Gamification – Ist alles nur ein Spiel?

Um den Ernst des Lebens etwas zu mildern, halten Elemente aus Spielen Einzug in unser tägliches Leben. Das nennt man Gamification oder auch Gamifizierung und bezieht sich z.B. auf Belohnungen durch Punkte oder Ranglisten. Aber nicht nur: Ich habe ein 200 Jahre altes Beispiel für Gamification gefunden, das von einem gewissen Humor zeugt, ein Objekt der gewohnten Umwelt „gamifizierend“ umzugestalten.

Durch den Artikel “Die große Verführung“ in der WirtschaftsWoche bin ich auf das Thema aufmerksam geworden [1], in dem es um den Einsatz von Smartphones beim Einkaufen geht. Kunden der schweizer Supermarktkette Coop scannen, vor einer Schaufensterscheibe stehend, den Barcode der Artikel ein, die sie kaufen möchten. Hier erinnern Gestik und Körpereinsatz an die Verwendung der Spielekonsole Wii (sh. Video).

Oder es wird über die App der Firma Wynsh berichtet. Man fotografiert in Geschäften, die an sog. Wynsh-Aktionen teilnehmen, den Artikel, den man kaufen möchte. Nach einer kurzen Wartezeit wird der wenige Minuten gültige Rabatt für das Produkt angezeigt. Hier wird das Neugierverhalten (wie viel Rabatt bekomme ich?) des Kunden / Spielers adressiert. Hinzu kommt ein gewisser Zeitdruck, da die Kaufentscheidung innerhalb einer bestimmten Zeitspanne getroffen werden muss. (Als Beispiel für ein Spiel unter Zeitdruck fällt mir gerade ARTigo ein.)

Jetzt zu dem 200 Jahre alten Beispiel: Auf der Isle of Sark steht in der Seigneurie ein besonderer Stuhl, wie in der 360° – Geo Reportage auf arte kürzlich zu sehen war. Dieser Stuhl, aus Holz und Leder gefertigt, wurde einst einem pensionierten Jäger geschenkt. Das Besondere an ihm ist, dass er durch Auf- und Abbewegungen des Sitzenden diesem ein Gefühl des Reitens zu Pferde vermittelt, was durch entsprechende knarzende Geräusche verstärkt wird. Quasi ein Hoppe-hoppe-Reiterstuhl, der zur Simulation altersbedingt nicht mehr möglicher Tätigkeiten ersatzweise Verwendung fand.

Übrigens sind Simulationsspiele derzeit ein Renner. Sie bedienen den Wunsch, aus der gelebten Realität auszubrechen und in eine andere, wünschenswertere Realität einzutauchen. Man darf gespannt sein, was da im Zeitalter einer immer älter werdenden Gesellschaft noch auf uns zukommt.

Literatur:

[1] Andreas Menn: Die große Verführung, in: WirtschaftsWoche 9 (2012), S. 62 – 66

[2] 360° – Geo Reportage: Sark, die Kanalinsel der Queen, Sendung vom 31. März 2012, 19.30 Uhr auf arte, Regie: Mirella Pappalardo

Quelle: http://games.hypotheses.org/93

Weiterlesen