Webressourcen aus Nordeuropa – Fundstücke April 2014

Unsere Fundstücke aus dem April beinhalten für Dänemark Neues zum Thema “1864″, während aus Norwegen und Schweden inhaltlich breit gestreut neue Webressourcen vorgestellt werden.

Dänemark

Statens Arkiver hat 2400 Kriegsbilder (Fotografien, historische Gemälde, Postkarten, Zeichnungen und Holzschnitte) aus den Sammlungen der Königlichen Bibliothek, des Riksarkivets und des Schlosses Christiansborg digitalisiert und auf seiner Homepage veröffentlicht. Weitere Bildersammlungen des Archivs zum Thema finden sich auf Flickr: 1864 – Soldaterbilleder, 1864 – Krigen i billeder, Krigen 1864 – To hundrede træsnit, Skanserne efter stormen på Dybbøl und Krigsdeltagere 1864, 1. infanteriregiment.

Eine weitere umfangreiche Sammlung von Bilder, die den Krieg dokumentieren, stellt das Museum Sønderjylland in seiner Bilddatenbank zur Verfügung.

Eine private Seite zur Ahnenforschung stellt eine Liste mit Namen von Gefallenen bereit: Register over faldne – Liste baseret på V. Cohns “krigene 1848-1864 og de faldnes Minde”.  Auf Cohens Aufzeichnungen basierend wird zusätzlich unter slaegtsalbum.dk derzeit eine Datenbank mit Informationen zu den Gefallenen aufgebaut.

Schweden

Das schwedischen Repository Diva, das Forschungspublikationen von derzeit 34 Hochschulen, Museen und Forschungseinrichtungen beinhaltet, bietet jetzt eigene Portal-Seiten für die beteiligten Institutionen an, wie beispielsweise für das schwedische Nationalmuseum, das Naturhistorische Reichsmuseum sowie die schwedische Polarbibliografie des Polarforskningssekretariates. Neu hinzugekommen ist gerade das Portal des Nordischen Ministerrats mit 3000 Publikationen über den Norden und das Verhältnis der nordischen Staaten untereinander.

Norwegen

In Absprache mit der norwegischen Rundfunkanstalt NRK hat die norwegische Nationalbibliothek historische Radioprogramme im Netz zugänglich gemacht. Nun sind mehr als 2700 Radioprogramme aus dem Zeitraum von 1933 bis 1945 und über 25000 Nachrichtensendungen von 1935–2013 abrufbar.

Die norwegische Nationalbibliothek digitalisiert das Flugfotoarchiv Widerøes skråfotoarkiv. Aus diesem Bestand wurde nun auf Flickr als Erstes die Flugfotosammlung der Kommune Kvinesdal ins Netz gestellt. Auch in den skandinavischen Nachbarländern Schweden und Dänemark sind Flugfotos online zugänglich.

Das Archiv der Hilfsorganisation Blå Kors Norge, das 33 Regalmeter und den Zeitraum 1893 – 2008 umfasst, hat das Stadtarchiv Oslo geordnet und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Zu den Beständen gehört eine umfangreiche, teilweise digitalisierte, Fotosammlung, die auf dem archiveigenen Fotoportal Oslobilder eingestellt worden ist.

Quelle: http://nordichistoryblog.hypotheses.org/2266

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Digitalisierungsstrategien für das kulturelle Erbe in Norwegen | Teil 3: Die norwegische Nationalbibliothek als zentraler Akteur

Nach Teil 1 (zu grundsätzlichen Aspekten) und 2 (zum Archivwesen) geht es nun im dritten Part dieser Artikelserie um die norwegische Nationalbibliothek als zentralem Akteur. Dieser weist  die nationale Digitalisierungsstrategie als führender Forschungsbibliothek des Landes die zentrale Rolle für den Aufbau der digitalen Bibliothekssammlungen zu. „Mit Verankerung im Pflichtexemplarsrecht und im Urheberrecht ist es die Vision der Nationalbibliothek, das Gedächtnis der Nation und ein multimediales Kompetenzzentrum auf der Höhe künftiger Nachfrage zu sein. Zwei ihrer vier Hauptziele sind ‚eine von Europas spannendsten und modernsten Nationalbibliotheken zu sein‘ und ‚der Kern der norwegischen digitalen Bibliothek‘ zu sein.“ Zwar wurde das Pflichtexemplarsrecht erst 1989 eingeführt, die Digitalisierungspläne im Rahmen der 2009 lancierten Webpräsenz Bokhylla [Bücherregal] reichen aber zeitlich deutlich weiter. Bis 2017 sollen alle in Norwegen zwischen den Jahren 1900 und 2000 erschienenen Bücher gratis im Internet zugänglich sein – allerdings nur von norwegischen IP-Adressen aus. Alle Bücher, für die das Urheberrecht abgelaufen ist, dürfen heruntergeladen werden, die restlichen kann man nur online lesen. Da das 1989 eingeführte norwegische Pflichtexemplarsrecht zudem medienneutral formuliert ist, finden auch Medien wie Ton- oder Bildaufnahmen Eingang in die Norwegische digitale Bibliothek. Die Digitalisierung der gesamten Bestände der Nationalbibliothek wird darüber hinaus ebenfalls in einem Zeitrahmen von 25 bis 30 Jahren angestrebt. „50 Kilometer an Kulturerbe sollen digitalisiert werden“ überschrieb der norwegische Rundfunk einen Internetbericht über das Vorhaben, für das am zweiten Standort der Nationalbibliothek im nordnorwegischen Mo i Rana eigens ein Digitalisierungsgebäude mit neuester Technik gebaut wurde.

Die Nationalbibliothek folgt in ihrer 2006 begonnenen Digitalisierungspolitik den wichtigsten Empfehlungen, welche als Minimalanforderungen für digitalisiertes Kulturerbe von einer Expertengruppe ausgearbeitet wurden: Lokalisierbarkeit der digitalen Bestände, Qualitätsstandards für die Erstellung digitaler Materialien, umfassende Beschreibung durch Metadaten, Sicherung der Langzeitarchivierung sowie angemessene Präsentation. Zudem wurde eine eigene Digitalisierungsstrategie für das Bibliothekswesen ausgearbeitet, in der die Zugänglichkeit des kulturellen Erbes ebenfalls hervorgehoben wird: „Der Einsatz der Nationalbibliothek auf dem digitalen Gebiet wird auf Sicht dazu führen können, dass der gewöhnliche Nutzer auf seinem eigenen PC direkten Zugang zu großen Teilen des norwegischen Kulturerbes haben kann.“ In einem eigenen Strategiepapier stellt sich die Nationalbibliothek als diejenige Einrichtung vor, die in Norwegen Richtung und Tempo für kulturelle Digitalisierungsvorhaben vorgibt, welche landesweite Standards etabliert und im Mittelpunkt eines ganzen Netzwerkes von Kooperationspartnern steht. Norwegische Bücher und Medien aller Art seit dem Mittelalter sollen nach und nach frei zugänglich werden und die Langzeitarchivierungsstrategie wird sehr ambitioniert mit einer 1000jährigen Perspektive versehen. Das Selbstbewusstsein, hier an der Spitze der Entwicklung zu stehen, ist sehr ausgeprägt: „Some European countries have also started digitizing parts of their national cultural treasures, but so far no other national library has plans to digitize their entire holdings. We are thus the first National Library in Europe to take on this huge challenge, not only for the preservation of materials for posterity, but also to make as much content as possible available on the web.“ Wie weit die Ausweitung von Nutzungsmöglichkeiten der digitalen Sammlungen bereits gedacht wird, zeigt die recht frühe Orientierung auf die Nutzung von mobilen Endgeräten wie Smartphones und die Entwicklung einer mobilen Version der Webpräsenz für die digitalen Sammlungen. Darüber hinaus wird an der Nationalbibliothek auch Forschung betrieben, von der man für weitere Schritte bei der Bewahrung digitaler Materialien zu profitieren hofft, beispielsweise ein Projekt zur Archivierung von Meldungen auf dem Kurznachrichtendienst Twitter: „How can institutions like the National Library of Norway preserve new media content like Twitter for future research and documentation?“ lautet hier das Erkenntnisinteresse. Der Autor verweist ausdrücklich auf die Aufgabe der Nationalbibliothek zur Bewahrung des kulturellen Erbes, zu welchem letztlich in der digitalen Welt auch Nachrichten auf Twitter gehören: „Twitter is a relevant part of our culture, and thus should be regarded cultural heritage. Preserved tweets might provide an insight into our culture for future generations.“

Die zentrale Stellung der Nationalbibliothek wurde weiter gestärkt, als der wichtigste Konkurrent (auch um die öffentlichen Gelder), das staatliche Zentrum für Archive, Bibliotheken und Museen [ABM-utvikling] 2010 aufgelöst und Teile seiner Aufgaben an die Nationalbibliothek sowie an den Norwegischen Kulturrat übertragen wurden. Zudem machten sich auch kritische Stimmen bemerkbar, die einen Mangel an kritischer Diskussion über das Vorgehen namentlich der Direktorin der Nationalbibliothek Vigids Moe Skarstein beklagen und problematisieren, dass gewissermaßen durch die Hintertür eine zu wenig hinterfragte kulturelle Deutungshoheit etabliert worden sei. Es würden hohe Summen für die umfassende Digitalisierung ausgegeben, ohne nach möglichen Nutzungsszenarios zu fragen und ohne die Interessen der Leserinnen und Leser einzubeziehen. Zudem wurde die Forderung laut, Artefakte aus allen Bereichen des kulturellen Erbes einer gemeinsamen Auswahl und Prioritätensetzung zu unterziehen.

Als Fazit der Artikelserie kann man festhalten: Norwegen ist ganz klar Vorreiterland auf dem Gebiet der Digitalisierung von kulturellem Erbe. Besonders bemerkenswert sind dabei Tempo und Umfang der Maßnahmen. Dies ruft wie gesehen auch Kritiker auf den Plan: Autoren und Verlage haben Bücher aus dem digitalen Bücherregal der Nationalbibliothek zurückgezogen (aus Angst vor Gewinneinbußen). Zudem ist Geschwindigkeit bei der sorgfältigen Aufbereitung von historischen Materialien für deren Digitalisierung eben nicht Trumpf. In Norwegen sind die zentralen Akteure allerdings von jeher in einer starken Position, und Regierung sowie Parlament haben im Rahmen der Digitalisierungsstrategien entschieden, diese weiter zu stärken und ihnen die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen – und nicht etwa externen Dienstleistern aus der freien Wirtschaft. Die Institutionen selbst wiederum haben aus ihrem Auftrag weit mehr gemacht, als ihnen der Staat aufgetragen hat. Insbesondere die Nationalbibliothek hat von sich aus weitere Mittel und Personalkapazitäten für die Digitalisierungsvorhaben reallokiert. Sie nutzt ihre Vorhaben auf dem digitalen Feld für eine weitreichende Imagekampagne, die neben der eigenen Institution auch dem gesamten Land zu einer Reputation als innovative, progressive Nation gereichen soll. Somit sind die Digitalisierungsstrategien für das kulturelle Erbe auch Werbung im Ausland und ein neues Element, das sich aber in eine bestehende Tradition einreiht: Norwegen als Vorbildland, welches sich für die guten Dinge einsetzt und damit der Welt ein Beispiel gibt. Dies ist auf den Gebieten der Wohlfahrtsstaatspolitik ebenso wie der Entwicklungspolitik bereits ein etabliertes Muster. Fortschrittlichkeit wird durch die Offenheit für neue Technologien signalisiert, die für gesellschaftlich wertvolle Zwecke eingesetzt wird. Die kritischen Stimmen sind zwar da, aber sie sind nicht laut und sie sind wenige – in einem Land mit einer stärker ausgeprägten Konsens- statt Konfliktkultur.

Quelle: http://nordichistoryblog.hypotheses.org/2198

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Jubiläen in Skandinavien: Samische Perspektive

Obwohl wir in den letzten Monaten bereits zahlreiche Beiträge, Datenbanken und Projekte, welche die beschriebenen Jubiläen aufgreifen, gesammelt haben, finden wir augenblicklich immer wieder neue Webressourcen, die das Thema aus anderen Perspektiven beleuchten.

Die Seite bei NRK, die den samischen Blickwinkel auf die Jubiläumsfeiern in Norwegen zusammenfasst, möchten wir an dieser Stelle wegen seiner Brisanz in der derzeitigen norwegischen Diskussion sofort vorstellen. Alle anderen “Nachzügler”, die uns noch begegnen, werden wir dann in die jeweiligen monatlichen Fundstücke des laufenden Jahres integrieren, ohne sie gesondert in der Überschrift zu erwähnen.

 

Quelle: http://nordichistoryblog.hypotheses.org/2128

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Webressourcen aus Nordeuropa – Fundstücke Januar 2014

Im letzten Blogbeitrag zum Kieler Frieden und der Entstehung des “neuen Nordens” werden bereits viele der Jubiläen angesprochen, die in diesem Jahr in den nordischen Ländern in unterschiedlicher Gewichtung begangen werden. Insbesondere drei Jubiläen, nämlich das im vergangenen Jahr gefeierte “Stemmerettsjubileet” in Norwegen, das Jubiläum des norwegischen Grundgesetzes (“Grunnloven”) 1814 und der Deutsch-Dänische Krieg 1864 haben auch im Netz an zahlreichen Stellen ihre Spuren hinterlassen, die wir zu Beginn des Jubiläumsjahres gebündelt präsentieren wollen.

1913 – Stemmerettsjubileet

Bereits im vergangenen Jahr fand das 100-jährige Jubiläum der Einführung des norwegischen Frauenwahlrechtes seinen Niederschlag im Internet. So listet das Reichsarchiv in Oslo auf seinen Themenseiten zum Stemmerettsjubileet digitalisiertes Quellenmaterial nicht nur aus dem eigenen Haus auf (z. B. eine Unterschriftenaktion von Frauen aus dem Jahr 1905), sondern auch das mehrerer norwegischer Stadtarchive.

In Zusammenarbeit mit dem Norwegischen Lokalgeschichtlichen Institut hat das Reichsarchiv ein Wiki eingestellt, das als Projektstart die ersten 100 gewählten weiblichen Gemeindevertreter in Norwegen vorstellt. Die privaten und kommunalen Archive in Vest-Agder, Aust-Agder, Telemark, Vestfold und Buskerud haben ihre Quellen auf der Internetseite Kvinnestemmerett zugänglich gemacht.

1814 – Jahr des Kieler Friedens

Die norwegische Nationalbibliothek stellt eine überarbeitete Version seiner 1814 – Bibliografie in Netz, die Literaturangaben über bzw. aus dem Zeitraum 1812 – 1814 umfasst.

Das norwegische Reichsarchiv hat das Archiv sowie das Tagebuch des Königs Christian Frederik als wichtige Quelle für den Zeitraum 1813-1814 digitalisiert und als Datenbank zugänglich gemacht. Ganz modern kann man sich Königs Christian Frederiks “Erlebnisse” über Twitter zukommen lassen. Auf den Themenseiten verweist das Reichsarchiv auf weitere (digitalisierte) Quellen zum Thema.

Im Herbst 2013 veröffentlichte das Archiv des norwegischen Parlaments die digitalisierten Geschäftsberichte (Stortingsforhandlinger) 1814 2001.

Mit der Entstehung des Grundgesetzes (“Grunnlovet”) beschäftigt sich die Datenbank Eidsvollsmennenes etterkommere, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die Geschichte sämtlicher am Entstehungsprozess des Grundgesetzes beteiligter Vertreter der Reichsversammlung (nach dem Ort der Reichsversammlung “Eidsvollmenn” genannt) und deren Nachfahren zu recherchieren und auf dieser Seite öffentlich zu machen. Dort kann man im Rahmen von “Open Source” als Nachkomme seinen Eidsvollman “adoptieren” und mit Informationen zur Datenbank beitragen.

Das Eisenmuseum in Tvedestrand widmet dem “Eidsvollman” und Eisenwerksbesitzer Jacob Aall eine Seite mit digitalisiertem Quellenmaterial, Büchern und Artikeln.

Das Wiki 1814 – Historien sett nedenfra des Norwegischen lokalgeschichtlichen Instituts beinhaltet eine Bibliografie mit Artikeln, Büchern und Buchkapiteln, die das Thema 1814 aus lokaler Perspektive beleuchten.

Zum Jubiläumsjahr wurde auch ein neues norwegisches Wörterbuch erarbeitet und ins Netz gestellt: Norsk Ordbok 2014 - ordbok over det norske folkemålet og det nynorske skriftmålet.

1864 – Deutsch-Dänischer Krieg

Das Portal 1864.dk präsentiert das umfangreiche digitale Archiv des dänischen Geschichtszentrums ” Düppeler Schanze”.

Für April 2014 ist eine Datenbank mit dänischen und deutschen Kriegsgräbern und Gedenksteinen in Südjütland angekündigt.

Quelle: http://nordichistoryblog.hypotheses.org/2102

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Entstehung des ›neuen‹ Nordens – einige Gedanken zum Kieler Frieden 1814

Vor 200 Jahren wurde in Kiel ein Friedensschluss unterzeichnet, an den dieser Tage erinnert wird. Mit diesem Vertrag verzichtete Dänemark zugunsten des alten Erbfeindes Schweden auf Norwegen, das seit 1380 zum dänischen Reich gehört hatte. Nach Schweden wurde nun auch Dänemark »Opfer« der Napoleonischen Kriege: Schweden hatte wegen seiner Gegnerschaft zu Frankreich 1808/09 bereits Finnland an Russland abtreten müssen. Nun ging es gewissermaßen umgekehrt zur Sache: Dänemark musste einen bitteren Preis für seine Teilnahme an der Kontinentalsperre bezahlen. Für die Dänen war das seinerzeit letztlich die Kulmination einer ganzen Reihe von nationalen Katastrophen: Nach der Bombardierung Kopenhagens durch die britische Flotte 1801 und dem 1813 durch die hohen finanziellen Belastungen des Krieges hervorgerufenen Staatsbankrott war der Verlust Norwegens ein weiterer Schlag. Die Entschädigung mit dem auf einen recht kleinen territorialen Bestand zusammengeschrumpften Schwedisch-Pommern konnte da kaum als angemessen gelten. Dies galt anderthalb Jahre später umso mehr, als Dänemark auch dieses Zipfelchen Land an Preußen abtreten musste, das alte, seit brandenburgischen Zeiten bestehende Erbansprüche geltend machte. Es hätte allerdings noch schlimmer kommen können: Im ursprünglichen Entwurf hätte Dänemark auch die ursprünglich zu Norwegen gehörenden Beilande Island, Grönland und die Färöer abtreten sollen. Diese verblieben letztlich aber doch bei Dänemark (was wiederum später für Zwist mit Norwegen sorgen würde…).

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Die in Kiel aufgestellte Stele, mir der an den Buchwaldschen Hof erinnert wird.
Wikimedia Commons, gemeinfrei

Die bald folgenden Unabhängigkeitsbestrebungen der Norweger drohten die schwedische Übernahme zu unterminieren. Dagegen gingen die Schweden durch einen rasch durchgeführten Kriegszug vor und zwangen Norwegen in eine Union, die bis 1905 halten sollte. Zuvor hatten sich die Norweger aber im Mai 1814 in Eidsvoll eine eigene Verfassung gegeben (die als damals modernste in Europa galt) und beriefen sich, obwohl sie die Union mit Schweden zähneknirschend akzeptierten, immer wieder auf dieses Grundgesetz (grunnloven). Norwegen blieb aber – auch das war wichtig – ein eigenständiges Königreich und wurde »lediglich« vom selben König regiert wie die Schweden, es durfte zudem keine eigene Außenpolitik führen.

Mit dem Kieler Frieden war eine Phase der staatlichen Neuordnungen in Nordeuropa an ihr Ende gekommen, die den Weg für die künftige Entwicklung vorzeichnete. Mit der Abtretung des östlichen schwedischen Reichsteils an das Zarenreich wurde daraus das Großfürstentum Finnland und dieses damit erstmals eine eigenständige politische Entität. Der Kieler Frieden brachte zwar nicht die Eigenstaatlichkeit Norwegens mit sich, doch der Unwille der Norweger, zum Spielball der Interessen anderer zu werden, führte zumindest dazu, dass wieder eine eigene norwegische Monarchie entstand – erstmals seit 1380 oder genauer gesagt, seit 1536, als der norwegische Reichsrat abgeschafft wurde. Damit war die später von Henrik Ibsen so genannte Zeit der »400jährigen Nacht« vorbei, als die die gemeinsame Zeit mit Dänemark mittlerweile gedeutet wurde. Die wesentlich stärker verhasste Union mit Schweden überdeckte dies aber rasch.

Mit der Entstehung des ›neuen Nordens‹ war innerhalb von fünf Jahren aus den ehemaligen Großreichen Dänemark und Schweden eine neue politische Gliederung entstanden. Zwar mussten Finnland und Norwegen noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts warten, bis sie ihre staatliche Souveränität erlangten, doch die Basis für die heutige nordische Staatenwelt war damit geschaffen.

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Logo der Jubiläumsaktivitäten
(Klicken: Link zur Homepage)

In Kiel oder überhaupt in Deutschland ist dieser Friedensschluss nicht sehr bekannt – was nicht ganz verwundert, schließlich hat er mit der deutschen Geschichte nicht direkt zu tun. Wir sehen Geschichte eben häufig immer noch durch die nationale Brille. In Kiel erinnert man mit einer Ausstellung samt zahlreichen Begleitveranstaltungen an das Ereignis, diese Ausstellung wird ab Mai dann noch mal in den Nordischen Botschaften in Berlin zu sehen sein. Auf der Begleitseite zu den Jubiläumsaktivitäten (Klick auf das Logo links) findet sich auch der Vertragstext in einer deutschen Übersetzung. Außerdem hat man in Kiel vor einigen Jahren bereits eine Stele aufgestellt, die an den Ort der Friedensverhandlungen erinnert. Für die Dänen gibt es dieses Jahr also neben dem – sicher prominenteren – Gedenken an den Zweiten Schleswigschen Krieg von 1864 auch noch dieses zweite Jubiläum, das an den Anfang vom Vielvölkerstaat Dänemark erinnert.

Quelle: http://nordichistoryblog.hypotheses.org/2088

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Willy Brandt und Nordeuropa

Der Norden Europas hat im Leben Willy Brandts, der gestern 100 Jahre alt geworden wäre, eine essenzielle Rolle gespielt. 1933 emigrierte er, nachdem er kur zuvor seinen Decknamen angenommen hatte, über Dänemark (er floh in einem Fischerboot) nach Norwegen, wo er als Journalist tätig war, aber auch für die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (SAP), der er sich 1931 angeschlossen hatte, politisch aktiv blieb. In Norwegen sollte er eine Auslandsgruppe der SAP aufbauen und Kontakte zur Norwegischen Arbeiterpartei [Det norske Arbejderparti] aufzubauen. Von Norwegen aus unternahm er Reisen nach Deutschland und Spanien, wo er mit einer “geliehenen” Identität als Norweger auftrat. Ein gewagtes Unterfangen war eine  Reise nach Berlin 1936 mit dem Ziel, die Auslandsabteilung der SAP wieder aufzubauen. Die Reste dieser sozialdemokratischen Splitterpartei in Deutschland wurden indes 1937/38 zerschlagen, so dass sie quasi reine Exilpartei wurde. Brandt war 1937 Berichterstatter mehrerer norwegischer Zeitungen im Spanischen Bürgerkrieg. In der Phase ab 1937 integrierte sich Brandt stärker in die norwegische Arbeiterbewegung. Seine Bedeutung wuchs: Für den Kriegsfall wurde Oslo als Auslandszentrale der SAP mit Brandt als ihrem Leiter ausgewählt. 

Willy.Brandt.Stockholm.2007

Statue von Rainer Fetting im Willy-Brandt-Park in Stockholm
Wikimedia Commons (gemeinfrei)

Seine Ausbürgerung beraubte ihn 1938 seiner deutschen Staatsbürgerschaft. Die Besetzung Norwegens durch die Deutschen 1940 beraubte ihn seiner ersten Exilheimat. Von den Deutschen gar verhaftet, rettete ihn die norwegische Uniform, die er trug, und seine Norwegischkenntnisse, deren Erwerb er bereits vor dem Exil begonnen hatte. Sein Weg führte ihn in das benachbarte Schweden, wo er die norwegische Staatsbürgerschaft von der dortigen Botschaft erhielt und wo er bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs weiterhin journalistisch und politisch tätig blieb. Anfangs war Brandt eher noch Vertreter des norwegischen Exils und unterstützte u.a. die norwegische Widerstandsbewegung. Später engagierte er sich in einem Kreis europäischer Exil-Sozialdemokraten, der später als “kleine Internationale” bekannt wurde.  Hier diskutierte er in den Jahren 1942–45 mit Vertretern wie Bruno Kreisky oder den schwedischen sozialdemokratischen Intellektuellen Alva und Gunnar Myrdal die Zukunft und den demokratischen Wiederaufbau Deutschlands nach dem Kriegsende.

Brandt näherte sich wieder der SPD an, mit der er 1931 gebrochen hatte und trat seiner alten Partei im Exil wieder bei. Er begleitete das Schicksal Norwegens im Krieg publizistisch mit einer ganzen Reihe von Büchern und Artikeln über Krieg, Besatzung und Widerstandskampf in Norwegen in verschiedenen Facetten. Die Zukunftspläne für Deutschland und Europa thematisierte er in Publikationen wie dem 1942 erstmals erschienenen Efter segern [Nach dem Sieg]. Die Exiljahre hatten maßgebliche Auswirkungen auf Brandts politisches Denken. Die Begegnung mit den Arbeiterbewegungen in Norwegen und Schweden zeigte ihm eine andere Sozialdemokratie, die sich insbesondere in Schweden bereits auf dem Weg zum erfolgreichen Wohlfahrtsstaat (“Volksheim”) befand. Brandt war von dem Pragmatismus und der freiheitlichen Einstellung seiner nordeuropäischen Parteikollegen nachhaltig beeindruckt, was mit ein Grund für seine Rückkehr zur SPD war.

Brandt kehrte bald nach dem Krieg nach Deutschland zurück, zunächst als Berichterstatter von den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen. Seine Beobachtungen dort veranlassten ihn 1946 zur Niederschrift seines erst vor wenigen Jahren in deutscher Übersetzung erschienenen Werks Forbrytere og andre tyskere [Verbrecher und andere Deutsche, dt. Bonn 2007]. Brandt ging es darum, gegenüber seinen verbitterten norwegischen Landsleuten zu zeigen, dass es ein anderes, ein besseres Deutschland durchaus gab und dass es – anders als es so mancher Norweger geneigt war, zu sehen – die Chance für einen Neuanfang verdient habe. Brandt kam dann 1947 als Presseattaché an die norwegische Militärmission (die erste diplomatische Vertretung Norwegens in Deutschland nach dem Krieg) nach Berlin. Er sollte über die politischen Entwicklungen in Deutschland berichten – die früheren Genossen aus Lübeck hatten ebenfalls versucht, ihn für sich als Bürgermeisterkandidaten zu werben und waren enttäuscht. In einem Schreiben legte Brandt seine Gründe für die Wahl Berlins dar.

Nachdem er 1948 wieder deutscher Staatsbürger geworden war, wurde Brandt, wie allgemein bekannt, als Regierender Bürgermeister zu einer Symbolgestalt West-Berlins und zu einem Vorkämpfer gegen die deutsche Teilung. Die Verbindungen nach Norwegen würden nie ganz nachlassen, doch politisch für einige Zeit nicht die wichtigste Rolle spielen. Mit seiner norwegischstämmigen zweiten Frau Rut und ihren Söhnen gehörten Sommerurlaube in Norwegen indes zum festen Familienprogramm. Nordeuropa geriet wieder stärker in den Blick, als Brandt 1966–69 Außenminister der ersten Großen Koalition wurde. In seine Amtszeit als Bundeskanzler 1969–74 fielen auch die norwegischen Beitrittsbemühungen zur EWG, zu deren Fürsprecher er sich machte. Deutschland war wie auch später, der Anwalt Nordeuropas in der EWG/EU und Brandt sprach gar auf einer Kundgebung am Youngstorget (dem Sitz zentraler Institutionen der norwegischen Arbeiterbewegung) und warb – auf Norwegisch! – um die Zustimmung der Norweger zum EWG-Beitritt. Diese erfolgte im entsprechenden Referendum indes nicht und Brandt war enttäuscht, dass eine stärker skandinavische Prägung (nur Dänemark trat 1973 neben Großbritannien und Irland bei) der EWG somit ausblieb.

Für seine Verdienste um die Annäherung zwischen Ost und West im Rahmen der von ihm und seinem politischen Umfeld angestoßenen “neuen Ostpolitik” erhielt Willy Brandt 1971 den Friedensnobelpreis, der ja bekannterweise in Oslo verliehen wird. Die Zeremonie im Dezember 1971 war für Brandt ein emotionales Erlebnis, und aus Sicht der norwegischen Bevölkerung wurde da einer der Ihren ausgezeichnet. Die Sicht der Norweger auf Deutschland war für lange Zeit durch das harte Besatzungsregime und große Verbitterung geprägt. Dass zwischen der Bundesrepublik und Norwegen eine gewisse Annäherung erreicht wurde, ist nicht zuletzt Brandts politischem Wirken und der großen Sympathie für ihn in Norwegen zu schulden.

Quelle: http://nordichistoryblog.hypotheses.org/2042

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Webressourcen aus Nordeuropa – Fundstücke Oktober 2013

Unter der Rubrik „Webressourcen aus Nordeuropa – Fundstücke“ wird das Sondersammelgebiet Skandinavien an der UB Kiel (SSG) zukünftig regelmäßig eine Sammlung aktueller Informationen zu neuen Datenbanken, Entwicklungen in der digitalen Geschichtswissenschaft an Bibliotheken, Museen oder auch Forschungsinstitutionen, Digitalisierungsprojekte und vieles mehr veröffentlichen. Dieses Angebot wird ergänzt durch den aktuellen Kongress-und Terminkalender für Nordeuropa, der in der “Virtuellen Fachbibliothek Nordeuropa und Ostseeraum” vorgehalten wird.

Unser erster Beitrag beschäftigt sich mit den Veröffentlichungsstrategien skandinavischer Museen und Archive für Bilder im Netz, in diesem Fall vor allem mit dänischen Beispielen. Auffällig bei den beispielhaft ausgewählten Seiten ist die Vielfalt der Portale, die genutzt werden, um Bilder und auch andere Quellen zu veröffentlichen – wodurch gleichzeitig deutlich wird, wie breit gestreut sich die Suche nach Quellen mittlerweile gestalten muss.

Dänemark

Ein gutes Beispiel für Vielfalt der Veröffentlichungswege ist das dänische Nationalmuseet. Genannt sei hier der Blog Det Digitale Nationalmuseum, wo die Open-Source-Projekte des Museums, die bereits realisiert oder auch noch in Planung sind, vorgestellt und diskutiert werden.

Im Bereich der Runologie erstellen wissenschaftliche Mitarbeiter des Museums zusammen mit Wikipedia ein Lexikon mit Artikeln und Fotos der dänischen Runensteine. Eine größere Sammlung veröffentlicht das Nationalmuseum auf Wikimedia Commons. Auch auf Flickr hat das Nationalmuseet einen Fotostream mit Bildern aus den eigenen Sammlungen hinterlegt und plant sein digitalisiertes Material weiterhin bzw. zukünftig auf folgenden Kanälen zu veröffentlichen: Social Media (Twitter, Google+, Flickr, Pinterest, Instagram, Youtube), Wikimedia, Europeana (Europäisches Kulturerbeportal), Dansk kulturarv (Dänisches Kulturerbeportal mit Bildern, Videos und Hörbeispielen ) sowie in den Kulturerbeprojekten Historisk Atlas und TING.

Zu den weiteren für die nächste Zukunft geplanten Projekten zählt das Portal Det Digitale Frihedsmuseum, das die digitalisierte Archivsammlung mit 200.000 Dokumenten, 60.000 Fotografien, 2.000 Tonbändern sowie 200 Filmclips aus der Besatzungszeit der Öffentlichkeit zugänglich machen soll.

Neben den Museen planen 600 dänischen Lokalarchive 2014 ihre digitalisierten Archivbestände in dem Portal Arkibas zugänglich zu machen. Darunter befinden sich etwa 50 Millionen Bilder, daneben aber auch Filme und andere Archivalien. Bereits beim für 2014 anvisierten Onlinegang möchten die Lokalarchive “Dänemarks größtes Fotoalbum” präsentieren.

Schweden

In Schweden veröffentlichen die Museen ihre Fotosammlungen ebenfalls auf unterschiedlichen Plattformen. Das Nordiska Museet veröffentlicht auf Wikimedia Commons, während andere Museen wie das Stadtmuseum Göteborg das Datenbanksystem Carlotta bevorzugen. Eine Reihe von schwedischen Museen und Archiven bestücken das Metasuchsystem Kringla, das umfangreiches Informationsmaterial bündelt, darunter auch zahlreiche Bilder beispielsweise aus dem Världskulturmuseet, Tekniska museet, Vasamuseet, Historiska museet und Riksantikvarieämbetet. Derzeit 23 Museen nutzen eine gemeinsame Plattform, das Digitalt Museum. Eine Kooperation von drei Museen, u.a. die Stockholmer Livrustkammer, stellt eine größere Bildsammlung mit insgesamt 40.000 Bildern zum Download bereit. Abschließend sei noch das Jönköpings läns museum erwähnt, auf dessen Internetseite sofort ersichtlich ist, auf wievielen unterschiedlichen Plattformen ein Museum seine Inhalte präsentieren kann.

Norwegen und Finnland

Das Portal “Digitalt Museum”, auf dem Museen ihre Exponate und Bildsammlungen präsentieren, gibt es für Norwegen und Schweden. Dabei wird die norwegische Plattform mit derzeit 135 beteiligten Museen stärker bedient als die schwedische (23 Museen). Ein schönes Beispiel für die Beteiligung einzelner Museen an diesem Portal ist die Fotosammlung aus dem Bereich der Seemannsmission des Norsk Maritimt Museum, die gerade im Digitalt Museum eingestellt worden ist.

In Finnland bündeln zahlreiche Archive, Museen und auch drei große  Bibliotheken ihre Bestände, darunter über 230.000 Bilder, in dem Portal Finna.

Quelle: http://nordichistoryblog.hypotheses.org/1814

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Digitalisierungsstrategien für das kulturelle Erbe in Norwegen | Teil 2: Das nationale Archivwesen als zentraler Akteur

Im ersten Teil dieses mehrteiligen Beitrags hatte ich Grundsätzliches in Sachen Digitalisierung in Norwegen erörtert. Nun soll es in den nächsten Beiträgen um die zentralen Akteure gehen und dabei zunächst um Archive.

Prinzipiell ist zunächst festzuhalten, dass die Archivlandschaft in Norwegen wie auch in den anderen nordischen Ländern bei weitem nicht so kleinteilig ist wie es in Deutschland aus historischen Gründen der Fall ist. Norwegen ist wie seine nordischen Nachbarn ein zentralistisches Land, was zentralen Institutionen wie dem Arkivverket [in etwa: Amt für Archivwesen], der Dachorganisation für die norwegischen staatlichen Archive, eine starke Stellung als Akteur in der öffentlichen Erinnerungskultur verleiht.

Mit der Seite Digitalarkivet wurde in Norwegen eine zentrale Anlaufstelle für archivalische Quellen im Netz geschaffen, auf der digitalisierte Sammlungen gratis den Nutzern zur Verfügung gestellt werden. Diese Webpräsenz wurde bereits 1998 ins Leben gerufen, die Gesamtverantwortung des auf mehrere Standorte verteilten Projekts liegt beim Staatsarchiv in Bergen. Seit 2011 wartet die Seite nach einer gründlichen Renovierung mit ausgebauten Suchmöglichkeiten und einer stärkeren Integration von durchsuchbaren Digitalisaten auf. Typische Quellen der ersten Schübe an Digitalisierungen waren Volkszählungen, Matrikel, Kirchenbücher, Listen mit Namen von Auswanderern, Gerichtsbücher und Ähnliches. Ein Grund dürfte mit darin liegen, dass es sich bei diesen Quellen um von Ahnenforschern stark nachgefragtes, daher häufig genutztes und Verschleiß / möglichen Beschädigungen stärker ausgesetztes Material handelt. Den Ahnenforschern soll so der Weg ins Archiv erspart werden oder zumindest der erste Einstieg in die Forschung mithilfe von online verfügbaren Quellen erleichtert werden.

Das Riksarkiv ist übrigens in Zeiten des Web 2.0 auf verschiedenen Internet-Kanälen präsent, um seine Digitalisierungs-Aktivitäten vorzustellen, etwa mit einem tumblr-Blog namens Dokumentene forteller [Die Dokumente erzählen – auf Norwegisch], auf dem neu digitalisierte Materialien vorgestellt werden oder mit einem eigenen YouTube-Kanal (beides auf Norwegisch, auf dem Blog sind kurze englische Hinweise zu den dort präsentierten Dokumenten). In mehreren Videos wird darauf verwiesen, dass Archive durchaus mehr als reine Papierdokumente bewahren, wie etwa in diesem kurzen Video über die im Riksarkiv bewahrte Tasche des norwegischen Nationalsozialisten-Führers Vidkun Quisling:

Wie sehr die traditionellen Grenzen zwischen den etablierten Akteuren und den “Amateuren” verwischen oder es auch bewusst angestrebt wird, Quellen durch Crowdsourcing-Initiativen einzubinden, zeigt die Idee des Digitalpensjonat (engl. The Digital Inn). Hier steht es allen Nutzern und Institutionen außerhalb des Archivwesens frei, Quellendigitalisate sozusagen als digitale Dauerleihgabe auf einer eigenen Unterseite hochzuladen und der Öffentlichkeit so zur Verfügung zu stellen. Voraussetzung ist, dass die hochzuladenden Quellen archivalischen Charakters sein sollten, was nicht näher expliziert, aber wohl als Quellen von hinreichendem öffentlichen und Forschungsinteresse verstanden werden kann. Zudem sollen die hochgeladenen Versionen (Scans, Abschriften, Tabellen) so quellengetreu wie möglich sein. Eine redaktionelle Kontrolle findet allerdings nicht statt. Neben Quellendigitalisaten gibt es auf dem Digitalarkivet unter “Bokhylla” [Buchregal] auch eine umfangreiche Sammlung digitalisierter historischer Primärliteratur, wie gedruckte staatliche Statistiken,  behördliche Veröffentlichungen, Kirchenbücher, Steuermatrikel und Telefonbücher. Diese sind leider nur mit laufenden Nummer als fortlaufende Liste verzeichnet und nicht mit einer Suchfunktion versehen.

Die Prioritäten des norwegischen Archivwesens richten sich in letzter Zeit stärker auf Jubiläen, wie das nächste große Jubiläum, die 200-Jahrfeier der Verabschiedung der Verfassung von Eidsvoll (siehe das Bild in Teil 1 des Beitrags) 1814. Daneben steht die Sammlung von “digital born material”, wie dem Material, das im Nachgang der Breivik-Attentate vom 22. Juli 2011 gesammelt wurde.

Interessant sind vor dem Hintergrund des erwähnten Digitalpensionats auch Bestrebungen wie etwa des Stadtarchivs Bergen, Digitalisierungsdienste für kommunale Behörden oder Betriebe, aber auch für private Firmen und Privatpersonen zu übernehmen. Mit einem kleinen Video versucht man, den Digitalisierungsprozess anschaulich zu machen.

Quelle: http://nordichistoryblog.hypotheses.org/1364

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Wanderstudent – studentisches Filmprojekt auf Spuren des vorchristlichen Norwegens

Heute soll hier auf ein studentisches Projekt ganz besonderer Art aufmerksam gemacht werden. Unter der Überschrift Wanderstudent hat sich eine Gruppe junger Skandinavistik-Studierender aus Berlin gefunden, um der Frage nachzugehen, welche Spuren der vorchristlichen, “heidnischen” Zeit heute noch in Norwegen zu finden sind. Die Studierenden haben sich das Thema eigenständig gesucht und ein privates Tutorium aufgezogen, um sich den Stoff zu erarbeiten. Seit Mitte Juli sind sie nun in Norwegen unterwegs und wandern den alten Pilgerweg nach Nidaros (heute: Trondheim), um ihrem faszinierenden Thema auf eigenen Füßen nachzuspüren.  Einen Eindruck von der Idee hinter dem Projekt liefert der selbstproduzierte Imagefilm (etwas lang für einen Trailer vielleicht, aber schön gemacht!) auf dem YouTube-Kanal des Vorhabens:

Es geht neben der wissenschaftlichen Thematik bei dem Filmprojekt auch um die Selbsterfahrung, und ich muss zugeben, über diesen Aspekt bin ich mindestens genauso gespannt wie über den rein inhaltlichen. Nach einem Jahr Vorbereitung und intensiven Wandertraining in den letzten Monaten ist die Truppe jetzt irgendwo in der norwegischen Natur und haben auf dem Projektblog bisher auch einen Zwischenstandsbericht hinterlassen. Häufigere Statusmeldungen gibt es auf der projekteigenen Facebook-Präsenz. Dank der großzügigen Hilfe durch den Computer- und Medienservice der Humboldt-Universität ist die Truppe mit guten Kameras ausgestattet und wird auch in der Postproduktionsphase die Schnittplätze und weiteres Gerät nutzen können. Die verschiedenen Dozenten unseres Instituts stehen den Studierenden mit Rat und Tat zur Seite und es gibt jede Menge logistischer Unterstützung.

Ich finde, sich seit dem 2. Semester im B.A.-Studium einem solch ambitionierten und komplexen Gebiet zu widmen und dann auch noch das Wagnis einzugehen, ohne viel vorherige Erfahrung einen Dokumentarfilm über diese Forschungsreise zu drehen, nötigt einem Respekt ab! Wer das auch findet und den ein oder anderen Euro übrig hat, kann das Projekt auf einer eigenen Crowdfunding-Seite finanziell unterstützen. Ich bin schon mal gespannt auf die Erlebnisse der Gruppe und wie der Film am Ende sein wird! Als einer der Mentoren der Gruppe werde ich auch hier gelegentlich über Fortschritte dieses Projekts berichten.

Quelle: http://nordichistoryblog.hypotheses.org/1668

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Digitalisierungsstrategien für das kulturelle Erbe in Norwegen | Teil 1: “Ganz Norwegen soll digitalisiert werden” – Grundsätzliches

Digitalisierung hier, Digitalisierung dort – allerorten hört und liest man von den vielfältigen Bestrebungen, historische Literatur, Quellen, Dokumente aller Art, aber auch dreidimensionale Artefakte durch verschiedenste digitale Prozesse zu bewahren und zugänglich zu machen. Scannen, Fotografieren, virtuell Rekonstruieren, Transkribieren/-literieren, Parsen, etc. etc. – man überblickt gar nicht mal alle Methoden, welche die Digital Humanities bereit halten und die fortlaufend weiter und neu entwickelt werden. Das ist die eine Seite – doch wie sieht es hinter den Kulissen aus, wo diese Vorhaben geplant und verhandelt werden? Wie funktioniert eigentlich das Agenda-Setting für die Digitalisierung des kulturellen Erbes? In einer kleinen Artikel-Serie soll dieser Frage am Beispiel Norwegens nachgegangen werden. Nach diesem grundsätzlichen Einleitungsteil sollen in weiteren Teilen des Artikels die Überlegungen, Prioritätensetzungen und Vorgangsweisen der zentralen Akteure/Institutionen aufgegriffen werden.

Warum eigentlich Norwegen als Untersuchungsobjekt – abgesehen davon, dass dieser Blog sich der Beschäftigung mit der Region Nordeuropa verschrieben hat? Norwegen eignet sich auch im Allgemeinen gut zur Untersuchung von Digitalisierungsstrategien, was mit der Verwaltungsstruktur des Landes zusammenhängt. Die Verantwortung für kulturelle, bildungsbezogene und wissenschaftliche Belange liegt hier auf der nationalstaatlichen zentralen Ebene, so dass man rasch einen Überblick über die zentralen Akteure bekommt, die zudem mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet sind. Anders als beim kulturpolitischen Flickenteppich namens Deutschland handelt es sich auf diesem Feld in Norwegen (wie in allen nordischen Ländern) eher um wenige “big player”. Zudem wird gerade in Norwegen seit Jahren über eine stärkere öffentliche Teilhabe an kulturellen Inhalten und eine weitreichende Digitalisierung des “kulturellen Erbes” diskutiert und entsprechende Zielvorgaben werden verabschiedet. Ein weiterer Grund ist in dem über den kulturellen Bereich hinausgehenden Bestrebungen zur ‘Digitalisierung des öffentlichen Lebens’ zu sehen, so dass man die Frage danach stellen kann, ob man das Phänomen von der kulturpolitischen Seite her deuten sollte oder eher von der allgemeingesellschaftlichen und netzpolitischen Warte. Die Antwort liegt wohl wie so oft in der Mitte: Das Beispiel Norwegens zeigt, dass man beide Perspektiven zusammen denken sollte.


Verfassung für das Königreich Norwegen, 17.5.1814
erste Textseite, digitalisierte Version
Quelle: Archiv des norwegischen Parlaments

In Norwegen haben sich die zentralen Akteure in der Tat ehrgeizige Ziele für eine umfassende Digitalisierung des kulturellen Erbes gesetzt. Bis 2030 will die norwegische Nationalbibliothek sämtliche Publikationen, die bis dahin in Norwegen erschienen sind und die im Rahmen des Pflichtexemplarsrechts an sie gelangten, in digitaler Form vorlegen. Bis zum selben Jahr, so die Schätzungen, wird das norwegische Reichsarchiv 10 % seines Archivguts digitalisiert haben. Die Zahlen klingen schon mal beeindruckend, und die Planung dieser Vorhaben reicht bereits einige Jahre zurück. Bemerkenswert in netz- wie in kulturpolitischer Hinsicht ist die 2009 verabschiedete “nationale Strategie für die digitale Bewahrung und Vermittlung des kulturellen Erbes”. Hier wurde nach einer parlamentarischen Debatte eine landesweite einheitliche Vorgehensweise und anzustrebende Ziele vereinbart.

In diesem Dokument wird die Digitalisierung des kulturellen Erbes mit politischer Bedeutung aufgeladen, wodurch man diese zu legitimieren sucht. So wird auf den Begriff einer “digitalen Allmende” [digital allmenning] zurückgegriffen, der bereits in einer 2006 verabschiedeten Strategie für eine “Informationsgesellschaft für alle” (d.h. alle Norwegerinnen und Norweger, JHS) auftauchte. In diesem Dokument wird die für Norwegen und alle nordischen Länder spezifische Tradition des Jedermannsrechts beschworen, die man auf die digitale Welt übertragen hat. In der nationalen Digitalisierungsstrategie wird diese Vorstellung in dem Sinne weitergedacht, dass die Zugänglichkeit historischer Dokumente und Artefakte das grundsätzliche Versprechen auf politisch-gesellschaftliche Inklusion und Partizipation aller Mitbürger mit erfülle. Zudem wird die Digitalisierung kulturellen Erbes als Teil der Einlösung des “Kulturversprechens” [kulturløfte] der norwegischen Regierung gedeutet. Dieses Kulturversprechen wurde 2005 nach der Ablösung der bürgerlichen Regierung Bondevik von der neuen rot-grünen Regierung unter Führung des Sozialdemokraten Jens Stoltenberg abgegeben. An zentraler Stelle steht die Zielvorgabe, bis 2014 die Ausgaben zur Förderung von Kunst und Kultur auf einen Anteil von einem Prozent am nationalen Budget zu steigern. Auch in diesem Zusammenhang beruft man sich bereits auf das Ideal der allgemeinen Zugänglichkeit und Teilhabe für alle Bürgerinnen und Bürger. Ob also freier Eintritt in staatliche Museen oder das Anklicken der digitalisierten Quelle auf der Archiv-Homepage – im Grunde steckt dieselbe Idee dahinter. Diese Vorstellungen greifen zentrale Elemente der norwegischen politischen Kultur (die in vielen wesentlichen Belangen eine gemeinsame politische Kultur aller nordischen Länder ist) auf, die Norwegen und den Norden als (von jeher) demokratisch, rechtsstaatlich, pluralistisch und als nah am Menschen darstellen. Die Vorstellung von einer spezifisch ‘nordischen Demokratie’ wurde seit den Anfängen des 20. Jahrhunderts nach und nach konstruiert und zu einem Grundpfeiler des politischen Selbstverständnisses und der engen Kooperation zwischen den nordischen Ländern. Moderne politische Errungenschaften wie Demokratie, Parlamentarisierung und allgemeines (auch: Frauen-!) Wahlrecht wurden zur Grundlage für (a)historische Rückprojektionen, wonach der Norden selbst in vordemokratischen Zeiten bereits zur starken politischen Partizipation der unteren Stände und einer vernunftgeleiteten Staatsführung tendiert habe. Die Digitalisierungsstrategien fügen sich in ihren grundsätzlichen Überlegungen sehr gut in ein bereits existierendes Selbstbild ein.

Die Bestrebungen auf dem kulturellen Sektor sind Teil einer weit darüber hinausreichenden Strategie: Seit einigen Jahren wird eine umfassende “digitale Agenda” verfolgt, die darauf abzielt, Norwegen zum weltweit führenden Land in Sachen eGovernance und Digitalisierung öffentlicher Dienstleistungen zu machen. Eine norwegische Zeitung titelte – wohl etwas weitgehend – “Ganz Norwegen soll digitalisiert werden”. Diese im Frühjahr 2012 erstmals verkündete Strategie ist in Blogs und in der Presse begrüßt worden – es scheint keine größere Kritik an dem Vorhaben zu geben. Auch die Opposition steht hinter den Vorschlägen, einige Stimmen haben indes auf das Problem des Datenschutzes aufmerksam gemacht und in Frage gestellt, ob in Norwegen genügend kompetente Fachkräfte zur Umsetzung vorhanden seien. Die Digitalisierung wird unter den Oppositionsparteien als geeignetes Mittel angesehen, um die aufgeblähte öffentliche Verwaltung endlich zu verschlanken und die stetig wachsende Zahl sich selbst legitimierender interner Prozesse zu senken.

Jedenfalls ist die Digitalisierungsstrategie in Bezug auf das kulturelle Erbe einerseits Pilotprojekt, andererseits Teil einer allgemeinen landesweiten Entwicklung in Norwegen. Sie ist eine Facette der vielfältigen Bemühungen, Verwaltungsvorgänge und gesellschaftliche Teilhabe zu größeren Teilen über das Internet zu ermöglichen. Ein Blick auf die Besiedlungsstruktur des langgestreckten Landes macht die Sinnhaftigkeit solcher Vorhaben einsichtig. Hape Kerkelings berühmtes Diktum, Norwegen sei groß und unwahrscheinlich lang und weilig, ironisiert das Faktum, dass Norwegen sehr dünn besiedelt ist und die Bewohnerinnen und Bewohner ländlicher Gebiete durch eine Unzahl von Fjorden und Bergzügen voneinander abgeschnitten sind. Nun spielen solche geographisch-topographischen Hindernisse im modernen Kommunikationszeitalter nicht mehr dieselbe Rolle wie früher, doch müssen auch bestimmte Voraussetzungen gegeben sein, um das Digitalisierungsprojekt erfolgreich zu realisieren. In Norwegen sind dabei mehrere Umstände gegeben: eine hohe Akzeptanz neuer Technologien, eine flächendeckende Internet-Anbindung und der vor Jahren bereits konsequent angegangene Ausbau von Breitband-Verbindungen. Digitalisierung, auch die des kulturellen Lebens, ist Teil des in den letzten Jahren zielstrebig aufgebauten norwegischen Selbstverständnisses als technologisch und netzpolitisch führende Nation.

Dieses Selbstbild versucht die norwegische Regierung derzeit durch entsprechende Vorgaben und politisches Agenda-Setting zu manifestieren. Darin dürfte auch der Versuch zu sehen sein, dem Land Zukunftsoptionen zu eröffnen, um die Abhängigkeit von den einträglichen, aber irgendwann versiegenden Erdölvorkommen zu mindern. Damit sollen Digitalisierung und Erdölförderung keineswegs volkswirtschaftlich gleichgesetzt werden. Es geht vielmehr um die Implementierung technologisch basierter politischer und gesellschaftlicher Praktiken, die das Leben der Bürger vereinfachen sollen, die auf Dauer Kosten sparen sollen, und über die außerdem die Konstruktion eines neuen bzw. Erweiterung des bestehenden nationalen Images Norwegens betrieben wird. Norwegen, das demokratisch vorbildliche Musterland, in dem der Bürger alles über das Netz erledigen kann – sei es die Beantragung eines neuen Reisepasses oder die Erforschung von historischen Quellen. Norwegen ist offensichtlich auf bestem Wege, zu einem “D-Land” zu werden.

Quelle: http://nordichistoryblog.hypotheses.org/1169

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