Besucht man in Wien die Schatzkammer in der Hofburg, heute Teil der Ausstellungen des Kunsthistorischen Museums, wird man nicht nur mit den Insignien der Kaiser von Österreich, mit den Reichsinsignien und Teilen des burgundischen Schatzes konfrontiert, sondern auch mit zahlreichen Exponaten der Geistlichen Schatzkammer. Reliquiare, Monstranzen, liturgische Gewänder von hohem künstlerischen und materiellen Wert zeigen die Religiosität und Frömmigkeit vieler Generationen von Habsburgern. Dass dieser Reichtum zum erheblichen Teil auf der Sammelleidenschaft einer Kaiserin beruht, lässt sich freilich allenfalls erahnen.
Zwar verweist der gedruckte Ausstellungsführer zur Geistlichen Schatzkammer1 darauf, dass Kaiserin Anna, eine geborene Erzherzogin aus der Tiroler Linie2, zur Entstehung beigetragen habe. Dass fast die Hälfte aller vorhandenen Objekte auf sie zurückgeht, wird nicht ersichtlich. In der Ausstellung selbst ist die Kaiserin nur mit einigen eher pittoresken als prachtvollen Objekten direkt verbunden: Die Dauerausstellung zeigt ihre Geißeln, mit denen sie ihren religiösen Übungen Nachdruck und ihrer Andacht größere Demut verleihen wollte.
Damit kann die Geistliche Schatzkammer als eines der vielen Beispiele dafür gelten, wie Frauen, selbst Kaiserinnen, sofern sie nicht Maria Theresia hießen, über museale Nicht-Präsenz aus dem Geschichtsbild verschwinden.
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