Kaiser Ferdinand II. hat es noch nie leicht gehabt: weder zu Lebzeiten, als er sich in den Kriegswirren zu behaupten hatte, noch nach seinem Tod, als die Historikerschaft ihn eher negativ beurteilt hat. Es entstand das Bild eines schwachen, zaudernden, sich allzu sehr von seinen Ratgebern, zumal den Geistlichen, abhängig machenden Monarchen, der in seiner Bigotterie das gesunde Maß für eine realistische Politik verloren habe. Mit der Politik des Kaisers hat sich jüngst Thomas Brockmann in seiner 2011 erschienenen Habilitationsschrift auseinandergesetzt.
Meine Meinung zu diesem Buch habe ich in einer Besprechung dargelegt, die gerade erschienen ist: ZHF 40 (2013), S. 720-722 (Eine weitere Besprechung liegt noch von Johannes Arndt vor.). Daß ich diese Arbeit sehr schätze, wird hoffentlich deutlich. Und mein positives Votum will ich auch durch die geäußerte Kritik nicht geschmälert wissen. Ja, ich finde es schade, daß die Studie um 1630 abbricht und nicht mehr die Phase des Schwedischen Kriegs miteinbezieht, in der sich die kaiserliche Politik angesichts der schweren militärischen Krisensituation neu ausrichten mußte. Doch relativiert dies nicht die analytische Leistung dieser Arbeit insgesamt.
Mir gefällt einfach der sehr ruhige und wägende Ton, mit dem eine komplexe archivalische Situation ausgewertet und eine lange Forschungstradition gewichtet wird, so daß am Ende historische Einschätzungen zustande kommen, die mindestens sehr erwägenswert sind. Ich sage dies sehr bewußt so, weil Brockmann in der Beurteilung mancher Sachverhalte durchaus zu anderen Ergebnissen gekommen ist als ich in meiner Dissertation (etwa bei einigen Aspekten bezüglich des Regensburger Kurfürstentags von 1630). Diese divergenten Ansichten anzunehmen, fällt aber deswegen umso leichter, als in dieser Studie stets erkennbar wird, daß der Autor sehr skrupulös gearbeitet und es sich wahrlich nicht einfach gemacht hat.
Handelt es sich nun um die abschließende Ferdinand-Biographie? Die Studie ist nicht als Biographie angelegt, auch wenn sie wesentliche Züge dieses Monarchen erhellt. Auch die Lücke für die Jahre 1631 bis 1637 fungiert hier als Vorbehalt, insofern die letzten Lebensjahre eben nicht berücksichtigt werden. Gleichwohl setzt Brockmann mit seiner Arbeit Maßstäbe, und man kann davon ausgehen, daß hier Anregungen geboten und vielleicht auch Reizpunkte gesetzt sind, die eine weitere Erforschung dieses Kaisers stimulieren.
Quelle: http://dkblog.hypotheses.org/426