Wenn das Thema zur Seminarform wird – ein Erfahrungsbericht aus der digitalen Kunstgeschichte

2187407768_4934417da2_zEin Gastbeitrag von Sylvia Schneider und Eugen Rodin

Die modernen Technologien geben uns heutzutage eine Möglichkeit, miteinander schnell, unabhängig von der Entfernung, zu kommunizieren. In wenigen Sekunden kann man die gewünschten Inhalte im Netz veröffentlichen, teilen und liken. Allerdings kommt häufig die Frage auf, ob solche Möglichkeiten der neuen Technologien im wissenschaftlichen Bereich tatsächlich anwendbar sind.

Eine kollaborative Arbeit der Kunstgeschichtlichen Institute der Goethe-Universität Frankfurt und der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg bewies in einer neuen Seminarform, dass dies möglich ist. Das Seminar zum Thema „Digitale Kunstgeschichte“ fand in Frankfurt und in Freiburg gleichzeitig statt und wurde per Videokonferenz übertragen. Die Thematik des Seminars behandelte sich selbst. Neben der Digitalisierung der Kunst wurde auf solche Themen wie Digital Humanities im deutschsprachigen Raum, Problematik des Urheberrechtes, Google Art Project, Social Media im Museum und Möglichkeiten und Grenzen des wissenschaftlichen Einsatzes von Social Media in den Geisteswissenschaften eingegangen. Geleitet wurde das Seminar in Frankfurt von Thorsten Wübbena (wiss. Mitarbeiter am Kunstgeschichtlichen Institut) und in Freiburg von Anna Schreurs-Morét (Professorin für Kunstgeschichte). Passend zum Thema jeder Sitzung wurde eine Person aus der Praxis eingeladen, die nähere Einblicke in ihre Arbeitswelt und wichtige Problemstellungen ihres Themas aufzeigte.

Aufgabe der Studierenden war es, mittels eines Referates einen allgemeinen Überblick zu einem Thema zu geben und die Diskussion zu moderieren. Die Schwierigkeit dabei bestand darin, nicht nur den eigenen Raum miteinzubeziehen, sondern auch die Teilnehmer in der Videokonferenz in die Diskussion zu involvieren und sie zu Wort kommen zu lassen. Doch von Sitzung zu Sitzung steigerte sich die Vertrautheit mit der neuen Seminarform, sodass angeregte Diskussionen über eine Entfernung von 300 km stattfinden konnten.

In der Sitzung wurden die Studierenden mit verschiedenen Projekten, Instituten und neuen Tendenzen in der Digitalisierung der Kunst(-geschichte) vertraut gemacht. Im Mittelpunkt der Diskussionen standen die Zugänglichkeit der Kunst im Netz, die damit verbundene Problematik rund um Bild- und Urheberrechte und der Nutzen von Social Media im Museum.

Je tiefer die Auseinandersetzung mit der Technik ging, desto schneller wurde klar, dass diese Bereiche nicht mehr voneinander trennbar sind. Des Weiteren betrifft die Digitalisierung alle Disziplinen und stellt so gemeinsame Knotenpunkte, Problemstellungen und Aufgabenbereiche her. Zum Beispiel findet bei der Digitalisierung von Büchern ebenso eine Digitalisierung der Bilder in den Büchern statt und Forscher können im Austausch gemeinsam über Text und Bild das Werk entschlüsseln.

Rechtsfragen sind vor allem von Institutionen wie Museen zu stellen, wenn sie digitale Reproduktionen ihrer Werke online stellen. Zum einen sollten sie ihrer Aufgabe der Wissensvermittlung nachgehen, zum anderen dabei aber Künstlerrechte wahren. Online stellen bedeutet, die hierfür vorhandenen Portale zu nutzen. Am häufigsten werden heutzutage Portale wie Facebook oder Blogs von Konsumenten wahrgenommen. Dies sind soziale Plattformen, mithilfe deren Nutzer Beiträge sehen, kommentieren oder selbst weiterverbreiten können. Hinsichtlich des wissenschaftlichen Nutzens dienen diese Portale der direkten Kommunikation und dem Informationsaustausch. Die Diskussion darüber, ob und in welcher Form sie für Forschungszwecke verwendet werden können, ist noch nicht beendet.

Das Seminar hat nicht nur einen guten Überblick zum Thema „Digitale Kunstgeschichte“ verschafft, sondern auch eine neue Dimension in der wissenschaftlichen Arbeit und die Vielfalt der Aufgaben als Kunsthistoriker demonstriert. Dabei zeichnet sich die immer stärkere Verwischung von Grenzen ab: Kommunikationsformen lassen Laien und Wissenschaftler in Kontakt treten, Bilddatenbanken lösen Bilder von ihrer Ortsgebundenheit und interdisziplinäre Problemstellungen eröffnen neue Berufsfelder. Der Prozess der Digitalisierung ist nicht mehr aufzuhalten, unerlässlich bleibt es somit, Formen und Regelungen für einen einheitlichen und bewussten Umgang zum Schutz der Kulturgüter zu finden.

Wir, die Studierenden, waren vor allem von der Seminarform begeistert. Diese ist für uns aufgrund ihrer neuen Umsetzung interessant, aber auch effektiv, weil durch die kleine Gruppengröße Diskussionen sehr produktiv verliefen. Dabei wurden wir angeregt, über unser eigenes Verhalten hinsichtlich der digitalen Medien nachzudenken und es mehr aus einer beruflichen und nicht nur privaten Perspektive zu betrachten.

Die Tatsache, dass dieses Seminar mittels einer Videokonferenz zum Lernerfolg führte, ist der beste Beweis für den gelungenen Einsatz einer digitalen Arbeitsform in Wissenschaft und Lehre. Überzeugt von dem Nutzen digitaler Medien, wurden wir Studierende dazu angeregt, diese auch im Rahmen universitärer Veranstaltungen zu nutzen und vielleicht demnächst ein Seminar-begleitendes Blog zu eröffnen.


Programm des Seminars

2. Mai 2013:

Digital Humanities im deutschsprachigen Raum – Chance und Verpflichtung für eine Digitale Kunstgeschichte?

Thomas Stäcker

Stellvertretender Direktor der Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel, Leiter der Abteilung Neuere Medien. Digitale Bibliothek (Anwesenheit in Frankfurt)

 

16. Mai 2013:

GLAMs und Digitalisierung: Wünsche, Ängste und Tendenzen.

Barbara Fischer

Kuratorin für Kulturpartnerschaften, Wikimedia Deutschland e.V., GLAM (Galleries, Libraries, Archives and Museums)-Koordinatorin (Anwesenheit in Frankfurt)

 

6. Juni 2013:

„Was sind das nur für erbärmliche Kleingeister!“ – Über Bildrechte, Wasserzeichen und die Befreiung von Kulturgut

Klaus Graf

Mediävist (Historiker) und Archivar, Weblog ARCHIVALIA, Themenschwerpunkte Bild- und Archivrecht, Open Access (Anwesenheit in Freiburg)

 

13. Juni 2013:

Die „Digitale Diathek“ – Idee, Umsetzung und Perspektive eines internationalen, offenen (Bild-) Datenverbunds

Thomas Hänsli

Projektleiter und Wissenschaftlicher Koordinator des Projekts „Digitale Diathek“ in Kooperation der ETH Zürich mit dem Kunsthistorischen Institut der Universität Zürich (Anwesenheit in Freiburg)
20. Juni 2013:

Google Art Project – Spielerei oder Vorreiterrolle auf dem Weg der Museen ins Netz?

Dirk Burghardt

Kaufmännischer Direktor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (Anwesenheit in Freiburg)

 

27. Juni 2013:

„Standstreifenperspektiven“ – die Kunstgeschichte in der Welt der digitalen Forschungsinfrastrukturen

Fabian Cremer

Mitarbeiter in der Abteilung Forschung und Entwicklung an der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen (SUB) (Anwesenheit in Frankfurt)

 

4. Juli 2013:

Social Media im Museum – Tagesgeschäft oder Zukunftsvision?

Daniela Bamberger

Content Managerin des Städel Museums in Frankfurt (Anwesenheit in Frankfurt)

 

11. Juli 2013:

Möglichkeiten und Grenzen des wissenschaftlichen Einsatzes von Social Media in den Geisteswissenschaften

Mareike König

Historikerin und Leiterin der Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Paris (DHIP) (Anwesenheit in Frankfurt)

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Autoren und Kontakt

Sylvia Schneider, Studierende am Kunstgeschichtlichen Institut der der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Sylvia.Schneider[at]gmx.de

Eugen Rodin, Studierender am Kunstgeschichtlichen Institut Goethe-Universität Frankfurt, info[at]eugenerodin.de

AbbildungGhetto lighting by hebedesignCC-BY-NC-SA 2.0

 

Quelle: http://redaktionsblog.hypotheses.org/1713

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