch lieber im Gärtchen des eigenen Spezialthemas und schreibt gelehrte Abhandlungen mit einem überschaubaren Rezipientenkreis selbst innerhalb des Fachs, anstelle das Risiko der öffentlichen Hinrichtung einzugehen, die gerade an Rader versucht wird. Dasselbe Feuilleton, das sich jetzt darauf kapriziert, Paraphrasen gegenzuprüfen und Sätze zu googlen, wird sich dann wieder über die Unlesbarkeit der deutschsprachigen Geschichtswissenschaft beklagen und mehr Mut der historischen Zunft einfordern. Übermut wird man nach dieser Diskussion und ihrer sich abzeichnenden Stoßrichtung sagen müssen. Nicht fehlen wird auch das Lob der anglophonen Kollegen, die so packend schreiben, während die deutschen Historiker/innen ihren Fußnotenfetischismus pflegen.

Aber ja, und auch das ist ein Punkt: Wie wäre es, Bücher wieder mehr zu lesen und über ihre Thesen zu reden und weniger ihre Satzfragmente zu googlen? Nein, das ist kein Aufruf zur Legalisierung des Plagiats in der Geschichtswissenschaft und auch nicht im historischen Sachbuch. Und tatsächlich fehlt eine Klärung des Verhältnisses von Fachwissenschaft, breiter angelegter Wissenschaftsvermittlung und neuen Medien wie Wikipedia, egal, welche internen Diskussionen der Wikipedianer es bereits gegeben hat. Und es bleibt kritikwürdig, was Rader im Seeschlachtenbuch getan hat.
Aber eine rein auf formale Aspekte abzielende Kritik verfehlt den Kern des Schreibens über Geschichte; wer Thesen nicht durchdenken, einordnen und abwägen will und stattdessen ausschließlich Belegstellen zählt und Paraphrasen prüft, macht es sich zu bequem. Sicher, mit weniger (intellektuellem) Aufwand gelangt man kaum in die Position des rückhaltlosen Aufklärers. Mehr als ein Skandälchen für zwei Wochen (mit allerdings fatalen und möglicherweise langfristigen Folgen für verschiedene Beteiligte, aber auch die Präsenz historischer Forschung in der Öffentlichkeit) kommt dabei aber nicht heraus. Mit den vorliegenden Begründungen ist die vernichtende Kritik an Raders Friedrichsbiographien durch Patrick Bahners kein Volltreffer, sondern ein Rohrkrepierer.

 

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[1] Olaf B. Rader: Friedrich II.: Der Sizilianer auf dem Kaiserthron, München 2010, S. 230.

[2] Gustav Radbruch, Heinrich Gwinner: Geschichte des Verbrechens. Versuch einer historischen Kriminologie, Stuttgart 1951.

[3] Vgl. auch Julia Becker, Rez. zu: Olaf B. Rader, Friedrich II. Der Sizilianer auf dem Kaiserthron. Eine Biographie, München (C.H. Beck) 2010, in: QFIAB 91 (2011), S. 503f.

Quelle: http://mittelalter.hypotheses.org/3652

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