Public Diplomacy in Twitter: Der Hashtag #InternationalSwedishBreakfastWeek

Die Mikroblogging Plattform Twitter, die 2006 gegründet worden ist, ermöglicht ihren Nutzern das Schreiben kurzer Beiträge mit nicht mehr als 140 Zeichen, die sich an die „Follower“ des Accounts richten. Damit kopiert Twitter die Begrenzungen der frühen SMS, an die viele Nutzer schon gewöhnt waren, und erzeugt eine Twitter-spezifische Sprachverwendung, die sich durch Prägnanz, Wortwitz, Abkürzungen und Aphorismen auszeichnet. Seit 2006 haben sich daher auf der Plattform einige sehr distinktive Formen der Kommunikation unter den Mitgliedern ausgebildet, die basieren auf einer intensiven Nutzung von Retweets, Hashtags und der erhöhten Sichtbarkeit  durch Erscheinen von Hashtags in den Twitter-Trends. Die Plattform hat inzwischen über 284 Millionen aktive Nutzer und es werden pro Tag um die 500 Millionen Tweets versendet.

Die Bevölkerung Nordeuropas wird traditionell als offen für technologische Innovationen wahrgenommen, eine Wahrnehmung die sich in Bezug auf die Internetnutzung auch in konkreten Zahlen widerspiegelt. Die Schweizer Stiftung „Weltwirtschaftsforum“, bekannt für das jährliche Treffen in Davos, veröffentlicht jährlich den „Network Readiness Index“, der für 148 Länder der Welt die Anwendung und Nutzung der Möglichkeiten von Informations- und Kommunikationstechnologien analysiert.1 Der Index wird in drei Bereiche unterteilt, das Umfeld im Sinne von Infrastruktur und staatlichen Regulierungen, die Bereitschaft von Individuen, Unternehmen und staatlichen Institutionen neue Informations- und Kommunikationstechnologien zu nutzen und die tatsächliche Nutzung. Aus den drei Faktoren wird ein Index errechnet und daraus ein internationales Ranking erstellt. Schweden befindet sich gegenwärtig vor Singapur und Finnland auf dem ersten Platz des Rankings und ist auch in dem Index der individuellen Anwendung, der sich aus Daten wie Anwednung sozialer Netzwerke und Internetzugang in Schulen zusammensetzt, auf dem ersten Platz. Die Schwedische Stiftung .SE (Stiftelsen för Internetinfrastruktur) gibt einen jährlichen Überblick über die Anwendung und Ausbreitung des Internets in Schweden und schreibt für 2014, dass 68% der Schweden Facebook nutzen und jeder Fünfte Schwede Twitter anwendet.2

Im Kontext dieser hohen individuellen Nutzerzahlen für die sozialen Netzwerke scheint es eine logische Folge, dass auch staatliche Institutionen und Agenturen sich den sozialen Medien zuwenden um ihre nationale und internationale Reichweite zu erhöhen. Ein besonders interessantes Beispiel für diese Anwendung neuer Kommunikationstechnologie durch etablierte staatliche Institutionen ist die Kampagne „Curators of Sweden“, die am 10. Dezember 2011 gestartet wurde. Gemeinsam verantwortlich sind das Svenska Institutet, zentrale Organisation schwedischer Kulturdiplomatie, und Visit Sweden, die offizielle schwedische Institution zur Tourismusförderung. Das Projekt „Curators Of Sweden“ mit dem Twitter-Handle @Sweden gibt in wöchentlichem Turnus einem Schweden/einer Schwedin die Möglichkeit sich als Sprachrohr der Nation zu präsentieren und ihr eigenes Schweden-Bild, ihre eigenen politischen oder sozialen Vorstellungen, kurz ihre ganz eigene Agenda einem internationalen Publikum als Facette Schwedens zu präsentieren. Einzige Voraussetzung für die Übernahme einer Kuration ist die schwedische Staatsbürgerschaft und eine vorherige Präsenz auf der Plattform Twitter. Das Konzept des regelmäßigen Sprecher-Wechsels unter dem Schirm eines Accounts wurde als „Rotation Curation“ betitelt und bekam viel mediale Aufmerksamkeit, was zu einer Welle neuer „Rotation Curation“ Accounts führte. „Curators of Sweden“ ist exemplarisch für Public Diplomacy, im Sinne einer dipomatischen Bemühung, die sich speziell an eine ausländische Öffentlichkeit wendet, im Zeitalter der sozialen Medien. Im Rahmen der Kommunikation des @Sweden Accounts mit den weltweit verstreuten internationalen und den in Schweden ansässigen nationalen Followern wird eine Form des „Nation Branding“ betrieben. Der Begriff wird hier im Sinne des unabhängigen britischen Politikberaters Simon Anholt verwendet und beschreibt die Entwicklung eines nationalen Images mit Marketingtechniken, die zuvor vor Allem auf Handelsmarken angewendet wurden. Eine erfolgreiche nationale Marke verstärkt nicht nur den Touristenstandort, sondern hat auch messbare Effekte auf das internationale Geschäft lokaler Marken. Der Twitter Account @Sweden mit seinem Prinzip der wechselnden Kuratoren vermittelt das Bild eines modernen und technologie-affinen skandinavischen Staates mit einer hohen Redefreiheit und großem Vertrauen in die eigenen Staatsbürger. Dieses Vertrauen und die hohe Meinungsfreiheit des @Sweden Accounts wurden beispielsweise in 2012, als die Kuratorin Sonja Abrahamsson antisemitische Aussagen tätigte, auf eine harte Probe gestellt.3 Abrahamsson konnte trotz des großen Widerstands ihre Woche fertig kuratieren und das Projekt wurde weiter fortgesetzt. Im Februar 2015 hatte der Account 82.300 Followers, verfügt also über eine recht große Reichweite.

Die Kommunikation des @Sweden Accounts unterliegt keiner Zensur und die Kuratoren/Kuratorinnen können frei über die Dinge die sie interessieren schreiben, von Landwirtschaft bis zu Erotikfilmen. Oft wird jedoch ersichtlich, dass die Kuratoren/Kuratorinnen sich bemühen ihre eigenen Erfahrungen und Interessen in Beziehung zu ihrem “Schwedisch-Sein” zu setzen. Daraus entstehen vielfach spontane Dialoge, die in Hashtags kulminieren und eine ganze Woche des Accounts prägen können.

Im Folgenden soll am Beispiel des Hashtags #InternationalSwedishBreakfastWeek gezeigt werden, wie eine solche exemplarische Verhandlung schwedischer Identität in Twitter aussehen kann. Vom 26.1.2015 bis zum 2.2.2015 war die Musikerin Sa’ra Charismata Kuratorin des Accounts. Sie wurde in Schweden als Kind von Flüchtlingen aus Eritrea geboren und wohnt in Stockholm und Brooklyn. Selbst erklärtes Ziel ihrer Woche war es über soziale Gerechtigkeit, Aktivismus und ihre eigene Musik zu sprechen.4

Nach einigen Tweets zu politischen Themen nimmt Sa’ra Charismata bereits an ihrem ersten Tag als Kuratorin von @Sweden Bezug zu rassistischen Statements, die ihr entgegengebracht werden: „A twitterer just said im not swedish because i dont have „viking blood“ though im born and raised in Sweden. What’s a swedish person to you?“ (26.1.2015 7:22) Wenige Stunden später schreibt sie mit ironischem Gestus: „Im having a late breakfast now. Is this the breakfast of a viking??“ (26.1.2015 11:38) und fügt folgendes Foto hinzu:

Used with permission by Sa'ra Charismata (@saracharismata)

Used with permission by Sa’ra Charismata (@saracharismata)

Das von ihr dokumentierte Essen besteht aus zahlreichen Bestandteilen einer durchschnittlichen schwedischen Frühstücksmahlzeit: Milchprodukte der dänisch-schwedischen Meierei Arla, Kakao von der schwedischen Marke O’boy und eine Gurke mit schwedischer Flagge. Die weitere Diskussion wird im Wesentlichen von der Diskussion über die UN-Kritik an Schwedens Umgang mit rassistischen Verbrechen geprägt.5 Auch der nächste Morgen startet mit einem Verweis auf ein echtes Wikinger-Frühstück, diesmal „plockgodis“ und eine Tasse Kaffee.

Diese Verweise auf das eigene Essen und die Thematisierung im Kontext Nationaler Identität („Wikinger-Frühstück“) sind aus kulturwissenschaftlicher Perspektive besonders interessant, da das Essen sich an der Schnittstelle von Kultur und Natur befindet. Essen erfüllt grundlegende natürliche Bedürfnisse der Energiezufuhr des menschlichen Körpers und ist gleichzeitig in erheblichem Maße kulturell geprägt, über das Essen und die Wahl der Nahrungsmittel wird Status und Gruppenzugehörigkeit markiert. Im Jahr 2012 war das literaturwissenschaftliche Kolloquium des Nordischen Klangs dem Thema Essen gewidmet und Joachim Schiedermair schrieb dazu in seiner Einleitung:

Man kann Essen und Trinken ausschließlich als Nahrungsmittel betrachten, die den Stoffwechsel in Gang halten; doch dann erfasst man nicht, dass sie auch Lebens-Mittel, Träger von Sinn und Ordnung, sind: Als Teil einer sozialen Handlung wird das Wie und Was des Essens unmittelbar zum Bedeutungsträger; Kaviar bedeutet Oberschicht; köttbullar signifiziert „Schwedizität“; und indem man Salat dem Hamburger vorzieht, macht man manchmal ein schichtspezifisches, manchmal ein genderdifferenzierendes, manchmal ein religiöses Statement. Wer isst und trinkt ordnet sich in einen Sinnzusammenhang ein – ob er will oder nicht.6

Liest man so die Bildposts von Sa’ra Charismata als kulturelles Zeichen, so wird deutlich, dass hier schwedische Identität in unterschiedlichen Facetten thematisiert wird, vom gesunden Frühstück schwedischer Milchprodukte zum ungesunden, aber auch typisch schwedischen, Frühstück von Kaffee und Plockgodis. Die Posts sind nicht ohne den Kontext ihrer Herkunft als Kind von Immigranten lesbar und die daraus resultierende reflexhafte Hinterfragung ihrer schwedischen Authentizität bereits an ihrem ersten Tag als Kuratorin des @Sweden Accounts. Sie markieren daher eben auch, dass Sa’ra Charismata eine weite Palette des „Schwedisch-Seins“ beherrscht und sind so auch als Hinweise auf eine kulturelle Assimilation interpretierbar. In Folge formuliert Charismata einen Post, indem sei einen neuen Hashtag entwirft: „Who’s down for making this international Swedish Breakfast week? So we post a pic of our bfast and tag it #InternationalSwedishBreakfastWeek“ (27.1.2015 :29) Darauffolgend kündigt sie an, dass sie am Ende ihrer Twitter-Woche ein Bild einer Mahlzeit auswählen wird, die ihrer Meinung nach in die offizielle schwedische Frühstückskultur integriert werden sollte. Es gibt keinerlei nähere Definitionen, nur den Hinweis, dass die Teilnehmer sich überlegen sollten, was ein Schwede zum Frühstück essen würde.

In den folgenden Tagen sammeln sich unter dem Hashtag #InternationalSwedishBreakfastWeek zahlreiche unterschiedliche Bildbeiträge von schwedischen und internationalen Followern, die ganz unterschiedliche Morgenmahlzeiten als schwedisch markieren und damit spielerisch die Verhandelbarkeit nationaler Identität thematisieren (hier ein Storify mit den dazugehörigen Tweets). So werden zahlreiche Bilder von Haferbrei und Müsli, aber auch das Trinken von Kaffee aus einem an der Universität in Uppsala gekauften Becher und zahlreiche Bilder von Snus-Dosen als Bildbeiträge geteilt. Von Waffeln, zu Pizzakartons zu ausgefeilten veganen Menüs wird Frühstück als schwedisch markiert und damit die initial an Sa’ra Charismata gestellte Frage nach schwedischer Authentizität ironisch unterlaufen. In diesem Sinne vergibt Charismata am Ende der Woche auch zwei Gewinnertitel an Frühstücksbilder die unterschiedlicher nicht sein könnten, zum einen das vielfältige Frühstück von @GoldenTalon in Sidney und zum Anderen ein Weckglas mit Müsli der in Jönköpings län lebenden Schwedin @janettearon:

Used with permission by @GoldenTalon

Used with permission by @jeanettearon

Used with permission by @jeanettearon

  1. Quelle: http://www.weforum.org/issues/global-information-technology/the-great-transformation/network-readiness-index#
  2. Quelle: http://www.soi2014.se/kommunikation-och-sociala-natverk/ 
  3. Siehe: http://mashable.com/2012/06/12/sweden-twitter/
  4. Quelle: http://curatorsofsweden.com/curator/sara-charismata/
  5. Für mehr Info: http://sverigesradio.se/sida/artikel.aspx?programid=2054&artikel=6077709
  6. Joachim Schiedermair: „Nordischer Klang: Spis dog ordentligt! – Kultur und Essen im Norden“ In: EJSS, Volume 42, Issue 1. April 2012.

Quelle: http://nofoblog.hypotheses.org/148

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Erstes WeberWorldCafé: „Bürger, Blogger, Botschafter: Neue Medien und Akteure in der Diplomatie des 21. Jahrhunderts“

Keyvisualvon Gesche Schifferdecker

Am 28.04.2014 laden die Max Weber Stiftung und das Forum Transregionale Studien zum ersten gemeinsamen WeberWorldCafé ein. Junge WissenschaftlerInnen und MitarbeiterInnen internationaler Organisationen werden gemeinsam mit zehn ExpertInnen zum Thema „Bürger, Blogger, Botschafter: Neue Medien und Akteure in der Diplomatie des 21. Jahrhunderts“ diskutieren.

In Anbetracht der derzeitigen weltpolitischen Lage ist dieses Thema äußerst aktuell. Nicht nur bei den Umstürzen in Nordafrika spiel(t)en soziale Netzwerke eine wichtige Rolle. Ein Beispiel der vergangenen Wochen ist die – mittlerweile wieder aufgehobene – Twitter-Sperre in der Türkei. Gleichzeitig beeinflussen die Enthüllungen um den US-amerikanischen Militärgeheimdienst NSA nachhaltig das weltweite Ansehen der Vereinigten Staaten. Gerade in den Diskussionen über den Whistleblower Edward Snowden zeichnen sich die unterschiedlichen Haltungen zum Zusammenspiel von neuen Medien und moderner Demokratie deutlich ab: Von den einen wird er als Vaterlandsverräter beschimpft, anderen gilt er als Held. Gleichzeitig hinterlässt es bei vielen Kommentatoren, die ihm gegenüber positiv eingestellt sind, einen bitteren Nachgeschmack, dass Snowden ausgerechnet in Russland Zuflucht gefunden hat – einem Land, an dessen Umgang mit demokratischen und rechtsstaatlichen Elementen auch gegenwärtig viel Kritik geübt wird.

Weiche Faktoren der Macht
Mit der Brisanz dieser digitalen Verwicklungen ist die „klassische“ Diplomatie allerdings längst nicht überholt. Länder entsenden nach wie vor Diplomaten. Eine sukzessiv wichtigere Rolle spielen seit einigen Jahren auch Kulturbotschafter, von deutscher Seite beispielsweise durch die Goethe-Institute weltweit vertreten. Diese Einrichtungen tragen entscheidend zum Bild einer Gesellschaft in anderen Ländern bei. Sie zählen zu den sogenannten „weichen Faktoren“, die die Attraktivität und Glaubwürdigkeit politischer und kulturelle Werte auf die Stellung von Staaten bzw. Regierungen in den internationalen Beziehungen beeinflussen. Die Rolle dieser „weichen Faktoren“ wurde in der Vergangenheit von der westlichen Politikwissenschaft gerne unterschätzt. Stattdessen meinte man, Macht alleine an materialistischen, „harten Faktoren“, wie militärischer Stärke oder Wirtschaftskraft festmachen zu können. Diese Verengung ist zwar in vielerlei Hinsicht ein Relikt aus der Zeit des Kalten Krieges, hält sich aber hartnäckig. Doch allmählich dringen Konzepte wie das der „soft power“ von Joseph Nye in die breiteren Kreise der interessierten Öffentlichkeit vor. Trotz wissenschaftlicher Kritik an Nyes Konzept zeigt der Erfolg seiner Ideen, dass Nye damit einen Nerv getroffen hat. Seine Konzepte werden aktuell beispielsweise genutzt, den Aufstieg Chinas zu analysieren und zu kommentieren. WissenschaftlerInnen und PolitikerInnen haben sogar damit begonnen, den Begriff als Label für die eigenen Strategien zu benutzen.

„Public Diplomacy“
Immer mehr PolitikerInnen und WissenschaftlerInnen sprechen der sogenannten „Public Diplomacy“ eine große Bedeutung zu. In den vergangenen zehn Jahren hat sich das beispielsweise in der Eröffnung hunderter Konfuzius-Institute zur Verbreitung der chinesischen Sprache und Kultur im Ausland niedergeschlagen. Im Gegensatz zur klassischen Diplomatie, das heißt der Führung internationaler Beziehungen auf der Ebene staatlicher Institutionen, richtet sich die öffentliche, die „Public Diplomacy“ an die allgemeine Öffentlichkeit jenseits des eigenen Staatsgebiets.

Durch diese Ausrichtung auf die breite Öffentlichkeit im Ausland erlangen auch die vielen nichtstaatlichen Akteure (wie NGOs, Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen), die über die Grenzen ihres Heimatlandes hinaus wirken und die große Bevölkerungsteile häufig besser erreichen als die verhältnismäßig kleine Zahl der Berufsdiplomaten, einen höheren Stellenwert. Gleichzeitig haben sich durch die digitale Revolution die Möglichkeiten vervielfacht, dass einzelne oder Gruppen von Kulturschaffenden, WissenschaftlerInnen oder JournalistInnen und andere nichtstaatliche Akteure sich auch ohne die Unterstützung institutioneller oder bürokratischer Strukturen global vernetzen und Debatten beeinflussen können. In diese Kerbe schlagen auch die Macher des Films über den Wikileaks-Gründer Julian Assange, wenn sie diesen mit „Die fünfte Gewalt“ untertiteln.

Herausforderung der Diplomatie im 21. Jahrhundert 
Das Internet gestattet eine Partizipation der BürgerInnen jenseits von Regierungsgesprächen und Cocktailpartys, zu denen sie normalerweise keinen Zugang haben. Gleichzeitig bietet es staatlichen RepräsentantInnen neue Möglichkeiten, mit Menschen in anderen Ländern Kontakt aufzunehmen. So haben zum Beispiel die US-amerikanische und die britische Regierung soziale Medien bereits zu einem wichtigen Bestandteil ihrer außenpolitischen Kommunikation gemacht. Daneben eröffnet das Internet auch für Staaten mit geringeren technischen und finanziellen Ressourcen zahlreiche Chancen. Durch die neuen Medien haben heute mehr Menschen als je zuvor Zugang zu (regierungs-)kritischen Informationen und öffentlichen Debatten. Phänomene wie der „Arabische Frühling“ erlangen ihre Brisanz nicht zuletzt durch die Echtzeit-Kommunikation beteiligter Protagonisten über die Grenzen von Nationalstaaten und Sprachgemeinschaften hinaus. Versuche, soziale Medien als schlichte PR-Maschinen staatlicher Institutionen zu instrumentalisieren, erscheinen von diesem Hintergrund langfristig wenig erfolgversprechend.

Diese Überlegungen machen deutlich, dass das Internet und insbesondere das Web 2.0 die globale diplomatische Bühne grundlegend verändern. Regierungen können den Informationsfluss nur noch bedingt kontrollieren und bewegen sich in ihrem ehemaligen „Hoheitsbereich“ nun in einem unüberschaubaren Netz von Akteuren. Die Globalisierung und der technische Fortschritt bewirken, dass Diplomatie heute bedeutet, eine aufgrund wachsender Komplexität zunehmend in einzelne Fachbereiche aufgesplitterte Lebenswirklichkeit im jeweiligen Gastland zu repräsentieren. Die Internationalisierung der Fachpolitiken führt dazu, dass Auslandsvertretungen immer mehr zum Knotenpunkt werden, die ein filigranes Netzwerk von staatlichen und nichtstaatlichen FachvertreterInnen im Ausland zusammenbringen und orchestrieren müssen – ohne dabei den Anspruch oder auch nur die Kapazitäten zu haben, die Interessen des Entsendestaates exklusiv zu repräsentieren bzw. in allen Diskursen selbst immer führender Experte zu sein.

Das WeberWorldCafé
Beim WeberWorldCafé „Bürger, Blogger, Botschafter: Neue Medien und Akteure in der Diplomatie des 21. Jahrhunderts“ werden ExpertInnen verschiedenster Disziplinen zu Wort kommen. Neben WissenschaftlerInnen haben wir auch AkteurInnen aus der Praxis eingeladen, um Aspekte der klassischen Diplomatie und der Diplomatiegeschichte bis hin zu digitaler, kultureller und medialer Diplomatie zu diskutieren.

So funktioniert das WWC: Jeder der ExpertInnen fungiert als TischgastgeberIn; die TeilnehmerInnen haben die Gelegenheit, mit ihnen auf Augenhöhe zu diskutieren. Nach jeweils zwanzig Minuten wechseln die Tischgäste, um sich an einem anderen Tisch zu neuen Themen auszutauschen. Das Wissen aus vorherigen Diskussionen wird in die folgenden eingebracht und die Erkenntnisse für die noch kommenden Tischgäste auf der Tischdecke festgehalten. Dabei gibt es keine fest vorgegeben Gesprächsthemen oder Fragestellungen, die beantwortet werden sollen. Da sowohl die ExpertInnen als auch die TeilnehmerInen aus verschiedenen Fachrichtungen kommen, bringen sie alle unterschiedliches Vorwissen, Perspektiven und Interessen mit. Ziel ist es, ein Netzwerk an neuen Erkenntnissen und Perspektiven zu entwickeln. Abschließend werden die Hauptthemen noch einmal für alle zusammengefasst und können auf Wunsch in lockerer Atmosphäre nach dem World Café weiter diskutiert werden.

Die Gäste des ersten WeberWorldCafés sind:

Umfangreiche Informationen zu diesem und zukünftigen WeberWorldCafés sowie Interviews mit den Gästen und Hintergrundwissen finden Sie hier.  

Anmeldungen bitte an schifferdecker@maxweberstiftung.de senden.

Quelle: http://trafo.hypotheses.org/738

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