Das Petit Palais an den Champs-Elysées wurde neben dem Grand Palais als prächtiger Ausstellungspalast für die Weltausstellung 1900 errichtet und dient heute als Museum. Derzeit werden dort bis zum 17. August 2014 in der Ausstellung “Paris 1900, la ville spectacle” über 600 Exponate gezeigt und Besucherinnen und Besucher in das Paris der Jahrhundertwende, die Zeit der Belle Époque, zurückversetzt. Das Petit Palais alleine lohnt schon einen Besuch, denn es repräsentiert bestens die Zeit des Fortschrittsoptimismus, der technischen Neuerungen und den Stil und die Eleganz des Pariser Lebens um 1900.
Gezeigt werden in sechs thematischen Abschnitten Gemälde, Kunstgegenstände, Poster, Skulpturen, Fotografien, die ersten Filme der Gebrüder Lumière sowie Möbel, Schmuck und Kostüme. Das ist insgesamt sehr klassisch, transportiert aber dennoch überzeugend die quirlige Atmosphäre und die Aufbruchsstimmung, die anlässlich der damaligen Weltausstellung geherrscht haben muss. Über 51 Millionen Besucherinnen und Besucher kamen damals aus aller Welt nach Paris. Darunter waren auch viele deutsche Dienstmädchen, die sich zu dieser Zeit in Paris in Stellung oder auf Arbeitssuche befanden. Die Weltausstellung taucht in den Archiven und Dokumenten immer wieder auf, so z.B., weil im Jahr 1900 die Übernachtungszahlen des protestantischen Dienstmädchenheims zum ersten Mal rückläufig waren. Nach der gültigen Hausordnung des Heims, durften die jungen Frauen nach dem Abendessen um 19 Uhr das Haus nicht mehr verlassen. Sie wollten aber unbedingt zur Weltausstellung gehen und suchten und fanden also andere Unterkünfte, die ihnen größere Freiheiten erlaubten1.
Drei Bahnhöfe (Gare de Lyon, d’Orsay und Invalides) waren eigens für die Weltausstellung 1900 gebaut sowie die erste Metrolinie fertig gestellt worden. Nur ein Jahr zuvor war die Dreyfusaffäre mit der Begnadigung von Alfred Dreyfus zwar noch nicht vollständig beendet, aber zumindest beruhigt worden. Aufgrund der internationalen Proteste nach der zweiten Verurteilung des jüdischen Offiziers wäre es beinahe zu einem internationalen Boykott der anstehenden Weltausstellung in Paris gekommen. Erst die Begnadigung im Herbst 1899 sorgte dafür, dass die Weltausstellung zu einem internationalen Erfolg werden konnte.
Die heutige Ausstellung im Petit Palais führt Besucherinnen und Besucher durch die Abschnitte “Paris, vitrine du monde”, eben jener Weltausstellung von 1900 gewidmet, das Paris des “Art Nouveau”, gefolgt vom Paris der Kunstszene, “Der Mythos der Pariserin” und “Paris bei Nacht”, mit den Abschnitten zur Theater- und Kabarettszene, und dem Abschnitt von den Cafés-concerts über Zirkus bis hin zu den Freudenhäusern am Montmartre.
Der Mythos der “Belle Époque” dauert bis heute an, und das nicht nur, weil unmittelbar im Anschluss an diese – zumindest bürgerliche – Leichtigkeit das Grauen des Ersten Weltkriegs folgte, sondern auch, weil darin eine tatsächliche kulturelle Mischung zum Ausdruck kommt, auf deren ungleiche Kräfte die Ausstellung hinweisen will, so das Programmheft. Ein Besuch ist zwar beim Einlass stets mit Wartezeiten verbunden, wird aber allen, die sich für Paris und die Belle Époque interessieren, uneingeschränkt empfohlen.
Wer nicht nach Paris kommen kann, hat die Möglichkeit, sich mit diesem Video zu trösten, das einen Eindruck von der Ausstellung bietet (mit französischen Kommentaren von Christophe Leribault).
Exposition Paris 1900 – Petit Palais von paris_musees
Ausstellung im Petit Palais
vom 2.4.2014-17.8.2014,
Dienstag-Sonntag 10h00-18h00
Donnerstags 10h00-20h00
http://www.petitpalais.paris.fr/fr
Fotos (M. König):
1) Das Petit Palais
2) Der Eingang der Ausstellung
3) Blick in die Ausstellung: der Abschnitt zu Theater und Kino
- Vgl. Mareike König, Bonnes à tout faire: Deutsche Dienstmädchen in Paris um 1900, in: Dies. (Hg.), Deutsche Handwerker, Arbeiter und Dienstmädchen in Paris. Eine vergessene Migration im 19. Jahrhundert, München 2003, S. 69-92, hier S. 88, online: http://daten.digitale-sammlungen.de/~db/0004/bsb00044758/images/index.html?fip=193.174.98.30&seite=69&pdfseitex=.