Beflügelte Bilderfahrzeuge für und wider Krieg und Faschismus

Beflügelte Bilderfahrzeuge für und wider Krieg und Faschismus

 

Länder und Meere sind auf Marken nur die Provinzen, Könige nur die Söldner der Ziffern, die nach Gefallen ihre Farbe über sie ausgießen. Briefmarkenalben sind magische Nachschlagewerke, die Zahlen der Monarchen und Paläste, der Tiere und Allegorien und Staaten sind in ihnen niedergelegt. Der Postverkehr beruht auf deren Harmonie wie auf den Harmonien der himmlischen Zahlen der Verkehr der Planeten beruht.

Walter Benjamin[1]

Abb. 1: Ein magisches Nachschlagewerk. Foto: Fernando Esposito, Lizenz: CC BY-SA 3.

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Quelle: https://visual-history.de/2020/05/18/befluegelte-bilderfahrzeuge-fuer-und-wider-krieg-und-faschismus/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=befluegelte-bilderfahrzeuge-fuer-und-wider-krieg-und-faschismus

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Zwischen Nationalstolz und Ideologie

Abb. 115 aus: Heinrich Schepelmann, Aufgaben und Organisation der Luftwaffe, in: Johannes Poeschel (Hrsg.), Ins Reich der Lüfte. Einführung in die Luftfahrt, 4. völlig neubearbeitete Auflage, Leipzig 1936.

Nach dem Ersten Weltkrieg gründeten ehemalige Militärpiloten und Beobachter[1] private Luftbildfirmen, um einerseits dadurch der drohenden Arbeitslosigkeit zu entgehen, andererseits die in der Bevölkerung und der Wissenschaft größtenteils unbekannte fotografische Sichtweise von oben kommerziell zu verwerten. 1919 entstanden die Luftbild G.m.b.H. sowie eine spezielle Abteilung innerhalb der Deutschen Luft-Reederei G.m.b.H., beide in Berlin.[2]

Anfänglich, aufgrund der Konfiskation der technischen Ausstattung durch die Alliierten, lediglich zu theoretischen Arbeiten gezwungen, konnten die Unternehmen erst mit der allmählichen politischen und wirtschaftlichen Konsolidierung – letztere vor allem durch die Währungsreform Ende 1923 bedingt – zur praktischen Betätigung übergehen. Folgend sollen hier die nichtwissenschaftliche Verwertung der entstandenen Schrägluftaufnahmen[3] in den Fokus gerückt und anhand von exemplarisch ausgewählten zeitgenössischen Publikationen die Entwicklungstendenzen dargestellt werden.[4]

Die Luftbild G.m.b.H. publizierte als Erste im hier betrachteten Zeitraum ein Album mit zwölf Kupfertiefdrucktafeln, das unkommentiert bekannte Bauwerke Berlins aus der Luft präsentierte.[5] 1924 erschien ein Buch, herausgegeben von Paul Kaufmann, in dem erstmals Luftbilder illustratorisch den Text über die zu diesem Zeitpunkt noch besetzten Westgebiete an Rhein, Ruhr und Saar ergänzten.[6] Die vier Aufnahmen sollten zusammen mit dem auf die Hervorhebung der gemeinsamen Geschichte abzielenden Text sowie weiteren 24 Fotografien die kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung der Regionen für Deutschland vor Augen führen. Deshalb zeigten drei der Luftaufnahmen als Symbole für den umfassenden Wandel und das einende, das identitätsstiftende Charakteristikum dieser Regionen moderne Zechen (Abb. 1).

Tafel 6 aus dem Werk: Paul Kaufmann (Hrsg.), 1000 Jahre Deutschtum an Rhein/ Ruhr/ Saar, Berlin 1924.

Tafel 6 aus dem Werk: Paul Kaufmann (Hrsg.), 1000 Jahre Deutschtum an Rhein/ Ruhr/ Saar, Berlin 1924.

Ebenso wie das Werk „Deutschland aus der Vogelschau“[7] von Erich Ewald mit 250 Luftaufnahmen wollte auch Kaufmanns Publikation vermitteln, wie stolz die Deutschen auf diese von ihnen geschaffenen Landschaften sein konnten. Diese Bücher lassen sich somit als Versuch interpretieren, den deutschen Lesern ihren Nationalstolz zurückzugeben. Schließlich hatten die hohen Reparationsforderungen und die Demütigung des verlorenen Kriegs Spuren am Selbstwertgefühl der Bevölkerung hinterlassen.

Zur emotionalen Stärkung zielten die Ausführungen Ewalds daher auf die Vermittlung eines gemeinsamen historischen Erbes: „Auch in unserer Zeit soll der Gedanke lebendig bleiben, daß eins uns alle zusammenschließt: Heimat und Volk.“[8] Vor allem das Wesen des Deutschen und seine kulturellen Ambitionen hätten in Jahrhunderten zu den morphologischen Veränderungen der Landschaften geführt, die geografisch bedingt unterschiedliche Resultate zeitigen würden. Durch diese Kontextualisierung protestierte man in den Büchern metaphorisch gegen die fremden Besatzer sowie den Deutschland auferlegten Versailler Vertrag und appellierte an den Durchhaltewillen der Bevölkerung. Gleichzeitig wurden die Fotografien durch die Verknüpfung mit pathetischen Texten in der redaktionellen Gestaltung stark emotionalisiert: „Eine riesenhafte Aufgabe wächst aus diesen Bildern hervor in unser Herz: Deutschland!“[9]

Jahre später versuchte der Kulturphilosoph Eugen Diesel, die deutsche Landschaft auf sachlicher Ebene zu erfassen.[10] Die von ihm gewählten Aufnahmen sind unprätentiös und werden von Bildunterschriften begleitet, die meist nur eine knappe Beschreibung der Motive darstellen (siehe die Bildunterschrift unter Abb. 2). Diesel betonte wie Ewald die historischen Zusammenhänge, ging aber noch einen Schritt weiter: „Ich glaube, daß meine Arbeit als ein Beitrag zu den Bestrebungen angesehen werden darf, unser Land nicht nur als geographische Tatsache, als wirtschaftlichen und politischen ‚Lebensraum‘ zu sehen, sondern auch als ein durch Wesen und Willen formbares Gebilde von höherem Rang.“[11]

Die Abbildung mit der Nummer 172 aus dem Buch: Eugen Diesel, Das Land der Deutschen. Mit 2 Karten und 481 Abbildungen vorwiegend nach Luftaufnahmen von Robert Petschow, Volksausgabe, Leipzig 1933.

Die Abbildung mit der Nummer 172 aus dem Buch: Eugen Diesel, Das Land der Deutschen. Mit 2 Karten und 481 Abbildungen vorwiegend nach Luftaufnahmen von Robert Petschow, Volksausgabe, Leipzig 1933.

Mit seinem Werk kritisierte Diesel aber gleichzeitig die aktuelle Entwicklung in der Gesellschaft, die von einer immer stärker divergierenden Kluft zwischen reichen und den armen Schichten geprägt sei, was wiederum zu kritischen Auseinandersetzungen mit der zunehmenden Technisierung und dem Wirtschaftssystem führe. Immer wieder wurde daher in den Luftbildbänden an ein geeintes Bewältigen der Probleme appelliert. Karl Scheffler, der wie Ewald stärker die emotionale Ebene betonte, fasste es 1933 wie folgt zusammen: „Das ist der Sinn dieses Buches: es will dem Gedanken der geistigen, der kulturellen Einheit dienen – im vielfältig gestalteten deutschen Vaterlande und im vielfältig bewegten deutschen Menschen. Es will die Liebe zu Deutschland vertiefen durch den Blick aus der Höhe.“[12]

Mit der Regierungsübernahme der NSDAP bekam die militärische Komponente in der Verwendung der Luftbilder eine stärkere Bedeutung. So sollte vor allem die Jugend mit Hilfe der Literatur und entsprechenden Luftaufnahmen an das Flugwesen herangeführt werden.[13] Neben den fortgesetzten Protesten gegen den Versailler Vertrag propagierte man in den Publikationen, dass nur ein intaktes, selbstbestimmtes und kraftvolles Volk in der Lage sei, sich selbst zu helfen und mit seiner Willensstärke die Zukunft gewinnbringend zu beeinflussen.

In den kommenden Jahren wurden wiederholt diese Sujets aufgegriffen und um „die großen Aufgaben, die durch die Neuordnung des deutschen Wirtschaftsraumes im Rahmen des Aufbauwerks des Führers gestellt sind“,[14] erweitert. Parallel demonstrierte man nun auch – nach der Offenlegung der militärischen Luftrüstung – ganz offen militärische Stärke (Abb. 3).

Abb. 115 aus: Heinrich Schepelmann, Aufgaben und Organisation der Luftwaffe, in: Johannes Poeschel (Hrsg.), Ins Reich der Lüfte. Einführung in die Luftfahrt, 4. völlig neubearbeitete Auflage, Leipzig 1936.

Abb. 115 aus: Heinrich Schepelmann, Aufgaben und Organisation der Luftwaffe, in: Johannes Poeschel (Hrsg.), Ins Reich der Lüfte. Einführung in die Luftfahrt, 4. völlig neubearbeitete Auflage, Leipzig 1936.

Dies gipfelte zu Beginn des Zweiten Weltkriegs in aerofotografischen Gegenüberstellungen der eroberten mit den deutschen Gebieten in Fachzeitschriften, um die Veränderungen durch die „deutsche Kulturarbeit“ zu dokumentieren.[15] Dieselben Charakteristika, die zur wissenschaftlichen Verwertung der Luftaufnahmen dienten, führten nun zur Instrumentalisierung für die Ziele des NS-Regimes.

Deutlich wird anhand der oben angeführten Beispiele, dass Fotografien oft erst im Zuge ihrer Verwertung mit einer Bedeutung aufgeladen werden. Ein ursprünglich nicht für die Kunst entwickeltes Medium etablierte man nach dem Ersten Weltkrieg in ästhetisch ansprechenden Publikationen für unterschiedliche Zwecke, die mit wissenschaftlichen, emotionalen, künstlerischen oder politisch-ideologischen Zielen verknüpft sein konnten. Durch die Zusammenstellungen kontextualisierten die Autoren die Bilder mithilfe der dazugehörigen Texte neu und kreierten das imaginäre Bild von Deutschland, das ihren jeweiligen Wünschen entsprach.

 

Institution: Deutsches Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte, Bildarchiv Foto Marburg / Kunstgeschichtliches Institut der Universität Marburg
Betreuer: Prof. Dr. Hubert Locher
Kontakt: marco.rasch(at)hotmail.com


[1] Unter „Beobachter“ verstand man zunächst das Personal in der Maschine, das nach dem Flug über das Gesehene berichtete. Nach der Einführung der fotografischen Luftaufklärung waren sie für die Erstellung der Aufnahmen zuständig.

[2] 1921 kam der Vorläufer der späteren Junkers Luftbild-Zentrale hinzu; 1924 bildete sich die Aerokartographisches Institut A.G. in Breslau. Die Betrachtung der weiteren Entwicklung dieser in den 1920er- und frühen 1930er-Jahren vier größten Luftbildfirmen in Deutschland würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen.

[3] Im Gegensatz zu den für die militärische Luftaufklärung relevanteren Senkrechtaufnahmen sind Schrägluftaufnahmen durch ihre analoge Sichtweise (wie von einem hohen Berg oder Turm aus) einfacher zu lesen und eignen sich daher besser für eine kommerzielle Verwertung in Büchern oder Postkarten.

[4] Diese Betrachtung präsentiert einen Aspekt meines Dissertationsprojektes.

[5] Berlin im Luftbild, Berlin [1921].

[6] Paul Kaufmann (Hrsg.), 1000 Jahre Deutschtum an Rhein/ Ruhr/ Saar, Berlin 1924.

[7] Erich Ewald ‒ Heinrich de Fries, Deutschland aus der Vogelschau. Landschaft und Siedlung im Luftbild, Berlin 1925.

[8] Ebd., S. 31.

[9] Ebd., Vorwort von de Fries.

[10] Eugen Diesel, Das Land der Deutschen. Mit 2 Karten und 481 Abbildungen vorwiegend nach Luftaufnahmen von Robert Petschow, Volksausgabe, Leipzig 1933.

[11] Ebd., S. 6

[12] Deutsches Land in 111 Flugaufnahmen, Die blauen Bücher, Königstein im Taunus 1933, S. 8.

[13] Wulf Bley (Hrsg.), Volk, flieg du wieder! Das Buch der deutschen Luftfahrt, 2. Aufl., Berlin 1933.

[14] Erich Ewald, Das Luftbild, in: Johannes Poeschel (Hrsg.), Ins Reich der Lüfte. Einführung in die Luftfahrt, 4. völlig neubearbeitete Auflage, Leipzig 1936, S. 290.

[15] Vgl. Erich Ewald, Einsatz des Luftbildes für die Aufgaben der Wirtschaft und Vermessung. Organisation des Luftbildwesens, Luftbild und Luftbildmessung 18, 1940, S. 9-14.

Quelle: http://www.visual-history.de/2014/07/28/zwischen-nationalstolz-und-ideologie/

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Luftbildfotografie im Ersten Weltkrieg

Fotokammer der bayerischen Fliegerabteilung 296, 1916

 

Die „Maschinengewehrkamera“ wurde im Ersten Weltkrieg von Oskar Messter (1866-1943) entwickelt und von der Firma Ernemann in Dresden gebaut. Vorbild war das reale Maschinengewehr MG 08. Die Handgriffe des Abzugs waren identisch, ebenso die Visiereinrichtung. Statt eines Patronengürtels enthielt die Kamera einen Filmstreifen.

Die „Maschinengewehrkamera“ wurde im Ersten Weltkrieg von Oskar Messter (1866-1943) entwickelt und von der Firma Ernemann in Dresden gebaut. Vorbild war das reale Maschinengewehr MG 08. Die Handgriffe des Abzugs waren identisch, ebenso die Visiereinrichtung. Statt eines Patronengürtels enthielt die Kamera einen Filmstreifen.

Der Erste Weltkrieg ist auch ein Krieg der Bilder, genauer: ein Krieg, in dem erstmals das Medium der Fotografie massenhaft eingesetzt wurde. Schon der „begeisterte“ Abmarsch der deutschen Truppen Anfang August 1914[1] wurde in unzähligen Aufnahmen dokumentiert. Dabei war die Bildberichterstattung stark der Zensur unterworfen. Alle Kriegsparteien hatten zu Beginn oder während des Kriegs eigene Presse- oder Propagandabüros eingerichtet. Die Kriegsberichte und die Fotografien wurden extrem für propagandistische Zwecke eingesetzt; viele Bilder von der angeblichen Front waren zudem gefälscht bzw. in der Heimat nachgestellt worden. Der Krieg war also auch zu einem Medienkrieg geworden. Andererseits blieben die Kriegsaufnahmen nicht mehr auf Bildjournalisten, Fotografen und Propagandaabteilungen beschränkt. Einige Soldaten besaßen inzwischen Kleinbildkameras und dokumentierten ihre Kriegserlebnisse mit eigenen Fotoapparaten.

Der Erste Weltkrieg war die erste militärische Auseinandersetzung, in der größere Luftstreitkräfte zum Einsatz kamen. Ihre Aufgaben waren die Feindaufklärung aus der Luft, die Erkundung feindlicher Ziele, die Schussbeobachtung der Artillerie und die Bekämpfung von gegnerischen Luft- und Bodenstreitkräften. Eingesetzt wurden Ballone, Luftschiffe und Flugzeuge. Und erstmals wurden zu unterschiedlichen Zwecken Luftbilder aufgenommen.

Die frühesten Luftaufnahmen stammen von dem französischen Fotografen Nadar (eigentlich: Gaspard-Félix Tournachon, 1820-1910), der im Jahr 1858 Fotografien aus einem Fesselballon anfertigte. Noch vor der Jahrhundertwende testeten die neu geschaffenen Luftschiffer-Abteilungen in Preußen oder in Bayern Kameras auf ihre militärische Tauglichkeit.[2] Zunehmend wurden dabei verschiedene Aufnahmetechniken entwickelt: die Schrägaufnahme, die Senkrechtaufnahme, das Reihenbild und das Raumbild aus Stereoaufnahmen. Die Fotografien hatten dabei häufig eine erstaunliche Brillanz, bedenkt man, wie empfindlich und schwer die Glasnegative waren, die von Formaten von 9 x 12 cm bis 18 x 24 cm reichten.

Im Archiv des Deutschen Museums[3] finden sich aus der Zeit des Ersten Weltkriegs zahlreiche Fotografien. Häufige Motive sind Gruppenaufnahmen vor dem eigenen Flugzeug oder abgeschossene bzw. abgestürzte Flugzeuge. Breit abgelichtet wurden die am Krieg beteiligten Flugzeuge und ihre Besatzungen. Neben den eher militärischen Aufnahmen sind aber auch private Szenen des Soldatenlebens festgehalten. Ein interessantes Album stammt aus dem Besitz des als „Fliegerdichters“ bezeichneten Schriftstellers Peter Supf (1886-1961), dessen umfangreicher Nachlass sich heute im Archiv des Deutschen Museums befindet. Supf war Jagdflieger im Ersten Weltkrieg. Viele Aufnahmen zeigen dementsprechend die Flugzeuge und Bewaffnung seiner Einheit, Flugplätze und abgeschossene Flugzeuge. Das Album hält darüber hinaus zahlreiche Eindrücke aus dem Ersten Weltkrieg fest, wobei Fotografien von privaten Feiern, Kegelabenden und Weihnachtsfeiern dominieren.

 

Erfrierungen während eines Aufklärungsflugs: Leutnant Föhles kurz nach der Landung, 1916

Erfrierungen während eines Aufklärungsflugs: Leutnant Föhles kurz nach der Landung, 1916

Bemerkenswert ist, dass sich darin auch eher ungewöhnliche Aufnahmen finden. So sind verschiedene Luftbildaufnahmen erhalten. In der Regel wurden diese aus einer Höhe zwischen 1000 und 2000 Metern angefertigt. Nur selten kam es vor, dass Aufklärungsflüge in große Höhen führten. Ein Beispiel ist der Flug des Piloten Leutnant Schöller und seines Beobachters Leutnant Föhles, die beide zur Abteilung Supfs gehörten. Dabei handelte es sich um die bayerische Fliegerabteilung 286, die im dritten Kriegsjahr 1916 auf dem Flughafen von Condé-lès-Herpy nördlich von Reims stationiert war.

Die abgebildete Aufnahme stammt vom Dezember 1916, als beide Flieger schwere Gesichtserfrierungen erlitten, nachdem sie aus einer Höhe von 5000 Metern Aufnahmen geschossen hatten. Das Foto zeigt den Beobachter Föhles kurz nach der Landung. Deutlich zu erkennen sind die Erfrierungen derjenigen Gesichtspartien, die nicht von der Fliegerbrille und dem Fliegerhelm an der Stirn und am Kinn geschützt waren.

Fotokammer der bayerischen Fliegerabteilung 296, 1916

Fotokammer der bayerischen Fliegerabteilung 296, 1916

Im Album von Peter Supf ist auch das Fotolabor abgebildet, in der die Fliegerabteilung ihre Luftaufnahmen entwickelte. Dies lenkt den Blick auf die technische Ausstattung, die der Luftaufklärung der Mittelmächte im Ersten Weltkrieg zur Verfügung stand. Zum Einsatz kamen Fliegerkameras unterschiedlicher Hersteller. In der Regel handelte es sich um Apparate mit einer Glasplattengröße von 13 x 18 cm. Die Wechselkassetten enthielten fast durchgängig sechs Platten. In den Anfängen der militärischen Luftbildfotografie hatte man sich mit Formaten 9 x 13 und Brennweiten von 15 und 18 cm begnügt. Nachdem aber insbesondere die Abwehrfeuer der feindlichen Artillerie Flughöhen über 2000 Meter erforderten, musste man die Apparate auf 25 und 30 cm Brennweite und größere Glasplattenformate umstellen. Für die Handhabung der Kameras war keine fotografische Ausbildung notwendig. Das Entwickeln der Platten übernahmen professionelle Fotografen.

 

Titelblatt von Alfred Thiel: Lehrbehelf für Photographie aus dem Flugzeuge für Beobachter-Offiziere, Wien 1916

Titelblatt von Alfred Thiel: Lehrbehelf für Photographie aus dem Flugzeuge für Beobachter-Offiziere, Wien 1916

Tafel zu „Orthochromatische Platten“, aus: Alfred Thiel, Lehrbehelf für Photographie aus dem Flugzeuge für Beobachter-Offiziere, Wien 1916

Tafel zu „Orthochromatische Platten“, aus: Alfred Thiel, Lehrbehelf für Photographie aus dem Flugzeuge für Beobachter-Offiziere, Wien 1916

 

In einem „Lehrbehelf“ stellte der österreichisch-ungarische Oberleutnant der Reserve Alfred Thiel die wichtigsten Fliegerkameras vor, die in Deutschland und Österreich eingesetzt wurden.[4] Behandelt werden im Einzelnen:

1. Lechner-Fliegerkamera (13 x 18 cm)

2. Goldmann-Fliegerkamera (13 x 18 cm)

3. Ica-Fliegerkamera (9 x 12 cm und 13 x 18 cm)

4. Zeiss-Fliegerkamera (9 x 12 cm und 13 x 18 cm)

5. Goerz-Kamera (9 x 12 cm und 13 x 18 cm)

6. Ernemann-Fliegerkameras (13 x 18 cm)

7. Voigtländer-Fliegerkameras (13 x 18 cm)

8. Reihenbilder der Firma Messter, Berlin

9. Stereo-Herzig-Kameras

In die Informationsschrift Thiels sind auch Tafeln mit eingeklebten Originalfotografien zu „Orthochromatischen Platten“ und zu „Lichthoffreien Platten“[5] eingefügt. Interessant ist die Tafel III mit Vorgaben für Aufnahmen aus Flugzeugen.

 

Große militärische Bedeutung hatten Luftaufnahmen der gegnerischen Stellungen. Das Beispiel zeigt ein Luftbild vom 20. Oktober 1916. Es findet sich eingeklebt in einem Album im Archiv des Deutschen Museums.[6] Erhalten sind Fotografien der deutschen Westfront aus der Gegend um Thiaumont, Douamont, Bras sur Meuse und Vacherauville, also von einem Gebiet nördlich von Verdun. Sie wurden von der Fliegerabteilung 44 aufgenommen. Deutlich zu sehen ist auf einem Bild die vorgeschobene Befestigungsanlage in der Mitte. Dahinter ist eine doppelte Festungslinie erkennbar. Vermutlich wurde die Aufnahme in Zusammenhang mit der Beschießung durch die deutsche Artillerie angefertigt, um den Erfolg der Bombardierung zu messen. Auf dem Foto sind Hunderte von Bombentrichtern zu sehen.

Luftaufklärung: Französische Stellungen im Gebiet nördlich von Verdun, 1916

Luftaufklärung: Französische Stellungen im Gebiet nördlich von Verdun, 1916

Die Luftbildfotografie hat über den militärischen Aspekt hinaus bleibenden Wert. Besondere Bedeutung haben die Luftaufnahmen, welche von der bayerischen Fliegerabteilung 304 stammen.[7] Die Einheit wurde 1917 von Schleißheim bei München nach Palästina verlegt. Von ihrer Tätigkeit sind noch heute 2526 Luftaufnahmen erhalten. Sie sind für die Alltags- und Verkehrsgeschichte und für die Archäologie der Region wichtig. So sind auf den Fotografien Umrisse von Ruinen alter Kreuzfahrerburgen oder auch Orte zu identifizieren, die aus der Antike bekannt sind. Die Aufnahmen sind online im Netz verfügbar.[8]

 


[1] Zur Thematik der angeblichen „Kriegsbegeisterung“ vgl. Jean-Jacques Becker, Comment les Français sont entrés dans la guerre. Contribution à l’étude de l’opinion publique printemps-été 1914, Paris 1977; Jeffrey Verhey, The Spirit of 1914: Militarism, Myth and Mobilization in Germany, Cambridge 2000; Wolfgang Kruse, Kriegsbegeisterung? Zur Massenstimmung bei Kriegsbeginn, in: ders. (Hrsg.), Eine Welt von Feinden. Der große Krieg 1914-1918, Frankfurt a.M. 1997, S. 159-166; Oliver Janz, Der Krieg als Opfergang und Katharsis. Gefallenenbriefe aus dem Ersten Weltkrieg, in: Rüdiger Hohls/Iris Schröder/Hannes Siegrist (Hrsg.), Europa und die Europäer. Quellen und Essays zur modernen europäischen Geschichte, Wiesbaden 2005, S. 397-402.

[2] Vgl. Rainer Braun, Übungsflüge und Übungsluftaufnahmen über Bayern 1912-1918. Die bayerischen Flieger-Beobachter, ihre Ausbildung in Schleißheim und ihr Bildbestand, in: Oberbayerisches Archiv 117/118 (1993/1994), S. 131-154.

[4] Alfred Thiel, Lehrbehelf für Photographie aus dem Flugzeuge für Beobachter-Offiziere, Wien 1916; Deutsches Museum, München, Archiv, LR 00387. Eine ähnliche Einweisung in die Luftbildfotografie publizierte Leutnant Wecker, Die Erkundung aus Fliegerbildern, Wahn o.J. [ca. 1916; mit zahlreichen eingeklebten Fotografien].

[5] Farbempfindliche oder orthochromatische und lichthoffreie Platten nennt man solche Fotoplatten, die für einige Farben besonders empfindlich sind. Erst seit ca. 1884 gelang es, Fotoplatten entsprechend zu beschichten. Für Höhenaufnahmen kamen nur orthochromatische Platten in Frage, da bei diesen die notwendige Rotempfindlichkeit gegeben war. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs waren Platten der Firma Hauff und von AGFA im Einsatz. Bei einer Aufnahme gegen einen grell beleuchteten Gegenstand entstand auf der Platte ein weißer Fleck, den man „Lichthof“ nannte. Die Erklärung lag in der Reflexion von Lichtstrahlen begründet, die durch die Fotoplatten hindurchgingen. Durch spezielle Beschichtungen konnten lichthoffreie Platten produziert werden. Diese basierten auf Forschungen von Adolf Miethe und Adolf Traube in Berlin um 1900.

[6] Deutsches Museum, München, Archiv, LR 02118/1.

[7] Vgl. Bayerisches Hauptstaatsarchiv (Hrsg.), Bayern und seine Armee. Eine Ausstellung des Bayerischen Hauptstaatsarchivs aus den Beständen des Kriegsarchivs, München 1987, S. 82f.

[8] Bayerisches Hauptstaatsarchiv: Bildsammlung Palästina.

Quelle: http://www.visual-history.de/?p=2347

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Luftbildfotografie im Ersten Weltkrieg

Fotokammer der bayerischen Fliegerabteilung 296, 1916

 

Die „Maschinengewehrkamera“ wurde im Ersten Weltkrieg von Oskar Messter (1866-1943) entwickelt und von der Firma Ernemann in Dresden gebaut. Vorbild war das reale Maschinengewehr MG 08. Die Handgriffe des Abzugs waren identisch, ebenso die Visiereinrichtung. Statt eines Patronengürtels enthielt die Kamera einen Filmstreifen.

Die „Maschinengewehrkamera“ wurde im Ersten Weltkrieg von Oskar Messter (1866-1943) entwickelt und von der Firma Ernemann in Dresden gebaut. Vorbild war das reale Maschinengewehr MG 08. Die Handgriffe des Abzugs waren identisch, ebenso die Visiereinrichtung. Statt eines Patronengürtels enthielt die Kamera einen Filmstreifen.

Der Erste Weltkrieg ist auch ein Krieg der Bilder, genauer: ein Krieg, in dem erstmals das Medium der Fotografie massenhaft eingesetzt wurde. Schon der „begeisterte“ Abmarsch der deutschen Truppen Anfang August 1914[1] wurde in unzähligen Aufnahmen dokumentiert. Dabei war die Bildberichterstattung stark der Zensur unterworfen. Alle Kriegsparteien hatten zu Beginn oder während des Kriegs eigene Presse- oder Propagandabüros eingerichtet. Die Kriegsberichte und die Fotografien wurden extrem für propagandistische Zwecke eingesetzt; viele Bilder von der angeblichen Front waren zudem gefälscht bzw. in der Heimat nachgestellt worden. Der Krieg war also auch zu einem Medienkrieg geworden. Andererseits blieben die Kriegsaufnahmen nicht mehr auf Bildjournalisten, Fotografen und Propagandaabteilungen beschränkt. Einige Soldaten besaßen inzwischen Kleinbildkameras und dokumentierten ihre Kriegserlebnisse mit eigenen Fotoapparaten.

Der Erste Weltkrieg war die erste militärische Auseinandersetzung, in der größere Luftstreitkräfte zum Einsatz kamen. Ihre Aufgaben waren die Feindaufklärung aus der Luft, die Erkundung feindlicher Ziele, die Schussbeobachtung der Artillerie und die Bekämpfung von gegnerischen Luft- und Bodenstreitkräften. Eingesetzt wurden Ballone, Luftschiffe und Flugzeuge. Und erstmals wurden zu unterschiedlichen Zwecken Luftbilder aufgenommen.

Die frühesten Luftaufnahmen stammen von dem französischen Fotografen Nadar (eigentlich: Gaspard-Félix Tournachon, 1820-1910), der im Jahr 1858 Fotografien aus einem Fesselballon anfertigte. Noch vor der Jahrhundertwende testeten die neu geschaffenen Luftschiffer-Abteilungen in Preußen oder in Bayern Kameras auf ihre militärische Tauglichkeit.[2] Zunehmend wurden dabei verschiedene Aufnahmetechniken entwickelt: die Schrägaufnahme, die Senkrechtaufnahme, das Reihenbild und das Raumbild aus Stereoaufnahmen. Die Fotografien hatten dabei häufig eine erstaunliche Brillanz, bedenkt man, wie empfindlich und schwer die Glasnegative waren, die von Formaten von 9 x 12 cm bis 18 x 24 cm reichten.

Im Archiv des Deutschen Museums[3] finden sich aus der Zeit des Ersten Weltkriegs zahlreiche Fotografien. Häufige Motive sind Gruppenaufnahmen vor dem eigenen Flugzeug oder abgeschossene bzw. abgestürzte Flugzeuge. Breit abgelichtet wurden die am Krieg beteiligten Flugzeuge und ihre Besatzungen. Neben den eher militärischen Aufnahmen sind aber auch private Szenen des Soldatenlebens festgehalten. Ein interessantes Album stammt aus dem Besitz des als „Fliegerdichter“ bezeichneten Schriftstellers Peter Supf (1886-1961), dessen umfangreicher Nachlass sich heute im Archiv des Deutschen Museums befindet. Supf war Jagdflieger im Ersten Weltkrieg. Viele Aufnahmen zeigen dementsprechend die Flugzeuge und Bewaffnung seiner Einheit, Flugplätze und abgeschossene Flugzeuge. Das Album hält darüber hinaus zahlreiche Eindrücke aus dem Ersten Weltkrieg fest, wobei Fotografien von privaten Feiern, Kegelabenden und Weihnachtsfeiern dominieren.

 

Erfrierungen während eines Aufklärungsflugs: Leutnant Föhles kurz nach der Landung, 1916

Erfrierungen während eines Aufklärungsflugs: Leutnant Föhles kurz nach der Landung, 1916

Bemerkenswert ist, dass sich darin auch eher ungewöhnliche Aufnahmen finden. So sind verschiedene Luftbildaufnahmen erhalten. In der Regel wurden diese aus einer Höhe zwischen 1000 und 2000 Metern angefertigt. Nur selten kam es vor, dass Aufklärungsflüge in große Höhen führten. Ein Beispiel ist der Flug des Piloten Leutnant Schöller und seines Beobachters Leutnant Föhles, die beide zur Abteilung Supfs gehörten. Dabei handelte es sich um die bayerische Fliegerabteilung 286, die im dritten Kriegsjahr 1916 auf dem Flughafen von Condé-lès-Herpy nördlich von Reims stationiert war.

Die abgebildete Aufnahme stammt vom Dezember 1916, als beide Flieger schwere Gesichtserfrierungen erlitten, nachdem sie aus einer Höhe von 5000 Metern Aufnahmen geschossen hatten. Das Foto zeigt den Beobachter Föhles kurz nach der Landung. Deutlich zu erkennen sind die Erfrierungen derjenigen Gesichtspartien, die nicht von der Fliegerbrille und dem Fliegerhelm an der Stirn und am Kinn geschützt waren.

Fotokammer der bayerischen Fliegerabteilung 296, 1916

Fotokammer der bayerischen Fliegerabteilung 296, 1916

Im Album von Peter Supf ist auch das Fotolabor abgebildet, in dem die Fliegerabteilung ihre Luftaufnahmen entwickelte. Dies lenkt den Blick auf die technische Ausstattung, die der Luftaufklärung der Mittelmächte im Ersten Weltkrieg zur Verfügung stand. Zum Einsatz kamen Fliegerkameras unterschiedlicher Hersteller. In der Regel handelte es sich um Apparate mit einer Glasplattengröße von 13 x 18 cm. Die Wechselkassetten enthielten fast durchgängig sechs Platten. In den Anfängen der militärischen Luftbildfotografie hatte man sich mit Formaten 9 x 13 und Brennweiten von 15 und 18 cm begnügt. Nachdem aber insbesondere die Abwehrfeuer der feindlichen Artillerie Flughöhen über 2000 Meter erforderten, musste man die Apparate auf 25 und 30 cm Brennweite und größere Glasplattenformate umstellen. Für die Handhabung der Kameras war keine fotografische Ausbildung notwendig. Das Entwickeln der Platten übernahmen professionelle Fotografen.

 

Titelblatt von Alfred Thiel: Lehrbehelf für Photographie aus dem Flugzeuge für Beobachter-Offiziere, Wien 1916

Titelblatt von Alfred Thiel: Lehrbehelf für Photographie aus dem Flugzeuge für Beobachter-Offiziere, Wien 1916

Tafel zu „Orthochromatische Platten“, aus: Alfred Thiel, Lehrbehelf für Photographie aus dem Flugzeuge für Beobachter-Offiziere, Wien 1916

Tafel zu „Orthochromatische Platten“, aus: Alfred Thiel, Lehrbehelf für Photographie aus dem Flugzeuge für Beobachter-Offiziere, Wien 1916

 

In einem „Lehrbehelf“ stellte der österreichisch-ungarische Oberleutnant der Reserve Alfred Thiel die wichtigsten Fliegerkameras vor, die in Deutschland und Österreich eingesetzt wurden.[4] Behandelt werden im Einzelnen:

1. Lechner-Fliegerkamera (13 x 18 cm)

2. Goldmann-Fliegerkamera (13 x 18 cm)

3. Ica-Fliegerkamera (9 x 12 cm und 13 x 18 cm)

4. Zeiss-Fliegerkamera (9 x 12 cm und 13 x 18 cm)

5. Goerz-Kamera (9 x 12 cm und 13 x 18 cm)

6. Ernemann-Fliegerkameras (13 x 18 cm)

7. Voigtländer-Fliegerkameras (13 x 18 cm)

8. Reihenbilder der Firma Messter, Berlin

9. Stereo-Herzig-Kameras

In die Informationsschrift Thiels sind auch Tafeln mit eingeklebten Originalfotografien zu „Orthochromatischen Platten“ und zu „Lichthoffreien Platten“[5] eingefügt. Interessant ist die Tafel III mit Vorgaben für Aufnahmen aus Flugzeugen.

 

Große militärische Bedeutung hatten Luftaufnahmen der gegnerischen Stellungen. Das Beispiel zeigt ein Luftbild vom 20. Oktober 1916. Es findet sich eingeklebt in einem Album im Archiv des Deutschen Museums.[6] Erhalten sind Fotografien der deutschen Westfront aus der Gegend um Thiaumont, Douamont, Bras sur Meuse und Vacherauville, also von einem Gebiet nördlich von Verdun. Sie wurden von der Fliegerabteilung 44 aufgenommen. Deutlich zu sehen ist auf einem Bild die vorgeschobene Befestigungsanlage in der Mitte. Dahinter ist eine doppelte Festungslinie erkennbar. Vermutlich wurde die Aufnahme in Zusammenhang mit der Beschießung durch die deutsche Artillerie angefertigt, um den Erfolg der Bombardierung zu messen. Auf dem Foto sind Hunderte von Bombentrichtern zu sehen.

Luftaufklärung: Französische Stellungen im Gebiet nördlich von Verdun, 1916

Luftaufklärung: Französische Stellungen im Gebiet nördlich von Verdun, 1916

Die Luftbildfotografie hat über den militärischen Aspekt hinaus bleibenden Wert. Besondere Bedeutung haben die Luftaufnahmen, welche von der bayerischen Fliegerabteilung 304 stammen.[7] Die Einheit wurde 1917 von Schleißheim bei München nach Palästina verlegt. Von ihrer Tätigkeit sind noch heute 2526 Luftaufnahmen erhalten. Sie sind für die Alltags- und Verkehrsgeschichte und für die Archäologie der Region wichtig. So sind auf den Fotografien Umrisse von Ruinen alter Kreuzfahrerburgen oder auch Orte zu identifizieren, die aus der Antike bekannt sind. Die Aufnahmen sind online im Netz verfügbar.[8]

 


[1] Zur Thematik der angeblichen „Kriegsbegeisterung“ vgl. Jean-Jacques Becker, Comment les Français sont entrés dans la guerre. Contribution à l’étude de l’opinion publique printemps-été 1914, Paris 1977; Jeffrey Verhey, The Spirit of 1914: Militarism, Myth and Mobilization in Germany, Cambridge 2000; Wolfgang Kruse, Kriegsbegeisterung? Zur Massenstimmung bei Kriegsbeginn, in: ders. (Hrsg.), Eine Welt von Feinden. Der große Krieg 1914-1918, Frankfurt a.M. 1997, S. 159-166; Oliver Janz, Der Krieg als Opfergang und Katharsis. Gefallenenbriefe aus dem Ersten Weltkrieg, in: Rüdiger Hohls/Iris Schröder/Hannes Siegrist (Hrsg.), Europa und die Europäer. Quellen und Essays zur modernen europäischen Geschichte, Wiesbaden 2005, S. 397-402.

[2] Vgl. Rainer Braun, Übungsflüge und Übungsluftaufnahmen über Bayern 1912-1918. Die bayerischen Flieger-Beobachter, ihre Ausbildung in Schleißheim und ihr Bildbestand, in: Oberbayerisches Archiv 117/118 (1993/1994), S. 131-154.

[4] Alfred Thiel, Lehrbehelf für Photographie aus dem Flugzeuge für Beobachter-Offiziere, Wien 1916; Deutsches Museum, München, Archiv, LR 00387. Eine ähnliche Einweisung in die Luftbildfotografie publizierte Leutnant Wecker, Die Erkundung aus Fliegerbildern, Wahn o.J. [ca. 1916; mit zahlreichen eingeklebten Fotografien].

[5] Farbempfindliche oder orthochromatische und lichthoffreie Platten nennt man solche Fotoplatten, die für einige Farben besonders empfindlich sind. Erst seit ca. 1884 gelang es, Fotoplatten entsprechend zu beschichten. Für Höhenaufnahmen kamen nur orthochromatische Platten in Frage, da bei diesen die notwendige Rotempfindlichkeit gegeben war. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs waren Platten der Firma Hauff und von AGFA im Einsatz. Bei einer Aufnahme gegen einen grell beleuchteten Gegenstand entstand auf der Platte ein weißer Fleck, den man „Lichthof“ nannte. Die Erklärung lag in der Reflexion von Lichtstrahlen begründet, die durch die Fotoplatten hindurchgingen. Durch spezielle Beschichtungen konnten lichthoffreie Platten produziert werden. Diese basierten auf Forschungen von Adolf Miethe und Adolf Traube in Berlin um 1900.

[6] Deutsches Museum, München, Archiv, LR 02118/1.

[7] Vgl. Bayerisches Hauptstaatsarchiv (Hrsg.), Bayern und seine Armee. Eine Ausstellung des Bayerischen Hauptstaatsarchivs aus den Beständen des Kriegsarchivs, München 1987, S. 82f.

[8] Bayerisches Hauptstaatsarchiv: Bildsammlung Palästina.

Quelle: http://www.visual-history.de/2014/03/11/luftbildfotografie-im-ersten-weltkrieg/

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