Spiele Verderben! – von Alexander Harter

Kunst ist ein Spiel, das ernst macht“: Mit diesen Worten Eberhard Roters eröffnet die Wochenzeitung Die Zeit ihre Rezension eines aktuellen Buches zur Ästhetik des Computerspiels, um sich im Folgenden zu fragen, ob Spiele denn nun Kunst seien, und was sie dazu mache. Denn, so die implizite Aussage: Um Spiele ernst zu nehmen, müssen wir sie als Kunst verstehen (Beckers 2016).

Diese „Frage nach der Kunst“ begründet den fundamentalen Minderwertigkeitskomplex des Mediums Computerspiel, welches seit den frühen 2000er-Jahren versucht, seinen Platz in den Sphären der Hochkultur und der ästhetischen Kritik zu finden. Trotz zahlreicher Feuilletonartikel und Ausstellungen –unter anderem im New Yorker Museum of Modern Art (MoMA)– scheint die Frage, ob Spiele denn nun Kunst seien, noch immer nicht ausreichend beantwortet. Die nicht enden wollenden Diskussionen über den ästhetischen Wert von Computerspielen verdrängen jedoch die Auseinandersetzung mit deren gesellschaftlichen Funktionen und Effekten. Denn angesichts der inzwischen weiten Verbreitung von Computerspielen, stellen sich viel dringlichere Fragen nach der Rolle, die sie in der Produktion und Reproduktion unserer gesellschaftlichen Strukturen und Normen spielen, welche Vorannahmen in ihnen zum Ausdruck kommen, auf welche Weise sie Bilder vermitteln und welche Rezeptionsformen ihnen zugrunde liegen. Besonders anti-feministische „Shitstorms“ und repressive Geschlechternormen in der Spieler_innen-Szene haben Themen von Gender, Rassismus und Sexismus in den vergangenen Jahren notwendiges Gewicht verliehen (Wingfield 2014).

Spiele ernst zu nehmen sollte den Versuch darstellen, den komplexen Beitrag von Computerspielen in der Reproduktion von Gesellschaft zu fassen und womöglich zu intervenieren – nicht danach zu fragen, welches Spiel nun „gute“ oder „schlechte“ Kunst, „U-Spiel“ oder „E-Spiel“ ist.

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Quelle: http://soziologieblog.hypotheses.org/9611

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