Birgitta Atlas – Saint Birgitta’s Monasteries

Die Birgitten gehören zu den unbekannteren Orden der Katholischen Kirche. Vielleicht liegt es daran, dass er nicht dem beliebten Schema, es ist, wie es scheint, entspricht. Vielmehr fragt man sich bei den Birgitten unwillkürlich, was wäre denn, wenn es nicht ist, wie es scheinen soll? Gemeint ist die Gender-Frage der Kirche. Wie bei Kanonissen oder manchem eher regional verbreiteten Orden (Ordre de Font-Evraud) gibt es Konvente beiderlei Geschlechts. Doch im Gegensatz zu den typischen Doppelklöstern der Benediktiner und anderer Gemeinschaften des Hochmittelalters, die später getrennt wurden oder deren zumeist weiblicher Teil irgendwann einging (vgl. Göttweig, die Petersfrauen in Salzburg etc.), zeichnet sich die Gruppe durch die zumindest nominelle Herrschaft der Äbtissin über den Gesamtkonvent aus. Auch strukturell kommt diesen weiblich regierten Gemeinschaften eine größere Stabilität zu, was auch für die offiziell als Erlöserorden bezeichneten Birgitten gilt, die der Augustinerregel folgen.

Gegründet von der Heiligen Birgitta von Schweden verbreitete sich die Gemeinschaft über große Teile Europas, so dass es folgerichtig war, die Urheberin, zugleich bedeutende und früh gedruckte theologische Autorin, 1999 zu einer Patronin Europas zu erklären

Dem entsprechend versteht sich der schon 2013 erschienene Birgitta Atlas (Birgitta Atlas. Saint Birgitta’s Monasteries. Die Klöster der Heiligen Birgitta, hg. v. Ulla Sander-Olsen, Tore Nyberg und Per Sloth Carlsen, [Uden] 2013) als transeuropäisches Projekt der Societas Birgitta-Europa mit Sitz in Vadstena (Schweden). Und es handelt sich zumindest vom Format her tatsächlich um einen Atlas. Nach Überblicken, darunter einer Einführung von Tore Nyberg, bekannt durch seine Quellensammlung „Dokumente und Untersuchungen zur inneren Geschichte der drei Birgittenklöster Bayerns 1420-1570“, 2 Bde. (Quellen und Erörterungen zur bayerischen Geschichte NF 26/1-2), München 1972-1974, folgen nach den Regionen gegliederte Einzelbeiträge zu allen Klöstern: Skandinavien, Italien, Königreich Polen, England/Portugal, Heiliges Römisches Reich mit den heutigen Niederlanden und französisch Flandern. Ein Appendix behandelt den Orden in der Hispanica, besonders Mexiko. Der Orden verbreitete sich nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich breit. Lediglich für das 16. und das 18. Jahrhundert sind keine Neugründungen vermerkt. Die letzte vorreformatorische Gründung, an Stelle eines älteren Klosters, entstand in Altomünster bei Dachau, dessen weiblicher Konvent bis heute blüht, womit er wie der in Uden (Nordbrabant, nominell erst 1713 entstanden) die verschiedenen staatlichen Aufhebungswellen überlebt hat.

Inhaltlich bieten die Beiträge im englisch-deutschen Paralleltext jeweils Grundübersichten zur Klostergeschichte und ausgewählte Literaturhinweise, die zu einer vertieften Auseinandersetzung einladen sollen. Damit kann der Birgitta Atlas nicht als typisches Klosterbuch mit stark schematisierten Artikeln bezeichnet werden. Dennoch erzählen die Beiträge regelmäßig zahlreiche Aspekte wie Bibliotheksbesitz, Konventsstärke und Zusammensetzung, Autorinnen und Autoren, archivalische Überlieferung etc. Außerdem ist das Werk reich illustriert. Neben Abbildungen aus Manuskripten und Archivalien finden sich besonders architektonische Materialien: Pläne, historische und aktuelle Ansichten, die in nuce eine Kunstgeschichte des Ordens schreiben. Dies ist nicht nur schön zu betrachten, sondern berücksichtigt zugleich die zumindest früher stark kunsthistorische Ausrichtung der Ordensgeschichte.

Zu erwerben ist das ohne ISBN-Nummer erschienene Werk zum Beispiel in Altomünster (http://www.altomünster.de/Kirche,Kultur-Verein/SocietasBirgitta-Europa.aspx).

Quelle: http://ordensgeschichte.hypotheses.org/7901

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